[Review] Ganz unten - Behringer C112 Bassdrum-Mikro

mix4munich
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Vorgeschichte
Eigentlich bin ich mit Mikros bestens versorgt, allein drei andere Bassdrum-Mikros befinden sich in meinem Besitz. Egal, kein Grund, nicht noch zwei mehr zu kaufen, und eins davon ist das Behringer C112 Bassdrum-Mikrofon. Zugegeben, ich war neugierig, und weil Behringer mit seinen Produktentwicklungen in den letzten vier oder fünf Jahren durch die Bank ein glückliches Händchen hatte (Mischpulte, Synthesizer, Gitarreneffekte und eben auch Mikrofone), und weil einige dieser Neuentwicklungen unverschämt nah an berühmten Klassikern liegen, wollte ich mal genauer hinsehen.

Da ich ab nächstem Jahr bei verschiedenen kleinen Festivals mehrere Bühnen mit Technik ausstatte, und weil es dort viele akustische Signale zu verstärken gibt, habe ich mir diese Investition genehmigt. Ausserdem habe ich gezielt nach etwas günstigeren Mikros gesucht, denn es war angedacht, dass diese Mikros nur ein paarmal pro Jahr zum Einsatz kommen.


Anleihen
Ja, das Behringer C112 liegt unverschämt nah dran an einem Klassiker, den ich vor langen Jahren mal besessen habe. Das AKG D 112 (inzwischen in einer Version Mk II erhältlich) hat beim Ei-Design und auch beim Namen nicht nur Pate gestanden, nein, es wurde quasi mit einem Zwilling, einem Doppelgänger versehen. Optisch fehlt hauptsächlich der dicke grüne Gummistreifen des Originals, und etwas schlanker ist das C112 auch. Aber insgesamt schon recht nah dran. Nur beim Preis - das D 112 kostet selbstbewusste 175 EUR - hat Behringer wieder mal tiefgestapelt, mit 42 EUR liegen wir unter einem Viertel.

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Technisches und Mechanisches
Machen wir es kurz - Behringer selbst schreibt auf seiner Website dazu folgendes:

Frequency response50 Hz to 14 kHz
Impedance250 Ω (±30%) @ 1 kHz
Polar patternUni-directional
Sensitivity-52 dB ±3 dB @ 1 kHz (1 V / Pa)
Max SPL150 dB
S/N ratio79 dB

Dazu noch Frequenzgang und Polar-Pattern:

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Das C112 gehört also nicht zu den linear klingenden Kandidaten wie das RE20 oder RE320 oder (bei den Grenzflächen) das Shure Beta 91a, das SE electronics BL8 und Behringer BA19 A (wenn diese auf linearen Frequenzgang eingestellt sind) oder das Sennheiser e912, sondern ist ganz klar auf die Verwendung in der Bassdrum hin optimiert worden - angehoben im Bass und den oberen Mitten für den Schub und den Klatsch, dabei deutlich abgesenkt in den unteren Mitten, um diesen Bereich etwas aufzuräumen. Es gibt viele gute Gründe für lineare Universalmikros, aber ich mag es, mit "gesoundeten" Spezialisten zu arbeiten. Wenn man weiß, was einen erwartet, kommt man so schnell und ohne allzu viel Arbeit am EQ zum Ziel, dem ultimativen Rocksound.

Das Polardiagramm daneben zeigt bei 1 kHz eine Superniere an. Schade, dass Behringer nicht auch noch bei anderen Frequenzen nachgemessen und dies veröffentlicht hat, aber solche Messungen kosten eben Geld, die sich bei dem günstigen Preis wohl bemerkbar machen würden.


Klang und Bearbeitung
Das Mikro liefert bei der passenden Positionierung extrem viel tiefe Bässe. Das kann je nach Anwendungszweck und Soundgeschmack auch zuviel des guten sein. Ein LoCut ist hier quasi Pflicht, und wenn dieser regelbar sein sollte, ist das extrem hilfreich. Und um Bass und Bassdrum einigermassen voneinander separieren zu können, sollte man evtl. sogar am EQ den Bass für dieses Mikro dezent absenken (habe ich beim Einsatz an der Standtom so getan). Da ich meinen Mitteltonbereich gerne aufgeräumt höre, habe ich die tiefen Mitten auch noch etwas weiter abgesenkt. Das muss man nicht unbedingt, aber ich wollte das so. Die Höhen kann man noch zusätzlich anheben, muss man aber nicht. Mir gefällt es, dass das Maximum der Höhenanhebung bei knapp 4 kHz liegt, damit klingt die Bassdrum (oder die Standtom) nicht so hart wie mit einer Anhebung bei 3 kHz oder (ganz brutal) bei 2 kHz. Für softere Musikrichtungen lege ich die Anhebung sogar manchmal per EQ auf 5 bis 8 kHz, dann klingt der Klatsch noch dezenter, aber dennoch deutlich hörbar.

