Die derzeitige Krönung des Wahnsinnes finde ich, sind "aged"-Instrumente.

Für eine runtergeschrubbt aussehende Gitarre extra viel Geld zu verlangen ist schon der Hit. ....aber Gibson, Fender und Co haben Recht, wenn es solche Idioten gibt, die dafür Geld ausgeben, würde ich es genauso machen:screwy:
Die Leute, die Du hier als "Idioten" bezeichnest, sind meistens die, die schon zig Jahre lang Gitarre spielen, genaue Klangvorstellungen haben und wissen, wie sich eine gut bespielbare Gitarre anfühlt.
Hinter dem Aged-Konzept steht wesentlich mehr, als Deine oberflächliche Betrachtung und eventuell der Gedanke an einen 20-jährigen Poser, der auf der Bühne eine abgerockte Gitarre braucht, die zu seinem restlichen Outfit passt.
Diese Gitarren stellen bei den großen Herstellern quasi das Top-Segment dar. Der Grund dafür:
1. es werden die besten Hölzer für diese Serien verwendet, egal ob bei Fender oder Gibson: dem aufwendigen Prozess des Ältermachens unterzieht man nur einer Top-Gitarre.
2. klanglich macht es einen Unterschied, ob eine Gitarre noch vollständig mit Lack überzogen ist, oder eben diese eingerissenen Nitrolacke drauf sind. Glaub es oder nicht, das Holz kann sich freier bewegen.
3. von der Bespielbarkeit sieht es ebenso aus: die Relics oder Murphy Aged Modelle fühlen sich besser an und lassen sich wesentlich besser bespielen als die anderen Strats aus'm Custom Shop. Hatte vor kurzem eine NOS-Strat aus der Time Machine Serie in der Hand. Hatte einen total klebrigen Hals. Danach eine Relic in die Hand genommen und das Ding passt wie ein eingetragener Turnschuh.
Von den künstlichen Schrammen kann man halten was man will. Bei ner Strat machts mir nichts aus, bei ner Paula gefällts mir weniger. Aber wenn man nach der bestklingensten Strat sucht, ist die Wahrscheinlichkeit, diese bei den Relics zu finden, am Größten. Die bessere Holzqualität und der höhere Fertigungsaufwand muß halt auch bezahlt werden.
Und deswegen greifen die "Idioten" dann zur Relic.
Wenn
Du das nicht verstehst, ist es Deine Sache, aber dann die Klientel als Idioten zu bezeichnen....
Eventuell solltest Du die Gitarren mal selbst spielen und Dir ein Urteil bilden.
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Zum Design:
Ich denke daß, gerade bei uns Gitarristen, es ziemlich schwierig ist, designtechnisch was wirklich Neues zu präsentieren, was sich von dem unterscheidet, was bereits auf dem Markt ist.
Wir haben nun über 50 Jahre E-Gitarrenbau hinter uns, die Entwicklung der Gitarre ist auf's Praxisgerechte ausgereift und es ist so ziemlich jedes Design auf'm Markt gewesen. Letztendlich haben sich nur wenige etablieren können. Die Grenzen werden einerseits vom recht konservativen Geschmack der Gitarristenschaft, andererseits maßgeblich von der Ergonomie des Geräts gesteckt.
Auch die Traditionshersteller Gibson und Fender haben teilweise recht radikale Modelle auf den Markt geworfen und sind damit auf die Schnauze gefallen. Der Markt hat sie nicht angenommen. Wenn man innerhalb einiger Jahrzehnte immer wieder mal was Innovatives rausbringt und es wird einfach nicht angenommen, gibt man es schon aus Kostengründen irgendwann auf. Gibson hat ein paar verschiedene Modelle, die ziehen, Fender eigentlich nur zwei, Strat und Tele. Die anderen ( Mustang, Jazzmaster, Jaguar und Abwandlungen ) sind eher Nischenprodukte. Fender braucht ja eigentlich nur diese zwei Zugpferde. Mit unterschiedlichen Pickups, Elektronik und Hardware kann man so ziemlich alles damit abdecken.
Ich finde auch, daß diese "Gleichschaltung" bei uns Gitarristen irgendwie schade ist, wenn man mal bedenkt, daß die Bassisten da wesentlich unvoreingenommener zu Werke gehen.
Aber ganz ehrlich: ich sehe es auch so, daß mit einer Les Paul, einer Strat, einer Tele, einer Semiakustik und einer PRS alle meine Soundwünsche abgedeckt wären. Da schiele ich dann nich zum Radikaldesign und Überinnovativen, sondern bin auch anfällig für die traditionellen Formen.
Außerdem:
was erwartet man sich den für designerische Entwicklungen?