Wie Interesse von Kindern und Jugendlichen am Akkordeon wecken (Orchester)?

Akkordeon mit 29. :)
 
Hallo Martin,

finde es klasse, dass sich mal jemand aus der in diesem Beitrag angesprochenen Zielgruppe meldet und seine Erfahrungen schildert.
Wie wird generell handgemachte Musik vom "Nachwuchs" angesehen?
Als wir in euerem Alter waren, sah die Welt noch anders aus. ;)

Bei mir war es so, dass das für mich ein Besuch der damals "Staatlichen Musikschule" in unserer Kreisstadt kaum in Frage kam, da diese erstens überfüllt, zweitens wir dort niemand "kannten" und ich drittens kilometerweit mit Bus oder Zug hätte reisen müssen, da wir selber keine andere Möglichkeit hatten.
So bot sich an, dass das in unserem Ort der Opa eines Schulkameraden (zwar kein Lehrer war) von Haus zu Haus reiste und, eigentlich illegal, Unterricht gab. Das umhergereichte Testgerät (32 Bass) war zufällig wieser "frei" und da hab ich's mal probiert. Als die Begeisterung nicht nachließ hat er mir dann ein größeres Neugerät (was ich jetzt noch nutze) besorgt. Diese waren zu DDR-Zeiten ja auch nur durch "Bekanntschaften" zu organisieren.
Was ich eigentlich sagen wollte, ich durfte eigentlich bei dieser Lernmethode auch meine Wünsche äußern und wollte natürlich auch so schnell wie möglich was spielen können, um andere zu beeindrucken. Als ich damals nach den ersten paar Stunden nach dem "Schneewalzer" fragte, hat der Lehrer zwar erst abgewinkt, meinte aber dann: Probieren wir's mal.
Ich hab ihn dann überzeugt und fand das gut so.
Leider verstarb dieser Herr nach etwa einem Jahr des Unterrichtes und so hab ich halt selber weitergemacht. Da Noten ja auch zu den "Mangelwaren" hier im Osten gehörten, hat man sich eben mit Notenblatt, Radiergummi und Kassettenrecorder beholfen.

Na sicher war auch bei mir mal eine Flaute, aber im Nachhinein bin ich froh, dass alles so gekommen ist. Macht immer wieder Spaß, wenn auf ner Feier dadurch erst mal richtig Stimmung aufkommt. Gerne spiele ich auch nur so für mich im stillen Kämmerlein dahin, um vom Alltag mal abschalten zu können.


Ich habe immer wieder Respekt und Hochachtung vor Leistung, weil ich weiß wie viel Schweiß darin steckt.

Liebe Leute ihr könnt mich steinigen, aber diesen Respekt vermisse ich bei vielen Kindern.
Und dabei ist es egal ob es sich um Akkordeon, Trompete, Geige oder Klavier handelt.
Es ist eben leichter den MP3 Player zu starten, als sich selber mit einer Sache ernsthaft auseinander zusetzten.

Und es wird einfach unterschätzt wie viel man wirklich lernen muss, um gut spielen zu können, das geht nicht in 2, 3 Jahren.

Man darf ja nicht die ganze Jugend über einen Kamm scheren, hab schon manchen spielen gehört, ob Klavier oder Geige etc. Zu unseren Chorauftritten gesellen sich mitunter auch Schüler der Musikschule, die ihr Können zeigen, bzw. anhören lassen wollen ..... Respekt.
So wie halt viele nur noch vor dem PC sitzen, wird eben auch der mp3-player bevorzugt .... vielleicht ist es so, dass wir die früher noch nicht hatten und es uns dadurch motiviert hat ein Instrument zu lernen.

Muss noch hinzufügen, dass ich damals so 13 - 14 Jahre alt war, als ich mit dem 32er angefangen hab. Jetzt hab ich mir noch ein "besseres" Keyboard an Land gezogen und versuche das einzuüben. Rechte Hand ist ja einfach. :D
Natürlich darf das Akko (in unserer Gegend "Quetsche" genannt) nicht vernachlässigt werden, denn das ist in seiner Vielseitigkeit, Stromunabhängigkeit und dadurch Transportmöglichkeit kaum zu schlagen.

LG Wolfgang

LG
 
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Akkordeon mit 29. :)



Sorry, aber mit 29 Jahren gehörst du dann für mich nicht mehr in die Kategorie "Kinder und Jugendliche"...... um bei dem Thema zu bleiben.

Da unterstelle ich dir einfach mal, dass du mit 29 Jahren schon weißt was du möchtest.
Da kannst du schon selber entscheiden, dass möchte ich und das nicht.
Bei einem 6 oder gar 10 jährigen Kind, kann ich da noch nicht von ausgehen. Diese Kinder muss man einfach an die Hand nehmen und ihnen helfen.
Okay, dabei sollte man die Wünsche der Kinder über die Wünsche der Eltern stellen.
Da diese Wünsche oft nicht konform gehen, gehe ich mal davon aus, dass es somit einige Kinder gibt die "gelitten" haben.

Von daher finde ich den Post unseres jungen Mannes mehr als wichtig!!!! Danke Martin.
 
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Wie wird generell handgemachte Musik vom "Nachwuchs" angesehen?
Als wir in euerem Alter waren, sah die Welt noch anders aus. ;)

Ich kann hier nicht von meiner ganzen Generation sprechen aber von meinem Umfeld und vor allem von mir selber. Natürlich ist es einfacher den Mp3-Player einzuschalten. "Handgemachte Musik" wird sicher als mehr oder weniger hochstehend angeschaut. Nur will sich niemand selber die Mühe geben und ein Instrument erlernen. Das liegt aber, meiner Meinung nach, vorallem an den Eltern. Ich !musste! ein Instrument und einen Sport lernen, machen, wie auch immer :). Den Sport habe ich inzwischen gewechselt aber das Instrument ist doch noch geblieben. Ich habe mich dazumal zwischen Gitarre und Akkordeon entscheiden müssen. Heute spiele ich nebenher auch noch Gitarre.
Es ist halt schon noch ein Unterschied, ob das Weihnachtslied am Familienanlass aus der HiFi-Anlage, dem eigenen Instrument oder gar nirgends her kommt (solls auch geben :D).

Dazu noch ein kleines Geschichtchen.
Ich bin schon etwa seid sieben Jahren in dem örtlichen Cevi. Bis zu diesem Jahr, gab es in jedem Lager, einen Abend, wo man einfach zusammen Lieder gesungen hat. Da gehörte halt eine Gitarre und ein Lagerfeuer dazu ;). Diesen Sommer war kein einziger Leiter dabei der Gitarre spielen konnte (wollte). So etwas finde ich irgendwie traurig, denn es gibt doch nichts schöneres als gemeinsam Lieder zu trällern. Auch wenn es noch so schief tönt. Ich behaupte von mir auch, dass ich nicht singen kann, tue es aber trozdem.

Ich hoffe, dass sich das in den nächsten Jahren wieder etwas ändert und sonst werde ich meine lausigen Gitarrenkünste halt selber zur Verfügung stellen ;)
 
Habe gerade erfahren, dass unser Orchesterleiter dabei ist, ein Jugend/Schülerorchester aufzubauen.
Obwohl er einen Fulltime-Job in einer "artfremden" Branche und 3 Kinder hat. Und ständig berufsmäßig in den Staaten unterwegs ist
Erst, nachdem er von Eltern angesprochen wurde, hat er sich diese Gedanken gemacht. Ebenso wurde - völlig unabhängig davon - ein Mitspieler in der Nachbarstadt nach so einer Einrichtung gefragt.
Die Kinder haben Akkordeonunterricht in der Musikschule, die aber kein Orchester anbietet.
Nun hat unser Dirigent ein Plakat entworfen, das in Schulen und sonstwo aufgehängt werden soll.
Zudem wird es in der Zeitung und den örtlichen Wochenblättchen bekannt gegeben.
Nach den Herbstferien werden 3 Schnupperstunden angeboten und wir sollten dann alle behilflich sein.
Wir sind gespannt, ob das klappt.
 
Ich (sehr persönlich) glaube aber eher nicht, daß die Realität in vielen Akkordeon-Vereinen mit der realen Welt von durchschnittlichen Kindern/Jugendlichen auch nur eine kleine Schnittmenge hat. Das Modell "Akkordeon-Verein" ist im weiten Bereich genauso vom Aussterben bedroht, wie "Gesang-Vereine".
Dem gegenüber stehen die Blasmusiker, die doch überraschend wenig Nachwuchssorgen haben.

Hallo WilliamBasie,

meinerseits volle Zustimmung. Auch ich habe einige Jahre in einem Akk-Orch. gespielt. Irgendwann fühlte ich mich musikalisch eingeschränkt, da bassseitig vieles zu verkümmern drohte. Deshalb habe ich mich mich dann auch ausgeklinkt. Das wird jetzt aber OT. Ich will eigentlich auf den Hinweis mit den Blasmusikern hinaus.

Mit 16 habe ich nach 7 Jahren meinen Akk-Unterricht an der städt. Musikschule beendet. Direkt im Anschluss habe ich begonnen, im örtlichen Musikverein Posaune zu lernen. Dieses Instrument spiele ich auch heute noch, im gleichen Verein. Ich war später mehr als 10 Jahre als Schriftführer im Vorstand tätig und hatte deshalb detaillierten Einblick in die Jugendarbeit und die Zusammenarbeit mit der Musikschule.

Ein zentrales Element in der Blasmusikausbildung ist die Teilnahme an der Prüfung des sogenannten "Jungmusikerleistungsabzeichens" (JMLA). Wem das hier im Board nichts sagt, der kann sich bei Interesse hier schlau machen: http://www.bdb-blaeserjugend.de/jmla/
Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass das JMLA unter den Jugendlichen sehr stark anerkannt ist. Die Kinder und Jugendlichen sind sehr stark motiviert, bei vielen Musikvereinen ist das JMLA in Bronze die Voraussetzung, um im Orchester mitspielen zu dürfen. Der theoretische und praktische Anspruch ist bereits bei der Bronze-Prüfung, meiner persönlichen Ansicht nach, recht hoch. Dies ermöglicht den Musikvereinen auch das von WilliamBasie angesprochene Spielen moderner, sinfonischer Konzertstücke auf hohem Niveau. Diese qualitative Einschätzung WilliamBasies teile ich, zumindest für die im Badischen Raum ("Du edle Perl'... :)) beheimateten Musikvereine.

Die Verleihung der Prüfungsurkunde und der entsprechenden Bronze-/Silber-/Goldnadel findet bei uns im großen Rahmen statt. Im altehrwürdigen Kurhaus von Baden-Baden wird den erfolgreichen Prüflingen an einem Sonntagnachmittag vom Verbandsvorsitzenden die Urkunde überreicht. Alles ist sehr festlich, das Kurhaus ist proppenvoll mit Eltern, Großeltern, Lehrern, den Vereinsvorsitzenden, fast schon ein gesellschaftliches Ereignis. Auf der Bühne sitzt das Bezirksjugendorchester (70 Personen stark, Qualität Oberstufe) und umrahmt den Festakt mit sinfonischer Blasmusik. Anschließend ist es bei vielen Vereinen üblich, dass die Vereinsvorsitzenden und die für die Jugendarbeit Verantwortlichen mit den Prüflingen und deren Eltern in einem Restaurant essen gehen, auf Kosten des Vereins versteht sich. In der Lokalpresse ist dann am Montag oder Dienstag ein ausführlicher Bericht mit Bild und Nennung aller erfolgreichen Absolventen mit Angabe der Prüfungsstufe und der Vereinszugehörigkeit.

Ich schildere dieses Prozedere deshalb so ausführlich, weil ich deutlich machen will, dass die gesellschaftliche Anerkennung für das Musizieren bzw. für das Erlernen eines Instruments nicht vom Himmel fällt sondern erarbeitet werden muss. Wenn ich in diesem Sinne die Akk-Orchester mit den Blasmusikvereinen vergleiche, muss ich aus eigener Erfahrung sagen, dass da Welten dazwischen liegen. Nur wenn sich hier in der Außenwirkung der Akk-Orchester spürbar etwas verbessert, kann das Aussterben vielleicht verhindert werden.

Viele Grüße
Lucia
 

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