Ehrlich gesagt, gefällt mir der Sound des C112 sogar besser als der des eher mittig klingenden Originals - wobei ich hier nur von der ursprünglichen Version spreche, mit dem Mk II habe ich keine persönliche Erfahrung.


Die Platzierung eines Mikrofons und deren Einfluss auf den Sound
Oben habe ich zwar ein paar generelle Charakteristika des Mikrofonklangs beschrieben. Viel wichtiger aber für das klangliche Endergebnis ist die Frage der Platzierung. Für die Bassdrum ist der Sound am fettesten (aber auch mit dem wenigsten Anschlagsknack) wenn man mit dem Mikro von aussen auf das Loch im Resonanzfell zielt. Oder wenn man so grade einen bis zwei cm hineinsieht. In beiden Positionen sollte das Mikro etwas schräg stehen, damit sich kein übergroßer Luftdruck vor der Membran bildet sondern stattdessen um die Membran herum fließen kann - angeblich hält so die Membran länger, und ich mache das so, ohne negativen Einfluss auf den Sound.

Geht man etwas weiter in die Bassdrum hinein - entweder auf einem soliden Stativ oder einfach auf ein Kissen gelegt - wird der Kang zunehmend ausgewogener, weniger Bassgewalt, dafür etwas mehr Anschlagsknack. Und geht man noch weiter in Richtung des Anschlagfells, bis vielleicht drei oder vier cm davor, dann hört man am meisten vom Anschlagsgeräusch, hat aber weniger Schub im Bass.

Auch bei der Platzierung an einer großen Standtom sind Position und Ausrichtung entscheidend für den Sound. Ganz aus der Nähe auf den Rand des Fells gerichtet, bekommt man einen extrem kontrollierten, aber auch nicht ganz "echten" Ton, den man sich mit EQ, Gate, Kompressor und Reverb erst wieder zu einem echt klingenden Sound aufbauen muss. Ein Kollege macht das so, mit gutem Erfolg beim Sound, aber ich persönlich mag diese Vorgehensweise nicht besonders.

Stattdessen nehme ich das Mikro ein paar cm zurück, bzw. ziele damit von aussen in Richtung der Fellmitte. Man kriegt einen ziemlich schrägen Winkel dadurch, aber das macht nichts. Eher entscheidend ist der größere Abstand von Mikro zum Fell, und damit nimmt man den Schall von einer größeren Fläche auf, was in einem deutlich natürlicheren Sound resultiert. Ist die Trommel gut gestimmt und gedämpft, ergibt dies einen richtig guten Sound. Man kann dann gestalten und muss den Sound nicht "retten." Für das "Retten" von Sound dagegen ist die erstere Methode besser geeignet (weil man den hörbaren Klang fast komplett künstlich erzeugt).

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Oben geht es zwar um eine Snare, aber es demonstriert die Positionierung, die ich bevorzuge, zumindest mit den Mikros auf der linken Seite. Oben rechts, das Shure Nexadyne und das EV, liegen näher an der ersten Positionierung, wobei die Anwender dieser Methode oft noch näher rangehen.

Bei Blasinstrumenten und den Lautsprechern von Gitarrenverstärkern ist es so, dass man am meisten Höhen aufnimmt, wenn man mit dem Mikro auf die Mitte der Membran zielt (quasi auf den Konus in der Mitte des Lautsprechers) oder in die Mitte vom Trichter, z.B. bei einer Trompete oder einer Posaune. Geht man etwas in Richtung des Randes, wird das Ergebnis in beiden Situationen weicher, ausgewogener. Bei jedem Instrument und Instrumentalisten und bei jedem Stil findet sich eine Position, die einem klanglich am ehesten zusagt.


