
GeiGit
Helpful & Friendly User
[REVIEW] Vintage - Semi-Hollow Body VSA535 Cherry Red
Vorgeschichte
2020 wurde meiner Gemeinde eine Gitarrensammlung gespendet. Davon hatte ich hier ja schon mal berichtet. Die Gitarren wurden und werden von unseren Gitarristen immer wieder im Gottesdienst gespielt.Eine davon ist diese rote halbakustische Vintage VSA535 in Cherry Red. Sie ist einer Gibson 335 nachempfunden und klingt an sich schon wirklich gut!
Sie wurde von einem anderen Gitarristen immer wieder gerne im Gottesdienst eingesetzt.
Hier mal ihre Specs:
- Korpus: Halbakustisch, Ahorn
- Decke: Ahorn
- Steg: Tune-O-Matic mit Stop-bar Saitenhalter
- Farbe: Kirschrot
- Hals: Mahagoni Set-Neck
- Griffbrett: Palisander
- Mensur: 24.75" / 628 mm
- Bünde: 22
- Hals Griffbretteinlagen: Mother of pearl
- Mechaniken: Wilkinson Tulip
- Tonabnehmer (Pickups): Hals: (Original) Wilkinson, Steg: Seymour Duncan DC
- Hardware: Chrom
- Schaltung: 2 x Volume / 2 x Ton / 3-Weg-Toggle-Switch
Erster Eindruck
Die Gitarre ist wirklich sauber verarbeitet! Das einzige, was ich gleich zu Anfang modifiziert hatte, war die Sattelhöhe. Aber davon später mehr.Ansonsten war ich wirklich von ihrem halbakustischen Klang beeindruckt und mir gefielen auch die verbauten Pickups.
Der Halspickup war noch original "Vintage". Den Stegpickup hatte der Vorbesitzer gegen einen Seymour Duncan DC getauscht.
Sie ist seit 2013 nur noch auf dem Gebrauchtmarkt erhältlich und hat noch deutlich mehr Ähnlichkeiten mit der Gibson ES335 als das Nachfolgemodel VSA500CS.
So hat sie noch symmetrische Hörner und Mother of pearl Griffbretteinlagen und eine ähnlichere Kontur.
BILDER 8.2.23
Erste Modifikation -Die Sattelhöhe
Die Sattelhöhe war zu hoch. Dadurch brauchte man zum Greifen mehr Kraft als nötig und die Saiten wurden beim Runterdrücken auch stärker gespannt als nötig und dadurch nach oben verstimmt. Aus meiner Sicht ideal ist es, wenn man ein Blatt 80g-Papier leicht zwischen Saite und erstem Bund durchschieben kann, aber das zweite Blatt schon etwas klemmt. Das ist dann ein Hauch mehr Luft als bei den anderen Bünden. Wenn man also z.B. den ersten Bund greift und dann zwischen Saite und dem zweitem Bund die Blätter durchschiebt.Damit die Gitarre leichter spielbar ist, musste die Sattelhöhe also flacher werden. Da die original Kerben soweit passend aussahen, ging ich damals (mangels passender Sattelfeilen) den für mich "einfacheren" Weg: Ich spannte die Saiten etwas ab, legte sie links rechts vom Hals ab, entnahm den Sattel (wozu eventuell ein leichter Schlag zum Lösen der Klebung nötig ist), schliff dann die Unterseite etwas ab indem ich den Sattel auf einer Feile plan hoch und runter bewegte, legte ihn dann wieder ein, kontrollierte mit den Saiten die Höhe und wiederholte den Vorgang in kleinen Schritten, bis es passte. Vereinzelt musste bei dieser Methode eventuell eine Saitenkerbe vertieft werden, aber meist passte dieser Weg bei den vorgefertigten Kunststoffsätteln.
Wenn man es jedoch noch genauer einstellen will, ohne viel Geld in Sattelfeilen zu investieren, wäre meine Methode mit den modifizierten Fühlerlehren eine gute Option.
Thema '[Workshop] Sattelkerben nachfeilen - Wie geht das und was brauche ich dazu?'
Als ich die VSA535 damals modifizierte, war diese Methode jedoch noch nicht ausgereift. Sonst hätte ich das damals auch schon so gemacht.
