Subjektiv vs. objektiv - Grundsätzliches

AJam
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Hallo,
beim Durchlesen der verschiedenen Beiträge frage ich mich immer mal wieder, warum es zu den zum Teil völlig entgegengesetzten Beurteilungen über ein und das gleiche Instrument kommt. Daher würde ich dieses Thema gern einmal grundsätzlich diskutieren und hoffe, dass es ein solches Thema nicht schon einmal gab.

Selbst habe ich die Erfahrung gemacht, dass man sich im Laufe der Zeit an sein Instrument gewöhnt, sich mit den Möglichkeiten arrangiert und am Ende genau weiß, wie man spielen muss, um z. B. die dynamischen Möglichkeiten auszunutzen. Dies wird dann ein Stück weit zur Referenz. Andere Instrumente werden dann relativ hierzu beurteilt. Meine Referenz ist nun schon seit rd. 8 Jahren ein Kurzweil PC2x. Mit einer gewissen Objektivität betrachtet, sind die Tastatur und die damit verbundenen dynamischen Möglichkeit weit unter denen eines bspw. RD-700GX. Aber hat der Kurze deswegen keine gute Tastatur? Bei den Masterkeyboardfunktionen bleibt dagegen das RD hinter dem Kurzen zurück. Ist das RD deswegen kein gutes Masterkeyboard? Was ich damit sagen / fragen will: Wo liegt jetzt eigentlich der Maßstab?

Nun meine These: Wenn man beim Probespielen nicht auf Anhieb mit dem Instrument zurechtkommt, dann hat dies eben auch viel mit diesen Gewöhnungsfaktoren zu tun und ist nicht unbedingt auf die Qualität des getesteten Instruments zurückzuführen.

Ähnliches gilt für den Klang: Das Vertraute und Bekannte wird zunächst einmal als gut und richtig empfunden und ist damit so etwas wie eine Referenz.

Tatsächlich liegen die großen DP-Hersteller beim Klang doch nicht dramatisch auseinander - jedenfalls wenn man mal das gleich Preissegment zugrunde legt. Diese Unterschiede gibt es auch bei den akustischen Vorbildern. Jeder Hersteller hat hier so seine Klangphilosophie. Und die muss man eben mögen. Das hat aber nichts mit besser oder schlechter zu tun.

Es freut sich auf Eure Meinungen
André
 
Eigenschaft
 
Genau diese Überlegungen sind es, die wohl bei den meisten von uns dafür sorgen, dass wir hier (= insbesondere in der Digipi-Ecke) mittlerweile relativ zurückhaltend beraten.
Viel mehr als Produkte heraussuchen, die sowohl vom Preis als auch von den Features den Vorstellungen des Fragestellers entspricht, können wir nicht tun, jedenfalls nicht, solange derjenige nicht wirklich direkte Fragen stellt.
Man kann höchstens noch eigene Erfahrungen und Meinungen posten, oder die Tendenzen der einzelnen Hersteller andeuten (es wird z.B. niemand bestreiten, dass Yamaha eher zu brillianten Klavierklängen tendiert als bspw. Roland).
Selbst bei wirklichen Tatsachen, z.B. dass der Kurzweil-Pianosound nicht so detailliert ist, wie aktuellere Pianosounds (bestreiten kann das wohl auch niemand), bedeutet die Tatsache allein garnichts - man kann nur wieder andeuten, wann das problematisch wird oder eben auch nicht (um aufs Beispiel zurück zu kommen: Ich halte Kurzweil-Pianos zum Solo-Spiel im Wohnzimmer für nicht gerade optimal, in der Band sieht das aber anders aus). Aber selbst da kommt natürlich der eigene Geschmack und die eigenen Präferenzen zum Vorschein.

Was wir tun können ist, jemandem, der noch nicht so viel über die Feinheiten weiß, zu entlocken, was er eigentlich will, und auf Basis dessen eine gewisse Vorauswahl zu treffen, damit derjenige nicht von der gigantischen Auswahl erschlagen wird. Je nach Anspruch ist die übrig bleibende Auswahl größer oder kleiner, aber auf jeden Fall kann am Ende nur jeder für sich selbst entscheiden.
So sehe ich das, und so versuche ich auch zu beraten.
 
