HaraldS
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Hallo @klauskauker - willkommen im Musiker Board!
Wir haben uns im März 2025 in Velbert beim Konzert mit der NPW kennengelernt, ich habe Keyboards&Akkordeon gespielt.
Bis heute unterliegt das ehemalige Ost-Sandmännchen, jetzt gesamtdeutsches Sandmännchen, einer gewissen Ostalgie, wahrscheinlich wegen seiner Walter-Ulbricht-Ähnlichkeit (in dessen Ära es entstand, ich finde es auch sehr ähnlich zu Lenin). Wenn man sich DDR-Museen z.B. in Berlin, Thale oder Erfurt anschaut, ist es regelmäßig präsent. Die Sandmann-Ausstellung im Filmmuseum Potsdam fand ich auch interessant. Für die Zukunft darf der Sandmann wohl optimistisch sein: Fünf Gründe, warum das Sandmännchen eine große Zukunft hat .
Jetzt geht es hier um den Takt 2 bzw. um die Metrik des Stückes. Das ist ein Lied, das in der Ästhetik eines Kinderlieds bzw. Volkslieds komponiert ist. Grundsätzlich gibt es ja oft Volkslieder aus dem deutschen Sprachraum, die man heutzutage mit Taktwechsel aufschreiben müsste. Ich habe jetzt keine Zahlen parat, aber meiner Erfahrung und Ahnung nach passiert sowas oft später im Stück, sodass Volkslieder oft mit regelmäßigen Taktarten beginnen und im Verlauf dann auch mal Taktwechsel haben (hab die Diss "Der Strophenbau im deutschen Volkslied" noch nicht ganz gelesen
). Wechselnde Taktarten dürfte eine Folge von wechselnden Versmaßen sein.
Bei Volksliedern ist es halt so, dass manche zu einer Zeit entstanden, als unser heutiges metrisches Empfinden mit dem streng hierarchischen Akzentstufentakt noch gar nicht so ausgeprägt war. Daher kann es gut sein, dass der Komponist Wolfgang Richter bei seiner Komposition 1959 in dieser Ästhetik bleiben wollte und möglicherweise beabsichtigt hat, keine strengen Akzentstufentakte zu schreiben. Also so, dass Phrasenbeginn, Harmoniewechsel und definierende Akkordtöne nicht streng auf die 1 kommen, sondern einer gewissen Freiheit unterliegen.
Allerdings ist das Autograph von Richter ja vom Bayerischen Rundfunk restauriert worden. Und es enthält genau einen Taktwechsel, es steht in 3/4 und hat nur auf "-iss noch" (vor "Zeit") einen einzelnen 2/4-Takt:
Das Autograph ist aber nicht das Arrangement, das jeder als Sandmannmusik kennt, sondern es ist für Klavier und Gesang. und das Klavier hat einen deutlich anderen Tonsatz als in der bekannten Aufnahme.
Hier habe ich mal transkribiert, was ich im Original höre (Vorlage: das Video aus dem Eingangsposting):
Die roten Stellen sind die, wo entscheidende Dinge auf Schlag 2 passieren. Das trägt dazu bei, dass das metrische Empfinden nicht so klar ist, und man vermuten könnte, dass hier viel mehr Taktwechsel passieren. Man könnte das Stück auch durchaus mit viel mehr Taktwechseln hören und deuten, aber ich habe mich mal an die aus dem Autograph gehalten. Aber einige Taktstriche kann man beim Hören erst im Nachhinein rechtfertigen, weil sich erst dann rausstellt "aha, hier muss eben gerade ein Schlag 1 gewesen sein". Auch die vielen Harmonien mit Terz im Bass auf die 1 sind daran beteiligt. Wer mit den Hörgewohnheiten eines strengen Akzentstufentaktes rangeht, wird wenig klare Deutung finden.
Wir haben uns im März 2025 in Velbert beim Konzert mit der NPW kennengelernt, ich habe Keyboards&Akkordeon gespielt.
Ja, Sandmännchen sind ja eine spannende Geschichte - vom Kinderschreck über den Träumebringer und über die beiden deutschen Sandmännchen, die im Kalten Krieg gegeneinander antraten, wobei das Ost-Sandmännchen acht Tage früher erschien als das West-Sandmännchen. Ich bin im Westen nahe der deutsch-deutschen Grenze aufgewachsen, aber wir haben regelmäßig DDR-Fernsehen geschaut, und so waren beide Sandmännchen bekannt und präsent. Und das DDR-Fernsehen war dafür bekannt, bei Märchen-/Puppen- und allgemein Kindersendungen die Nase vorne zu haben - die Produktionen waren oft aufwändig, einfallsreich und sehr liebevoll gemacht. Natürlich war auch immer ein Propagandaaspekt mit dabei.ich plane ein YouTube Video zu diesem Thema und finde es super interessant, welche Aspekte hier bereits zur Sprache gekommen sind. Es ist so eine berühmte Musik mit einer spannenden Geschichte. Sie hat es verdient, einmal genau unter die Lupe genommen zu werden.![]()
Bis heute unterliegt das ehemalige Ost-Sandmännchen, jetzt gesamtdeutsches Sandmännchen, einer gewissen Ostalgie, wahrscheinlich wegen seiner Walter-Ulbricht-Ähnlichkeit (in dessen Ära es entstand, ich finde es auch sehr ähnlich zu Lenin). Wenn man sich DDR-Museen z.B. in Berlin, Thale oder Erfurt anschaut, ist es regelmäßig präsent. Die Sandmann-Ausstellung im Filmmuseum Potsdam fand ich auch interessant. Für die Zukunft darf der Sandmann wohl optimistisch sein: Fünf Gründe, warum das Sandmännchen eine große Zukunft hat .
Jetzt geht es hier um den Takt 2 bzw. um die Metrik des Stückes. Das ist ein Lied, das in der Ästhetik eines Kinderlieds bzw. Volkslieds komponiert ist. Grundsätzlich gibt es ja oft Volkslieder aus dem deutschen Sprachraum, die man heutzutage mit Taktwechsel aufschreiben müsste. Ich habe jetzt keine Zahlen parat, aber meiner Erfahrung und Ahnung nach passiert sowas oft später im Stück, sodass Volkslieder oft mit regelmäßigen Taktarten beginnen und im Verlauf dann auch mal Taktwechsel haben (hab die Diss "Der Strophenbau im deutschen Volkslied" noch nicht ganz gelesen
Bei Volksliedern ist es halt so, dass manche zu einer Zeit entstanden, als unser heutiges metrisches Empfinden mit dem streng hierarchischen Akzentstufentakt noch gar nicht so ausgeprägt war. Daher kann es gut sein, dass der Komponist Wolfgang Richter bei seiner Komposition 1959 in dieser Ästhetik bleiben wollte und möglicherweise beabsichtigt hat, keine strengen Akzentstufentakte zu schreiben. Also so, dass Phrasenbeginn, Harmoniewechsel und definierende Akkordtöne nicht streng auf die 1 kommen, sondern einer gewissen Freiheit unterliegen.
Allerdings ist das Autograph von Richter ja vom Bayerischen Rundfunk restauriert worden. Und es enthält genau einen Taktwechsel, es steht in 3/4 und hat nur auf "-iss noch" (vor "Zeit") einen einzelnen 2/4-Takt:
Das Autograph ist aber nicht das Arrangement, das jeder als Sandmannmusik kennt, sondern es ist für Klavier und Gesang. und das Klavier hat einen deutlich anderen Tonsatz als in der bekannten Aufnahme.
Hier habe ich mal transkribiert, was ich im Original höre (Vorlage: das Video aus dem Eingangsposting):
Die roten Stellen sind die, wo entscheidende Dinge auf Schlag 2 passieren. Das trägt dazu bei, dass das metrische Empfinden nicht so klar ist, und man vermuten könnte, dass hier viel mehr Taktwechsel passieren. Man könnte das Stück auch durchaus mit viel mehr Taktwechseln hören und deuten, aber ich habe mich mal an die aus dem Autograph gehalten. Aber einige Taktstriche kann man beim Hören erst im Nachhinein rechtfertigen, weil sich erst dann rausstellt "aha, hier muss eben gerade ein Schlag 1 gewesen sein". Auch die vielen Harmonien mit Terz im Bass auf die 1 sind daran beteiligt. Wer mit den Hörgewohnheiten eines strengen Akzentstufentaktes rangeht, wird wenig klare Deutung finden.
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