"Tritonus-Substitution" - ?

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Man liest manchmal als Substitutionsregel, man könne Akkorde funktional gegeneinander austauschen, deren Grundtöne Tritonusabstand haben. Mir ist das nicht ganz klar, insbesondere dann, wenn es noch "Tritonus-Substitution" genannt wird.

Das liegt irgendwie quer zur "eigentlichen" Tritonus-Substitution V7 <> SubV7, also der funktionalen Austauschbarkeit von Dom7-Akkorden, die denselben Tritonus enthalten.

Rick Beato* bspw. nennt diese Regel leider ohne Erklärung, aber mit der folgenden Auflistung von Kadenzen, deren Kadenzakkorde gegeneinander austauschbar seien.

Meine Frage dazu: handelt es sich nicht schlicht und ausschließlich um eine klassische Tritonus-Substitution der Dominante mit einem zweifach vorgeschalteten Quintfall (quasi Turnaround), bei dem die Akkorde al gusto ausgestaltet werden können (als dom7, m7, MA7)? So könnte ich die Regel im Kontext der Kadenz nachvollziehen -

- oder behauptet diese Regel tatsächlich das, was sie sagt? o_O


Example_53.jpg

*The Beato Book 4.0, Rule V: All chords, Ex. 53, S. 47
 
Eigenschaft
 
Falls ich Deine Frage richtig verstehe (wessen ich mir keineswegs sicher bin ...), hier ein Antwortversuch:

A7 und Eb7 z. B. haben den selben "innewohnenden" und harmoniebildenden Tritonus, nämlich c# (=db) - g.
U N D A7 und Eb7 sind in ihren Grundtönen einen Tritonus von einander entfernt. So weit, so gut.

A7 und Ebmaj7 z. B. haben aber nicht den selben "innewohnenden" und harmoniebildenden Tritonus, sondern
N U R ihre Grundtöne sind sind einen Tritonus von einander entfernt. Das ganze funktioniert aber trotzdem als
Tritonussubstitution.

Ich denke, so war es gemeint.

LG
Thomas
 
Zuletzt bearbeitet:
hast Du seitdem neue Erkenntnissse gewonnen?
Nein. Zumindest keine bewussten.

Ich gebe mich aber damit zufrieden, daß scheinbar die Tritonusbewegung der Grundtöne, gemeinsam mit den gemeinsamen Tönen ausreicht, um zu funktionieren. Abgesehen von der resultierenden halbtönig in den Zielton gleitenden Bass-Stimmführung.

Thomas
 
Frank Sikora beleuchtet den Sachverhalt inkl. der oben genannten Akkordfolgen in seinem Kapitel zum Turnaround in seiner Jazzharmonielehre und führt aus, was Thomas schon schrieb: bereits die Grundtonbewegung genügt für die erfüllte Hörerwartung.

Den Grund verortet Sikora (wie Beato m.E. in Zeile 3 und 4) im "verselbständigten Funktionsklischee", durch das fast jede harmonische Kreisbewegung als Turnaround empfunden wird - unabhängig von der funktionalen Deutung ihrer Akkorde. Demonstriert wird das mit Klangbeispiel CD 1, 12 der Buchbeilage von diationisch bis dissonant und zurück.
Frank Sikora, Neue Jazz-Harmonielehre, Mainz 2003, S. 223 bis 227

Gruß Claus
 
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Abgesehen von der resultierenden halbtönig in den Zielton gleitenden Bass-Stimmführung.
Mir wurde es damit erklärt + dass das Tritonussub zugleich auch Modal Interchange sein kann ...
 
Naja ... MI funktioniert auch ohne Tritonus. Von daher ...

Dann müßte man aufhören, die betreffenden harmonischen Stellen/Akkorde als Tritonus-Subs zu betrachten, und sie nur mehr unter dem Gesichtspunkt MI analysieren.

Kann man machen ...

Thomas
 
Mir wurde es damit erklärt + dass das Tritonussub zugleich auch Modal Interchange sein kann ...
Das könnte man auf Zeile 3 anwenden:
Cma7 - C ionisch
Ebma7 - C dorisch oder C äolisch
Abma7 und Dbma7 - C phrygisch hätte den Charme des gemeinsamen Modus.
Die Akkorde fänden sich noch in weiteren Modi von C:
Abma7 - bIVma7 auch in C äolisch und C Moll harmonisch
Dbma7 - bIIma7 auch in C lokrisch

Für die Akkorde in Zeile 4 funktioniert Modal Interchange aber nicht:
Cma7 - C ionisch
Ebmi7 - C lokrisch (korrigiert dank McCoy, der mich auf meine Panne hinwies)
Abmi7 aus C? - der Stufenakkord bIV in phrygisch, äolisch oder harmonisch Moll enthält zwangsläufig die Durterz C
Db7 aus
C? - der Stufenakkord bII in phrygisch oder lokrisch enthält als Vierklang zwangsläufig die große Septime C -> bVIma7

Gruß Claus
 
Grund: Korrektur Zeile 4 - C lokrisch und Ergänzung Zeile 3, die war schon bei früherem Edit verschwunden
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Wufff,

dass habe ich nun davon, bzw. nicht davon. Es ist gut möglich, dass mich die Schlagwortsuche da etwas überspringen liess, als ich mich mit der Tritonussubstitution beschäftigt habe. Desweiteren würfel ich gewiss einiges unbeabsichtigt durcheinander. Bitte nicht zu streng darauf reagieren, wenn ich nicht umhin kann vom Begriff Tritonus-Substitution einen Bogen zur Tonika-Do Methode zu verhindern.

Die Tonika-Do-Methode stammt doch eigentlich aus der Solmisation und impliziert das die Solmisationssilben Do-Re-Mi-Fa-Sol-La-Si von jedem beliebigen Grundton aus gesungen werden. Wäre hier ein Singen der Tritonussubstition leichter, wenn es denn überhaupt machbar ist? Zu recht wenn jetzt unklar ist, welchen Bogen ich höre.

Folgendes:
In einem verquirltem Geist wie ab und zu dem meinigen, brutzelt die Konstellation Tonika-Do zu einer 'der Ton C ist Grundton'-Anweisung. Was auch erklären würde, warum immer wieder C Ionisch, C Dorisch, C,Phrygisch, C-Lydisch, C-Mixolydisch, C-Aeolisch, C-Lokrisch gerne untersucht werden.

Desweiteren verursacht dieses Tonika-Do gelegentlich einen erhellenden Sprung ins Dorische, wenn mir ein Mollakkord begegnet und die darausfolgende etwaige Überlegunge zum Grundton anstehen

Und nun die Tritonussubstitution der Dominante mit zweifachen vorgeschalteten Quintfall . Das ist für mich als eher Nichtklassiker wie eine KönigsGambit-Eröffnung(1 e4e5 2 f4). Sollte ich jetzt wirklich weiterhin über f4 grübeln. Ist es denn wirklich die Dominante? Und wird mit ModalInterchange auch die Constantstructure-Fortschreitung abgedeckt?

Am einprägsamsten war für mich bislang immer das Ersetzen des Quartsprunges in einen Dom7-Akkord durch den b5Dom7-Akkord. Also die Akkordfolge H7-E7-A7-wird zu H7-B7-A7 ( engl: B7-E7-A7 > B7-Bb7-A7 ) . Bb7 ist die Substitution, weil die Dominantseptime der IV7(E7) im Gegensatz zur Maj7 eben mit der Dom7 von I7(H7) den Tritonus bildet.

Das Beato Book kenne ich noch nicht und um entscheiden zu können, ob die Regel eine real existierende Daseinsberechtigung hat, dazu müsste ich vorab auch erkennen ob eine Tritonussubstition der Dominate nach einem 2 fachen Quintfall einen saloppformulierten Turnaround ermöglicht. Eigentlich weiss ich auch gar nicht, ob ich in der Position sein will, um darüber zu entscheiden. Bislang ergibt das für mich eher diese absteigende Halbtonfortschreitung.

Gruss
:gruebel:
 
Ich würde Dir gerne antworten, wenn ich könnte.
Aber ich verstehe nicht wirklich, was genau Deine gedanklichen Probleme sind, und worauf Du eigentlich hinaus willst.

Genauso wenig kann ich nachvollziehen, was der Zusammenhang zwischen einer "Tonika-Do-Methode" (kenn´ ich nicht) und der Tritonus-Substitution sein könnte. Oder überhaupt zwischen Solmisation und der Tritonussubstitution.

Bitte um Aufklärung.

LG
Thomas
 
@Claus (y)
@turko Ist es nicht legitim auf mehrere Arten zu begründen und mehrere Zusammenhänge zu sehen?
Du kannst vieles auf gleiche Töne oder Halbtonauflösungen, chromatische und diatonische Läufe begründen, wenns da noch nicht reicht auch noch mit der Obertonreihe, wobei mir das alles noch "zu viel" ist.
Umso mehr Begründungen es gibt warums schlüssig ist, umso schlüssiger wirds.

Beatobuch ist überbewertet. Normalgebräuchliche Bücher liefern die Erklärung und nicht nur das Ergebnis. Für mich ist das Beatobuch als müsste man mit dem Lösungsheft Mathe verstehen und wenn man die ganzen Akkorde, Übungen und Arpeggiobilderchen weglässt fällt es ganz nett überschaubar aus. Er will halt das man auch noch seine Kürslein macht.
 
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:D

@turko,
ich hoffe du erkennst die Verlegenheit in meinem Lachen. Ich soll etwas aufklären? Und vorallem Dir? Das schmälert meinen Respekt keineswegs. Du hast mich schon oft mit deinem Wissen verblüfft, unter anderem als du mal hier einem User den Grundton und die Modi (ich glaub' es waren die Modi) mit dem Beispielanagramm Herrenmode/Ehrenmorde erklärt hast. Ich könnte jetzt immer noch fragen, was Ehrenmorde denn überhaupt sein sollen.
Und ausgerechnet zur Tonika-Do-Methode, die ich bislang immer für eines der wichtigsten Stilmittel in Musiktheorie und-praxis hielt. soll ich Klärung beitragen. Tonika-Do ist kein "äusserliches" Akronym. Mir fällt der Fachbegriff dazu nicht ein. Do steht ursprünglich in der Solmisation für den Ton C, mit Do beginnt Dorisch, Do ist in Dominante, "Do or don´t" ist in englischer Literatur schon seit Shakespeares "be or not to be"bekannt. Jeder Kfz-Halter aus Dortmund hat DO auf einem Nummernschild geschrieben. "Do jeden od siedem" wurde von meinem polnischen Nachhilfeschüler gezählt (oder war es od jeden do siedem); egal, wo war ich? Ach ja, wenn es kein "äusserliches" Akronym ist (DO wird ja wohl kaum für depperter Ochs stehen), dann vielleicht ein "inneres". Vielleicht wird dieser Begriff in der Musikwissenschaft mehrfach und anders benutzt - ein Synonym. Jetzt habe ich es, gleichbedeutend; Unterschiedliche Sachverhalte werden mit den gleichen Wörtern beschrieben....

@haiiiner
entschuldige bitte. Ich wollte deine Fragen nicht torpedieren, mich eher anschliessen. Vielleicht könntest du die Regel, die Richtlinie, den Sachverhalt nochmals kurz resumieren. Möglich dass mein Unverständnis daher rührt, dass ich eilig etwas überlesen habe.

exf4
 
Zuletzt bearbeitet:
Und ausgerechnet zur Tonika-Do-Methode, die ich bislang immer für eines der wichtigsten Stilmittel in Musiktheorie und-praxis hielt.
Die "Tonika-Do-Methode" ist kein Stilmittel in der Musik, sondern eine Lernhilfe im Sinne einer Vereinfachung.
Wie alle relativen Solmisationen sind die Sing-Silben nicht auf jeweils einen bestimmten Ton bezogen, sondern "wandern" sozusagen mit dem Grundton mit. Ob die absolut erklingende Tonart C oder D usw. ist, ist egal, der jeweilige Tonart-Grundton (=Ausgangston der Tonleiter) ist immer die Silbe "Do".
Da durch Ändern der Silbenendungen auch Alterationen (also # und b) dargestellt werden können, spricht nichts dagegen, sie auch in Kontexten anzuwenden wo es z.B. Tritonussubstitutionen gibt.
Siehe auch hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Solmisation
 
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Für mich ist das Beatobuch als müsste man mit dem Lösungsheft Mathe verstehen...
So ist das wohl, geklickt hat es bei mir zu Zeile 4 vor lauter "MI"-Nebel erst jetzt nach dem Lesen der Anweisung im Beato-Book PDF.
Was in der oben abgebildeten Grafik von S. 47 steht, gehört in den Kontext seiner 32 "Regeln", bzw. im Original "rules". Ich würde das eher als Rezepte aus einem sehr pragmatischen Kochbuch auffassen.

Rule V: Substitute any chord which has a root a tritone away from the original chord.
In Zeile 4 substituiert Beato entsprechend "Rule V" wie zuvor auch die Grundtöne der Akkorde im Tritonusintervall, behält aber den Akkordtyp des Originals aus Zeile 1 bei, daher m7 und dominant 7.
Mit Modal Interchange hat das auch bei Beato nichts zu tun.

Das PDF verstehe ich nicht als Lehrbuch der Jazztheorie, eher als Gedächtnisstütze zum Nachschlagen bzw. als Begleitmaterial seines Kursangebots.

Gruß Claus
 
@DandyKong :
OK, jetzt ist das mit der Solmisation klarer, aber (mir !) immer noch unklar, was das ganze mit der hier thematisierten Tritonussubistution zu tun haben könnte.

Oder geht es (Dir) "nur" um die Frage "Wie solmisiere ich tonleiterfremde Töne ?" ...

LG
Thomas
 
@turko Ist es nicht legitim auf mehrere Arten zu begründen und mehrere Zusammenhänge zu sehen?
Legitim ?
Ganz sicher.

Ich frage mich nur, was das bringen sollte ...

Aber das kann ja jeder für sich sehen und beantworten, wie er mag.

LG
Thomas
 
@turko, nönö zum "nur", "wie solmisiere ich tonleiterfremde Töne" ist eine andere Baustelle. Vielleicht kennst du ja den Automatismus, wenn eine Baustelle im Strassenverkehr einen dazu zwingt, eine Umleitung zu nehmen. Und diese Baustelle verlegt wird, man aber trotz freiem Weg im Affekt dann weiterhin die ersten paar Male einer Umleitung folgt.

Was das bringen soll? Optionen, Alternativen,..., Unberechenbarkeit. Zum Türrahmenstreichen frag ich mich auch, ob ein Ringpinsel besser einen Zwingenpinsel ersetzen könnte.
 
mmmh, Maximierung eines eventuell möglichen Erkenntnisgewinns ? Vor- und Nachteile von starker und schwacher Dissonanz ?

Wenn ich diese Substitution halbwegs richtig einschätze, dann ist doch dieser Tritonus in der I7-IV7-Fortschreitung um einiges dissonanter als eine I7-bI7 Abwärtsbewegung. Ich beginne zu spekulieren und warte deshalb mal lieber ab, was Haiiiner noch schreiben möchte.....
 

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