Gebe dir vollkommen Recht...

Der Vorteil hier ist ja der, dass man meistens auf seine Fragen recht viele qualifizierte Kommentare kriegt. Dabei sollte jedem klar sein, dass er damit meistens nur subjektive Betrachtungsweisen zu lesen bekommt. So wie ein alteingesessener Analogschrauber alles Digitale verurteilen mag, so wird auch ein Workstation-Junkie sich über die Bedienmöglichkeiten und Benutzeroberfläche eines Minimoog aufregen.
Jeder, der hier eine Frage postet muss nachher aussieben, welche Antwort ihm am objektivsten erscheint. Das ist zwar gelegentlich mühsam, aber meiner Meinung nach bei Fragen um und über eine Kunstform und ihre Werkzeuge nicht zu vermeiden...

LG, Sketch
 
Hat mal jemand Wie wirklich ist die Wirklichkeit von Paul Watzlawick gelesen? Da kommt raus, dass es sehr schwierig ist, eine Wahrheit außerhalb von uns selbst zu finden. Was wir wahrnehmen, wird auch immer gleich interpretiert. Das gilt für Sounds wie für andere Meinungen. Deshalb ist es für mich OK, wenn jemand sagt, dass er die Tastatur von Kawai für das Gelbe vom Ei hält. Das ist seine Wahrheit und die kann ich respektieren. Ich selbst finde die Tastaturen schrecklich: meine Wahrheit. Mir ist aber klar, dass das wenig mit Kawai, sondern viel mit meinen Erwartungen, Erfahrungen und Interpretationen zusammenhängt. Deshalb vermeide ich hier im Forum solche abwertenden Aussagen. Viele missverstehen das und fühlen sich auf den Schlips getreten, wenn man ihr Lieblingsbaby zu 'beleidigen' scheint. Dabei kann es gar nicht anders sein: Wir haben alle verschiedene Wahrheiten. Und das Wort 'objektiv' verwende ich nicht so gerne.
 
Wie singt Nik Kershaw:

"yeah the truth
is
stranger than fiction and I
must
believe what I see
yeah the truth
is
stranger than fiction to me."
 
Was hier auch noch eine Rolle spielt ist der Background der einzelnen und der (beabsichtigte) Einsatzzweck der Geräte. Ein klassicher Pianist wird eine Tastatur ganz anders beurteilen als jemand der vom Akkordeon oder der Orgel kommt. Ein Jazzer hat meist andere Sound-Vorstellungen als ein Cover-Band-Keyboarder. Und dann gibt es hier Leute, die sich preislich in einem so engen Korsett bewegen, dass oft nur 2 oder 3 Alternativ-Geräte( wenn überhaupt) übrigbleiben. Zum Glück ist das aber alles so, denn sonst gäbe es ja nur eine Meinung und ein Instrument.

Ich persönlich habe in mittlerweile mehr als 20-jähriger Bühnen-Erfahrung die Erkenntnis gewonnen,
dass man sich selbst nicht so wichtig nehmen darf. Man muss sich oft mit Instrumenten bzw. örtlichen Gegebenheiten arrangieren (können). Wenn halt in einem Club ein altes Digi-Pi steht muss man halt damit zurecht kommen - fertig.
Viele Leute sehen das anders und legen entsprechenden Wert auf Klangdetails, Tastatur usw. , was ja auch absolut richtig ist, nur sollte man das m.E. nicht zu excessiv betreiben.

Und genau diese vielen "Strömungen" kommen in einem solchen Thread zusammen, und deshalb kommen solche unterschiedlichen Bewertungen zu Stande.

ciao

bluebox
 
Objektiv sind nur die technischen Daten der Gebrauchsanweisung.

Bei der subjektive Bewertung kommt erschwerdend hinzu, dass man dazu geneigt ist die Geraete, die man selbst sein eigen nennt als die besten zu betrachten.
Bei einer Kaufentscheidung wird man dennoch beruecksichtigen wieviele Benutzer eine positive Meinung von einem Instrument haben. Obwohl dies nach obigem Aspekt wenig Sinn hat.
Und erwirbt man das Geraet hat es selbstverstaendlich den privaten Bonus und so ergibt sich eine Eigendynamik. Je mehr Geraete verkauft werden, umso besser ist sein Ruf.

Genauso wird man auch in Fachzeitschriften kaum negative Aussagen ueber ein Keyboard lesen. Man muss dann schon zwischen den Zeilen lesen.

Man kann davon ausgehen, dass eine negitive Bewertung eine Geraetes seitens des Besitzers meist objektiver ist, als eine positive.
(BTW An meinem LE ist schon wieder eine Taste ausgefallen :)
Auch daher, weil man sichdamit bei den anderen Besitzern evtl. unbeliebt macht.
Und ohne Grund will das niemand.

Es ist also leichter zu erfahren was man bessser nicht kauft.
Ansonsten kommt man ums auszuprobieren nicht herum.
 
... Ansonsten kommt man ums auszuprobieren nicht herum.
Und der Sinn des Ausprobierens ist nicht, die "objektive" Wahrheit zu erkennen, sondern zu erfahren, ob das Testobjekt meinen subjektiven Kriterien entspricht. :)
 
Und der Sinn des Ausprobierens ist nicht, die "objektive" Wahrheit zu erkennen, sondern zu erfahren, ob das Testobjekt meinen subjektiven Kriterien entspricht.

Ja das sehe ich auch so. Es sollte so sein, dass gar kein Zweifel daran besteht, dass dieses Digi Piano z.b. genau das ist was ich suche. Egal was hinten fuer ne Marke draufsteht.
Ausser fuer die Marke gibt es Berichte ueber Verarbeitungsmaegel.
 
Noch ein Aspekt: Da die menschliche Wahrnehmunmg adaptiv ist, kann derselbe Klang auch für dieselbe Person je nach Situation anders klingen. Unser Gehör kann sich in einem gewissen Grade anpassen - so wie auch die Augen zB eine Weile brauchen, um sich an Dunkelheit/Helligkeit zu gewöhnen. Daher kann es beim Testen auch auf die Reihenfolge ankommen. Umso mehr, wenn man dann auch noch verschiedene Instrumente an DPs ausprobiert.
 
HI an alle --

genau wegen der Fragestellung habe ich mich hier mehr und mehr zurückgezogen - schlussendlich aus dem ganzen Forum. In letzter Zeit schaue ich wieder ab und zu rein, aber nun gut.

Schlussendlich ist es Klasse, was heutige DigiPis hinbekommen.
Auch was für Masterkeymöglichkeiten.

Und wenn ich dann Kommentare wie "sucks" oder "geht garnicht" sehe, denke ich, dass ich hier wohl nur von exaltierten Konzertpianisten umgeben bin.... aber: kann garnicht sein, denn die Profis, die ich kenne, sind zumeist sehr tolerant udn spielen auf so ziemlich allem, die leben schliesslich davon :p

Schlussendlich muss man selber zufrieden sein. Sich im Rahmen seiner technischen und finanziellen Möglichkeiten etwas hinstellen, das einem gefällt. Was Besseres gibt es sowieso noch. Aber das ist ja überall so.... und ob man die etwas hängende Nuance im Sample oder den Spielfehler eher hört - meine Meinung ist da recht klar.

ciao,
Stefan
 
Was der Stefan gesagt hat, gilt wohl auch in weiten Teilen für mich. :rolleyes: Wer im kleinen Rahmen live unterwegs ist weiß, dass das vielerorts allerhöchstens mäßige PA-Equipment (und ggf. auch dessen Bedienung :p ) viel mehr Einfluss auf den Sound hat als der Nachklang irgendeines Samples. Da ists dann halt irgendwann müßig, sich immer mit Details aufzuhalten, die man außer im Wohnzimmer sonst nirgendwo wahrnimmt ...
 
Vor allem sind solche Begriffe wie "suckz" oder "grottig", die ich selber hin und wieder auch gerne verwende, nicht nur subjektiv, sondern relativ. Also: auf was bezogen? Gegen Herbie Hancocks mit Traumtechnik abgenommenen Konzertflügel klingt selbst ein Nord Stage scheiße. Vergleicht man die heutigen Digipis hingegen mit ihren 10 Jahre alten Vorgängern, hat sich da einiges getan.

Die Meßlatte ist immer der Anspruch des Pianisten/Keyboarders und seine Absicht. Ob er den Zuhörern perfektionierte impressionistische Sphärenklangkunst darbieten oder einfach nur ein bißchen rocken will, läßt ein und dasselbe Equipment in unterschiedlichem Kontext ganz anders aussehen. Je nach diesem können die meisten Instrumente sowohl "geil" als auch "geht gar nicht" sein.

Jeder Hersteller hat hier so seine Klangphilosophie.
Und bei manchen ist diese unergründlich. Warum verbaut Yamaha im S90ES ein rund-jazzig klingendes Pianosample, aber im CP300 und selbst in den Homepiano-Modellen ein perkussiv-rockiges?
 
Bei mir ist es so, dass ich die gleichen Sounds auf den gleichen Keyboards bei gleichen Verstärkereinstellungen an verschiedenen Tagen oder Tageszeiten unterschiedlich empfinde. Vielleicht hat das was damit zu tun, dass man unterschiedlich gut drauf oder munter/müde ist, was die Gehörgänge vor kurzem schon ertragen mussten, welche Art Musik man gerade spielt usw., auf jeden Fall subjektiv. Bei verschiedenen Personen kommt noch ein unterschiedliches Gehör und andere Vorstellungen von einem "guten Sound" dazu.

Ein objektives Urteil kann ich daher für Klänge, Tastaturen, EQ-Einstellungen, Dicke der Gitarrensaiten, Single Coil oder Humbucker (Aufzählung beliebig zu erweitern) nicht erwarten. Wichtig ist, dass ich und ggf. die Band mich wohlfühle und das Publikum einen guten Sound bekommt. Der Rest ist für die Muggerpolizei.
 
Bei mir is beliebig zu erweitern) nicht erwarten. Wichtig ist, dass ich und ggf. die Band mich wohlfühle und das Publikum einen guten Sound bekommt. Der Rest ist für die Muggerpolizei.

Stimmt, Die Muckerpolizei darf ja auch nicht arbeitslos werden...

Das mit dem subjektiv usw. trifft ja dann auch auf "echte" Instrumente zu. Auch da ist es ja superschwer zu entscheiden, welches Klavier nehme ich nun usw.
 
Hi!
auch von mir mal ein erster Beitrag:) Bin erst kürzlich Besitzer eines CLP 230 geworden, weil ich von anfang an mit dieser Tastatur am besten zu recht gekommen bin.....Hintergrund ist ein jetzt knapp 100 Jahre altes Klavier. Das leider nur am WE genutzt werden kann, da ich pendle.
Was ich aus der Diskussion bisher entnommen habe ist also, dass wir alle subjektiv bewerten (soweitso gut) und dass dementsprechend subjektiv konstruktive Kritik des eigenen Instruments sehr viel wertvoller ist als subjektives loben nicht ständig im Einsatzt stehender "Hardware" oder sogar des eigenen Instruments. Richtig?
Ist also die Meinung dass es für die Qualität der Bewertungen hilfreich wäre wenn wir über Schwächen der eigenen Geräte reden?
 
...Ist also die Meinung dass es für die Qualität der Bewertungen hilfreich wäre wenn wir über Schwächen der eigenen Geräte reden?
Ganz schön un die Ecke gedacht! :D Passt aber: Ein ehrliches Wort, wie man das eigene Gerät empfindet, ist viel wert. Ist das nicht auch die Grundidee hinter all den Webseiten, die einen zum Bewerten von XYZ auffordern? Das ist aber nicht alles. Ich finde es auch interessant, aus welchen Gründen jemand ein Gerät nach dem Anspielen ablehnt. Machmal gründen sich Urteile auf Kleinigkeiten. Manche davon sind mir auch wichtig. Dann neige ich dazu, mich der Meinung anzuschließen. Dann wieder führt ein Tester Gründe an, die mir ganz egal sind. Die Essenz der Diskussion ist - glaube ich - dass das Resultat genauso zählt, wie der Weg, auf dem man dahin gekommen ist, die Kriterien, die einem wichtig sind und die Einstellung, mit der man getestet hat.
 

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