Trotzdem beschreibe ich hier beide Möglichkeiten, dann könnt ihr im Bedarfsfalle entscheiden, welche ihr testen wollt.
Einsatz in der Band im Gottesdienst
Die VSA535 wurde immer wieder von einem unserer Gitarristen im Gottesdienst eingesetzt. Er mochte ihren Klang für manche E-Gitarrenparts sehr gerne, wechselte aber für andere Songs dann zur A-Gitarre, oder spielte ganze Gottesdienste nur A-Gitarre um nicht wechseln zu müssen. Da wir nicht immer mit zwei Gitarristen in der Band spielen, ist es von Vorteil, wenn man mit der E-Gitarre auch die A-Gitarren-Parts abdecken kann ohne das Instrument wechseln zu müssen. Das war 2013 der Grund für mich mir die JTV 59 zu kaufen und später meine "Nr.2" mit einem Piezo zu ergänzen und diesen auch in "Paulus" einzubauen. Ihm war der Klang der Vintage für solche Akustik-Parts immer etwas zu dumpf, deshalb wäre natürlich auch bei ihr eine Ergänzung um einen Piezo eine willkommene Möglichkeit.Zweite Modifikation: Der Piezo unterm Steg
Durch den Einbau eines Kahler K7200-Vibratosteges in "Paulus" Anfang 2024 war ja dessen Steg incl. dem darunter positionierten Shadow SH-020 übrig geblieben und somit frei zur nächsten Verwendung. Es wäre natürlich absolute Fügung, wenn auch bei dieser Gitarre bei passend eingestellter Saitenlage der Abstand zwischen Stegunterseite und Decke zur Dicke des SH-020 passen würde! Ja, das wäre es. Dann wäre es definitiv auch ein Zeichen für mich, dass ich den Steg auf dieser Gitarre weiter verwenden soll.Ein erster Blick sagte mir: Das könnte passen. also entspannte ich die Saiten, nahm den Originalsteg runter, steckte den alten Steg von "Paulus" auf die Einstellschrauben, legte die Saiten auf, stellte die Saitenhöhe ein und schob den Piezo zwischen Steg und Decke rein und hatte gerade mal ein paar Zehntel Luft. Echt krass! Für manche ist das Zufall, für mich ist es Führung. Jetzt müsste der Piezo nur noch gut klingen! Also packte ich über und unter ihn eine ganz dünne Schicht der damals beiliegenden Montageknetemasse, positionierte ihn damit in der Mitte unter dem in diesem Teil begradigten Steg, schob diesen auf die Einstellschrauben, zog die Saiten wieder auf und machte einen provisorischen Klangtest über meinen Marshall AS50D. Der Klang war eher leise, sehr höhenreich und bassarm, könnte aber gut den Klang der Humbucker ergänzen. Also schloss ich den Ausgang der Gitarre zusätzlich am zweiten Eingang des AS50D an und mischte beide Signale. Je nach Schaltung der Humbucker klang das richtig gut "akustisch".
Bilder







Integrierung des Piezos in die bestehende Schaltung
Die bisherige Schaltung der VSA535 war ganz klassisch: zwei Lautstärkeregler, zwei Tonblenden, ein Toggle-Switch. Um hieran nicht zu viel zu Ändern, entschied ich mich dazu aus den zwei separaten Tonblenden eine zentrale Tonblende zu machen um den dadurch frei werdenden Regler als Lautstärkeregler für den Piezo zu nehmen. Dadurch sind alle Mischungsvarianten der zwei Humbucker mit dem Piezo möglich.Verlegung des Piezo-Kabels
Um das Kabel des Piezos unsichtbar an die Gitarrenschaltung anschließen zu können muss ein schräges Loch vom Piezo unter dem Steg zur Ausfräsung des Steghumbuckers gebohrt werden. Dazu verwendete ich meinen extra langen 3,2mm-Bohrer.






Bonusschaltung: Push/Pull des Seymour Duncan DC für Seriell/Parallel
Ich persönlich bin ein Fan davon meine Steghumbucker nicht nur in der standardmäßigen seriellen Schaltung der Spulen zueinander spielen zu können, sondern auch in einer Parallel-Schaltung. Es klingt ähnlich wie eine einzelne Spule, hat aber den Vorteil des Humbucking-Effekts. Magnetische Einstreuungen werden unterdrückt, was bei einer einzelnen Spule natürlich nicht der Fall ist. Da der Seymour Duncan DC ein fünfpoliges Kabel hat und damit alle vier Wicklungsenden plus den Schirm bereitstellte, wäre er für diese Schaltungsvariante bereit und müsste nicht umgebaut werden wie der Bausatz-Humbucker von "Paulus" damals.Allerdings bräuchte ich natürlich dazu einen Schalter, oder ein Push/Pull, oder Push/Push-Poti.
