Auch für mich sind die
Bewegungen der Musiker im Video vollkommen passend.
Das im Grunde äußerst schlichte Stück im Video lebt allein vom Arrangement und der Interpretation. Beides finde ich hier sehr gelungen, der Groove wird durch die Bewegungen der Musiker verstärkt und auf das geneigte Publikum übertragen, z.B. mich.
Dass man als Musiker mit den Jahren individuelle Körperhaltungen, Bewegungen bis hin zu Mustern und vielleicht auch ein paar leichte Manierismen entwickelt, kann man (am besten per Video) vielleicht auch bei sich selbst und ziemlich sicher bei seinen Musikerfreunden beobachten.
Mein Eindruck aus der Hobbymusikerperspektive ist, dass der physische Ausdruck bei guter Vertrautheit mit einem Stück, Spielfreude und passender "tänzerischer" Rhythmik stärker wird und dennoch authentisch ist. Ebenso wird es mehr im Ensemble als allein spielend, weil die Körpersprache dann auch Teil der noverbalen Kommunikation mit den anderen Musikern sein kann, schließlich haben wir für Bewegungen bis hin zur feinsten Mimik eine besonders leistungsfähige Wahrnehmung.
Beim Schreiben kamen mir noch Gedanken in den Sinn, die über Blocklöte hinausgehen, in der Kurzfassung:
Kinder lernen bereits im Kindergarten, ihr Singen mit - vorgemachten und nachgeahmten - Bewegungen zu unterstützen, weil das sowohl ihr Auswendiglernen sowie die "Performance" erleichtert.
Michael Jackson war bekannt für seine ausgefeilte Choreografie und sein tänzerisches Talent. Die Ausführung in der Show würde ich selbstverständlich als künstlich ansehen, sie ist zugleich integraler Teil seiner Show, unterstützt seine Interpretation, hat künstlerischen Wert und ist m.E. auch heute noch faszinierend anzusehen.
Michael Jackson - Billy Jean, Live in München (1997)
Prince hat den Charakter der Künstlichkeit in seinen Shows und Videos zum Stilmittel gemacht und bis zum Anschlag ausgereizt. Bei seiner beeindruckenden Verfilmung von "Sign o' the Times" griff er tief in die Trickkiste der theatralischen Inszenierung. Herausgekommen ist ein spektakuläres
Feuerwerk, das seine Musik (samt
Charlie Parker's Now's the Time) brilliant in Szene setzt.
Gleich in der Einleitung der ersten sechs Minuten von der "Unterhaltung auf der Straße" bis zum Einmarsch der von
Sheila Escovedo angeführten Musikertruppe zeigt Prince, wo der Hammer hängt.
Rund 80 Minuten voll sprühender Kreativität und Musikalität, ein
Gesamtkunstwerk der Popmusik.
Prince - Sign 'O' the Times (1987)
Es geht auch anders, durch - scheinbaren - Minimalismus, bekannt z.B. von der "
konzertanten Oper" im Gegensatz zur Inszenierung, aber auch als raffinierte Inszenierung: ein grau gekleideter David Byrne betritt mit akustischer Gitarre und Cassetterecorder (reine Deko) die große, dunkle und scheinbar leere Theaterbühne. Durch ihre Dimensionen und Anhaltspunkte wie die lange Treppe, die Gerüste im tiefen Hintergrund sowie eine raffinierte Lichtgestaltung wird statt Intimität aber Monumentalität vermittelt. Auch die Bewegungen von David Byrne von der Mimik bis zu "Tanzeinlagen" sind choreographisch sorgfältig ausgedacht, geprobt und cinematographisch umgesetzt.
Für mich ist das Album ein Meilenstein der Popmusik und das Werk von Regisseur Jonathan Demme ein äußerst sehenswerter Konzertfilm, natürlich habe ich den auf DVD und inzwischen auf der Festplatte.
David Byrne, Psycho Killer aus:
Talking Heads, Stop Making Sense
Gruß Claus