Zwei Fragen an die Spezialisten: ORTF mit zusätzlichen Grenzflächen / M/S mit 2+1 Nieren möglich?

LordB
LordB
Registrierter Benutzer
Zuletzt hier
10.12.24
Registriert
12.06.18
Beiträge
1.147
Kekse
15.349
Zwei Fragen, die mich interessieren:

1.) Könnte man eine ORTF Mikrofonierung, welche ja meist in Höhe aufgestellt wird, durch zwei Grenzflächen mit halber Niere am Boden ergänzen? Diese müssten natürlich ebenfalls 17cm/110° ausgerichtet sein.

2.) Umschaltbare GM Mikrofone sind ja oft durch zwei gegenüberliegend Nieren-Membranen verwirklicht, wobei für die 8 eine dann Phasengedreht wird.
Bei einer M/S aufnahme muss man das phasengedrehte Signal wieder invertieren und hat so die L/R Aufnahme.
Könnte man dann, falls gerade kein 8er Mikrofon verfügbar ist, auch zwei Nieren-GMs dicht an dicht aneinander stellen, sodass sie wie bei der 8 in beide Richtungen zeigen? Ggf, macht der größere Abstand, schätzungsweise um 30-40mm, in den hohen Frequenzen etwas Ärger, aber prinzipiell ist es doch nichts anderes, oder?
Man spart sich sogar die Phase zu invertieren.

Hat das schon mal jemand versucht? Wie waren die Ergebnisse?
Insbesondere Frage 1 interessiert mich für ein kommendes Projekt.
 
Hi:hat:

Doch ist nicht ganz das Gleiche.

Ein 8er Mikrofon hat nur 1 Membran, die beidseitig beschallbar ist. = 1 Monosignal

2 Nierenmikrofone = 2 nicht identische Monosignale


MS besteht aus Seitensignal (Mono) und Mittensignal (Mono).

Du bräuchtest für MS auf jeden Fall noch ein Mittenmikrofon.
Ja für die MS Matrix wird das Seitensignal dupliziert und phaseninvertiert. Diese Signale sind zu 100% identisch, bis auf den Phasendreher. Bei zwei Nierenmirkrofonen, kann wohl auch die Phase verpolt werden, aber die Signale sind nicht identisch. Somit kann kein richtiges MS zustande kommen. Auch die 30m-40mm Abstand verursahen Laufzeitunterschiede zwischen R+L, sie löschen sich bei Summierung also nicht komplett gegenseitig aus, was für MS erforderlich wäre.


Nachtrag:
Ich habs mir nochmals durch den Kopf gehen lassen. Mit 2 Mikrofonen 1 Seitensignal zu erzeugen geht doch. = Beide Signale übereinanderlegen, bei einem Signal Phase umpolen. Jetzt löscht sich alles was Gleich ist aus, nur die Unterschiede der beiden Mikrofone bleiben stehen. Dieses Signal zu einen Monosignal zusammenrendern. Dieses Signal sollte jetzt dem entsprechen, was ein Mikrofon mit 8er Richtcharakteristik ausgibt.

In einem zweiten Schritt: Signal kopieren, bei einem der beiden Signal Phase nochmals verpolen, und nach R bzw L pannen.
Was bei dieser Methode aber ein Problem bleiben wird, ist der Abstand bzw Laufzeit zwischen den Mikrofonen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo,

zu 1.: Dürfte recht schwierig werden, genau herauszubekommen, wo im Grenzflächengehäuse die Kapsel sitzt, um die 17 cm exakt einzuhalten... Lieber eventuelle Grenzflächen ganz bewußt als gut getarnte Stützmikrofone bei Bedarf einsetzen.

zu 2.: Das würde ich aus den genannten Gründen lassen... der Vollständigkeit halber: Von Oktava gab es mal (...oder gibt es noch, da müßte ich nachschauen...) ein T-Stück, mit dem man zwei Nierenkapseln der MK012 zu einer Pseudo-Acht machen kann. Auch die "Achterkapsel" für das MK012 besteht aus zwei im Gehäuse ganz eng aneinandergebauten Nierenkapseln. Ein wenig dichter als bei dem T-Stück, aber immer noch ein wenig obskur :D