Push/Pull:
Thema '[Zubehör] Göldo E250P - Push-Pull-Poti mit Umschalter'
Mein erstes Push/Pull-Poti aus "Nr.2" ist ja später in der modifizierten Fender Custom Telecaster FMT HH gelandet:
Beitrag im Thema 'Fender - Custom Telecaster FMT HH "Einbau eines Piezos unter der Stegplatte" (Workshop)'
Aber der defekte Push/Push-Poti, den ich im März 2022 aus "Nr.2" ausbauen musste und als Garantiefall von Thomann ersetzt bekam und nicht zurückschicken musste, lag ja noch in meiner Schublade. Wenn ich den irgendwie reparieren könnte, wäre er für die Seriell-/Parallel-Schaltung des Steghumbuckers eine Option.
Die Reparatur des Allpart EP-0296-000 Push/Push Potis mit Umschalter
Teure Dinge werfe ich ungern weg - auch wenn sie defekt sind - zumindest so lange bis der Defekt eindeutig und nicht mehr reparabel ist.So ging es mir mit dem Push/Push-Poti von Allpart. Er hatte plötzlich Aussetzer und ich bekam ihn von Thomann ersetzt:
Beitrag im Thema '[Zubehör] Allparts EP-0296-000 - Push/Push-Poti mit Umschalter'
Mal öffnen und nachschauen, was wirklich defekt ist
Bevor ich einen weiteren Push/Push-Poti für die Vintage VSA535 kaufen würde, schaute ich in den defekten rein um sicher zu stellen, dass er irreparabel defekt ist.Ich entlötete also die Lötpunkte, bog die Blechnasen zurück und zerlegte den Push/Push in seine Einzelteile.



Defekte Leiterbahn
Und tatsächlich lag hier der seltene Fall vor, dass eine Leiterbahn durchgescheuert war. Somit war er irreparabel.Spaßeshalber schaute ich, ob eventuell die Platine von einem der günstigen Potis passen würde, welche 2018 beim Bausatz für "Paulus" dabei waren und nur teilweise verbaut wurden.
Also öffnete ich einen dieser Potis und sah, dass die Platine sehr ähnlich war und tatsächlich zu den Schleifern des Allpart-Potis passen könnte!
Hammer! Danke Jesus! Wenn das nicht eine geniale Fügung war?

Zusammenbau mit Spendeplatine
Und die Platine passte wirklich einwandfrei in den komplizierten Aufbau des Push-/Push-Potis hinein. Ich konnte alles wieder zusammenstecken und die Blechnasen umbiegen.Ein Test mit dem Multimeter bestätigte es mir dann endgültig: Der Push-/Push-Poti funktionierte mit der Spende-Platine aus dem Billig-Poti wieder einwandfrei!

Ausbau der gesamten Schaltung durch das F-Loch
Eine halbakustische E-Gitarre hat ja kein E-Fach und vorallem weder E-Fach-Deckel, noch ein Schlagbrett, also kann man die Potis und die Buchse nur durch das F-Loch heraus holen und die Schaltung außerhalb des Gitarrenkorpusses ändern.Vorbereitungen zum Einbau des reparierten Push/Push in die Vintage VSA535
Ich war echt froh, dass ich nun so unverhofft auch noch die Seriell-/Parallel-Schaltung der Humbuckerspulen umsetzen durfte!Die Schaltung ist ja sehr einfach und ist unter anderem auch auf den Seiten von Thomann ganz gut beschrieben: Dual Sound.
DIe größere Schwierigkeit ist da eher das Aufbohren des Potilochs, da der Push-/Push-Poti ein deutlich größeres Gewinde hat.
Wenn man das aber mit wenig Druck mit einem passenden Stufenbohrer macht, ist auch das nicht schwierig.
