Warum denken wir eher in Dur?

Oder erkläre ihn mir.
Aber bitte: Die 'Erklärung' ist überaus trivial, denn vorausgesetzt daß Sekunde, Septime und Tritonus als Dissonanz gehört werden, gibt es nur zwei Möglichkeiten dreistimmiger Konsonanzen, nämlich Dur- und Molldreiklang. Konsonante Vierklänge und andere konsonante dreistimmige Klänge sind nicht möglich, z.B. auch deswegen, weil sie nicht rein stimmbar sind. Bspw. sollte man annehmen, daß c-e-gis eine Konsonanz ist, denn c-e ist eine Durterz, e-gis ist eine Durterz und c-gis ist enharmonisch verwechselt eine Sexte. Scheinbar sind das also lauter reine konsonante Intervalle. Aber nur scheinbar, denn tatsächlich ist der Klang dissonant, weil er nicht rein stimmbar ist. Um das zu belegen, genügen elementare Kenntnisse in Bruchrechnung.
Dur- und Molldreiklang sind die einzigen rein einstimmbaren Klänge. Ob ich diese triviale Tatsache nun durch irgendeine geometrische Figur oder sonst ein esoterisches Zahlenspielchen versinnbildliche, ist für das Verständnis ziemlich unerheblich.
In gewisser Weise ist der Konsonanzgrad des Durdreiklangs höher als der des Molldreiklangs. Das wurde immer schon so empfunden und führte zu der Verwendung der Picardischen Terz noch bis über das Barock-Zeitalter hinaus. Die Erklärung dafür liegt akustisch auf der Hand: Beim Dreiklang c'-e'-g' ist der Differenzton zwischen c'-e' ein C, zwischen c'-g' ein c, zwischen e'-g' ein C, d.h. es entstehen Differenztöne, die einer Obertonreihe auf C entsprechen. Beim Mollklang c'-es'-g' dagegen entstehen Differenztöne einer Obertonreihe auf Kontra-As. Wer Ohren hat zu hören - ein möglichst rein gestimmtes Instrument vorausgesetzt - kann das problemlos wahrnehmen. Und Ohren scheinen mir denn doch die besseren Instrumente zur Beschreibung von Musik als esoterische Heptagramme ...
 
Aber bitte: Die 'Erklärung' ist überaus trivial, denn vorausgesetzt daß Sekunde, Septime und Tritonus als Dissonanz gehört werden, gibt es nur zwei Möglichkeiten dreistimmiger Konsonanzen, nämlich Dur- und Molldreiklang. Konsonante Vierklänge und andere konsonante dreistimmige Klänge sind nicht möglich, z.B. auch deswegen, weil sie nicht rein stimmbar sind.
Aber hallo! Auch ungestimmte C-Dur-Dreiklänge klingen nach C-Dur sofern sie sich innerhalb eines gewissen Rahmens bewegen.

Wie kommt man denn bloß ständig darauf, daß man nur rein gestimmte Dur-Akkorde als solche wahrnimmt? Jeder Tanzmusiker mit einer verstimmten Gitarre kann dir da praktisch das Gegenteil beweisen.

Ich glaube mal nicht, daß fugatos Chor die absolut reine Stimmung singen würde, auch meine Erfahrungen sind da anders.

Bspw. sollte man annehmen, daß c-e-gis eine Konsonanz ist, denn c-e ist eine Durterz, e-gis ist eine Durterz und c-gis ist enharmonisch verwechselt eine Sexte. Scheinbar sind das also lauter reine konsonante Intervalle. Aber nur scheinbar, denn tatsächlich ist der Klang dissonant, weil er nicht rein stimmbar ist. Um das zu belegen, genügen elementare Kenntnisse in Bruchrechnung.
Es ist ein ganz anderer Grund. Es ist die Symmetrie des Akkordes, wenn wir die gleichstufige Stimmung und die Enharmonik berücksichtigen, die sich zu 99,9999% auf der Erde verbreitet hat. Was nur belegt, daß die Menschen so hören, ansonsten würden sich ja reine Stimmungen aller Art verbreitet haben, was aber offensichtlich nicht so ist.

Ich weiß auch nicht, ob dieser Ansatz der reinen Stimmungen und der klassischen Konsonanz/Dissonanz-Lehre heute so überhaupt haltbar ist. Da geht man mit einem 2500 Jahre alten Werkzeug heran, das deshalb so verbreitet war, weil man die 12. Wurzel noch nicht berechnen konnte. Das ist wohl keine gute Herangehensweise.

Dur- und Molldreiklang sind die einzigen rein einstimmbaren Klänge. Ob ich diese triviale Tatsache nun durch irgendeine geometrische Figur oder sonst ein esoterisches Zahlenspielchen versinnbildliche, ist für das Verständnis ziemlich unerheblich.
Ich weiß nicht, was du mit deiner Esotherik hast. Du solltest dir die Sachen erstmal genau anschauen, bevor du mit solchen unterschwelligen Verunglimpfungen anfängst. Über so eine geometrische Darstellung ist es durchaus möglich, sein musikalisches Wissen zu erweitern, aber auch, um damit Musik programmieren zu können...

Wer Ohren hat zu hören - ein möglichst rein gestimmtes Instrument vorausgesetzt - kann das problemlos wahrnehmen. Und Ohren scheinen mir denn doch die besseren Instrumente zur Beschreibung von Musik als esoterische Heptagramme ...
Wer Ohren hat, hört auch, daß ein verstimmter Dur-Akkord einer ist...
 
Zitat von klaus111
Bei Geburtstag und Hochzeit wird man die Konsonanz bevorzugen, bei Grauen und Tod, die Dissonanz.
Ich denke, das kann man so pauschal nicht sagen. Ich kenne einige Trauermusiken, die nur zuweilen dissonant sind. So zum Beispiel auch die oben erwähnte Funeral Music von Witold Lutosławski.
Meine Wortwahl "bevorzugen" zeigt, daß es sich nicht um eine pauschale Aussage handelt. Außerdem hatte ich bei "Tod" eher an "Vernichtung" gedacht (Mord, Judenvernichtung), Themen die Schönberg und Berg bearbeiteten.

Dennoch habe mir jetzt die "Funeral Music" von Witold Lutoslawski angehört und bin positiv überrascht. Manchmal kommen auch von Dir interessanter Hinweise. Weiter so! :)

Hier meine Gedanken und Eindrücke:
Dieses Stück ist offenbar das einzig relevante, in dem Lutoslawski eine Zwölftonreihe verwendet. Zu eng waren ihm sonst wohl die Ausdrucksmöglichkeiten. Es ist allerdings bemerkenswert, wie er in diesem Stück seine Musik aufbaut. Bei ihm sind die Intervalle keineswegs gleichberechtigt. Tritonus und kleine Sekunden überwiegen bei weitem. Das bringt Übersicht in die Zwölftonreihe und berücksichtigt damit die menschlichen Wahrnehmungsmöglichkeiten. Außerdem wird das Thema zu einem Kanon verarbeitet, wodurch trotz zunehmender Komplexität, die Musik plausibel bleibt.

Ab 2:26 gibt es mehrere Tonwiederholungen noch mehr bei 3:18, wo in dem Abschntt zunehmend ein Ton dominiert, der dann auch den Abschnitt beendet. Er hält sich nicht an ein "Tonwiederholungverbot" und das verstärkt eine eine erkennbare Struktur.
Dramatischer Höhepunkt sind dann 12-Ton-Akkorde (Anfang des zweiten Videos), die Akkorde verengen sich immer mehr, um dann unisono das Ausgangsthema zu wiederholen.
Ein interessantes, ausdrucksstarkes Werk, das wahrnehmungspychologische Gegebenheiten berücksichtigt.
Für Geburtstage... kann ich mir vorstellen, dass auch Musik gespielt wird, die überhaupt keine Freude ausdrückt.

Naja, für eine Geburtstagsfeier sollte das weniger typisch sein.

Dieses Thema sprengt den Rahmen, aber man kann deine Aussage hier nicht einfach unkommentiert stehen lassen.

In deinen darauf folgenden Ausführungen vermisse ich die Folgerichtigkeit. Nimm Dir die Aussage von Mephistopheles an den Schüler zu Herzen:

SCHÜLER:
Ich wünschte recht gelehrt zu werden,
Und möchte gern, was auf der Erden
Und in dem Himmel ist, erfassen,
Die Wissenschaft und die Natur.
MEPHISTOPHELES:
Da seid Ihr auf der rechten Spur;
Doch müßt Ihr Euch nicht zerstreuen lassen.
...
Mein teurer Freund, ich rat Euch drum
Zuerst Collegium Logicum.
Da wird der Geist Euch wohl dressiert,
In spanische Stiefeln eingeschnürt,
Daß er bedächtiger so fortan
Hinschleiche die Gedankenbahn,
Und nicht etwa, die Kreuz und Quer,
Irrlichteliere hin und her.


http://www.glanzundelend.de/konstanteseiten/Goethe/faust5schueler.htm
Deine Aktionen wirken ja manchmal ungeordnet, unüberlegt ja fast närrisch. :mad: Da wäre etwas mehr Zuhaltung angebracht.

Im "Good Afternoon-Thread" kann man bei cvinos hin und wieder lesen:
"Inhalt vom Autor entfernt."

Immerhin steigert sich die Erkenntnis, wenn auch wohl etwas langsam:
https://www.musiker-board.de/harmon...oon-harmonisierung-tonart-10.html#post4351345

Zitat von klaus111
Es steht hier keine Nazi-Ideologie zur Debatte und jede Kunst muß sich der Kritik stellen!
Und warum bringst Du sie dann hier urplötzlich in die Diskussion ein?

Wie kann man nur eine solche Frage stellen? Du selbst hast den Begriff "entartete Musik" in die Diskussion gebracht, einen Begriff der Nazi-Ideologie.

Ich wendete mich nur gegen Deinen Lobgesang auf das "menschliche Denken", dessen Ambivalenz ich mit einer Reihe von entsprechenden Katastrophen belegte.

Aus gutem Grund relativierte man früher das menschliche Denken mit Sprüchen, wie "Der Mensch denkt und Gott lenkt." bzw. "Irren ist menschlich.". Die beindruckende Harmonie in der Natur führt bekanntlich manchen dazu, an das Werk eines allwissenden Geistes zu glauben.

Du hast hier drei Texte zitiert, von denen allerdings keiner von dem spricht, was Du mit ihnen belegen willst.

Wer könnte besser wissen, was ich belegen möchte, als ich selbst?

Das Wesen von Dissonanzen und Konsonanzen ist ganz unterschiedlich und es kann nicht egal sein, wie man sie einsetzt, möchte die Musik dieses sehr ausdrucksstarke Mittel verwenden.

Es ist m.E. ein ganz natürlicher Vorgang, der sich auch in der Literatur wiederfindet, daß zunächst aus Stabilität und Ruhe heraus, sich eine Geschichte entwickelt, einem dramatischen ("dissonanten") Höhepunkt zustrebt und schließlich wieder in Ruhe, Harmonie, Stabilität endet.

Wären Konsonanz und Dissonanz gleichberechtigt, sollte man erwarten, daß Romane und Musik genauso häufig umgekehrt vorgehen: Beginn mit dramatischem Höhepunkt (Dissonanz), dann Ruhe und Harmonie, um wieder einem dramatischem Höhepunkt zu enden.
Viel Spaß bei der Suche nach solchen Ausnahmen!

Das Zitat von Karger halte ich deswegen für so passend, weil er die wahrnehmungspychologische Problematik einiger Spielarten von "Neuer Musik" anspricht:

Konsonanzverbot, das Tonwiederholungsverbot, die Erweiterung des Klangbildes in die extremen Lagen, die Zersplitterung der Sprache und der musikalischen Phrase...
Es sind doch derartige Punkte, welche es erschweren, überhaupt eine Struktur wahrzunehmen. Daher lassen sich mit diesen, mittlerweile zu Klischees verkommenen Techniken, leicht dürftige Substanz und mangelnde Phantasie verbergen.
Eine Tatsache auf die Kerkelings "Hurz"-Sketch anspielt und cvinos "Good Afternoon"-Thread ist von Verarsche ja praktisch auch nicht zu unterscheiden.

Konsonante Vierklänge und andere konsonante dreistimmige Klänge sind nicht möglich, z.B. auch deswegen, weil sie nicht rein stimmbar sind.
Gut, Dein Beispiel hatte die Voraussetzung, daß Sekund und Septim als Dissonanz gehört werden, dennoch zur Verdeutlichung des Konsonanz-Empfindens:

Wie früher schon erwähnt, hat sich die Grenzziehung zwischen Konsonanz und Dissonanz im Laufe der Musikgeschichte verschoben. Mehrstimmiger Gesang, zunächst im Oktav- oder Quintabstand, wurde durch Einführung der Terz als konsonantes Intervall und dem Verbot der Oktav- und Quintparallelen bereichert.

In den letzten Jahrzehnten hat sich durchgesetzt, daß auch Vierklänge mit Sext oder Septim als konsonant empfunden werden, wie dieses Beispiel überzeugend verdeutlicht:

Singers Unlimited - Michelle

Diese Entwicklung geht bekanntlich maßgeblich auf den Blues und Jazz zurück.

Gruß
Klaus
 
Zuletzt bearbeitet:
Konsonanz und Dissonanz orientieren sich heute an der gleichstufigen Stimmung, und da gelten durchaus andere Gesetze als bei der reinen Stimmung...

Das ist wohl das, was Klaus meint, und da kann ich ihm dann nur zustimmen.
 
Auch ungestimmte C-Dur-Dreiklänge klingen nach C-Dur, sofern sie sich innerhalb eines gewissen Rahmens bewegen.
Richtig. Dennoch läßt sich nicht leugnen, daß es einen Qualitätsunterschied gibt zwischen einem Akkord, der sich rein stimmen läßt, und einem, bei dem das prinzipbedingt nicht möglich ist.

Wie kommt man denn bloß ständig darauf, daß man nur rein gestimmte Dur-Akkorde als solche wahrnimmt?
Weiß ich nicht, wie man drauf kommt und wer drauf kommt. Ich habe es nicht behauptet. Wenn unser Ohr Verstimmungen nicht zurechthören könnte, wäre die ganze Musik unerträglich.
Bleiben wir mal bei c'-e'-g' und c'-e'-gis', so ergeben sich folgende Differenztonreihen:
C, c, c'-e'-g' gegenüber
C, E, es, c-e'-gis'
An denen wird der qualitative Unterschied doch einigermaßen deutlich, und den hört man auch dann noch, wenn der C-dur-Dreiklang verstimmt erklingt, während c-e-gis eh immer verstimmt erklingen muß. (Das rechnerisch abzuleiten, ist mir hier und jetzt zu mühsam. Wer's nicht glaubt, möge selber rechnen und hören.)

... die gleichstufige Stimmung und die Enharmonik ..., die sich zu 99,9999% auf der Erde verbreitet hat. Was nur belegt, daß die Menschen so hören, ansonsten würden sich ja reine Stimmungen aller Art verbreitet haben, was aber offensichtlich nicht so ist.
Wenn die Menschen von Natur aus gleichstufig hörten, dann bräuchten Gitarrenspieler keine gegriffenen Vergleichstöne zum Stimmen, sondern könnten sozusagen freihändig zuverlässig temperierte Quarten und eine temperierte Durterz stimmen. Das dürfte wohl nur den wenigsten gelingen, während zumindest den besseren Hörern die reinen Quarten kein Problem sind. Dasselbe gilt für Geigen: Geiger stimmen absolut zuverlässig reine Quinten, aber absolut unzuverlässig, bzw. gar nicht, temperierte - und das nicht, weil sie die 12. Wurzel aus 2 nicht berechnen können, sondern weil sie's nicht zuverlässig hören können.
Deine Folgerung ist schlicht falsch, denn sie muß lauten, daß sich reine Stimmungen deswegen nicht verbreitet haben, weil sie genauso wenig funktionieren wie ein Perpetuum mobile. Deswegen, und nicht weil wir von Natur aus so hören, ist die Annäherung durchs Temperieren unverzichtbar und hat sich durchgesetzt.

Da geht man mit einem 2500 Jahre alten Werkzeug heran ...
Hat nichts mit einem 'Werkzeug' zu tun. Das Werkzeug, dessen man sich bedient, ist die Temperierte Stimmung (bzw. ehemals verschiedene Arten der Temperierung), und niemand sagt, daß es ein besseres gebe. Die Erklärung jedoch, warum sie nötig ist, ist das physikalisch einfache Faktum, daß reine Quinten schlechte Terzen und umgekehrt ergeben, und das weiß man allerdings schon seit ein paar tausend Jahren. Daß Menschen deswegen gleichstufig hören, ist Unsinn und einfach zu widerlegen.

Am Rande bemerkt: Die Temperierung konnte man bereits annähern, bevor man beliebig genaue Verfahren zur numerischen Berechnung der 12. Wurzel kannte. Zarlino (1517-1590) beschreibt die Bundeinteilung einer gleichstufigen Laute mit Hilfe geometrischer Annäherungen, Simon Stevin (1548-1620) näherte durch Dezimalbrüche an.

Was Konsonanz und Dissonanzempfinden betrifft, setze man ein Kind an eine Tastatur und lasse es benennen, welche Zusammenklänge angenehm klingen. Jedes Kind findet dabei sehr zuverlässig zu denselben Intervallen, die in herkömmlicher Definition als konsonant gelten. Daß in vollstimmigem Satz Färbungen durch hinzugefügte Sexten und Septimen nicht unbedingt als dissonant empfunden werden, hat nichts damit zu tun und setzt den Dissonanz-Begriff nicht außer Kraft. Das ist immer eine Frage des Stils und klanglichen Zusammenhangs. Daß Septime und Sekunde verglichen mit Terz und Quinte dissonant sind, wird jeder Mensch trotzdem bestätigen.
 
Richtig. Dennoch läßt sich nicht leugnen, daß es einen Qualitätsunterschied gibt zwischen einem Akkord, der sich rein stimmen läßt, und einem, bei dem das prinzipbedingt nicht möglich ist.
Du meinst, Dur und Moll ergeben sich aus diesem Qualitätsunterschied?

Es gibt auch die Erklärung aus der Struktur der Heptatonik, die ist für mich weitaus logischer, weil sie nicht nur Dreiklangsakkorde, sondern auch Mehrklangsakkorde und damit eine Tonalität erklären. Sie erklärt darüber hinaus, warum wir heute maj7-Akkorde als harmonisch wahrnehmen, was zu anderen Zeiten ja nicht der Fall war, weil man ständig mit irgendwelchen Regeln herunhantiert hat. So hat das eben eine Zeitlang gedauert, bis man festgestellt hat, daß die Theoretiker der Musik folgen müssen und nicht umgekehrt.

Weiß ich nicht, wie man drauf kommt und wer drauf kommt. Ich habe es nicht behauptet. Wenn unser Ohr Verstimmungen nicht zurechthören könnte, wäre die ganze Musik unerträglich.
Und wie macht der Mensch das? Er rastert grob, kann aber eben auch Nuancen erkennen. Wie kannst du mir die Grobrasterung erklären...?

Bleiben wir mal bei c'-e'-g' und c'-e'-gis', so ergeben sich folgende Differenztonreihen:
C, c, c'-e'-g' gegenüber
C, E, es, c-e'-gis'
An denen wird der qualitative Unterschied doch einigermaßen deutlich, und den hört man auch dann noch, wenn der C-dur-Dreiklang verstimmt erklingt, während c-e-gis eh immer verstimmt erklingen muß. (Das rechnerisch abzuleiten, ist mir hier und jetzt zu mühsam. Wer's nicht glaubt, möge selber rechnen und hören.)
Einen Dur mit einem +-Akkord zu vergleiche, käme mir jetzt nicht in den Sinn. Sie wirken völlig anders, und das liegt nicht an der Stimmung, sondern am Strebeverhalten. Darüber hinaus ist der +Akkord ein symmetrischer, d.h. da gibt es so erstmal keine Tonalität.
Wenn, dann vergleiche bitte Dur und Moll. Darum geht's ja auch hier.

Ich kann auch nachweisen, daß die Töne C-E-G nach Dur klingen, hingegen die Töne C-C#-D ganz anders klingen. Dazu brauche ich keine Stimmungsanalyse vornehmen, und jeder Buschmensch wird das genausohören wie der Porf. Dr. Dr. Dr. Music...

