Was ist SWING ?

... Das rhythmische Phänomen SWING ist, so wie ich es verstehe, das FUNDAMENTALE rhythmische Prinzip ALLER Jazzstile. Quasi EIN Wesensmerkmal von Jazz ...

Nööö!
das ganze Fusion-Zeug und Vergleichbares swingt nicht und ist trotzdem Jazz. Auch vieles was auf der Word-Jazz-Schiene läuft, swingt nicht.

Ernst-Joachim Behrendt hat in seinem Jazzbuch eine Definition vom Swing drin - habe aber längst vergessen, was der so schreibt...
 
das ganze Fusion-Zeug und Vergleichbares swingt nicht und ist trotzdem Jazz. Auch vieles was auf der Word-Jazz-Schiene läuft, swingt nicht.

Ja, ist eh klar. Ich bezog mich auch, der Einfachheit halber, auf die "traditionelleren" Stile, und halt auf die ... naja , Achtung Zirkeldefinition ... :) ... die halt swingen.

Die Ausgangslage war auch eigentlich nicht die abzugrenzen, was Jazz ist und was nicht, sondern wie eigentlich das Phänomen SWING - rein technisch (soweit man das überhaupt sagen kann ...) zu erklären ist ... nämlich mit brauchbaren Ansätzen die über die Allgemeinplätze von Swingachteln und ternärem Feeling und Microtiming etc. hinausgehen ... oder anders: warum swingen manche Musiker einfach nicht (obwohl es ihr Anspruch ist), obwohl es objektiv gesehen an der Rhythmik Ihres Spiels nichts auszusetzen gibt ... da hängt nichts und holpert nichts, es rennt auch nix ... aber es swingt auch nix ...
 
Leute, EIN Grundprinzip bei Musik zu formulieren ist immer arg schwierig, egal ob swing, drive, groove oder Nicht-Anglizismen...
Denn mit Diskussoinen wie der gerdae geführten kommt man oft nur durch die ganze Obstabteilung (Äpfel, Birnen...:)), ohne weitergehende Erkenntnisse erlangt zu haben - außer der, dass - auch durchaus auch im Gegensatz zu einigen Musikwissenschaftlern -
die Musik der Welt oder die Welt der Musik beileibe nicht einfach zu
ver-stehen ist, so dass es immer bei einer Pluralität der Begriffsauffassungen bleiben wird - und das ist in Ordnung finde ich.

So, habe ich jetzt genug "Konsenswasser" in die Runde gesprenkelt? ;):D
 
So, habe ich jetzt genug "Konsenswasser" in die Runde gesprenkelt? ;):D

Oh ja, durchaus ... :)

Obwohl ich für mich selbst behaupten darf, daß ich ja keinem gram bin wegen seiner Meinung und auch nicht für mich in Anspruch nehme, die Weisheit mit dem Löffel gefressen zu haben. Die Diskussion ging nur halt in eine ganz andere Richtung, als ich zu Beginn gewünscht hatte ...

Und daß es mit EINEN Grundprinzip für die Beschreibung eines Musikstils nicht getan ist, liegt auf der Hand. Sollte ich damit gemeint sein, so darf ich präzisieren, daß ich nicht EINEN allein, sondern EINEN unter mehreren gemeint habe ... ich glaube/hoffe, daß mein oben Geschriebenes durchaus so zu verstehen sein sollte ...

Alles Liebe in die Runde,
Thomas
 
Hi turko,

interessanter Thread den Du da eröffnet hast.

Was mich wundert, Du hattest gleich in Deinem Eröffnungspost von "schubladenartigen Antworten" gesprochen. Damit hast Du allerdings auch gleich von Anfang an diese Diskussion einseitig gestaltet und begrenzt.

Schau mal, genau die Schwerpunkte auf 2 und 4 zu setzen unterscheidet wesentlich den Swing von anderen Musikinterpretationen.
Hip zu spielen bedeutet, der Zuhörer spürt eine leichte "Eins", beim Mitwippen ist die "Eins" (der Kopf) OBEN! Der Kick nach vorne, die treibende Kraft, wird durch die zeitlich Positionierung der melodischen Phrasen gestärkt. Die Phrase überlagert die Taktschwerpunkt. Der Puls wird nicht durch Schwerpunktbetonung gebremst.

Ich habe mir dazu bei meinen Bach-Bearbeitungen einige Gedanken gemacht. Durch entsprechend gesetzte Phrasierung, zeitliche Positionierung und Akzentuierung kann im Prinzip jede Melodie zum Swingen gebracht werden. Bach eignet sich besonders, da er weniger "eins"betont schrieb als viele andere.
Da zu diesen oben genannten Aspekten beim Swingen auch das Moment des Unberechenbaren, Unerwarteten hinzu kommt, entstehen die besten Swing-Aufnahmen eben meist in absolut relaxter Athmosphäre. Das würde ich aber dann in die Abteilung Metaphysik tuen oder in die Whisky-Abteilung :). Alles andere ist aber durchaus erklärbar.

Im der Afro-Cubanischen Musik ist der Aspekt "swingt sie oder nicht?" ebenso vorhanden.

CIAO
CUDO
 
Hi Cudo,

was ich eigentlich wollte war zu verhindern, daß wir in Bezug auf das Swing-Element von Musik über so 0-8-15 Dinge sprechen wie Triolische Achtel. Nach dem Motto: Damit es swingt, braucht man triolische Achtel. Ich glaube, wir sind uns einig, daß DAS keine ausreichende Erklärung dafür ist, dass ein Musiker swingt.

Das mit dem 2 und 4 (nämlich nicht nur "backbeat" wie in Pop üblich, sondern eine wirkliche Gestaltung und Phrasierung der melodischen Phrasen in diese Richtung) ist sicher ein wichtiges Element. Dadurch ergibt sich mit den noch immer "starken Taktzeiten" 1 und 3 ein gewisser Schwebezustand, der in anderen Musiken nicht in dieser Art auftritt.

Daß das Element des Unerwarteten, das Spielen mit der Erwartung, und die Relaxtheit ein gewichtiges Wort dabei mitsprechen dürfte, leuchtet ein ...

Noch ein Punkt könnte sein die (gezielte) Verwendung von allen "rhythmischen Ebenen", von eingestreuten "geraden" Achteln, bis zur der Möglichkeit, den eher ternär angelegten 4-Vierteltakt - mathematisch gesehen - auch als 12/8-Takt aufzufassen ... mit all seinen Möglichkeiten der Interpretation. Und dann noch das Highlight, dieses taktübergreifend anzusiedeln ...

LG,
Thomas
 
was ich eigentlich wollte war zu verhindern, daß wir in Bezug auf das Swing-Element von Musik über so 0-8-15 Dinge sprechen wie Triolische Achtel.
Verstehe ich.

... bis zur der Möglichkeit, den eher ternär angelegten 4-Vierteltakt - mathematisch gesehen - auch als 12/8-Takt aufzufassen ... mit all seinen Möglichkeiten der Interpretation ...

Das ist allerdings ein sehr wichtiger Aspekt der vielmals übersehen wird.
Hört man Leuten wie Elvin Jones genau zu, wird man feststellen, dass das rhythmische Konzept seiner Spielweise auf 12/8 beruht. Die gewollte Zweideutigkeit erzeugt ein schwebendes Gefühl, das dem Swing Feel sehr entgegen kommt.
Dahin gehende Übungen könnten etwa so aussehen: 3-gegen-4
Aber das ist nur ein Weg und von alleine swingt das sowieso nicht. Man muss lernen wegzukommen von dem Downbeat-behafteten Triolenspiel.
Die deutsche Mentalität der Bodenständigkeit wirkt dabei allerdings nicht sehr förderlich. Afrikaner und andere Schwarze haben's da wesentlich einfacher, bedingt durch ihre angeborene "Lockerheit".
Wenn ich mir M.C. Eschers Bilder anschaue muss mein Verstand auch locker genug sein, um zu zulassen das Bild in zwei verschiedenen Perspektiven sehen zu können. Ähnlich beim Swing.

CIAO
CUDO
 
Hat jetzt eigentlich ÜBERHAUPT nix mit dem Thread-Thema zu tun ... aber nur weil Du Cudo die afrikanische Lockerheit und - indirekt - auch deren Zugang und Tradition in Sachen Rhythmik angesprochen hast, ... im Gegensatz zur mitteleuropäischen ... :

Ich habe mal eine Abhandlung eines afrikanischen Perkussionisten gelesen über die soziologische Bedeutung der Rhythmen im Alltagsleben (!!!) in Mittelwestafrika. Unter anderem habe ich da gelesen, das Kleinkinder/Kinder sich dort spielend die Zeit vertreiben, wie hierzulande mit Räuber und Gendarm oder sonst was ähnlichem was halt zeitgemäß ist, indem sie Kreuzrythmen und Polyrythmen trommeln, und - das ist das Spiel - wer als erster ´rausfällt und den Rhythmus verliert, ist draußen und hat verloren.

Kein Wunder, daß einen sowas prägt und bildet, wenn man das seine ganze Kindheit lang spielt ... !! Und es zeigt die Bedeutung und Wertigkeit, die rhythmische Belange in diesen Kulturen - im Gegensatz zu unserer - haben ...

LG, Thomas
 
was ich eigentlich wollte war zu verhindern, daß wir in Bezug auf das Swing-Element von Musik über so 0-8-15 Dinge sprechen wie Triolische Achtel.

Damit behauptest du, triolische Achtel seien zu vernachlässigen, wenn es um die Frage "Was ist Swing?" geht. Das halte ich für sehr problematisch, denn du wischst damit eine konstitutive Grundlage als Nebensache beiseite. Du gehst noch weiter und behauptest, Swing sei auch bei binärer Phrasierung möglich:

Nur hat meiner Überzeugung nach die konkrete Spielweise, wiesehr und wo man zwischen binär oder ternär (oder noch darüber hinaus) pendelt, nichts damit zu tun, ob ein Musiker/eine Gruppe swingt oder nicht ... [...]
Wie sehr man in Richtung binär oder ternär phrasiert ist mMn völlig wurscht. Man kann in allen Varianten swingen, ... wenn man kann ...

Das halte ich insgesamt für nicht haltbar. Triolisches Spiel ist ein elementares Charakteristikum des Swing. Es behauptet ja niemand, damit eine Definition für Swing gefunden zu haben - aber das ternäre Element als vernachlässigbar darzustellen ("völlig wurscht") wird seiner Wichtigkeit im Jazz allgemein und im Swing besonders nicht gerecht.

Nach dem Motto: Damit es swingt, braucht man triolische Achtel.

Aber ohne die triolischen Achtel als Grundlage ist jeder Swing undenkbar.

Ich glaube, wir sind uns einig, daß DAS keine ausreichende Erklärung dafür ist, dass ein Musiker swingt.

Nein, das behauptet ja auch niemand, und das ist ja auch gut so. Natürlich wäre das zu kurz gegriffen. Einfache Antworten auf die Frage "Was ist Swing" kann es nicht geben - aber ebenso wenig darf man die einfachen faktisch vorhandenen und beschreibbaren Grundlagen aus den Augen verlieren, auch wenn sie das Phänomen nur annähern und nicht umfassend beschreiben.

Harald
 
Bin nicht Deiner Meinung.

LG, Thomas
 
...Noch ein Punkt könnte sein die (gezielte) Verwendung von allen "rhythmischen Ebenen", von eingestreuten "geraden" Achteln, bis zur der Möglichkeit, den eher ternär angelegten 4-Vierteltakt - mathematisch gesehen - auch als 12/8-Takt aufzufassen ... mit all seinen Möglichkeiten der Interpretation. Und dann noch das Highlight, dieses taktübergreifend anzusiedeln ...

