Richtige Haltung einer E-Geige

[kalifrago]

Ich habe mir nun endlich eine E-Geige (Harley Benton HBV 990SKL) gekauft, um das Geige spielen zu erlernen.
Soweit bin ich ganz happy und entlocke dem Instrument schon ganz ordentliche Töne.

Ich habe nur ein Problem, das ist die Haltung der Geige. In meinem Lernheft wird die Haltung beschrieben
und auch auf youtube habe ich mir einige Filmchen reingezogen, aber irgendwie kann ich die Geige nicht halten
ohne Schmerzen zu bekommen.
Noch eins vorweg: ich bringe mir das geigen gerade selbst bei. Ich bin musikalisch schon vorbelastet.
Also gehörtechnisch und notentechnisch kein unbeschriebenes Blatt.
Wenn es mal besser wird mit der Corona-Krise möchte ich aber schon ein paar Geigenstunden nehmen.

So zurück zu meinem Problem
Ich habe das Gefühl, die Geige liegt irgendwie nicht richtig auf der Schulter. Zudem ist die Geige leider etwas schwerer als eine akustische Geige.
Ich habe sie gewogen: 720g.
Erst dachte ich, es wäre die mitgelieferte Schulterstütze und habe mir dann die Wolf Forte secondo gekauft. Die kann man in alle Richtungen einstellen, was bei der mitgelieferten gar nicht möglich war.
Ist zwar jetzt minimal besser, aber nicht so wirklich gut. Ich weiß, es ist schwer eine Ferndiagnose zu stellen, aber vielleicht hat von Euch erfahrenen Streicher ein Tip für mich.
Wie stelle ich die Schulterstütze denn wirklich optimal ein? Wo genau platziere ich die Geige?

Die Frage, die sich mir stellt: Mache ich grundsätzlich etwas falsch? (was ich befürchte ) oder liegt es einfach an der Geige mit dem Gewicht und den nicht so runden Kanten wie bei einer Holzgeige.
Oder ist der Kinnhalter nix?
Ich habe mir zum üben jetzt doch noch eine akustische Geige bestellt, aber die hat leider etwas Lieferzeit.

 

[Stollenfiddler]

Willkommen in der Gemeinde der Streicher!

Sich das Geigen selber beizubringen ist eine große Aufgabe, an der schon Viele gescheitert sind. Die allerwenigsten Autididakten bekommen es so hin, dass sie nicht irgendwann stagnieren weil grundlegende Fehler in Haltung von Geige und oder Bogen bestehen. Auch mit Unterrricht ist das schon schwer. In Coronazeiten gibt es durchaus die Möglichkeit von Videounterricht. Schau Dir ansonsten Videos von Streichern an, übe die Haltung vorm Spiegel. Schmerzfrei geht das nicht immer. Auch später, kann es immer mal wieder zu kleinen Verkrampfungen kommen, mit der Zeit lernst Du zu unterscheiden, wo man "drüberspielen" muss, damit man sich lockert, und wo die Haltung zu ändern ist.

Das Gewicht von 720gr ist schon spürbar, aber ganz direkt: daran liegt es nicht. Die Geigenhaltung ist antiintuitiv, der Kopf wird einfach nur gedreht, damit die Geige fixiert. Wenn das nicht klappt, ist das System Schulterstütze - Geige - Kinnhalter - Hals - Kinn - Schulter zu justieren. Das ist schwer ohne Lehrer, der ein ungefähres Ziel im Kopf hat. Unabhängig von "richtig", gibt es durchaus anatonische Unterschiede, jeder findet irgendwo "seine" Haltung. Ist die gut, behindert sie nicht im Fortschritt...

Lass dich nicht unterkriegen, ich wünsch Dir Kraft, Ausdauer und Freude. Es gibt kein Ziel, genieße den Weg!

 

[kalifrago]

Danke für Deine Antwort. Ich weiß, es wird immer gesagt, dass Geige lernen im Selbststudium schwierig bis unmöglich sein soll, aber davon werde ich mich nicht abhalten lassen. Wie schon erwähnt möchte ich ja auch ein paar Stunden Unterricht nehmen. Von Videounterricht, der angeboten wird halte ich jetzt nicht unbedingt so viel, denn ich denke, dass ein Lehrer der direkt neben oder vor mir steht besser beurteilen kann, was an meiner Haltung der Geige oder dem Bogen falsch ist.
Ich dachte mir ja schon, dass das Gewicht der Geige nicht das Problem ist, sondern meine Wenigkeit habe auch kein Problem, wenn Du das "ganz direkt" sagst.

Na dann werde ich mal weiter an meiner Haltung üben, bis ich eine Stellung gefunden habe, die angenehmer ist.

Ich hätte da aber noch eine Frage bezüglich Geigenschule. Ich habe mir dieses Heft geholt. Ist nicht schlecht, aber auch nicht der Burner. Was gibt es noch an guten Schulen für das Selbststudium?
Was hältst Du davon? Kennst Du die beiden Hefte? Oder haste noch einen anderen Vorschlag?

Danke schon mal

 

[GeiGit]

Willkommen bei den Streichern.
Ich denke es würde uns zumindest helfen zu sehen wie du die Geige hälst. Vielleicht kann dich jemand dabei aus verschiedenen Richtungen fotografieren, dann können wir dir konkrete Tipps und nicht die allgemeine Gießkanne an Tipps geben.
Deinen Willen in allen Ehren, aber ganz ohne Hilfe finde ich persönlich das Geigenspiel nicht wirklich gut erlernbar.
Es wird immer wieder ausprobiert, wird aber viel schneller zu Frust, als zu Lust am Geigen führen.
Und nein, ich habe nichts dagegen etwas autodidaktische zu erlernen!
Ich selbst hatte nur Geigenunterricht (ab 7) und habe mir mit 16 das Gitarre- und Bassspielen und später noch etwas Keyboard und Cajonspielen autodidaktisch beigebracht.
Aber die Geigenhaltung und Spieltechnik ist leider eine andere Hausnummer.
Angefangen hatte ich als Kind übrigens mit dem Anfang des Geigenspiels von Doflein - allerdings mit Lehrer

 

[Jonny W]

Hallo Kalifrago,
Ich hab ja auch spät mit Geige angefangen und ja, ich hatte auch Schmerzen!!!
So ziemlich alles im Hals Schulterbereich, was sich verkrampfen kann, inklusive Kiefer.
Bei mir war es neben der ungewohnten Haltung auch ein anatomisches Problem:
Ich bin recht groß, hab auch nen langen Hals.
Bei mir hat vor allem ein höherer Kinnhalter und dazu eine hohe Schulterstütze geholfen.
Die Wolf hatte ich auch am Anfang, die konnte man hoch einstellen, jetzt hab ich eine Bonmusica, da "rastet" die Geige förmlich auf der Schulter ein. Muß man aber auch mögen.
Ich hatte aber von Anfang an Geigenstunden. Gerade bei Haltung von Hand, Geige und Bogen ist das empfehlenswert.
Hier an der BG-Klinik in Tübingen gibt's nicht umsonst ne Musikersprechstunde . Laß das jemand anschauen, bevor Du da hin mußt.
Gruß,
Jonny

 

[Stollenfiddler]

Bezüglich der Lehrwerke stöber hier im Forum, da gibts schon ne Menge Diskussion und Du wirst auch nebenher viel aufnehmen können.
Klassischer Unterricht besteht fast immer aus den Komponenten:

• Stimmen (ja, mit Referenzton nach Gehör)
• Tonleiter
• Technik (z.B. Doflein)
• Etüde (Peters Violinschulwert, Küchler)
• Werk (Suzuki Violinschule)

Für den Anfang wird meist die Etüde unterschlagen. Das "Werk" sollte keine Techniken enthalten, die nicht vorher schon geübt wurden. Falls doch, wird ein Lehrer dir flink ne passende Übung aufgeben, so dass das erlernen von Techniken ausgegliedert wird, damit ein flüssiges Durchspielen möglich wird.

Neben den Lehrbüchern gibt es auch tolle Youtube - Lektionen, die es wert sind. Hier im Forum wurde schon positiv vom "Violin Lab Channel" berichtet.

 

[kalifrago]

Hier an der BG-Klinik in Tübingen gibt's nicht umsonst ne Musikersprechstunde . Laß das jemand anschauen, bevor Du da hin mußt.
Gruß,
Jonny

Ernsthaft?? So was gibt es tatsächlich? Oder veräppelst Du mich gerade ?

Ich glaube, ich habe jetzt eine Haltung gefunden, die den allgemeinen "Vorgaben" entspricht und die ziemlich bequem ist für mich.
Habe die Schulterstütze nochmal verändert und jetzt ist es schon um einiges besser.

Danke für Eure nette Unterstützung

Danke Stollenfiddler für die Tips über Lehrbücher. Der Channel auf youtube ist auch klasse, den kannte ich noch gar nicht.
Ich habe mir gerade das Tutorial für die Bogenhaltung reingezogen. Ist super genau erklärt

Peters Violinenschulwerk ist bei Thomann schon auf meiner Wunschliste gelandet.