Wenn die Menschen von Natur aus gleichstufig hörten, dann bräuchten Gitarrenspieler keine gegriffenen Vergleichstöne zum Stimmen, sondern könnten sozusagen freihändig zuverlässig temperierte Quarten und eine temperierte Durterz stimmen. Das dürfte wohl nur den wenigsten gelingen, während zumindest den besseren Hörern die reinen Quarten kein Problem sind. Dasselbe gilt für Geigen: Geiger stimmen absolut zuverlässig reine Quinten, aber absolut unzuverlässig, bzw. gar nicht, temperierte - und das nicht, weil sie die 12. Wurzel aus 2 nicht berechnen können, sondern weil sie's nicht zuverlässig hören können.
Willst du mich veräppeln? Das hört man an der Schwebung, weshalb man eine reine Stimmung leichter hinbekommt. Nix anderes ist der Grund für die Einfachheit der reinen Stimmung. Das zählt also nicht.

Deine Folgerung ist schlicht falsch, denn sie muß lauten, daß sich reine Stimmungen deswegen nicht verbreitet haben, weil sie genauso wenig funktionieren wie ein Perpetuum mobile. Deswegen, und nicht weil wir von Natur aus so hören, ist die Annäherung durchs Temperieren unverzichtbar und hat sich durchgesetzt.
Von wegen. Die Rasterung ist naturgegeben, was allein schon die Oktavidentität zeigt, die nämlich andere Ergebnisse ergibt als mit der Schichtung von Quinten erfolgt.

Hat nichts mit einem 'Werkzeug' zu tun. Das Werkzeug, dessen man sich bedient, ist die Temperierte Stimmung (bzw. ehemals verschiedene Arten der Temperierung), und niemand sagt, daß es ein besseres gebe. Die Erklärung jedoch, warum sie nötig ist, ist das physikalisch einfache Faktum, daß reine Quinten schlechte Terzen und umgekehrt ergeben, und das weiß man allerdings schon seit ein paar tausend Jahren. Daß Menschen deswegen gleichstufig hören, ist Unsinn und einfach zu widerlegen.
Das physikalische Faktum zeigt aber auch, daß Quintschichtungen sicher nicht zur Oktavidentität führen können, weshalb der Ansatz ein falscher sein muß.
Das eine hat mit der Obertonwahrnehmung zu tun, und das andere mit einer musikalischen/harmonischen Wahrnehmungsweise.

Ich verstehe eigentlich nicht, wieso man das nicht trennen kann. Dann versteht man es auch. Das sind zwei Paar Stiefel, und zu deinen Erkenntnissen kann man dann nur gelangen, wenn man jeweils einen Schuh anzieht.

Am Rande bemerkt: Die Temperierung konnte man bereits annähern, bevor man beliebig genaue Verfahren zur numerischen Berechnung der 12. Wurzel kannte. Zarlino (1517-1590) beschreibt die Bundeinteilung einer gleichstufigen Laute mit Hilfe geometrischer Annäherungen, Simon Stevin (1548-1620) näherte durch Dezimalbrüche an.
Wahrscheinlich folgten diese Menschen schlichtweg einem natürlichen Bedürfnis nach einer musikalischen Aufteilung der Oktave...

Was Konsonanz und Dissonanzempfinden betrifft, setze man ein Kind an eine Tastatur und lasse es benennen, welche Zusammenklänge angenehm klingen. Jedes Kind findet dabei sehr zuverlässig zu denselben Intervallen, die in herkömmlicher Definition als konsonant gelten. Daß in vollstimmigem Satz Färbungen durch hinzugefügte Sexten und Septimen nicht unbedingt als dissonant empfunden werden, hat nichts damit zu tun und setzt den Dissonanz-Begriff nicht außer Kraft. Das ist immer eine Frage des Stils und klanglichen Zusammenhangs. Daß Septime und Sekunde verglichen mit Terz und Quinte dissonant sind, wird jeder Mensch trotzdem bestätigen.
Daß ein Kind erst den Umgang mit einer komplexen Materie wie die Harmonik erlernen muß, braucht man wohl keinem zu erklären. Daß Harmonik und Konsonanz sicher nicht dasselbe ist, sollte einem Musiker auch klar sein.

Ersteres zeigt sich darin, daß Kinder in der Regel alle Töne, die sie spielen, als schön empfinden. Wenn du es nicht glaubst, teste das mal mit Zwei- oder Dreijährigen, die keine musikalische Sonderbegabung haben und ganz gewöhnlich sind.
Kinder diesen Alters malen auch keine anspruchsvollen Bilder, weshalb auch keiner das Urknäuel als Maßstab für künstlerisches Handeln hernehmen würde, hingegen würde man esotherische Philosophie dahinter vermuten...
 
Hallo,


Nun wenn die verehrten anwesenden Musikkenner noch ein wenig spekulative Musiksatire gestatten, so bitte ich um freundliche Aufnahme der folgenden Glosse: Einige gefielen sich in der abschätzigen Behauptung, spekulative Musiktheorie, sei etwas ausgedachtes. Nun Spekulation hat weniger etwas mit Ausdenken zu tun, sondern ein Spekulum ist so etwas wie ein Hineinschauapparat in der Heilkunde. Spekulatives Denken beruht auf inneren Wahrnehmungen, auf Selbterforschung und der Wahrnehmung seelischer Ereignisse.
Der Musikästhet ist stolz auf seine großen Ohren, hinter und unter der Ästhetik breitet sich aber dann ein Nebel aus wo nichts mehr wahrgenommen wird.

Der spekulative Mensch durchschreitet aber diesen Nebel und baut in Abstimmung mit anderen aus seinen inneren seelischen und geistigen Reaktionen seine Musiktheorie zusammen. Wenn man nur einen einzelnen Ton anschlägt, oder ein Intervall oder einen rationalen oder irrationalen Akkord, immer reagiert die Seele mit einer Bewegung und einem seelischen Gestus.

Auf dieser Grundlage und Selbsterleben kann man dann sehr fein die Verhältnisse der Musik erforschern und auch mit anderen die ähnlich vorgehen und befähigt sind abstimmen.

Hier lässt sich erfahren und erleben welche seelisch-geistige Bedeutung der Quintenzirkel hat,
hier lassen sich die seelischen Reaktionen der Intervalle ganz fein erforschen und erfahren.
Es lassen sich die genauen Wirkungen der Tonartencharakteristik erforschen und erfahren.
Es lässt sich sehr genau erforschen und erfahren, was der Unterschied zwischen Dissonanz und Konsonanz ist. Es lässt sich erforschen und erfahren, warum konsonante Musik die nicht ausreichend dissonante Strukturen bewältigt, seelische Spaltungssymptome hervorrufen kann.
Es lässt sich genau erforschen und erfahren warum die gleichschwebende Temperatur zwangsläufig zu Entwurzelungssymptomen führt, während reine Stimmungen dies zwar verhindern würden aber andere üble Folgen hätten. Man kann genau erforschen und erfahren warum die pythagoräische Stimmung heute zurechtgehört werden kann, aber jede Mehrstimmigkeit zersetzen würde, wenn sie nicht mehr zurechtgehört werden könnte.
Zurechthören ist eine oft nicht mehr als schlechte Angewohnheit die zu seitlichen Scheuklappen führen können die dann aber auf den Ohren sitzen anstatt neben den Augen.
Mann kann sogar die Gefühlsqualität von Zahlen wie 2, 3 und 5 erforschen, die unser Musiksystem bestimmen. Man kann seelisch und geistig ertasten warum es sich bei 7, 11 und
13 um transzendierende Seelengesti handelt die dem normalen Bewusstsein nicht zugänglich sind, daher auch für die Musik in unserem Sinne ungeeignet sind. Gleichwohl kann man durch Stimmungen über diese Zahlen erhebliche seelische und geistige Strukturen wachrufen und erkunden. Kurzum spekulative Musiktheorie hat nichts mit Ausdenken zu tun sondern mit bewusster Wahrnehmung die durch Zahlennoetik objektiviert werden kann.
Die Verifikation erfolgt also durch Übereinstimmung von Wirkungserkenntnissen über zahlenbestimmter Strukturen die sich verlässlich wiederholen lassen und eben der Wahrnehmung erlebter seelisch-geistiger Ereignisse.

Nun ein Beispiel: Was ist eigentlich eine Terz. Untersucht man mit obiger Methode die Oktave und ihre geistig-seelische-Anatomie so liegt der Terzenbereich zwischen 250 und 450
Cent. Alles was in diesem Bereich liegt zeigt einen seelisch geistigen Terzgestus.
Allerdings zeigt dieser in seinem unteren Bereich sozusagen einen negativen Spin, der ihn zur Mollterz wirkend macht und der Bereich zeigt in seinem oberen Bereich einen positiven Spin der ihn zur Durterz wirkend macht. Es handelt sich um entgegengesetzt wirksame Kräfte die hier erlebbar sind. Deshalb spricht man hier von polaren Terzen, die Polaritätsmaxima liegen etwa bei 300 und 400 Cent. Das kann man mit einem Synthesizer mit Microtuning sich erarbeiten und ich sag mal hier erschließen sich den großen musikkundigen Ohren dann neue Welten von denen diese noch gar nichts ahnten.

Bewegt man sich nun von der großen Terz nach unten und von der kleinen Terz nach oben
Wird der Polaritätsgrad immer geringen und die Terzen werden immer apolarer, deshalb spricht man hier auch von neutraler Terz. Das Maximum von Neutralität liegt bei 350 Cent.

Ähnliche Verhältnisse gelten auch für alle anderen Intervalle, so liegt analog der Sekundenbereich zwischen 50 und 250 Cent. Auch hier erfolgt die Spinumkehr und die Leittonwirkung einer kleinen Sekunde ist in ihrer Stärke sehr von der genauen Größe abhängig. Die Prim liegt zwischen - 50 und + 50 Cent, alle geringeren Intervalle verschmelzen zu einer Intervallqualität. Usw.usw. Hier ist alles ganz exakt reproduzierbar.

Es gibt nun bei 360 Cent eine äußerst interessante neutrale Terz die man mit den Proportionen 16/13 beschreiben kann. Deren gespiegelte Umkehrung liegt mit 13/8 im
Sextenbereich bei 840 Cent. 13/8 die zahlenkundigen hier erkennen sofort, hier liegt der
Goldene Schnitt der Oktave. Diese Oktavteilung die unsere großohrigen Musikästheten meistens nie im Leben zu hören bekommen, ist für die innere Natur der Musik noch viel grundlegender als die pythagoräische Tetraktys.

Teilt man nun diese 360 Cent durch 3 so erhält man einen Halbton mit 120 Cent, 10 solcher großen Halbtöne bilden dann ein temperiertes Zehnersystem mit insgesamt 1200 Cent,
also einen geschlossenen Zehnerkreis. Hier kann sich der mutige Adept dann mal an ganz andere Abenteuer heranwagen die in unbekannte seelische Regionen führen. Hier hat dann die Quart 480 Cent und die Quinte 720 Cent. Alleine die Veränderungen erlebter Intervallqualitäten lassen einen vor Staunen die großen Ohren schrumpfen.

Was nutzt es künstlerisch Musik zu machen und sich ästhetisch über sie auszubreiten
Wenn man eigentlich so wenig bis gar nichts über ihr eigentliches Wesen weiß.
Man lebt dann bestenfalls in einer musikalischen Ersatzwelt und träumt sich am Wunder der Musik und gleichzeitig am Wunder dieser Welt und auch noch am Wunder der eigenen Möglichkeiten vorbei.

Satire Ende!

Mit freundlichem Gruß

[FONT=&quot]G. Bonsai[/FONT]
 
Das Zitat von Karger halte ich deswegen für so passend, weil er die wahrnehmungspychologische Problematik einiger Spielarten von "Neuer Musik" anspricht: [...] Es sind doch derartige Punkte, welche es erschweren, überhaupt eine Struktur wahrzunehmen. Daher lassen sich mit diesen, mittlerweile zu Klischees verkommenen Techniken, leicht dürftige Substanz und mangelnde Phantasie verbergen.

Ich glaube klaus111, da du auf diesen Punkten derart unbeweglich beharrst, dass du überhaupt nichts von alle dem verstanden hast, was Algorithmus, Günter und ich versucht haben, dir zu erklären, bis hier her. Vielleicht willst du es aber auch einfach nicht verstehen und gehst stattdessen Stur in deine eigene Richtung, versuchst deine Ansichten durch Wiederholung zu verhärten und glaubwürdiger erscheinen zu lassen.

Überlege doch mal. Hurz. Kurz. So ein Teil kann ich auch mir tonaler Musik machen, siehe Schlager und Karneval, oder DJ Ötzifuzel, oder gar Scooter. Es mag in jeder Methode und in jeder Lehre Klischees geben. Die Frage ist doch, ob ich sie anwende, oder nicht. In der Harmonielehre gibt es viel mehr Klischees als in der Zwölftonmusik. Viele dabon sind einfach so ausgelutscht, dass sie einfach gar nicht mehr gehen.

Weiterhin, zum x. mal, ist Zwölftonmusik alles andere als einschränkend. Die Vorgehensweisen der zweiten Wiener Schule werden nur missinterpretiert, wie in einer schlechten Predigt, in einer falschen Rezension, in einer fehlgeleiteten Analyse. Oder sie werden einfach nicht verstanden. Ich verweise hier einfach auf die bisher in diesem Thread befindlichen Posts von Algorithmus, Günter und mir, teilweise offminor. Schönen Abend
 
Überlege doch mal. Hurz. Kurz. So ein Teil kann ich auch mir tonaler Musik machen, siehe Schlager und Karneval..

Du hast wohl das Wesentliche an meiner Kritik nicht verstanden. Hurz spielt darauf an, daß sich hinter den Wahrnehmungsbarrieren bestimmter Arten "Neuer Musik" leicht dürftige Substanz und mangelnde Phantasie verbergen kann, oder im Sinnes des Sketches treffender ausgedrückt, auch Nonsens, der nicht ohne weiteres als solcher erkannt wird.

Das kann man nicht mit Schlager, Karneval etc. vergleichen. Hier gibt es ja gerade möglichst niedrige Wahrnehmungsbarrieren und auch keiner würde versuchen, an der Stelle eine künstlerisch anspruchsvolle Aussage zu entschlüsseln.

Weiterhin, zum x. mal, ist Zwölftonmusik alles andere als einschränkend. Die Vorgehensweisen der zweiten Wiener Schule werden nur missinterpretiert...
Hervorhebung durch Klaus111

Dann lassen wir doch den Meister selbst zu Wort kommen:

Die Einführung meiner Methode des Komponierens mit zwölf Tönen erleichtert das Komponieren nicht; im Gegenteil, sie macht es schwieriger. Modernistisch eingestellte Anfänger meinen häufig, sie sollten sie versuchen, ehe sie sich die notwendige technische Ausrüstung angeeignet haben. Das ist ein großer Irrtum. Die Beschränkungen, die einem Komponisten durch die Verpflichtung auferlegt werden, in einer Komposition nur eine einzige Reihe zu benutzen, sind so hart, daß sie sich nur durch eine Phantasie überwinden lassen, die eine große Zahl von Abenteuern überstanden hat. Nichts wird einem durch die Methode geschenkt, aber viel genommen.
Aus dem Aufsatz "Komposition mit zwölf Tönen", Arnold Schönberg, 1950
Ich denke, jetzt is' gut. Aufwand und Nutzen stehen für mich zu sehr im Mißverhältnis.

Gruß
Klaus
 
Nichts wird einem durch die Methode geschenkt, aber viel genommen.

Hier stellt sie die Frage, wie der Pionier Schönberg dies gemeint hat. Ich denke, es steckt hier nichts Negatives in der Aussage. Die Komposition mit nur genau einer Reihe ist eine Beschränkung, welche den Spielraum in Bezug auf Motive innerhalb einer Komposition einschränkt. Jedoch hat man im Vergleich zur Harmonielehre von der Harmonik her, und auch in Bezug auf die Platzierung schwerer und leichter Zählzeiten, wesentlich mehr Freiheiten.

Schönberg sagt hier auch, dass es nicht einfach ist, die Methode anzuwenden. Vielleicht bezieht er dies darauf, dass damals viele Komponisten gewisse Methoden gewohnt waren, und die Zwölftonmethode nun eine andere, neue Methode war. Nehmen wir mal an, meine Vermutung stimmt. Hätte es die Zwölftonmethode zuerst gegeben, so ließe sich diese Aussage auf die der Zwölftonmethode dann folgenden Methoden anwenden.

Darüber hinaus darf man nicht vergessen, dass jeder Komponist seine ganz eigenen Erfahrungen mit verschiedenen Methoden macht. Auch hat nicht jeder die selbe Denkweise, wie eine Methode anzuwenden ist oder wie ihre Elemente zu interpretieren sind.

Ich bleibe dabei, die Zwölftonmethode ist alles andere als einschränkend. Ich persönlich finde die Wahl einer Tonart mit all ihren Konsequenzen zum Beispiel wesentlich einschränkender.
 
Du meinst, Dur und Moll ergeben sich aus diesem Qualitätsunterschied?
Ja und Nein. Aber noch einmal ganz langsam:
Vom Durdreiklang unterscheidet sich der Molldreiklang dadurch, daß seine Differenztöne nicht identisch sind mit dem ursprünglichen Klang, denn der Durdreiklang c-e-g hat Differenztöne, die einer Teiltonreihe auf C entsprechen, der Molldreiklang c-es-g Differenztöne, die einer Teiltonreihe auf As entsprechen (der Physiker Helmholtz läßt grüßen). Immerhin entsprechen beide den Schwingungsverhältnissen der Teiltonreihe und lassen sich darum rein einstimmen. Der übermäßige Dreiklang jedoch besitzt Differenztöne, die der Teiltonreihe nicht entsprechen, und er ist nicht rein einstimmbar. Beides sind Qualitätsunterschiede, aber nicht ganz dieselben.

... weil man ständig mit irgendwelchen Regeln herumhantiert hat. So hat das eben eine Zeitlang gedauert, bis man festgestellt hat, daß die Theoretiker der Musik folgen müssen und nicht umgekehrt.
Die Theoretiker sind immer der Musik gefolgt, um nicht zu sagen, sie seien ihr hinterhergehinkt. Sie haben nie Regeln "erfunden", die gefälligst zu befolgen sind, sondern haben Regeln genannt, die sie in der Musik "gefunden" haben. Die Kritik ist gleichwohl berechtigt, denn manche haben ihre Regeln formuliert, als seien sie vom lieben Gott erfunden und als seien sie allgemeingültig, obwohl sie nur für eine bestimmte Epoche und einen bestimmten Stil gelten.

Ich kann auch nachweisen, daß die Töne C-E-G nach Dur klingen ...
Und ich kann nachweisen, daß die Tautologie sich in den Schwanz beißt.

... hingegen die Töne C-C#-D ganz anders klingen.
Na, denn sind wir uns doch einig, daß es ein Konsonanz- und Dissonanzempfinden gibt, das allgemeingültig ist.

Willst du mich veräppeln? Das hört man an der Schwebung ...
Wieso veräppeln? Die störenden Schwebungen sind der Grund dafür, daß reine Intervalle unserem Ohr angenehmer sind als unreine. Zwischen Null Schwebung und einer ganz bestimmten Schwebungszahl ist wiederum ein Qualitätsunterschied. Denn Null Schwebungen einzustimmen, ist ein leichtes, eine temperierte Schwebungszahl einzustimmen, ist schwierig und gelingt allenfalls Klavierstimmern allenfalls näherungsweise. Ein Geiger, der seine reinen Quinten stimmt, zählt keine Schwebungen, sondern stimmt einfach solange, bis es gut ist. Ihm müssen Schwebungen und Differenztöne (obwohl der Geiger Tartini als einer der ersten auf diese als Intonationshilfe hinwies) noch nicht einmal bewußt sein, trotzdem wird er reine Quinten stimmen können, und das völlig zuverlässig. Temperierte Quinten wird er evtl. so ungefähr stimmen können, aber sicherlich nicht genau. Und deswegen ist die Behauptung, wir würden gleichstufig hören, Kokolores. Reine Stimmungen kann man intuitiv hinbekommen, ohne von Schwebungen je etwas zu wissen. Temperierte Stimmungen kann man nur hinbekommen, wenn man Schwebungen abzählen und möglichst genau abschätzen kann.

Das physikalische Faktum zeigt aber auch, daß Quintschichtungen sicher nicht zur Oktavidentität führen können, weshalb der Ansatz ein falscher sein muß.
Daß Quintschichtungen nicht zur Oktavidentität führen können, das zeigt das physikalische Faktum nicht, sondern das IST ein physikalisches Faktum. Aus diesem physikalisch-mathematischen Faktum gibt es zum Glück ein Entrinnen, weil unser Ohr eine gewisse Toleranz hat. Es ist diese Toleranz, durch die unser Tonsystem erst ermöglicht wird. Ohne diese Toleranz müßten wir uns auf den Dur- und Molldreiklang beschränken und auf eine einzige diatonische Tonart. Außer Jodel-Musik hätten wir dann keine.

G. Bonsai, die altgriechische Tetraktys ist ein Relikt aus vorphysikalischen Zeiten. Nicht daß die damals dumm waren, aber sie waren doch etwas zahlenmystischer veranlagt als wir. Wir wissen heute ein wenig mehr, auch wenn wir dadurch nicht klüger geworden sind. Man kann ja meinetwegen in den Standpunkt verliebt sein, daß sich alle Zusammenhänge durch die Zahlenreihe 1, 2, 3, 4 ausdrücken lassen. Aber durch Verliebtsein wird Zahlenmystik und pythagoreische Esoterik und Vorstellung von Weltharmonie nicht richtiger. (Übrigens auch nicht dadurch, daß man Esoterik beharrlich und falsch "Esotherik" schreibt, lieber PVaults.)
 
Ich denke auch, das da weiteres diskutieren nichts nützt. Du, klaus111, berufst Dich die ganze Zeit nur auf irgendwelche "Autoritäten", auf denen Du deine Thesen stützt, doch sind diese durchweg ungeeignet (s.u.), falsch, noch-nicht-mal-sekundärliteratur usw.

Du zitierst z.B. allen ernstes für die Zwölftontechnik aus einer ominösen "Weltgeschichte der Musik". Wenn Du Dich informieren willst, dann greife zum "Lehrbuch der Zwölftontechnik" von Eimert oder noch besser "Serial Composition" von Reginald Smith Brindle. In deinem Zitat steht "Die Dodekaphonik ist grundsätzlich atonal", aber bei Smith Brindle steht:

Serial Composition by Reginald Smith Brindle schrieb:
The use of a twelve-note series does not automatically produce 'atonal' music. The reverse is often the case.

Übersetzung: "Durch die Verwendung einer Zwölftonreihe entsteht nicht automatisch 'atonale' Musik. Das Gegenteil ist oft der Fall."

In dem Buch von Eimert und in grossem Umfang bei Smith Brindle werden auch Dissonanzen und Konsonanzen behandelt, Klänge in Grade eingeteilt usw. usf., also der Unterscheidung zwischen Dissonanzen und Konsonanzen seitenweise Raum gegeben.

Wie kann man nur eine solche Frage stellen?

Weil Du den Nationalsozialismus in die Diskussion eingebracht hast, und, nach dem ich darauf reagierte, sagtest, er stünde nicht zur Diskussion. Darum fragte ich Dich, warum Du diesen dann einbringst. Dort war ich noch so freundlich, nicht auf die Geschmacklosigkeit des von Dir gebrachten Vergleiches hinzuweisen.


Wer könnte besser wissen, was ich belegen möchte, als ich selbst?

Nun, Du hattest drei Zitate gebracht, die belegen sollen, das in diversen Spielarten der Musik kein Unterschied zwischen Konsonanz und Dissonanz herrsche, aber die Zitate handelten überhaupt gar nicht davon. Was soll ich davon halten?


Das Wesen von Dissonanzen und Konsonanzen ist ganz unterschiedlich und es kann nicht egal sein, wie man sie einsetzt, möchte die Musik dieses sehr ausdrucksstarke Mittel verwenden.

Ich habe versucht, Dir begreiflich zu machen, was "Emanzipation der Dissonanz" bedeutet, an diesem Satz von Dir sehe ich allerdings, das ich da gescheitert bin. Wie auch zuvor, als es um Tonanagramme ging. Ich hatte Dir diese Dinge ausführlich erklärt, aber das ist auch nicht zu Dir vorgedrungen, und die gleichen (längst widerlegten) Vorurteile kehrten wieder, wie bei allen anderen Themengebieten auch.

Nach allem ist offensichtlich, das es Dir nicht um Wahrheit und Wissensfindung geht, sondern um Deine Wahrheit, die Du (Gott weiss warum) um jeden Preis behalten willst. Wenn Du noch gen Anfang diesen Threads schriebst, Du würdest Deine Zeit lieber sparen, so frage ich mich warum Du hier Seitenweise gegen Musikrichtungen kämpfst, die von vielen Menschen sehr geliebt werden, anstatt Dich an der Musik, die Dir gefällt, zu erfreuen. Das Du deine Zeit gespart hast dadurch, das Du die Musik, gegen die Du hier wetterst, gar nicht erst angehört hast, ist ja auch offensichtlich. Wie sonst hätten Dir so einfach zu erfassende Dinge, wie etwa das in der Zwölftontechnik Tonwiederholungen ganz normal dazu gehören, verborgen bleiben können.
 
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Ja und Nein. Aber noch einmal ganz langsam:
Vom Durdreiklang unterscheidet sich der Molldreiklang dadurch, daß seine Differenztöne nicht identisch sind mit dem ursprünglichen Klang, denn der Durdreiklang c-e-g hat Differenztöne, die einer Teiltonreihe auf C entsprechen, der Molldreiklang c-es-g Differenztöne, die einer Teiltonreihe auf As entsprechen (der Physiker Helmholtz läßt grüßen). Immerhin entsprechen beide den Schwingungsverhältnissen der Teiltonreihe und lassen sich darum rein einstimmen. Der übermäßige Dreiklang jedoch besitzt Differenztöne, die der Teiltonreihe nicht entsprechen, und er ist nicht rein einstimmbar. Beides sind Qualitätsunterschiede, aber nicht ganz dieselben.
Ich würde sagen, das sind einfach zwei verschiedene Akkorde. Drum klingen sie unterschiedlich. So einfach und schlicht ist das. Rot ist rot, und blau blau.
Wobei ich schon weiß, was du sagen willst. Weiter unten in deinem Posting schreibst du aber selbst:
Ohne diese Toleranz müßten wir uns auf den Dur- und Molldreiklang beschränken und auf eine einzige diatonische Tonart.
Und da sind wir da, was ich schon die ganze Zeit schreibe...
Woher kommt denn diese Toleranz?
Sie kommt daher, weil der Mensch die Oktave natürlicherweise in 12 Stufen unterteilt, über die er die 5- respektive 7-Tönigkeit rechnet. Das versuche ich doch die ganze Zeit klarzumachen...

Selbst WP kennt diesen Unterschied:
http://de.wikipedia.org/wiki/Gleichstufige_Stimmung
"Andersherum interpretiert ist es eine kuriose Besonderheit der Mathematik, dass die Tonhöhen der gleichstufigen und der reinen Stimmung doch so nahe beieinander liegen, dass sie in der Praxis vermengt werden können, ohne dass es dem Laienohr auffällt. Die ganze Harmonik der Musik wäre sonst gar nicht möglich."

Die Theoretiker sind immer der Musik gefolgt, um nicht zu sagen, sie seien ihr hinterhergehinkt. Sie haben nie Regeln "erfunden", die gefälligst zu befolgen sind, sondern haben Regeln genannt, die sie in der Musik "gefunden" haben. Die Kritik ist gleichwohl berechtigt, denn manche haben ihre Regeln formuliert, als seien sie vom lieben Gott erfunden und als seien sie allgemeingültig, obwohl sie nur für eine bestimmte Epoche und einen bestimmten Stil gelten.
Dahinter steht jedoch immer ein Tonsystem, das natürlich Auswirkungen auf den Klang hat, allein durch seinen Aufbau. Wie kann man das nicht verstehen?

Na, denn sind wir uns doch einig, daß es ein Konsonanz- und Dissonanzempfinden gibt, das allgemeingültig ist.
Nur beruht das nicht auf Konsonanz/Dissonanz, sondern auf einer Struktur der Zahlen. Es gibt ja auch andere Musik, die eben nicht mit reinen Stimmungen etc. funktioniert, beispielsweise indische Musik, und trotzdem kann man sie westlich harmonisieren, weil sie Haupt und Nebentöne kannt, wobei die Haupttöne generell ins 12-Ton-System passen.
Auch die Wirkung bzw. das Leittobnverhalten beispielsweise von Dominanten kann man nicht mit der Stimmung einfach erklären. Weshalb sollte denn das Ohr so etwas wahrnehmen? Das Ohr muß also demnach ein System benutzen. Genausowenig kannst du die funktionale Wirkung von Akkorden nicht erklären, ohne das 12-Ton-System zugrunde zu legen. Und hier erklärt sich das System von selbst, wenn man es sich genau anschaut und nicht ideologische Scheuklappen aufhat.

Wieso veräppeln? Die störenden Schwebungen sind der Grund dafür, daß reine Intervalle unserem Ohr angenehmer sind als unreine. Zwischen Null Schwebung und einer ganz bestimmten Schwebungszahl ist wiederum ein Qualitätsunterschied. Denn Null Schwebungen einzustimmen, ist ein leichtes, eine temperierte Schwebungszahl einzustimmen, ist schwierig und gelingt allenfalls Klavierstimmern allenfalls näherungsweise. Ein Geiger, der seine reinen Quinten stimmt, zählt keine Schwebungen, sondern stimmt einfach solange, bis es gut ist. Ihm müssen Schwebungen und Differenztöne (obwohl der Geiger Tartini als einer der ersten auf diese als Intonationshilfe hinwies) noch nicht einmal bewußt sein, trotzdem wird er reine Quinten stimmen können, und das völlig zuverlässig. Temperierte Quinten wird er evtl. so ungefähr stimmen können, aber sicherlich nicht genau. Und deswegen ist die Behauptung, wir würden gleichstufig hören, Kokolores. Reine Stimmungen kann man intuitiv hinbekommen, ohne von Schwebungen je etwas zu wissen. Temperierte Stimmungen kann man nur hinbekommen, wenn man Schwebungen abzählen und möglichst genau abschätzen kann.
Was glaubst du, mit was der gewöhnliche Gitarrist die meisten Probleme hat...? Weswegen wohl habe ich obiges geschrieben?

Nochmal: Die gleichstufige Stimmung ist das idealisierte Prinzip der 12er-Unterteilung der Oktave. Einzelne Töne besitzen eine gewisse Varianz - dies und nichts anderes habe ich die letzten Postings versucht klarzumachen, was ist daran so schwer zu verstehen?

Man kann doch nicht hergehen und sagen, die Musiker können meist nur rein stimmen, und deshalb sei das Stimmungssystem die Vorraussetzung für Harmonik, das ist doch lächerlich, vor allem, nachdem ich jetzt so oft gebeten haben, sich mal die Systematik genauer anzuschauen, da fällt dann einiges auf.

Stimmung und 12-Ton-denken liegen zufällig beieinander. Wenn alles nur eine Stimmungssache wäre, hätte sich keine Harmonik entwickeln können, zumal man über reine Stimmungen kaum mehr als zwei, drei Töne schichten kann. Doch die Entwicklung der Harmonik zeigt doch gerade, daß das nicht sein kann. Sie ist nämlich viel zu komplex für ein einfaches Konsonanzempfinden, sondern basiert ja auf einem 12-Ton-System...

Daß Quintschichtungen nicht zur Oktavidentität führen können, das zeigt das physikalische Faktum nicht, sondern das IST ein physikalisches Faktum. Aus diesem physikalisch-mathematischen Faktum gibt es zum Glück ein Entrinnen, weil unser Ohr eine gewisse Toleranz hat. Es ist diese Toleranz, durch die unser Tonsystem erst ermöglicht wird. Ohne diese Toleranz müßten wir uns auf den Dur- und Molldreiklang beschränken und auf eine einzige diatonische Tonart. Außer Jodel-Musik hätten wir dann keine.
Na, da merkst du aber was... Was schreibe ich denn die ganze Zeit? Und dieses Tonsystem trifft zufällig mit der reinen Stimmung recht gut zueinander, wobei auch hier wieder die Zahlen eine Rolle spielen, aber egal...
Nochmal: Woher kommt diese Toleranz, wie weit geht sie? Und da sind wir wieder genau da, was ich die ganze Zeit zu erklären versuche...

Eine Konsonanz empfindet der Mensch im Umfeld einer Quinte allein aus dem eingebauten 12-Ton-System, weil das 12-Ton-System als einziges System mit relativ wenig Tönen auskommt, äußerst symmetrisch ist, gleichzeitig aber über die Heptatonik ein tonales, also (teilweise) unsymmetrisches System integriert, das genau zwei Möglichkeiten außer dem Tonleiterspiel ermöglicht, nämlich die Terzschichtung und den Quintfall nach Barock-Kadenz-Schema.

Die Pentatonik bildet das erste System mit genau einer Möglichkeit, die Heptatonik das erste System mit zwei Möglichkeiten, alle Töne in einem endlos Ring anzuordnen. Und das 12er-System ist das erste, das beide Systeme gleichzeitig beinhaltet. Sowohl 5 und 7 sind Primzahlen, das sollte man sich genau anschauen, was das heißt. Dann wird auch klar, weshalb eine 6er Unterteilung nicht funktionieren kann, ebnsowenig eine 8er-Unterteilung oder sonstige Unterteilungen, die keine Primzahlen sind.
Es ist auch bezeichnend, daß sich genau dieses System durchgesetzt hat und nicht ein komplizierteres System mit mehr Wegstreckenmöglichkeiten.

Die Einfachheit ist der Grund, nix anderes. Trotzdem ist es komplex genug, daß man als Musiker den Umgang damit sein ganzes Leben lernen und verbessern muß.

Aber durch Verliebtsein wird Zahlenmystik und pythagoreische Esoterik und Vorstellung von Weltharmonie nicht richtiger. (Übrigens auch nicht dadurch, daß man Esoterik beharrlich und falsch "Esotherik" schreibt, lieber PVaults.)
Nun, was dir zeigen sollte, daß ich wohl nicht allzusehr mich in diesem Dunstkreis aufhalte...

Ich kapiere überhaupt nicht, wieso du eine strukturelle Analyse als pythagoreische Esoterik bezeichnest. Entweder kannst du es nicht begreifen, oder du willst es nicht aus ideologischen Gründen. Beides ist tragisch...

In dem Buch von Eimert und in grossem Umfang bei Smith Brindle werden auch Dissonanzen und Konsonanzen behandelt, Klänge in Grade eingeteilt usw. usf., also der Unterscheidung zwischen Dissonanzen und Konsonanzen seitenweise Raum gegeben.
Da sollte man aber schauen, welche Ausgabe man besitzt. Denn Eimert hat eine Menge Blätter für die Korrekturen nachreichen müssen. Wenn die fehlen, kann man sich durchaus wundern und falsches verkünden, wenn man das nicht überprüft.
 
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Da sollte man aber schauen, welche Ausgabe man besitzt.

Eimert habe ich nicht zitiert, sondern Smith Brindle. Und bei Eimert kann ich Dich beruhigen, ich habe die 9. Auflage. Zudem besitze ich zusätzlich Ohren und Hirn zur Prüfung.
 
Ich bleibe dabei, die Zwölftonmethode ist alles andere als einschränkend. Ich persönlich finde die Wahl einer Tonart mit all ihren Konsequenzen zum Beispiel wesentlich einschränkender.

Da betont der Meister selbst, wie hart die Einschränkungen der Zwölftontechnik sind und Du beharrst auf Deiner Meinung. :confused:

Die Wahl einer Tonart ist selbstverständlich eine große Einschränkung, führt man sich vor Augen, daß der Mensch innerhalb der Oktave noch viel mehr Töne unterscheiden könnte. (Übrigens wäre es auch hier wahrnehmungspsychologisch unsinnig, würde man bei einer Komposition z.B. von Millionen theoretisch möglicher Tönen ausgehen. Sie könnten nicht wahrgenommen werden (siehe Anhang) auch wenn sie praktisch durch Elektronik realisiert werden könnte. Musik in einer Tonart lebt ja geradazu davon, sich einzuschränken, mit großen Vorteilen!

Wenn man schon die Zwölftonmethode mit der Wahl einer Tonart vergleicht, so sollte man die beiden Ordnungsprinzipien, die hinter diesen Konzepten stehen, miteinander vergleichen. Bei Wahl einer Tonart, ich gehe von der Heptatonik aus, ist die Auswahl der Töne ja nicht etwa willkürlich. Es werden sozusagen die "beliebtesten", "harmonischsten" innerhalb einer Oktave ausgewählt. Noch "harmonischer" wären übrigens die Töne der Pentatonik, die ja auch in der Heptatonik enthalten sind. Deshalb ist die Pentatonik (bei Anfängern) so beliebt zum improvisieren. Es treten zwischen den Tönen dieser Skala keine wesentlichen Dissonanzen auf. Wegen ihrer Einfachheit basieren auch viele Kinderlieder und einfache Melodien afrikanischen Ursprungs und vieler anderer Kulturen auf der Pentatonik.

Gesteigerte musikalische Ansprüche (Gewöhnung, Abnutzungseffekt, auftretende Langeweile) verlangen nach Erweiterung. Diese kann die Heptatonik bieten, indem sie zwei weitere Töne einführt, die möglichst harmonisch zu den fünf der Pentatonik passen. Soll der Tonraum aufgrund höherer Ansprüche noch mehr erweitert werden, so kommt man, wegen der Eigenschaften der Quint und Terz (die ersten neuen Töne der Naturtonreihe) unweigerlich auf das Zwölftonsystem, welches heute weltweit mit Abstand die größte Rolle spielt. Grundsätzlich erfolgt auch hier die Wahl der zusätzlichen Töne aufgrund des Strebens nach einer optimierten Konsonanz und sogar die gleichstufige Stimmung haben wir diesem Streben zu verdanken.
Die Geschichte ist noch nicht zu Ende. Es existieren vielerlei Bestrebungen, den Tonraum innerhalb einer Oktave zu erweitern. "Blue" Notes sind sehr populär geworden, ekmelische Töne (z.B. Naturseptim) finden Verwendung, Vierteltöne, Mikrotonalität in den unterschiedlichsten Arten.

Was macht nun die sog. "atonale" Musik und die "Zwölftontechnik"? Sie möchte eine tonale Wirkung verhindern und verwendet dazu ausgerechnet die zwölf Töne, die sich aus harmonischen Gründen in der europäischen Musik entwickelt hatten. Mit diesen Tönen macht man dann "unharmonische" Musik, denn die harmonischen Zusammenklänge der tonalen Musik sind ja verpönt und werden gezielt vermieden (Der freiere Berg setze dennoch in der Reihe des Violinkonzerts Dreiklangsfolgen ein. Er war weniger streng als Schönberg und Webern.)

Es überrascht nicht, daß eine auf diese Weise "konstruierte" Musik es viel schwerer hat, Harmonie und positive Gefühle auszudrücken. Sie eignet sich eher für negative Gefühle, wie z.B. Schmerz, menschliche Abgründe, Vernichtung, Orientierungslosigkeit, Gleichgültigkeit, Chaos usw, wie besonders am Werk der Neuen Wiener Schule vielfach abzulesen ist.

Es wird ja das harmonische Ordnungsprinzip verlassen, das Orientierung verleiht, das auch viel leichter ermöglicht, eine Übersicht über größeree Zeitabschnitte zu behalten, das verhindert, daß man sich allzusehr so fühlt, als befände man sich in einem dichten Wald, wie Fürtwängler es ausdrückt (Furtwängler und Hindemith (Zitate) wurden im Thread erwähnt, sind nicht "irgendwelche Autoritäten" und sie stehen natürlich nicht allein.)

Werden wahrnehmungspsychologische Erkenntnisse in der o.g. Musik auf andere Weise als durch harmonische Gesichtspunkte berücksichtigt, hat das sogleich einen entsprechend positiven Effekt (z.B. durch Tonwiederholung, kurze Motive, die in anderen Lagen wiederholt werden, Beschränkung auf wenige Intervalle usw.). Beispiele (Eisler, Lutoslawski) wurden früher besprochen.

Wenn Du Dich informieren willst, dann greife zum "Lehrbuch der Zwölftontechnik" von Eimert oder noch besser "Serial Composition" von Reginald Smith Brindle...

Gemach, gemach, ich habe auch Schriften von seriellen Komponisten gelesen, Eimert und Stockhausen waren dabei (schon lange her) und ich werde bei Gelegenheit auch gerne die von Dir angegebene Literatur lesen (danke für die Angaben!). Allerdings, wird man den Wahrheitsgehalt aller Religionen nicht durch den Papst und seine Kardinäle erfahren, wenn ich das einmal so ausdrücken darf. Ich habe meine Aussagen immerhin viel mehr belegt als Du Deine und sie finden sich ähnlich in vielen Büchern und vielen anderen Quellen. Bei Gelegenheit kann ich gerne noch mehr Zitate nachschieben, wenn Dir meine Quellen nicht gut genug sind. Belegen läßt sich das leicht, ist eben nur mit Aufwand verbunden, der hier wahrscheinlich nicht honoriert wird. Es wird dann nämlich einfach gesagt, ich solle die Quellen weglassen und direkt meinen Standpunkt vertreten. Ich möchte allerdings nicht auf den Vorteil verzichten, wenn weltweit anerkannte Musiker gut passende Bilder für meine Empfindungen und Gedanken gefunden haben.

Das Zitat von Reginald Smith Brindle kann ich durchaus nachvollziehen. Selbstverständlich kann man mit Reihentechnik auch tonale Effekte erzeugen. Doch genau diese versuchte die "Neue Wiener Schule" normalerweise zu vermeiden. Wenn Brindle der Unterscheidung zwischen Dissonanzen und Konsonanzen seitenweise Raum gibt, ist das zu begrüßen, überrascht andererseits auch nicht. Meine Kritik soll ja eher da greifen, wo die Konsonanz fehlt, von mir aus die relative, oder Konsonanz und Dissonanz nicht mehr plausibel verbunden werden oder . Letzteres muß selbstverständlich nicht nur im Rahmen der gängigen Harmonielehren geschehen, auch als "atonal" oder gar "Reihentechnik" einzustufende Musik kann dies leisten. Der von mir besprochene Lutoslawski ist ein Beispiel dafür.

Du würdest Dich auch sehr irren, wenn Du der Meinung anhängen solltest, daß ich sog. "atonale" Musik, Reihentechnik, elektronische Musik, Geräuschkollagen prinzipiell ablehnen würde. Das hat alles seinen Platz (sogar bei mir) und ein Künstler mit großer Gestaltungskraft kann praktisch aus allem etwas aussagekräftiges machen, wenn ihm nicht zu sehr die Hände gebunden sind. Nur ist nicht alles gleich gut für bestimmte Dinge geeignet.
Es ist nun einmal so: Die meisten Menschen hören Musik, weil sie emotionell etwas erleben möchten. Musik, die positive Gefühle enthält ist da i.d.R. beliebter. Ein wichtiges Symbol hierfür ist die Harmonie. Das Unterforum hier heißt Harmonielehre und es finden sich viel Bücher zu dem Thema. Es ist wenig überraschend, daß Titel wie "Disharmonielehre", "Unstimmigkeitslehre" oder "Die Lehre von der Orientierungslosigkleit" usw. kaum vorkommen. Das liegt natürlich nicht an "meiner Wahrheit".

Zum den Tonwiederholungen in der "Zwölftonmusik": Grundsätzlich ist ja vielfach von einem Wiederholungsverbot zu lesen. Mir war auch bekannt, daß es weniger streng (evtl. gar nicht) gilt, wenn der gleiche Ton sofort wiederholt wird, hatte aber im Moment nicht daran gedacht. Ich begrüße es ja, daß ein Ton, wie bei Eisler gleich vier Mal hintereinander gespielt wird. Je öfter er wiederholt wird, desto mehr hebt er sich von den anderen "gleichberechtigten" Tönen ab. Das unterstützt die Wahrnehmung einer Struktur. Dies würde weiter unterstützt, wenn auch andere Töne betont werden. Und wenn sie dann noch in einem harmonischen Verhältnis zueinander stehen, wird die Struktur noch viel leichter wahrgenommen. Für den anspruchsvollen Hörer sollte es natürlich nicht zu einfach sein. Aber ich denke es ist zu nachvollziehbar, was ich meine.

Zum 19tönigen Tonanagramm von Berg: Er wählte die Töne eines melodischen Geschehens nicht nach künstlerischen Gesichtspunkten aus, sondern weil die Töne in Vor- und Zunahme der "Neuen Wiener Schule" enthalten sind. Musikalisch gesehen ist das willkürlich. Wie ich schon des öfteren erläuterte, versucht der Hörer Strukturen in der Musik zu erkennen. Er könnte beim o.g. melodischen Geschehen lange rätseln, warum Berg gerade diese Töne verwendete, wenn er den Grund nicht kennt. Bei 19 Tönen könnte man ja durch aus ein System vermuten. Es steckt ja auch eines dahinter: Eine recht lange Botschaft, die nur Eingeweihten verständlich ist.
Die Verwendung des Tonanagramms b-a-c-h durch andere Komponisten kann musikalisch auch schon angezweifelt werden, ist bei vier Tönen, (eigentlich "unmögliche"), aber noch viel eher akzeptabel. Sie sind leicht zu merken und auch in anderen harmonischen Zusammenhängen leicht wiederzuerkennen.

Dort war ich noch so freundlich, nicht auf die Geschmacklosigkeit des von Dir gebrachten Vergleiches hinzuweisen.

Geschmacklos finde ich Deinen unkritischen Lobgesang auf das so "wunderbare" menschliche Denken angesichts der vielen äußerst katastrophalen Folgen menschlichen Denkens und daraus erfolgenden Handelns. Nein! Es ist Segen und Fluch. Wer wollte das ernsthaft bestreiten?
Das Thema durchzieht schon die älteste Literatur und ist heute aktueller denn je.

Nach allem ist offensichtlich, das es Dir nicht um Wahrheit und Wissensfindung geht, sondern um Deine Wahrheit, die Du (Gott weiss warum) um jeden Preis behalten willst.

Du irrst und dieser Vorwurf wäre bei Dir angebrachter. Mir geht es um Wahrheits- und Wissensfindung und zwar insbesondere um solcher, die eine hohe Allgemeingültigkeit hat. Deshalb interessiert mich das Studium der Natur und das der natürlichen Grundlagen der Musik so sehr, gegen die Du ohne überzeugende Gründe "wetterst". Dein Vorwurf, ich würde nur "meine" Wahrheit suchen, fällt auf Dich selbst zurück.

Sollen "viele Leute" ruhig "Musikrichtungen lieben", die ich in ihrer Konzeption für fragwürdig halte. Ich toleriere das und sage dazu: "Wo die Liebe hinfällt."

In Donaueschingen ist es normal, daß die dort aufgeführte Musik meist zum ersten und letzten Mal erklingt. Liebt vielleicht manchmal nur der Komponist seine Musik? Der Hörer möchte aber, daß nicht nur der Komponist seinen Spaß hat, sonder auch er selbst.

Es ist offensichtlich, daß Musik, welche die Gesetze der menschlichen Wahrnehmungsmöglichkeiten gut berücksichtigt, weltweit viel mehr geliebt wird. Musik ist dann wirklich von Bedeutung, wenn Menschen Strukturen erkennen und diese, in mehr oder weniger abstrahierter Form, mit ihrem Leben in Verbindung bringen können.

Viele Grüße
Klaus

P.S.: Ich schätze durchaus Deine Sachkenntnis auf manchen Gebieten und bin Dir dankbar, wenn Du mich auf Ungenauigkeiten, von mir aus auch auf Qualitätsmängel, hinweist. Ich schrieb sehr viel und da kann nicht alles so perfekt sein, wie ich es mir selbst wünsche.

Anhang

Wieviele Töne innerhalb einer Oktave wahrgenommen werden können, hängt von der Tonhöhe und der Lautstärke ab.

Abhängigkeit des gerade noch wahrnehmbaren Tonhöhenunterschieds in Cent zwischen Tönen unterschiedlicher Lautstärke (in dB) und Höhe (in Hz; nach Pierce 1992, S. 142). Je lauter und je höher zwei Töne sind, desto besser kann man den Unterschied hören (im Bereich bis 2000 Hz). Im Bereich von 125 Hz beispielsweise können zwei leise Töne (jeweils 20 dB) einen halben (Halb-)Ton (d.h. 50 Cent) auseinanderliegen und dennoch nicht als verschieden gehört werden, denn die "jnd" liegt hier bei 52 Cent. (jnd: just noticable difference)

Frequenz (Hz) - Lautheit
_____________________________________________________

-------------------- 20dB - 40dB - 60dB
_____________________________________________________

125 ---------------- 52 ---- 43 ---- 27
250 ---------------- 22 ---- 18 ---- 17
500 -----------------12 ------9 ----- 6
1000 ---------------- 7 ------ 6 ----- 6
2000 -----------------4 ------ 3 ----- 3

Zitiert auf S.61 in:
"Musik im Kopf: Hören, Musizieren, Verstehen und Erleben im neuronalen Netzwerk (Broschiert, 2006) von Manfred Spitzer (468 S.)
 
Zuletzt bearbeitet:
Da betont der Meister selbst, wie hart die Einschränkungen der Zwölftontechnik sind und Du beharrst auf Deiner Meinung.

Ich habe auch ausgeführt, warum. Den Satz Schönbergs auszulegen ist nicht einfach. Es ist nicht immer alles schwarz und weiss. Hier ist Fingerspitzengefühl bei der Interpretation gefragt.

Grundsätzlich ist ja vielfach von einem Wiederholungsverbot zu lesen.

Stimmst du denn Algorithmus und mir nun zu, dass in der Zwölftonmethode das Wiederholungsverbot sich ausschließlich auf die zugrundeliegende(n) Reihe(n) bezieht, jedoch mit Nichten auf die Komposition? Algorithmus hat dies ja sehr deutlich nachgewiesen. Ich lege hier nochmal eine weitere Quelle nach: http://en.wikipedia.org/wiki/Twelve-tone_technique#Tone_row

Falls du hier doch noch anderer Meinung sein solltest, würde ich dich um deine Quellen bitten. An dieser Stelle nochmals der Hinweis, dass gerade in Bezug auf die Zwölftonmethode viele, oft mit Absicht verbreitete Fehlinformationen im Umlauf sind.

Musikalisch gesehen ist das willkürlich.

Musik (ja Kunst im Allgemeinen) muss grundsätzlich willkürlich sein, d.h. die Komposition muss nach dem Willen des Komponisten erstellt werden. Er hat zu entscheiden, ob er ein oder mehrere bereits existierende Methoden anwendet, eigene Methoden entwirft, oder ganz frei komponiert. Ansonsten würde in der Musik einiges verloren gehen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das Problem, das die 12-Ton-Musik hat, ist eher das Problem schlechter Künstler. Wenn gute Künstler - wie der hier schon verlinkte Hanns Eisler - diese Musik machen, vergessen sie nicht die alten Regeln und bauen sie mit ein. Was noch viel wichtiger ist: Musik muß etwas vermitteln. Das kann eine reine Skalenreiterei weder in der 12-Ton-Musik noch in einigen anderen, auch moderneren Musikstilen wie Jazz oder Metal gar nicht leisten.

Noch was anderes:
Wie wäre es, wenn ihr euren Disput über die 12-Ton-Musik in einem extra Thread austragt? Vielleicht unter dem Titel "Atonale Musik vs. Ästhetik"?
Eigentlich geht es hier doch darum zu klären, warum Menschen den Dur-Akkord bevorzugen...
 
Zum 19tönigen Tonanagramm von Berg: Er wählte die Töne eines melodischen Geschehens nicht nach künstlerischen Gesichtspunkten aus, sondern weil die Töne in Vor- und Zunahme der "Neuen Wiener Schule" enthalten sind. Musikalisch gesehen ist das willkürlich. Wie ich schon des öfteren erläuterte, versucht der Hörer Strukturen in der Musik zu erkennen. Er könnte beim o.g. melodischen Geschehen lange rätseln, warum Berg gerade diese Töne verwendete, wenn er den Grund nicht kennt. Bei 19 Tönen [...]

So, und nun, unnötigerweise, zum letzten mal zu den Tonanagramm. Es ist nicht ein 19töniges Anagramm, sondern es sind drei Anagramme, die aus 8, 6 und 4 Tönen bestehen. Nun werden diese Töne nicht einfach mechanisch abgespult, sondern werden so verwendet, das sie ihre Tonbuchstabengeber und sogar deren Musik genauestens charakterisieren! Angesichts dessen, was Du schreibst, muss das ja schon als erstaunlicher Geniestreich vorkommen. Aber nur, wenn man die Möglichkeiten musikalischen Materials vollkommen unterschätzt.

Der Hörer soll und muss also gar nicht rätseln, da er ja genau das hören wird, was Berg wollte: Drei sehr unterschiedliche Themen bzw. Motive. Ich denke auch, das es eher selten ist, das Hörer rätseln, warum ein Komponist X denn gerade diese oder jene Töne verwendet, denn das wissen wir ja bei sämtlicher anderer Musik auch nicht!


Was macht nun die sog. "atonale" Musik und die "Zwölftontechnik"? Sie möchte eine tonale Wirkung verhindern und verwendet dazu ausgerechnet die zwölf Töne, die sich aus harmonischen Gründen in der europäischen Musik entwickelt hatten. Mit diesen Tönen macht man dann "unharmonische" Musik

Was hätten sie denn sonst verwenden sollen? Geräusche? Wenn die Musik, von der Du sprichst, auf Dich "unharmonisch" wirkt, ist das allerdings nur dein Problem, denn das ist sie nicht. Im Gegenteil geht es doch bei der Atonalität* um eine berreicherte Harmonik. Wenn man also unter dem Wort "harmonisch" lediglich "Konsonanz" oder "Einfache Verhältnisse" oder "bezieht sich ständig auf einen Grundton" versteht ...

(*Der Begriff wurde ja von Journalisten erfunden und hat mir der Realität nichts zu tun ... eher könnte man von Pantonalität oder Polytonalität sprechen. Was Schönberg von dem Wort "Atonalität" hielt, hat er deutlich ausgesprochen: "Ich bin Musiker, und habe mit Atonalem nichts zu tun.")

Ich habe meine Aussagen immerhin viel mehr belegt als Du Deine und sie finden sich ähnlich in vielen Büchern und vielen anderen Quellen.

Dem aufmerksamen Leser wird nicht entgangen sein, dass das Gegenteil ist der Fall ist. Dazu habe ich auch schon einiges gesagt in meinem letzten Post (Ich bin gespannt auf "Belege" aus dem Fachmagazin "Bunte"!)

Wer aber in der Lage ist, selbstständig zu denken, brauch nicht ständig irgendwelche Autoritäten hervorkehren.

Allerdings, wird man den Wahrheitsgehalt aller Religionen nicht durch den Papst und seine Kardinäle erfahren, wenn ich das einmal so ausdrücken darf.

Wir haben die Werke als unumstössliche Fakten, die Du aber nicht mal kennst. Mir ist es ziemlich egal, wenn irgendwo auf Wikipedia steht, es gäbe dieses oder jenes Verbot, wenn dieses durch jedes einzelne betreffende Werk widerlegt wird. Aber vielleicht darf man ja auch nicht in die Werke schauen oder sie hören?

ist eben nur mit Aufwand verbunden, der hier wahrscheinlich nicht honoriert wird.

Das tut mir leid, ich honoriere hiermit ausdrücklich, das Du einen Text ergooglet hast, der das Wort "Konsonanzverbot" enthält. Schade, das wir bisher aber noch nicht mal ein Beleg dafür haben, das irgendwer dieses verhängt habe oder jemand diesem gefolgt sei. Der Text enthält ausser diesem Wort auch keine weiteren Informationen darüber.

Geschmacklos finde ich Deinen unkritischen Lobgesang auf das so "wunderbare" menschliche Denken

Das war mitnichten Geschmacklos, da ich mich auf die Kunst bezog, und nicht irgendwelche Diktaturen und Ideologien. Diese wurden von Dir in die Diskussion eingeführt, und als "nicht zur Debatte stehend" bezeichnet.


Halten wir mal fest: Wahrheitsfindung bedeutet für Dich, das wenn Dir eine Sache missfällt, Du es nicht dabei bewenden lässt und Dich Dingen zuwendest, die Dir nicht missfallen, nein: Du suchst Beweise dafür, das Deine Meinung die einzig richtige ist. Du stellst dir Thesen auf, Du suchst möglichst viele (leider unbrauchbare) Belege, damit dein Missfallen zu etwas objektivem wird. Ja schlimmer noch: Jene, denen diese Sache gefällt, unterstellst Du, zu irren.

Und bei der ganzen Sache stellt sich immer wieder die Frage: Wieso Du das tust? Denn Du musst ja irgendeinen Grund haben, eine Motivation, das Du so viel Aufwand und Zeit dahineinsteckst, und auch noch dafür honoriert werden möchtest.
 
Ich muss zugeben, als Jugendlicher hatte ich auch solche Tendenzen wie Du, ich mochte diverse Richtungen der Moderne nicht (war damals aber schon längst begeistert von der 2. Wiener Schule), und habe gedacht, das wäre Objektiv. Ich hatte Kategorien, in denen ich die Musik einordnete, was da nicht hineinpasste, war für mich objektiv schlecht oder gar "falsch". Deine Kategorie ist hier hauptsächlich, ob Musik dem "Wahrnehmungsvermögen" irgendeines Durchschnittsmenschen entgegen kommt. Mit der Zeit musste ich aber feststellen, das viele von mir zuvor als schlecht eingeordneten Stücke mir plötzlich gefielen, ja sogar eine richtige Liebe erwuchs. Damit liess ich dann irgendwann auch meine Kategorien fallen. Ich wünschte, mir wäre diese Erkenntnis alleine durch menschliche Einsicht gekommen.

Ich hoffe, das Du solche Erkenntnisse auch bald haben wirst, erwachsen wirst und ebenfalls deine Kategorien dieser Art fallen lässt. Das Du die Musik hörst, die Dir gefällt; und jene, die Dir nicht gefällt, vielleicht eine Chance gibst (hätte ich das nicht, wäre mir unendlich viel entgangen), oder eben nicht. Aber es sei Dir versichert: Deine Kategorien brauchen andere Menschen nicht.


Ich kann Dir ebenfalls versichern, das es mir beim Musikgenuss völlig egal ist, ob ein Stück, das mir gefällt, dem "Wahrnehmungsvermögen" irgendwelcher Personen inkl. deinem entspricht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wie hier zwei Diskussionen nebeneinander laufen (die eine dreht sich um Zwölftonmusik kompositorisch, die andere um die Frage, wie unser Tonsystem gebaut ist), erinnert mich an E. Th. A. Hoffmann, in dessen "Lebens-Ansichten des Katers Murr" die Blätter durcheinander geraten waren.

Mir scheint, lieber PVaults, auch wir reden ein wenig aneinander vorbei. Wir sind uns offensichtlich völlig einig, daß die Zwölftönigkeit und temperierte Stimmungen sich aus tonalen Gegebenheiten zwangsweise ergeben. Wir sind uns völlig einig, daß sie nur möglich wird, weil unser Ohr für Verstimmungen eine gewisse Toleranz hat. Uneins sind wir nur in folgendem:

... die gleichstufige Stimmung und die Enharmonik ..., die sich zu 99,9999% auf der Erde verbreitet hat. Was nur belegt, daß die Menschen so hören, ansonsten würden sich ja reine Stimmungen aller Art verbreitet haben, was aber offensichtlich nicht so ist.
Nein, die Menschen hören nicht gleichstufig, aber sie können sich Temperierungen so zurechthören, daß sie die Gleichstufigkeit tolerieren.

Man kann doch nicht hergehen und sagen, die Musiker können meist nur rein stimmen, und deshalb sei das Stimmungssystem die Voraussetzung für Harmonik
Wiederum sind wir uns einig. Denn nirgends habe ich behauptet, das Stimmungssystem sei Voraussetzung für Harmonik. Ich hatte dich so verstanden, daß du behauptetest, das gleichstufige Hören sei uns quasi angeboren, und das ist nun wahrlich falsch.

Um mehr geht's kaum. Allenfalls noch um die Frage, ob die gleichstufige Stimmung
... das idealisierte Prinzip der 12er-Unterteilung der Oktave ...
ist oder ob die Zwölfteilung sich schlicht dadurch ergibt, daß die erste Näherung zwischen Quinten und Oktaven bei 12 Quinten gleich ungefähr 7 Oktaven liegt. Zufall oder strukturelle Fügung? Nein, keine strukturelle Fügung, denn die könnte man nur erkennen, wenn 12 Quinten genau 7 Oktaven ergäben. Da sie es nicht tun, halte ich Zahlenspielereien für Mystik.

Daß das eine "strukturelle Analyse" sei, wie du sagst, stimmt einfach nicht. Die strukturelle Analyse ergibt, daß das System nicht aufgeht und zurechtgebogen werden muß. Daß es aufgrund der Toleranz unseres Gehörs zurechtgebogen werden kann, leugne ich doch nicht. Wenn du schreibst:

Entweder kannst du es nicht begreifen, oder du willst es nicht aus ideologischen Gründen. Beides ist tragisch ...
so habe ich darüber ganz herzlich gelacht. Erstens weil ich keinerlei ideologische Gründe habe, sondern die pragmatischen bevorzuge. Zweitens weil ich es durchaus begriffen habe, aber nicht teile, und die Anmerkung: "Wenn du meine Sichtweise nicht teilst, hast du sie nur noch begriffen", ein arg billiger Einwand ist. Und drittens, weil ich nicht weiß, für wen das tragisch sein soll: du bist hoffentlich nicht tragisch unglücklich, weil meine Sichtweise eine andere ist als deine, ich bin darüber nicht tragisch unglücklich, und der Mitwelt ist das ziemlich egal. Unter "Tragik" verstehe ich anderes.
 

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