Nebengeräusche und Körperschall
Wie in dieser Preisklasse zu erwarten, ist der Körperschall laut und auch deutlich zu hören, und das nicht nur im Bassbereich, sondern hoch bis weit in den Mitteltonbereich. Man kann das also nicht einfach durch Setzen eines LoCut absenken. Das kenne ich so von vielen anderen Mikrofonen in dieser Preisklasse und habe es offen gesagt auch gar nicht anders erwartet. Gute Körperschalldämmung ist anscheinend den höherpreisigen Mikrofonmodellen vorbehalten. Schade, denn das benötigte Bauteil ist (in der Herstellung) ein Cent-Artikel - nur dessen Entwicklung ist aufwendig und anscheinend nicht ganz billig. Aber okay, der Sound ist gut, und irgendwo muss man ja merken, dass man hier kein Produkt für 200 EUR gekauft hat.

Wie kann man diesem Nachteil begegnen? Ein gutes Stativ hilft, den Schall vom Boden zu entkopplen, dann wummert es nicht jedesmal, wenn ein Musiker vor der Bassdrum ein Tänzchen aufführt. Auch könnte man das Mikro auf einem Kissen in die Bassdrum legen, dann hält man es auch recht gut von allen mechanischen Störeinflüssen fern, die sich in störendem Körperschall äußern könnten.

Auch in allen anderen Einsatzbereichen (und da gibt es einige, wie ich unten noch aufführen werde) muss man dafür sorgen, dass niemand das Mikro direkt berühren kann, also Stativ, Polster, whatever it takes.


Zubehör
Viel braucht es nicht, die Mikrofonhalterung ist ja quasi bereits fest eingebaut. Der Adapter von 5/8" auf 3/8" ist dabei, und von diesen Dingern hat man nie zuviel. Leider verliere ich die auch immer mal wieder, weswegen ich immer einen kleinen Vorrat davon im Haus habe. Kostet bei K&M z.B. nur einen schmalen Taler.

Ausserdem kommt das Mikro wie viele andere Mikros von Behringer, aber auch die Modelle von der Thomann-Hausmarke, in einem schaumstoffgefütterten Mini-Koffer. Diesen finde ich zwar praktisch, wenn man nur wenige Mikrofone zu transportieren hat. Ich habe aber eine ganze Menge Mikros und transportiere diese daher platzsparender zusammen in passenden Koffern und Cases, da ist das mitgelieferte Köfferchen zu groß und zu unpraktisch. Mir wäre also eine Pappschachtel und ein leicht gepolsterte Kunststofftasche als Verkaufsverpackung lieber (und ressourcenschonender wäre das auch). Vielleicht erzählt das mal jemand dem Produktmanagement bei Behringer und den diversen Hausmarken. So ein Köfferchen als Zubehör anzubieten, ist aber vielleicht keine schlechte Idee. Hier im Bild.

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Andere Einsatzbereiche
Nur weil das Ding als Bassdrum-Mikro bezeichnet wird, muss man noch lange nicht darauf festgelegt sein. Ich habe es z.B. mit gutem Sound an einer Standtom eingesetzt. Wobei - ich habe schon Standtoms gesehen, die sich von der Größe locker mit der Bassdrum eines Jazzers messen konnten, soll heissen, die Übergänge sind hier wohl fließend. Jedenfalls geht das, wobei ich anmerken muss, dass das Mikro sich beim ersten Versuch an der Standtom bei einem langen Konzert einer Hardrockband beinahe selbst zerlegt hat - alles iosgerüttelt, die Verschraubung des Korbes war nach dem Gig ganz locker, und auch die Halterung musste ich nachziehen.

Noch nicht probiert, aber aus Erfahrung mit ähnlichen Tests bin ich mir sicher, dass es am Gitarrenamp, zusammen mit einem der Klassiker, eine sehr gute Figur macht. Ein SM57 o.ä. für die Mitten und den "Nöck," das C112 für mehr Schub im Bass und die etwas saubereren Höhen. Dass das C112 mit einem Frequenzgang hoch bis 14 kHz angegeben ist, macht an der E-Gitarre nichts, da kommen über 6 kHz eh kaum noch verwertbare Signale.

Auch am Gebläse, entweder bei den tiefen Sachen wie Tuba, Posaune oder die großen Saxofone wie Bariton o.ä. oder auch bei den hoch schimmernden Sachen wie Trompeten sollte das C112 alle relevanten Signale bestens einfangen.

Experimentierfreudigeren Geistern würde ich es sogar als Zweit- oder Zusatzmikro für Gesang im Studio empfehlen. Allerdings muss man es aufgrund des fehlenden Popp-Schutzes im Mikro mit mind. 10cm Abstand oder zusammen mit einem Popp-Filter einsetzen. Wegen des auf Bassdrum optimierten Sounds - mehr Tiefen und Höhen, weniger Mitten - ist es wie an der Gitarre eher ein Zusatz zu einem anderen Mikro, mit dem man den Mittenbereich sauber einfängt.

Behringer empfiehlt in seinem Quickstart-Manual sogar den Einsatz für den Bassbereich eines Pianos. Mit passender Positionierung und vorsichtigem EQ-ing - warum nicht?


Unerwartete Nebenwirkungen
Wenn ich einen Koffer- oder Rucksackjob mische, habe ich trotzdem immer eine kleine Auswahl an Notfallmikros dabei. Bislang war immer mindestens ein teures Sennheiser-Bassdrum-Mikro in meinem Besteck. Ja, die funktionieren und klingen auch ganz ausgezeichnet, aber wenn ich die nicht brauche, liegen den ganzen Abend über die teuren Mikros in meinem Rucksack. Mit den Behringer-Mikros gar kein Problem, vier Mikros kommen hier auf knapp über 100 EUR. Das beruhigt mich immens, denn wenn die wegkommen sollten, ist es deutlich leichter zu verschmerzen.


Weitere Informationen
Diese findet man auf der Produktseite von Behringer, incl. zahlreichen Bildern, einer Kurzanleitung, den technischen Daten und einem schnieken Produktvideo. https://www.behringer.com/product.html?modelCode=0503-AAC


Alternativen
Der Preis mag niedrig sein, aber auch hier finden sich Marktbegleiter und Konkurrenten. Diese kenne ich mit einer Ausnahme aber nicht persönlich, daher ist dies eine reine Aufzählung.

Zuerst die dynamischen Vertreter bis 100 EUR:
- the t.bon BD 200 (etwas günstiger) und das BD 300 (etwas teurer und ebenfalls optisch unverschämt nahe am Vorbild)
- Superlux Pro 218A
- AKG Perception Live P2

Dann die Kondensator (Grenzflächen)-Mikros, ebenfalls im Preisbereich bis 100 EUR:
- Behringer BA19 A
- the t.bone BD 500 Beta

Über 100 EUR dann fangen die Mikrofone der Markenhersteller an, EV, AKG, audio technica, Shure, Sennheiser, SE electronics, etc.pp.


Mein persönliches Fazit
Aus meiner sehr persönlichen Sichtweise: Bin ich über den Kauf froh? Ganz klar.
Würde ich das Mikro weiterempfehlen? Ja, nahezu uneingeschränkt - wenn man das passende Budget oder den richtigen Einsatzbereich hat oder wenn man an verschiedenen Instrumenten mit einem Zweitmikro experimentieren will, denn absolut. Grade die Bassdrum ist ein Instrument, bei welchem die Positionierung des Mikros einen größeren Einfluss auf den Sound hat als das eigentliche Mikrofonmodell, weswegen ich es sogar als alleiniges Bassdrum-Mikrofon empfehlen kann.

Hat das C112 Schwächen? Ja, ohne Frage, die Empfindlichkeit gegenüber Trittschall und die Mechanik, die man hin und wieder mal nachziehen muss, fallen auf, aber zumindest die Empfindlichkeit gegenüber Trittschall ist bei Mikros dieser Preisklasse nicht unüblich, und man kann etwas dagegen tun, wenn das Mischpult einen guten LoCut hat und eines Stativ zum Einsatz kommt. Man muss das halt beachten. Nur wenn im Arbeitsablauf oder im Nervenkostüm kein Platz ist für den Aufwand mit der Vermeidung von Trittschall, dann ist dieses Mikro absolut nichts für Euch, doch dann muss man für einen Kauf leider deutlich tiefer in die Tasche greifen. In allen anderen Fällen, probiert es aus, das Mikro ist nicht schlecht, das Preis/Leistungsverhältnis halte ich für sehr gut.
 
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Die Fotos werden nicht angezeigt - sonst toller ausführlicher Test!
 
Die Idee, diese Köfferchen losgelöst von einem Mikro als Zubehör anzubieten, finde ich gut!
 
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