Morgen wird meine akkustische Geige geliefert. Auf den Unterschied bin ich echt mal gespannt. Zumal bei der Geige der Kinnhalter etwas seitlich sitzt,
im Gegensatz zu meiner E-Geige, da sitzt er mittig. Das macht doch bestimmt auch was aus oder ?
Oder ist das wurscht wo der Kinnhalter sitzt und es kommt mehr auf die Form an?

 

[Jonny W]

Ernsthaft?? So was gibt es tatsächlich? Oder veräppelst Du mich gerade ?

Nein, die gibt's wirklich. Und nicht nur dort.

Viel Spaß beim Üben!
Gruß,
Jonny

 

[kalifrago]

Viel Spaß beim Üben!
Gruß,
Jonny

Danke, den habe ich
Meine neue A-Geige habe ich heute bekommen und "eingerichtet". Ist schon ein bissel anders. Vor allem: Lauter!!!!
Haben Geiger eigentlich einen Gehörschaden auf dem linken Ohr? Is ja krass, dachte nicht, dass das sooo laut ist

Noch ein Unterschied ist, dass ich die Saiten auf der A-Geige viel fester, bzw. weiter runterdrücken muss. Der Abstand zwischen Saiten und Griffbrett ist etwas größer als der auf der E-Geige.
Gibt es da Normmaße wie weit die Saiten Abstand haben sollten?

 

[Stollenfiddler]

Es gibt Geiger mit Gehörschaden, aber das sind oft Orchestermusiker der zweiten Geige, die direkt vor den Bläsern sitzen...

Ich vermute, dass Du auf der A-Geige Stahlsaiten hast, auf der E-Geige Synthetiksaiten. Viele Geiger bevorzugen Synthetiksaiten, aber es gibt auch ein paar, die lieber auf Stahlsaiten spielen. Der Abstand der Saiten zum Griffbrett liegt in gewissen Toleranzen, natürlich gibt es da aber auch ein Normmaß. @fiddle @Kylwalda könnten da bestimmt was zu sagen.
Wenn die Saiten niedriger liegen, lässt die Geige sich leichter spielen, ist in der Lautstärke = Dynamik aber begrenzt, da irgendwann die Saiten am Griffbrett anschlagen. Wenn Du meinst, deine Geige sei laut, dann halte dein Ohr mal hin, wenn ein Solist richtig reingreift...

Viel Spaß mit der A-Geige, spiel sie regelmäßig und oft, das gibt mehr Basis als die E-Variante.

 

[kalifrago]

@Stollenfiddler
Die E-Geige hat nur Stahlsaiten. Bei der A-Geige bin ich mit nicht sicher. Die A- und E-Saite ist auf jeden Fall Stahl, aber die G- und D-Saite sieht aus, als hätte sie einen Kunststoff-Kern.


Update:

Ich habe herausgefunden, bzw. wieder entdeckt, dass es in unserem Nachbarort ein Musikgeschäft für Streichinstrumente gibt. Eigentlich wollte ich mir dort nur ein Übungsheft holen, weil es dort nicht teurer ist als im Internet.
Der Besitzer des Ladens, ein älterer Mann, hat 35 Jahre in der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz Geige gespielt und hat echt Ahnung von dem was er erzählt. Ich habe mich mit ihm super unterhalten. Bis dahin wusste ich nicht, dass er auch Geigenbauer ist. Da er, aufgrund von ärmlichen Verhältnissen in seinem Heimatland Ungarn, kein Geld für eine Geige hatte, lernte er von einem befreundeten Geigenbauer die ersten Schritte, um eine Geige selbst zu bauen.
Und was soll ich sagen? Er vermietet auch Instrumente und hat mir einen sehr erfahrenen Lehrer empfohlen, da er selbst nicht mehr unterrichtet.

Um das ganze abzukürzen, falls es Euch interessiert, ich habe mich entschlossen meine gerade gekaufte Geige morgen zurückzugeben und in dem Laden eine Geige zu mieten. Das schöne daran ist, ich kann die Geige dann nach ein paar Monaten kaufen und bekomme den Mietpreis angerechnet. Und lebenslange Garantie auf den Korpus. Er verlangt 15 Euro im Monat. Das ist doch okay oder?

Mein Mann meinte, er ist froh, dass ich mich so entschieden habe, denn er hält nichts von den Billig-Geigen. Lieber was Gescheites Er wollte mir nur den Spass nicht verderben, als die Geige geliefert wurde.
Meine Vorfreude ist riesengroß

 

[Stollenfiddler]

Soooo viele gute Dinge in einem Post...

 

[Jonny W]

Alles richtig gemacht
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