Viele Grüße
Klaus
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
1.) Könnte man eine ORTF Mikrofonierung, welche ja meist in Höhe aufgestellt wird, durch zwei Grenzflächen mit halber Niere am Boden ergänzen? Diese müssten natürlich ebenfalls 17cm/110° ausgerichtet sein.
Es ist nicht üblich, zwei verschiedenen Stereo-Hauptmikrofonsysteme zu kombinieren. Vom Prinzip her soll ein Stereo-Hauptmikrofonsystem für sich alleine die Schallquelle adäquat und sozusagen klanglich ´vollständig´ abbilden, Stichworte dazu: Aufnahmebereich / Basisbreite / Lokalisation / Räumlichkeit / Pegel-/Laufzeitdifferenzen usw. [siehe dazu auch hier: http://www.sengpielaudio.com/HejiaD.htm]. Je nach Ensemble/Besetzung/Raumakustik und gewünschter Klanglichkeit sucht man dazu das passende Stereo-Hauptsystem aus.
Wenn die Zeit und die Ressourcen reichen, kann man auch verschiedene Stereo-Hauptsysteme aufstellen und dann später aussuchen, welches am besten passt. Diese sind dann aber üblicherweise in enger räumlicher Nähe zueinander angeordnet (wenn man mal von Groß-AB und Decca-Tree absieht). Solche eng benachbarte Systeme später zusammen zu mischen wird aber aber nicht empfohlen und normalerweise auch nicht gemacht. Denn meistens ist das aus solchen Kombinationen gemischte Signal schlechter als es jedes für sich alleine wäre. Hinzu kommt, dass man sich wegen der Nähe der Mikros zueinander schnell Kammfiltereffekte einfängt, die bekanntlich den Klang ruinieren können.

Grenzflächen besitze ich selber nicht, nutze also auch keine. Begegnet sind mir Grenzflächenmikrofone aber in der Praxis schon mal in AB-Position, bisher jedoch noch nie als "ORTF". Ich nehme an, das hat Gründe.
Die Grenzflächen würde ich auch besser als Stützen nah beim Ensemble (bzw. dort, wo gestützt werden muss) einsetzen. Stützen sind normalerweise recht weit vom Hauptmikrofonsystem entfernt und werden meistens auch nur mit einem deutlich geringerem Pegel zugemischt. Kammfiltereffekte entstehen daher kaum bis gar nicht, bzw. werden nicht hörbar.

Von Oktava gab es mal (...oder gibt es noch, da müßte ich nachschauen...) ein T-Stück, mit dem man zwei Nierenkapseln der MK012 zu einer Pseudo-Acht machen kann. Auch die "Achterkapsel" für das MK012 besteht aus zwei im Gehäuse ganz eng aneinandergebauten Nierenkapseln. Ein wenig dichter als bei dem T-Stück, aber immer noch ein wenig obskur
Diesen T-Adapter bietet Oktava immer noch an: https://www.oktava-shop.com/MK-012-100-Series-Baukastensystem/Kapseln/MK-012-fig-8-Adapter.html
Die 8-er-Kapsel ist zwar im Moment vergriffen, ist aber noch im Sortiment: https://www.oktava-shop.com/MK-012-100-Series-Baukastensystem/Kapseln/MK-012-fig-8-Kapsel.html. Diese ist aber auch aus zwei sehr eng Rücken an Rücken montierten Nieren konstruiert, wie du schon schriebst.
Gute 8-er Mikrofone bzw. Kapseln sind in der Regel ziemlich teuer, jedenfalls typischerweise teurer bis deutlich teurer als Nieren oder Kugeln. Dabei haben sie nur eine Membran, aber es scheint recht aufwändig zu sein, das 8-er-Polardiagramm sauber symmetrisch herzustellen.

Für Experimente oder ganz gelegentlichen Gebrauch könnte aber so ein T-Adapter von Oktava durchaus interessant sein, jedenfalls, wenn man zwei passende Oktava-Nieren-Kapseln übrig hat. Die günstigste Lösung ist es wahrscheinlich.

Und, wie schon geschrieben wurde: für ein MS-System braucht es noch ein zweites Mikrofon für den Mitte-Kanal. Dessen Richtcharakteristik kann beliebig sein (wobei die Kombination aus zwei 8-ten in 90 Grad die "Blumlein"-Anordnung wäre: https://de.wikipedia.org/wiki/Blumlein-Stereosystem).
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Und, wie schon geschrieben wurde: für ein MS-System braucht es noch ein zweites Mikrofon für den Mitte-Kanal.
Das ist ja logisch. Darum schrieb ich in der Überschrift 2+1, dachte, damit sei klar, was ich meine. 2 Nieren plus 1 für die Mitte :)

Vielleicht baue ich das Konstrukt mal auf und mache ein Foto, dann ist verständlicher, was ich meine.

Edit: hier die Fotos:
6A7CA392-BDF1-499F-82D5-2F58999DBB34.jpeg


3A834DBA-D8C7-44AF-AB17-0B548250C4D9.jpeg



Es ist nicht üblich, zwei verschiedenen Stereo-Hauptmikrofonsysteme zu kombinieren.
Weiß ich, predige ich selbst so.
Die konkrete Frage war: kann man ein zweites, prinzipiell identisches Verfahren, an identischer Stelle - nur andere Höhenlage - nutzen um die Sache ggf. noch "runder" zu bekommen?

Ich werde wohl eine AB Stütze mit den Grenzflächen legen und mal sachte bei mischen. Wenn es klappt - gut, wenn nicht, ist es auch kein Verlust diese weg zu lassen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo,

...zum Stichwort Oktava: Da @LoboMix liebenswürdigerweise geprüft hat, daß die beiden von mir erwähnten Oktava-"Achter"-Lösungen noch erhältlich sind, habe ich mich darauf besonnen, daß ich vor Jaaaahren mal ein Bild einer geöffneten Oktava-Achterkapsel gepostet hatte: KLICK
Die hatte ich mir damals auch mehr zum Ausprobieren geholt - meine CAD Equitek E200, die ich damals schon hatte, bieten zwar auch Achtercharakteristik, aber die sind sowas von klobig, daß zwei von denen als M/S gesetzt eher an eine Höllenmaschine als an zwei Mics erinnern.
Der M/S-Aufbau mit den zwei Oktavas in einer Spinne ist schon recht kompakt, damals haben mich die Ergebnisse klanglich nicht ganz überzeugen können - dafür sind die beiden Kapseln einfach zu weit auseinander gewesen, irgendwas war da komisch... Da ich mittlerweile über kompaktere "Achter" verfüge (AT4081, greife ich bei M/S gerne auf die Kombi AT4081 mit Line Audio OM1 zurück, wenn die in 3 m Höhe am Stativrohr hängen, sieht man die kaum :D

Zum Thema "zwei unterschiedliche Stereoverfahren gleichzeitig verwenden": Wie LoboMix schon anmerkte - auch ich setze schon mal zwei Verfahren ein, aber die werden keinesfalls gemischt, sondern nachher wird abgehört, was besser klingt. Führt manchmal auch zu überraschenden Ergebnisssen... Vor einigen Jahren hatten wir mit unserem Kammerchor im Konzert zunächst die Motette "Wie liegt die Stadt so wüst" von Mauersberger, die ist a capella, danach dann das Mozart-Requiem mit Orchester. Beim Mauersberger habe ich M/S verwandt, für den Mozart klang AB besser. Mein letzter Versuch mit einem Vanguard V44s als M/S-Anordnung ist leider vor ein paar Wochen krachend gescheitert, da ich mir in der Hektik des Aufbaus wohl irgendwas ganz böse verstellt habe. Schade - aber mein AB hat ja wie gewohnt funktioniert.

Viele Grüße
Klaus
 

Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben