Who's afraid of 20th century music?

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Martin WPunkt
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Jaja, der Spruch ist vom Metzmacher, ich weiß ;)

Also: wer kennt Komponisten, die von 1901 bis 2000 Musik geschrieben haben? Wer findet wen gut oder mies oder einfach nur interessant und warum oder warum nicht? Ich geb mal ein paar Namen vor: Pfitzner, Hindemith, Webern, Boulez, Ustvolskaya,....

Wie siehts bei Euch aus?
 
Eigenschaft
 
Also ich finde die Orgelwerke von Karg-Elert ziemlich beeindruckend. Das liegt aber wahrscheinlich daran, dass der Barock, allen voraus Bach, seine Musik sehr beeinflusste. Mit diesen Elementen bleibt seine Musik ästhetisch fürs Ohr, was man nicht von jeder im 20. Jh geschriebenen Musik behaupten kann. Dann war natürlich noch Wolfgang Wagner (*1919), dessen Musik eher konventionell und nicht gerade innovativ gilt, den ich persönlich auch auf Grund seiner Nähe zu Hitler und seinem antisemitischen Verhalten eher ein bisschen Verachte.
 
Ich mag Gershwin. Ich denke, den muss ich hier nicht extra vorstellen.

Ansonsten drück ich mich meist ein wenig vor zeitgenössischen Komponisten. Das mag daran liegen, dass ich in meiner Ausbildung meist Neue Musik spielen musste.
Im Orchester haben wir mal ein Stück von Zender gespielt, bei dem so gut wie keine Note notiert war. Ich muss sogar auf meinem Saitenhalter streichen! Das war nix für mich.
http://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Zender

Irgendwann hab ich auch mal (damals noch mit Flöte) ein Stück von Driesler gespielt. Das ist schon eher was für mich.
http://www.klassika.info/Komponisten/Driessler/

Ach ja, mir fällt noch ein bekannter Komponist ein! Poulenc natürlich! Und ganz besonders das Concert champêtre für Cembalo.
http://de.wikipedia.org/wiki/Francis_Poulenc
 
Gonza schrieb:
Im Orchester haben wir mal ein Stück von Zender gespielt, bei dem so gut wie keine Note notiert war. Ich muss sogar auf meinem Saitenhalter streichen! Das war nix für mich.

Zender kenne ich eigentlich nur als Dirigent von Neuer Musik. Der spielt ziemlich viel ein, auch neuste Sachen, ich glabe das Label heißt Wergo.
 
Für mich ist Anton Webern ein höhepunkt im 20.jh. Eine so konzentrierte musik, die sich organisch entfaltet und das äußerste an präzision und klangdelikatesse erfordert, ist einmalig. Aber es zeichnet sich auch ein endpunkt ab: auf diesem wege kann man kompositorisch nicht weitergehen, ebenso wie Max Regers musik ein endpunkt im tonal/modulatorischen ist. Auf die dauer wird man der ständigen anwesenheit und aufeinanderfolge aller zwölf töne überdrüssig, sie kann banal werden wie die übliche folge von dreiklängen. Orff hatte dann großen erfolg mit primitivmelodik und pikanter rhythmik, und bei manchen neueren werken habe ich oft das gefühl kompositorischer hilflosigkeit. Ich sah neulich eine riesenpartitur und dachte, wer soll das bloß spielen, und wer kann hören, was da minutiös geschrieben steht!
 
Günter Sch. schrieb:
Für mich ist Anton Webern ein höhepunkt im 20.jh. Eine so konzentrierte musik, die sich organisch entfaltet und das äußerste an präzision und klangdelikatesse erfordert, ist einmalig.
(...)
Ich sah neulich eine riesenpartitur und dachte, wer soll das bloß spielen, und wer kann hören, was da minutiös geschrieben steht!

Meine Rede. Ich habe schon Probleme, eine "normale" Beethoven-Sinfonie zu "durchhören", sprich, Rythmik und Harmonik in jeder Stimme nachzuvollziehen. Von Strauss (Richard) und Orff mal ganz zu schweigen.:confused:

Webern war für mich in gewisser Hinsicht die Rettung: Vom Frühwerk abgesehen kurz, knackig und prägnant und vor allem musikalisch nachvollziehbar. Außerdem stammt von Webern einer meiner musikalischen Lieblingssprüche, muss mal sehen, ob ich den noch wo finde....
 
Sergej Rachmaninov
Mein absoluter Favorit, nicht nur für die Musik des 20. Jahrhunderts, sondern auch "all-time". Mit seinem Piano Concerto Nr.3 bin ich großgeworden, und er ist mein Idol als Pianist gewesen (noch mehr als Chopin, aber der Arme hat in diesem Thread nichts zu suchen). Was er sich alles ausgedacht hat, da könnte ich heute noch sabbern, und in 10/20/... Jahren (falls ich noch lebe) genauso.
 
Ich würde die diskussion gern weiterführen. Eine zeitlang war mode, die interpreten in den kreativen prozess einzubeziehen. Komponisten machten ein paar schlangenlinien und erwarteten, dass man daraus ein fertiges werk mache. Man könnte so etwas natürlich auch einfallslosigkeit oder gar faulheit nennen, und die musiker verwahrten sich auch dagegen, ebenso gegen die zumutung, ihre wertvollen instrumente zu anderen zwecken als zum spielen zu missbrauchen. Eine andere erscheinung möchte ich kurz skizzieren: mir gerieten klavierstücke eines berliner komponisten in die hände, die zwar nicht schwer zu spielen, aber schwer zu lesen waren. Er hatte sich redliche mühe gegeben, vertrackte metren zu finden, man brauchte mehrere maikäfer, um mit dem zählen zurande zu kommen, er hätte ebensogut schreiben können: spiele das ganze so ungenau wie möglich, um den gleichen effekt zu erzielen. Ich kam auch zu der einsicht, dass ich keinen komponisten benötigte, um planlos mal hierhin, mal dorthin zu greifen. Und dann kam mir folgendes zu ohren: jemand hatte eben diese stücke auf sein programm gesetzt, ihm war es anscheinend wie mir ergangen, und so spielte er sie am abend, sagen wir mal "sehr frei". Dass der komponist anwesend sei, hatte er nicht gewusst, und als der ins künstlerzimmer gestürmt kam, wurde ihm mulmig. Aber - - der umarmte ihn mit dem ausruf "genauso habe ich mir meine musik vorgestellt!"
Einren anderen kollegen traf ich missmutig vor seinem flügel sitzen "da habe ich eine sonate von W. in meinem nächsten klavierabend, und nun geht der mir nicht von der pelle und räsoniert, selber kann er das zeug natürlich nicht spielen." Ich kannte damals nicht die begebenheit zwischen Knappertsbusch und Pfitzner, die hätte ihn getröstet. Wenn ihr brav seid, erzähle ich sie ein anderes mal.
Ernst ist das leben, (manchmal) heiter die kunst!
 
Günter Sch. schrieb:
Ich würde die diskussion gern weiterführen. Eine zeitlang war mode, die interpreten in den kreativen prozess einzubeziehen. Komponisten machten ein paar schlangenlinien und erwarteten, dass man daraus ein fertiges werk mache.

Man muss sich nur mal manche Manuskripte aus dem Barock (und früher) anschauen. Da ist bestenfalls die Melodie skizziert, Dynamik und Harmonik fehlen, weil der Komponist davon ausgehen konnte, dass der Interpret sowieso weiss, wann er was wie zu spielen und zu begleiten hatte.

In der Nachklassik gings dann in die andere Richtung. Alles wurde penibelst aufgezeichnet und dem Interpreten genau gesagt wos langgeht. Schönes Beispiel: Schumann-Klavierstück (Sonate?). Zu Beginn: "so laut als möglicht". Takte später "lauter". Wieder Takte später "noch lauter". Oder Ustvolskaya Klaviersonate Nr.3: Irgendwo steht plötzlich "ffffff". Wohl dem, ders spielen kann....;)

Aber gerade in der Moderne geht es in gewisser Weise back to the roots. Der Komponist kritzelt irgendwas hin (weil er irgendwas haben will), bekommt dann zumeist irgendwas und manchmal zufälligerweise dann auch das, was er eigentlich wollte. Wobei das mit dem "Selbst-nicht-spielen-können" dann noch erschwerend hinzukommt....:rolleyes:
 
Ich möchte hier noch mal für Poulenc in die Bresche springen. Seine Sonate für Flöte und Piano ist eins der schönsten Stücke die ich je gehört hab.(1957 entstanden)
 
Also ich mag Bela Bartok sehr gern,seine Ballettmusik und Volkstanzmusik ist sehr gelungen,auch die Weise wie er die Streicher zum Klingen bringt ,finde ich sehr interessant.
Dann finde ich,dass Ravel noch sehr tanzbare Musik macht.
Und Rags im allgemeinen,auch wenn die ja so ziemlich am Emde des 19.Jh. und Anfang des 20.Jh. ihre Zeit hatten.
 
Hm, also Komponisten aus dem 20. Jahrhundert zu nennen, welche mir gefallen oder nicht gefallen ist leicht, es zu begründen allerdings schwer!

Karl Amadeus Hartmanns Symphonien finde ich sehr ansprechend, in seiner Tonsprache lässt er in verschiedenen Stimmen verschiedene eomtionale Ausdrücke zur selben Zeit passieren, was einen sehr eindrucksvollen Gesamteffekt erzielt... in meinen Ohren!

Insgesamt finde ich das besonders die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts im Zeichen der russischen Komponisten steht, was daran liegen mag, dass sie insgesamt später dran waren (in Russland gings mit der Musik ja erst im 19. Jarhhundert so richtig los auf breiterer Ebene), zu erwähnen vorallem Rachmaninow, Prokofjew, Schostakowitsch und Skrjabin. Die höre ich alle sehr gern. Weniger gefällt mir Strawinski, kann ich aber schwer begründen.

Schönberg und seine Zwölftonschule gibt mir gar nichts, das ist für mich rein ideologisch geprägte Musik und hat nichts mit meinem persönlichen Bezug zur Musik zu tun!

Speziell in letzter Zeit spiele ich selbst auf den Klavier sehr gerne Erik Satie, für mich eine ganz große Entdeckung, wobei man seine Musik unbedingt im Zusammenhang mit seinen künstlerischen Vorstellungen und Idealen sehen muss!!!

Lenard Bernstein schätze ich bspw. mehr als Dirigent denn als Komponist, kann ich aber auch schwer begründen, ich erinnere mich noch gut an eine Aufführung seiner Kaddish-Symphonie welche ich besucht habe, und ich fands grauenvoll. Aber seine Interpretationen der Werke der großen Meiser muss man unbedingt gehört haben!!!

Karl Orff finde ich auch sehr ansprechend, und ich habe mir auch vorgenommen, mich mal mehr mit Reger zu beschäftigen den ich interessant finde, bin ich aber bisher noch nicht ausreichend dazu gekommen.

Ein Mann wie Stockhausen hingegen ist mir in seinen künstlerischen Ambitionen wieder vollkommen fremd, das hat wieder nichts mit dem zu tun, wie ich zur Musik im allgemeinen stehe.

Den wird jetzt wahrscheinlich niemand kennen, aber mir sind beim Stöbern in den Notenarchieven der Bibliothek ein paar Klavierstücke von einem gewissen Hans Poser aus den 60ern in die Finger gekommen, welche mir sehr gut gefallen und ich noch immer regelmäßig spiele, ich meine mich zu erinnern gelesen zu haben, das der Mann Professor an irgendeiner Musikhochschule in Deutschland war (oder ist), erinnere mich aber nicht mehr daran an welcher!

Zm oben angesprochenen Thema, dass es in der neuen Musik eine Entwicklung gebe, die dem Interpret generell wieder mehr Freiraum zuspricht... was mir persönlich an der klassischen Musik auch u.a. immer sehr gefallen hat, ist ihre meist klare Ordnung und Form (was natürlich von Stilepoche zu Stilepoche unterschiedlich war), dies geht bei obengenanntem natürlich weitestgehend verloren, es wird eben ein anderes "Kunstideal" verfolgt, was ich keines Falls negativ werten möchte... aber mich nun mal nicht besonders anspricht!
 
Asteroid schrieb:
Schönberg und seine Zwölftonschule gibt mir gar nichts, das ist für mich rein ideologisch geprägte Musik und hat nichts mit meinem persönlichen Bezug zur Musik zu tun!
Asteroid schrieb:
Ich lege dir Anton Webern ans herz, sein oevre passt auf 2 CDs, aber das verfahren, aus einem keim heraus ein organisches gebilde zu entwickeln, führt zu außerordentlich schönen klang-kompositionen. Die stücke sind kurz, vielleicht zu kurz, um sich darauf einzustellen, man muss sie mehrmals hören.
Und: gefallen oder nicht gefallen, ist ein wenig dünn als kriterium, schon Händel wollte seinen hörern nicht nur gefallen, er hätte sie gern ein wenig besser gemacht. Manche musik zwingt zu intensivem zuhören, zu mancher muss man sich gelegentlich zwingen; seinen horizont zu erweitern, ist alleweil gut.
 
Günter Sch. schrieb:
seinen horizont zu erweitern, ist alleweil gut.

Diesen Satz kann ich prinzipiell unterschreiben!:) Wirklich gute Musik verlangt vom Hörer ja eigentlich so gut wie immer sich mit ihr auseinander zu setzten, und ich muss mich auch radikal von den Leuten distanzieren, die Musik lediglich als Konsumgut betrachten!
Ich gebe auch offen zu, dass ich mich mit Zwölftonmusik nie intensiver beschäftigt habe, und eben auf Grund der ideologischen Idee, die dahinter steckt und eben meiner Mentalität eher nicht so entspricht, auch immer gewisse Vorurteile gehegt habe, was mich vielleicht davon abhielt, wie von dir zitierte "außerordentlich schöne Klangkompositionen" darin zu suchen.
Das Problem ist, es gibt so viel großartige Musik das ein einzelnes Menschenleben nicht ausreicht, sie in vollem Umfang zu erfassen (zumal ich im Gegensatz zu dir auch kein Berufsmusiker bin, sondern eher das, was man früher, als das Wort noch nicht negativ geprägt war, "Dilletant" nannte, bzw. eben Liebhaber bin und somit wahrscheinlich auch gar nicht die selbe Zeit und Energie aufwenden kann), und es gibt noch so viel, mit dem ich mich in der Musik noch unbedingt beschäftigen möchte, dass eben eine nähre Auseinandersetzug mit der Zwölftonmusik bspw. gezwungenermaßen zunächst auf der Strecke bleibt. Das soll jetzt aber nicht heißen, dass ich mich dem prinzipiell verschließen möchte oder dass sich das nicht noch einmal ändern könnte.

Ich durchaus auch der Meinung, das "gefallen oder nicht gefallen" ein dünnes Kriterium ist (zumal "gefallen" ja irgendwie von "gefällig sein" kommt, was man von ansrpuchsvoller Musik nie erwarten darf). Für mich ist eher entscheidend, ob mir ein Werk, eine Stilrichtung oder ein Komponist welchen ich noch nicht kenne, interessant erscheint, ob ich meine, an der Musik könnte etwas für mich sein, dann bin ich gern bereit mir die Mühe zu machen und Zeit zu investieren, um sie mir zu erschließen, was ich auch fortweg tue! Aber auf Grund der schieren Quantität der Musikwelt ist man eben gezwungen, abstriche zu machen.

Aber trotzdem vielen Dank für die Anregung, über solche freue ich mich immer.:great: Ich wollte hier auch nur meine Position etwas genauer darlegen, sowas gehört schließlich zu einer guten Diskussion dazu!:D
 
Günter Sch. schrieb:
Ich lege dir Anton Webern ans herz, sein oevre passt auf 2 CDs, aber das verfahren, aus einem keim heraus ein organisches gebilde zu entwickeln, führt zu außerordentlich schönen klang-kompositionen. Die stücke sind kurz, vielleicht zu kurz, um sich darauf einzustellen, man muss sie mehrmals hören.

Naja, Weberns Gesamtwerk braucht schon etwas mehr als zwei CDs. Die DGG-Edition aus den frühen 1990ern gibts auch heute noch auf sechs CDs, auf denen Gidon Kremer, das Emerson Quartett und Webern-Experte Pierre Boulez fast "amtliche" Interpretationen vorgelegt haben.

Ansonsten gebe ich Günter recht. Das Prinzip der "entwickelnden Variation", einstmals von Brahms in "klassischem" Rahmen auf die Spitze getrieben, wird von Webern in stark zurückgenommener, fast präserieller Art in die Musiksprache des 20. Jahrhunderts übersetzt. Viele Serialisten haben Webern praktisch kopiert, so klingen z.B. Boulez' "Douze Notations pour Piano" aus den 1950ern doch sehr nach Webern.
 
R
  • Gelöscht von Gast 23432
  • Grund: Unverständlich

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