Verstehe ich nicht. Im 12/8-Takt (typisches Beispiel dafür: Bachs dreistimmige Invention in c-moll) sind doch normalerweise jeweils 3 Achtel zu einer Gruppe zusammengefasst - also typisch ternäres Feeling, wenn man so will.
 
Erstens war die Sache schon zu Bachs Zeiten nicht so eindeutig, und die Komponisten haben durchaus mit der Vielschichtigkeit dieses Rhythmus gespielt. Stichwort Hemiole.

Ich habe kurz mal die beil. Aufstellung gebastelt, aus der die Betonungmöglichkeiten des 12-8-Taktes hervorgehen. Und ... es sind nicht nur Betonungsmöglichkeiten ... es ist jeweils der Grundpuls ein anderer. Der springende Punkt ist allerdings der, daß es (vor allem in afrikanischen Rhythmen) kein entweder oder ist, sondern daß in diesen Rhythmen alle diese Möglichkeiten als EINE EINHEIT gesehen werden. Es sind verschiedene Ebenen, die sich überlagern, Spannung erzeugen, Entspannung erzeugen, und das ganze im Idealfall zu einem phantastischen Schweben bringen. Man trifft sich wieder nach 12 Schlägen auf der 1. Und es werden Rhythmische Phrasen verwendet, die ALLE diese Pulsmöglichkeiten in sich tragen, ... die mit JEDEM Grundpuls einen Sinn ergeben. Nur halt jeweils einen anderen ...

LG, Thomas
 

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Bin nicht Deiner Meinung.

Okay. Aber wenn du anderen vorwirfst, deine Argumente nicht zu berücksichtigen...

Naja, ... Du gehst nicht wirklich sehr ein auf das, was ich zum Besten gegeben habe ...

...tust du gerade das gleiche, was nicht sehr logisch wirkt. Eine realistische Einschätzung der Bedeutung der ternären Phrasierung für den Swing würde mich freuen.

Ich habe kurz mal die beil. Aufstellung gebastelt, aus der die Betonungmöglichkeiten des 12-8-Taktes hervorgehen. Und ... es sind nicht nur Betonungsmöglichkeiten ... es ist jeweils der Grundpuls ein anderer.

Wenn der Grundpuls ein anderer wäre, würde man es aber nicht mehr als 12/8-Takt aufschreiben, denn es gibt Konventionen darüber, wo in welcher Taktart der Grundpuls liegt. Du schreibst es ja selbst als "quasi" dazu - genau die von dir genannten Taktarten eignen sich dann besser zur Notation. Natürlich vorausgesetzt, daß eine europäische Notation überhaupt sinnvoll und wünschenswert ist, denn gerade außereuropäischer Musik wird man mit den europäischen Notationsweisen selten gerecht.

In der europäischen Musik haben wir halt seit Jahrhunderten das Konzept des Akzentstufentaktes, das andere Musikkulturen so nicht kennen, deswegen eignet sich unser Notationssystem zur Notation der Musik anderer Kulturen nur bedingt.

Harald
 
Eine realistische Einschätzung der Bedeutung der ternären Phrasierung für den Swing würde mich freuen.
Harald

OK, ich tue noch einmal mein Bestes: Also, daß Jazz TENDENZIELL (!!!!!) eher im ternären Feeling beheimatet ist, darüber brauchen wir nicht streiten. Aber ich habe eine Menge Aufnahmen gehört, in denen der jeweilige Solist über die Rhythmusgruppe sowas von GERADE drüberspielt, daß es fast schon "eine Frechheit" ist. Und dennoch swingt das Zeug. Also ist das ternäre Feeling zwar durchaus im Jazz weitgehend üblich (einmal ausgeprägter, einmal weniger ausgeprägt !!) ... aber es ist mMn keine hinreichende und exkluive ERKLÄRUNG für den Swingfaktor. Oder, von der Gegenseite betrachtet: Ich kenne ein Menge Musik, die wohl triolisch daherkommt, die auch durchaus Jazz sein will, die aber keineswegs swingt.
Ich glaube außerdem, daß ein fähiger Jazzmusiker auch einen hohen Grad an Spannung dadurch erzeugen kann, daß er sehr bewußt den "Grad des ternären/binären" an die jeweilige Situation anpaßt und da duchaus sehr flexibel ist ...


Wenn der Grundpuls ein anderer wäre, würde man es aber nicht mehr als 12/8-Takt aufschreiben, denn es gibt Konventionen darüber, wo in welcher Taktart der Grundpuls liegt. Du schreibst es ja selbst als "quasi" dazu - genau die von dir genannten Taktarten eignen sich dann besser zur Notation. Natürlich vorausgesetzt, daß eine europäische Notation überhaupt sinnvoll und wünschenswert ist, denn gerade außereuropäischer Musik wird man mit den europäischen Notationsweisen selten gerecht.

In der europäischen Musik haben wir halt seit Jahrhunderten das Konzept des Akzentstufentaktes, das andere Musikkulturen so nicht kennen, deswegen eignet sich unser Notationssystem zur Notation der Musik anderer Kulturen nur bedingt.
Harald

Gebe ich gerne zu. Nur weiß ich nicht, wie man die EINHEIT aus allen diesen Taktarten sonst nennen sollte. Und, wie gesagt, es ist in diesen Musikarten, die ich jetzt so im Kopf hae, oft ja nich ein "entweder oder", sondern es ist ALLES IN EINEM VEREINT ! Wie man sowas nun europäisch rhythmisch korrekt notiert, weiß ich nicht ... hat für mich aber auch nicht die überragende Bedeutung.

Alles Liebe,
Thomas
 
OK, ich tue noch einmal mein Bestes:
Das tun wir alle :)
ich habe eine Menge Aufnahmen gehört, in denen der jeweilige Solist über die Rhythmusgruppe sowas von GERADE drüberspielt, daß es fast schon "eine Frechheit" ist. Und dennoch swingt das Zeug.
Da stimme ich zu. Ich denke da an Paul Desmond mit dem Dave Brubeck Quartett. An welche Aufnahmen denkst du? Paul Desmond erzeugt eine enorme rhythmische Spannung, weil sein binäres Spiel im Gegensatz zum ternären Spiel der Rhythmusgruppe steht. Würde die Rhythmusgruppe auch binär spielen, wäre der Gegensatz und damit die starke musikalische Spannung nicht vorhanden - die typischen Jazzelemente wie Tonbildung und Improvisation würden die Musik zwar immer noch nach Jazz klingen lassen, aber - und hier kommt der IMHO entscheidende Punkt: nicht nach Swing.

Genauso kann es swingen, wenn ich z.B. in einer binär "operierenden" Volksmusik-Blaskapelle meine Soli als Posaunist ternär spiele (hab ich mal im Alter ~15 gemacht, die waren ziemlich wütend), denn der rhythmische Gegensatz erzeugt eine enorme Spannung. Der Punkt ist: in beiden Fällen (Desmond vs. Brubeck Quartett, HaraldS vs. Blaskapelle) ist nicht das binäre Spiel das swingtypische, sondern das ternäre Spiel. Daher kann man das Ternäre als konstitutives Element des Swing ansehen.
Also ist das ternäre Feeling zwar durchaus im Jazz weitgehend üblich [...] aber es ist mMn keine hinreichende und exkluive ERKLÄRUNG für den Swingfaktor.
Als hinreichende Erklärung stellt es ja auch niemand dar (oder hat das jemand hier im Thread getan? Ernstgemeinte Frage!) - lediglich als Basiselement darf man es nicht verschweigen oder als nebensächlich abtun. Aber ich sehe Einigkeit am Horizont aufleuchten...

Ich habe eher den Eindruck, daß du als Swing die gefühlte rhythmische Spannung bezeichnest. Wie du selbst feststellst, gibt es verschiedene Bedutungen für den Begriff - historisch, rhythmisch... daneben übrigens auch soziologisch, denn es gab historisch viele Gruppen, für die Swing eher ein Lebensgefühl bezeichnete. Wenn ich mit der Vermutung richtig liege und du mit Swing die gehörte rhythmische Spannung bezeichnest, hast du einem alten Begriff eine weitere neue Bedeutung hinzugefügt.
Nur weiß ich nicht, wie man die EINHEIT aus allen diesen Taktarten sonst nennen sollte.
Rein europäisch und technisch bezeichnet: Polymetrik. Für viele außereuropäische Rhythmusmuster gibt es ja Namen wie Tumbao, Clave, Iqa', Tala, je nach Kultur kann man also solche Einheiten wie du sie beschreibst, vielleicht besser mit den entsprechenden Bezeichnungen aus den Kulturen belegen. Ob damit ein Erkenntnisgewinn verbunden ist, ist dann natürlich eine andere Sache... Bei musikwissenschaftlichen Erklärungen zwischen Musikkulturen hat man ja immer das Problem, daß man selbst in europäischer Begriffswelt denkt und damit sich einem Gegenstand nähert, der mit diesen Begriffen nicht direkt beschreibbar ist.
es ist in diesen Musikarten, die ich jetzt so im Kopf hae, oft ja nich ein "entweder oder", sondern es ist ALLES IN EINEM VEREINT !
An welche Musikarten denkst du denn? Kannst du Beispiele nennen?
Wie man sowas nun europäisch rhythmisch korrekt notiert, weiß ich nicht ... hat für mich aber auch nicht die überragende Bedeutung.
Ja, für mich auch nicht - aber dann ist es natürlich auch nicht direkt zielführend, afrikanische Rhythmusmuster mit einem europäisch notierten 12/8-Takt und seiner Betonungsvariationen zu behandeln. Das ist ja auch eine ganz anderer Dampfer als "Was ist Swing?" und Swing-Themen kann man mit westlicher traditioneller Notation besser annähern.

Harald
 
Hi,

vielleicht hat das Wort Swing 3 Bedeutungen.

1. Der Stil Swing aus der Dreißigern,
2. ternäre Spielweise im z.B. 3/4 Takt (=9/8 ) oder 4/4 Takt (= 12/8)
3. mit einer bestimmten "Relaxedheit" spielen.

Ein Latino sagt Dir, "que mucho swing tiene eso" wenn ein Salsa Stück "rund" klingt. Es hat eben "Swing". Dabei hat das Wort Swing absolut nichts mehr mit ternär am Hut.

Zum "Gerade" Spielen wäre vielleicht auch noch anzumerken, dass im Jazz, je schneller das Tempo, Achtel immer weniger ternär phrasiert werden. Und trotzdem sagt man gegenbenenfalls, es swingt.

Aber noch einmal zurück zum 12/8.
Turko hat das sehr schön gesagt, und zwar dass 12/8 den Puls wechseln kann.
Um Swing (ternär) wirklich zu verstehen und vor allem um von dem völlig einengenden1unde 2unde 3unde 4unde wegzukommen, ist allen, die etwa vorhaben Swing "ternär" spielen zu wollen, folgende Übung zu empfehlen:

Beim Laufen:

Die beiden Füße markieren die Viertel eines binären 3/4 Takt, unterteilt in Sechszehntel.
Also:
|1eunde 2eunde 3eunde|1eunde 2eunde 3eunde|
Nach 2 Takten ist die Eins wieder auf dem selben Fuss wie zu Anfang.

Währendessen unterteilen wir im Kopf die Sechzehntel des 3/4 Taktes in Dreiergruppen.
Also:
| 1eunde 2eunde 3eunde| 1eunde 2eunde 3eunde|

Diesen neuen Puls nehmen wir mental als Viertel im ternären 4/4 Takt und versuchen die Füße dazu als Halbetriolen zu fühlen. Dabei singen wir, bezogen auf diesen ternären 4/4 Takt, beliebige Swing Phrasen, vielleicht zunächst mal die Standard-Figur des Ride Beckens.

Die große Schwierigkeit dabei ist, die Halbe Triole in den Füßen zu akzeptieren, zu integrieren und zu halten!

Das verstehe ich eigentlich unter Swing-feel. Diese beiden Pulse jederzeit abrufbereit zu haben.
Das alles läuft dann praktisch auf Ganze Triolen, über 2 Takte gehend, hinaus, die man dann eventuell als Swing-Clave bezeichnen könnte. :D
 
aber dann ist es natürlich auch nicht direkt zielführend, afrikanische Rhythmusmuster mit einem europäisch notierten 12/8-Takt und seiner Betonungsvariationen zu behandeln. Das ist ja auch eine ganz anderer Dampfer als "Was ist Swing?"

Allerdings ist das was anderes - aber andererseits: Ist afrikanische Musik nicht gerade die Keimzelle für das, was in der afro-amerikanischen Musik dann mit "swing" etikettiert wurde/wird?:rolleyes:
Es gab (natürlich wieder europäische!) Untersuchungen* afrikanischer Xylophonmusik, bei der festgestellt wurde, dass auf zwei gespielte Töne drei Bewegungen vom Spieler gemacht werden. Ta-dah! Also irgendwie eine triolische Phrasierung! Das ist dann vielleicht doch nötig für eine Definition von Swing.
Das Phänomen des Binnenrhythmus und des Überrhythmus ist allerdings noch ein anderes, weiteres Feld, denn SWING/triple-feeling oder von mir aus eine spezielle Phrasierung braucht ja immer einen Bezugsrahmen, und der besteht im Akzentstufentakt, der sich in Europa und der westlichen Kunstmusik herausgebildet hat, ja in EINEM Metrum, wohingegen Polymetrik ja... ach was sag ich;)


*Hier übrigens die Quelle: Gerhard Kubik, African Music, Vol. 5, Nr. 2, 1972
 
Da stimme ich zu. Ich denke da an Paul Desmond mit dem Dave Brubeck Quartett. An welche Aufnahmen denkst du? Paul Desmond erzeugt eine enorme rhythmische Spannung, weil sein binäres Spiel im Gegensatz zum ternären Spiel der Rhythmusgruppe steht. Würde die Rhythmusgruppe auch binär spielen, wäre der Gegensatz und damit die starke musikalische Spannung nicht vorhanden - die typischen Jazzelemente wie Tonbildung und Improvisation würden die Musik zwar immer noch nach Jazz klingen lassen, aber - und hier kommt der IMHO entscheidende Punkt: nicht nach Swing.

Fast nichts anders wollte ich sagen. Vielleicht habe ich zu wenig herausgearbeitet, daß ich ein binäres Spiel im Kontrast (!!) zu einem ternärem Background gemeint habe. Und - wie CUDO es viel besser weiß als ich - je schneller das Tempo, desto "gerader"/binärer wird die Sache ohnehin von selber.

Genauso kann es swingen, wenn ich z.B. in einer binär "operierenden" Volksmusik-Blaskapelle meine Soli als Posaunist ternär spiele (hab ich mal im Alter ~15 gemacht, die waren ziemlich wütend), denn der rhythmische Gegensatz erzeugt eine enorme Spannung.
Harald

Oh ja! Das glaub´ ich sofort! Vor allem das mit den wütenden Kollegen :)
Ich habe in meinem digitalen Plattenschrank ein kleines Beispiel gefunden, das den ganzen Unterschied zwischen binär, ternär, und zu guter Letzt ternär über binär, in nur wenigen Sekunden auf den Punkt bringt. Glaube ich zumindest. Siehe/Höre Anhang "Binaer/Ternaer" am abschließenden Link ...



Als hinreichende Erklärung stellt es ja auch niemand dar (oder hat das jemand hier im Thread getan? Ernstgemeinte Frage!) - lediglich als Basiselement darf man es nicht verschweigen oder als nebensächlich abtun.
Harald

Würde ich nie tun ... ! :) Nur, die "Automatik": Was triolisch ist, swingt, was nicht triolisch ist, nicht ... diese Automatik will ich nicht ganz teilen ...


Ich habe eher den Eindruck, daß du als Swing die gefühlte rhythmische Spannung bezeichnest. Wie du selbst feststellst, gibt es verschiedene Bedutungen für den Begriff - historisch, rhythmisch... daneben übrigens auch soziologisch, denn es gab historisch viele Gruppen, für die Swing eher ein Lebensgefühl bezeichnete. Wenn ich mit der Vermutung richtig liege und du mit Swing die gehörte rhythmische Spannung bezeichnest, hast du einem alten Begriff eine weitere neue Bedeutung hinzugefügt.
Harald

Ja, das meine ich. Ich meine diese ganz spezielle rhythmische Spannung, die nur im Jazz anzutreffen ist. Es gibt mMn ganz viele tolle, aufregende rhythmische "Arten" und demzufolge entfaltet jeder Rhythmus seine eigene Identität, Schwebefaktor, Intensitätsgrad, Feeling, Charakteristik... und SWING ist für mich die rhythmische Identität des Jazz, zumindest der allermeisten Musik davon. Allerdings glaube ich nicht, daß ich damit eine NEUE Bedeutung erfunden habe. Ich würde meinen, das sehen viele Jazzmusiker (zu denen ich mich nicht zählen darf !!) ähnlich ...



An welche Musikarten denkst du denn? Kannst du Beispiele nennen?

... - aber dann ist es natürlich auch nicht direkt zielführend, afrikanische Rhythmusmuster mit einem europäisch notierten 12/8-Takt und seiner Betonungsvariationen zu behandeln. Das ist ja auch eine ganz anderer Dampfer als "Was ist Swing?" und Swing-Themen kann man mit westlicher traditioneller Notation besser annähern.
Harald

Nein, es ist sicher NICHT zielführend, ... aber ein besser Vokabular dafür habe ich leider nicht. Es sagt ja auch schon vieles aus, daß die westliche Musik kein Vokabular dafür hat ...
Und: Ja, es IST ein anderer Dampfer ... aber irgendwie sind wir in der Diskussion halt dorthin abgeglitten, und wenn wir schon einmal dort waren, wollte ich diese Nebenfront nicht unbehandelt lassen ... :)

Als Beispiel, was ich mir unter den phantastischen Möglichkeiten des 12-8-Taktes so vorstelle, möge der "12-8" dienen, zu finden ebenfalls unter dem unten stehenden Link ... aber letztlich geht es um Musik, die der arfikanischen Rhythmik entspringt oder dort Anleihen nimmt ...

PS: Man beachte im Soundclip, und das ist überhaupt der HAMMER, die dahinterliegende 7-schlägige (!!) Figur, die sich durch die Nummer durchzieht ... !!


LG, Thomas

http://www.speedyshare.com/566402965.html
 
Hi,

was mir zum Thema SWING noch einfiel ->

warum und wann sagt man eigentlich "oh, der, die, das zickt aber gewaltig", "oder auch " der schleppt wie 'ne S...", etc., etc..

Es scheint doch Zeitgenossen zu geben, die die Genfer Swing Konventionen nicht einzuhalten scheinen. Jaja, ein trauriges Kapitel.

Wenn es Richtung Gruppierung "punktierte Achtel - Sechszehntel" geht, zickt es mit Gewissheit. Vom "Schleppen" erklären muss ich hier wohl nicht anfangen.

Ich bin Pragmatiker. Hier noch etwas Praktisches zum Erlangen von Hip:
Beim Aussingen von Achteltriolengruppen immer Zweier-Vokalgruppen benutzen. Das Umsteigen auf den schon oben erwähnten Dreier-Puls fällt dann um so leichter.


CIAO
CUDO
 

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