Einbau der gesamten Schaltung durch das F-Loch
Der Einbau der gesamten Schaltung durch das F-Loch ist deutlich knifliger, als der Ausbau, da ja nun alle Potiachsen und die Buchse wieder in ihre Löcher eingefädelt werden müssen.Um das zu machen habe ich mir zwei einfache Hilsfwerkzeuge gebaut: Ein Schlauch, der auf das umgebogene Ende eines 2,5mm²-Massivdrahtes gesteckt wird und auf die Potiachsen gesteckt werden kann und der Rest eines 6,3mm-Klinken-Patch-Kabels, welcher nur noch aus dem Steckerteil besteht und an das Ende eines zweiten 2,5mm²-Massiv-Drahtes gelötet wird.
Mit diesen Drähten kann man in das Zielloch einfädeln und wieder aus dem F-Loch ausfädeln und dort dann die Potiachse, bzw. die Klinkenbuchse einstecken und dann über den Draht geführt durch das F-Loch in den Korpus einfädeln und gezielt wieder aus dem Zielloch austauchen. Dort kann man dann die Unterlegscheiben und Muttern über den Draht fädeln und auf die Gewinde aufschrauben. Um die Muttern bei den Potis festziehen zu können, muss man diese gleichzeitig auf Endanschlag gedreht mit einer Zange festhalten. Bei der Buchse ist es etwas kniffliger. Da habe ich meinen Elektronikschneider so in die Buchse reingedrückt, dass ich die Mutter festziehen konnte.


















Beispielaufnahmen
Aufnahme 1: Clean
Damit ihr euch eine eigene Meinung zum Klang der Gitarre mit diesen Modifikationen machen könnt, nahm ich eine kurze Sequenz mit allen Schaltungsvariationen in folgender Reihenfolge direkt in Audacity über meinen HiZ-Eingang meines Cakewalk by Roland UA-25 EX auf:Schaltungsabfolge
Humbucker:Hals (original Wilkinson)
Steg (Seymour Duncan DC seriell) & Hals (original Wilkinson)
Steg (Seymour Duncan DC seriell)
Steg (Seymour Duncan DC parallel)
Steg (Seymour Duncan DC parallel) & Hals (original Wilkinson)
Humbucker & Piezo:
Hals (original Wilkinson) & Piezo
Steg (Seymour Duncan DC seriell) & Hals (original Wilkinson) & Piezo
Steg (Seymour Duncan DC seriell) & Piezo
Steg (Seymour Duncan DC parallel) & Piezo
Steg (Seymour Duncan DC parallel) & Hals (original Wilkinson) & Piezo
Piezo
Aufnahme 2: meine Standardsounds des Line 6 POD HD500
Die zweite Aufnahme machte ich mit meinen Standard-Sounds des Line 6 POD HD500. Am Anfang nahm ich eine kurze Sequenz in den (Mono) Looper auf, zu welcher ich anschließend improvisierte und sowohl durch meine vier HD500-Sounds, als auch durch die Schaltungsmöglichkeiten der Vintage nach gutdünken umschaltete:Fazit
Die Vintage VSA353 ist eine wirklich gute halbakustische E-Gitarre im Stil einer Gibson 335. Sie ist sauber verarbeitet und nach der Tieferlegung des Sattels und passender Einstellung des Stegs mit einer flachen Saitenlage auch sehr gut zu spielen. Der warme Sound wurde mit der möglichen Parallelschaltung des Steghumbuckers um einen höhenreicheren Sound ergänzt und kann mit dem zuregelbaren Piezo um die charakteristischen Höhen einer A-Gitarre ergänzt werden. Somit können auch A-Gitarrenparts mit dieser Gitarre live gut abgedeckt werden ohne das Instrument wechseln zu müssen. Insgesamt sind dadurch sehr viele verschiedene Klangfarben möglich.Ich hoffe euch hat der Review und deieModifikations-Beschreibung gefallen! Vielen Dank für Euer Interesse! Wenn ihr Fragen dazu habt, dürft ihr sie mir gerne hier im Thread stellen!
Wer noch mehr von mir lesen möchte, darf gerne durch meine Reviews und Workshops stöbern.
Ich wünsche ich euch weiterhin viel Spaß hier im Musiker-Board!
Seid gesegnet und bis bald! Euer GeiGit
Zuletzt bearbeitet: