Klassik Sopranos mit guter Tiefe

  • Ersteller bloody midnight
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Hast du auch eine etwas tiefere Sprechstimme?

Naja, so etwas ist ja immer sehr subjektiv, aber ich würde behaupten: ja ;) und das Lustige ist: seit ich singe, bzw. "typisch" sopranistisch singe (früher habe ich mir immer alle möglichen Alt-Rollen herausgesucht, weil ich das Stimmfach sehr mag und unbedingt Alt singen wollte), ist die Stimme sogar noch tiefer geworden in manchen "Sprechlagen", so zumindest mein subjekiver Eindruck.

Bei uns im Chor haben die Sopräne fast alle höhere Sprechstimmen als ich, aber vom Timbre her klingen einige so wie ich. ;) Eine ist dabei, die hat voll die hohe Sprechstimme aber klingt beim singen noch dunkler als ich. :eek:

Ja, das ist auch bei uns ähnlich - ist glaube ich von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Wenn ich mir meine GL angucke, die in Altlage singt, dann passt sie aber perfekt ins Bild. Ich würde nicht sagen, dass sie eine maskuline Stimme hat, aber schön "voll und satt" mit einem wunderbar "dunklen Akzent". Sogar wenn sie lacht... hat man das Gefühl, alles schwingt wunderbar "altistisch" mit :D

Gerade wenn man z. B. im GU ein neues Lied lernt, dann hör ich mir das gerne mal an wie das die verschiedenen, professionellen Sopranos so singen. ;)

Das mach ich auch immer :) und im Prinzip kannst du ja dort auch schon Unterschiede heraushören, was Klang, Volumen oder Beweglichkeit der Stimme anbelangt. Ich persönlich kenn mich mit den einzelnen Bezeichnungen auch nicht aus...ob lyrisch oder dramatisch... und ich weiß auch nicht, wohin ich gehöre. Glaube aber eher in den "dünnen, lockeren und leichten" Bereich... (leider)... aber: wenn man sich auf youtube schlau macht und sich dasselbe Lied von verschiedenen Sopranistinnen anhört, kann man auch schon einiges für sich (und die Stimme) mitnehmen.

Zudem glaube ich, dass man diese spezifischere Einteilung "nur" für die Oper braucht... damit du genau weißt, was du singen "kannst" bzw. für welche Rollen deine Stimme geeignet ist - im Chor ist so etwas, so vermute ich zumindest, weniger wichtig. Also Stimmfach ja... aber weniger ob lyrisch oder dramatisch... :gruebel:

Zudem, aber das ist nur meine ganz persönliche Meinung: was Klangfarbe anbelangt wäre ich für alles offen! ...und die Königin der Nacht mal tiefer und dunkler gesungen... würde ich mir z.B. zu gerne mal anhören. Oder das "Agnus dei" von Bach oder das "Cara sposa" von Händel von einer Sopranistin (nicht Mezzo) gesungen...schön hell und klar und mit etwas anderer instrumentellen Besetzung...ahh, DAS wär's! ... aber das wird wohl - in diesem Leben (und noch vielen weiteren) - nicht mehr passieren :D
 
Glaube aber eher in den "dünnen, lockeren und leichten" Bereich...

Wobei: "leicht" darfst du sagen, das ist die korrekte Bezeichnung für einen bestimmten Stimmtyp. Nicht aber "dünn" ;), weil eine "dünne Stimme" ist einfach das Synonym für eine unausgebildete Stimme! Das muss sich also im Laufe der Ausbildung geben! (Auch) leichte Stimmen sind, sofern sie gut ausgebildet sind, nie dünn :)

Zudem glaube ich, dass man diese spezifischere Einteilung "nur" für die Oper braucht... damit du genau weißt, was du singen "kannst" bzw. für welche Rollen deine Stimme geeignet ist

Nicht nur für die Oper! Sobald du ernsthaft solistisch auftrittst, musst du wissen wofür sich deine Stimme am besten eignet. Und dabei ist es relativ egal ob du eine ganze Rolle in einer Oper singst oder nur einzelne Opern- oder Konzertarien. Weil, die Zuhörer haben in der Regel wenig Lust, zuzuhören, wie sich eine schwere Stimme durch Koloraturen quält oder wie eine leichte Stimme meilenweit entfernt ist vom satten Legato einer schwereren.

Was du übungshalber im GU und im stillen Kämmerlein treibst, ist dann natürlich wieder eine andere Sache. Ja, es ist sogar wichtig, dass auch schwere Stimmen Koloratur trainieren und leichte durch die Legatoschulung gehen.

im Chor ist so etwas, so vermute ich zumindest, weniger wichtig.

Das hingegen denke ich auch, jedenfalls in Laienchören. Schon allein deshalb, weil du im Chor ja alles querbeet singen musst, was du vorgesetzt bekommst. Aber dafür ist deine Verantwortung kleiner und wenn dir etwas stimmlich nicht so liegt, fällts viel weniger auf als beim Solo. Allerdings, für einen guten Chorklang ist es wichtig, dass verschiedene Stimmtypen vorhanden sind, dass also z.B sowohl leichte wie schwere Soprane im Register drin sind. Bei Profichören habe ich auch schon gesehen, dass sie ganz gezielt nach dramatisch, lyrisch oder Koloratur suchen, je nachdem was zum optimalen Klang halt als Ergänzung nötig ist.

Zudem, aber das ist nur meine ganz persönliche Meinung: was Klangfarbe anbelangt wäre ich für alles offen! ...und die Königin der Nacht mal tiefer und dunkler gesungen... würde ich mir z.B. zu gerne mal anhören.

Bis zu einem gewissen Punkt stimme ich mit dir überein. Zum Teil hängt es schon auch mit den etablierten Klangvorstellungen zusammen die man von einem Stück hat: Eine Bacharie von einem lyrisch-schweren oder dramatischen Sopran gesungen - häh :eek: :D - oder ein Koloratürchen als Brünnhilde :rofl: Aber eben nur zum Teil! Das andere sind die technischen Voraussetzungen, die bei solchen, na sagen wir mal ungewöhnlichen, Besetzungen :D nicht passen! Wir müssen einfach akzeptieren, dass sich nicht jede Stimme für jede Art von Literatur eignet. Das erspart uns neben peinlichen Momenten vor dem Publikum auch eine Menge Frust beim Versuch ungeignete Stücke auf ein aufführungswürdiges Niveau zu bringen.
 
Zum Thema Sprechstimme: Die Lage der Sprechstimme wird stark durch die Höheneinstellung des Kehlkopfes beeinflusst. Der Sprechatemdruck entspricht meistens dem normalen Ausatemdruck (es wird also nicht gestützt oder gepusht wie beim singen). Allerdings gilt wie beim Singen der Zusammenhang tiefer Kehlkopf = offene Glottis, hoher Kehlkopf = verengte Glottis. Bei gleichem Atemdruck erzeugt ein tiefer gehaltener Kehlkopf eine tiefere Frequenz, ein hoch gehaltener Kehlkopf eine höhere.

Deshalb ist es auch nicht untypisch, dass bei klassischen Sängern bzw. nach dem Training von klassischem Gesang die Sprechstimme etwas tiefer klingt, weil man sich daran gewöhnt, den Kehlkopf tiefer zu halten.

Aus diesem Grund lässt die subjektive Höhe der Sprechstimme auch nicht wirklich Rückschlüsse auf das Stimmfach zu. Was allerdings gewisse Rückschlüsse zulässt ist die sogenannte "speech inflection range" also der gesamte Range-Bereich, der beim Sprechen potentiell verwendet werden kann ohne den Atemdruck zu erhöhen oder eine für das Sprechen untypische Vokaltrakteinstellung zu verwenden (wie es beim "speech-level-singing" gemacht wird). Die speech-inflection range hängt im Wesentlichen von der Größe der Stimmlippen ab und liegt bei den "tieferen" Stimmfächern tendenziell tiefer, aber auch das ist nur einer von mehreren Faktoren, der beim Stimmfach eine Rolle spielt.

Frauen haben zudem in der Regel eine (im Vergleich zu Männern) recht große speech-inflection range (die durchaus 2 Oktaven betragen kann, bei Männern eher 1 - 1,5) und unterscheiden sich untereinander weniger stark als die Männer.
 
Wobei: "leicht" darfst du sagen, das ist die korrekte Bezeichnung für einen bestimmten Stimmtyp. Nicht aber "dünn" ;), weil eine "dünne Stimme" ist einfach das Synonym für eine unausgebildete Stimme! Das muss sich also im Laufe der Ausbildung geben! (Auch) leichte Stimmen sind, sofern sie gut ausgebildet sind, nie dünn :)

Ah oke, danke für die Richtigstellung :) Aber stimmt schon, dünn ist in diesem Zusammenhang die falsche Bezeichnung. Obwohl meine Stimme mit beginnender Höhe wirklich "dünn" wird, was aber wohl eher mit noch fehlender hinterer Weite zu tun hat, bzw. der richtigen Kombination aus Maske (Stimmsitz vorne) und hinterer Weite. Mir fehlts noch an Volumen und einem schönen, schwingenden Klang.

Nicht nur für die Oper! Sobald du ernsthaft solistisch auftrittst, musst du wissen wofür sich deine Stimme am besten eignet. Und dabei ist es relativ egal ob du eine ganze Rolle in einer Oper singst oder nur einzelne Opern- oder Konzertarien. Weil, die Zuhörer haben in der Regel wenig Lust, zuzuhören, wie sich eine schwere Stimme durch Koloraturen quält oder wie eine leichte Stimme meilenweit entfernt ist vom satten Legato einer schwereren.

Das stimmt natürlich. Wobei ich mich immer frage: gilt das für alle schwere Stimmen? Oder kann man das mit sehr guter Technik ausgleichen?

Hör dir mal dieses Beispiel an, wunderbare Koloraturen gesungen von Ewa Podles - und für mein Laienohr hört sich das sehr sauber und beweglich an...

http://www.youtube.com/watch?v=thZ5nwXyV78&list=PLAJFm9BBygavLVAZDN71pvBBZ3TGMonq6&index=28

Natürlich ist ein Unterschied DA - wenn ich z.B. die Stimme von Nuria Rial mit der von Ewa Podles vergleiche - dann aber vorwiegend auf Klang und Volumen der Stimme bezogen.

Was du übungshalber im GU und im stillen Kämmerlein treibst, ist dann natürlich wieder eine andere Sache. Ja, es ist sogar wichtig, dass auch schwere Stimmen Koloratur trainieren und leichte durch die Legatoschulung gehen.

Legatoschulung? Hast du da Beispiele? Legato mach ich viel zu Hause und was ich lustigerweise dabei gemerkt habe ist: umso sauberer das Legato, umso weniger Probleme mit dem Atem.

Eine Bacharie von einem lyrisch-schweren oder dramatischen Sopran gesungen - häh :eek: :D -

Wieso eigentlich nicht? :) Ich glaube ja, das es fast immer (!) auf die Umsetzung ankommt, sprich: was macht der Sänger (oder Dirigent) aus dem Stück. Wie interpretiere ich es und bin ich in der Lage, das Stück so "umzuformen", dass es zu mir und meiner Stimme passt. Wenn man das gut hinbekommt (als Dirigent und auch als Sänger), dann kann man meiner Meinung nach (fast) alles machen. Ob es dann dem Publikum gefällt, ist wiederum eine andere Frage, aber das bleibt und ist letztenendes sowieso immer eine Frage des eigenen, persönlichen Geschmackes.

Du hast die Noten - und mehr brauchst du meiner Meinung nach nicht. Allerdings, dass muss ich zugeben, stelle ich mir ein solches Vorhaben in der Oper schwieriger vor... einfach, weil da ein ganzes Stück mit dranhängt. Innerhalb eines Liederabends hast du mehr Spielraum und Möglichkeiten.

Wir müssen einfach akzeptieren, dass sich nicht jede Stimme für jede Art von Literatur eignet. Das erspart uns neben peinlichen Momenten vor dem Publikum auch eine Menge Frust beim Versuch ungeignete Stücke auf ein aufführungswürdiges Niveau zu bringen.

Eben, da bin ich mir (noch) nicht ganz sicher. Gut, du hast weitaus mehr Erfahrung als ich, von daher kannst du die Lage mit Sicherheit besser einschätzen. Ich singe seit gerade mal einem Jahr mittlerweile und ich bin auch stimmlich mit Sicherheit noch lange nicht da, wo du jetzt bist. Von daher: vielleicht sehe ich die Sache in drei oder vier Jahren auch anders... man entwickelt sich ja mit der Stimme und den Erfahrungen, die man innerhalb dessen macht, mit.

Aber so vom heutigen Standpunkt aus betrachtet denke ich das alles möglich ist, wenn man sich nur traut und vor allen Dingen, das Stück zu seinem (!) Stück macht. Wenn Koloraturen nicht so ganz liegen, dann eben etwas langsamer... oder eben so "umgeformt", dass es zu dir passt. Das Lied mag sich dann in seinem Wesen zwar etwas verändern, was aber per se nix schlechtes, sondern nur eine Frage des persönlichen Geschmackes ist, wie ich finde.

Ich hab grad neulich mit einem Berufsmusiker über ähnliches gesprochen und wir Beide wären uns fast in die Haare gekommen - und als ich dann auch noch mit Karl Richter gekommen bin, war es ganz aus :D Den Spruch "Nein, so darf man das nicht machen" habe ich sicher gefühlte 1000x von ihm gehört. Er ist gut, ein toller Violinist, aber... muss so etwas wirklich sein?

Sogar im GU ist es mir neulich passiert... ich arbeite grade an der Bach-Arie "mit gedämpften Stimmen", wunderbar und sie liegt mir, zumindest "vom Herzen", ich weiß genau, wo und wie ich ansetzen muss. Nicht wie bei Händel, wo ich die ganze Zeit das Gefühl hatte, in einen Abgrund zu stürzen. Mittlerweile hab ich ein bisschen mehr Technik, ergo auch mehr Sicherheit im Singen... und wenn DAS kommt, dann probierst du dich logisch auch aus... und verziehrst ein bisschen rum, oder lässt mal eine Atempause aus, weil du alles schön legato (bzw. mit dem Stück verbunden) singen willst. Jedenfalls hab ich am Ende einer Melodiephrase ein paar Noten "dazugesungen", weil ich Lust drauf hatte, plus habe ich in der Mitte des Stückes eine Atempause weggelassen..."das Geschrei" wird nur dann treffend gesungen (aber das ist nur mein persönlicher Geschmack, keine allgemeingültige Regel), wenn man es ohne Atempause singt, um dann, im "zweiten Geschrei" mit einem schönen Forte ansetzen zu können... jedenfalls, um es kurz zu machen: "nein, im Barock hat man das anders gemacht"... "du musst mehr phrasieren"... "artikuliere dort anders"... hier staccato, nicht legato... und meine ganze Mühe war dann... fast umsonst....:cool:

@broeschies: vielen Dank für deine Erklärung :) Das erklärt wahrscheinlich auch, weshalb mir meine Stimme seit einiger Zeit etwas tiefer vorkommt - also ein gutes Zeichen, wenn ich dich richtig verstanden habe :)
 
@broeschies: vielen Dank für deine Erklärung :) Das erklärt wahrscheinlich auch, weshalb mir meine Stimme seit einiger Zeit etwas tiefer vorkommt - also ein gutes Zeichen, wenn ich dich richtig verstanden habe :)
Ja, auf jeden Fall nichts ungewöhnliches. So ziemlich alle klassischen Sänger, die ich kenne, haben sich angewöhnt auch beim Sprechen etwas "runder" und tiefer zu sprechen. Dabei ist das "tiefer" aber oft auch nur tiefer von der Klangfarbe und nichtmal tatsächlich von der Tonhöhe, was passiert wenn sie gleichzeitig noch etwas abschlanken beim sprechen. Gerade klassische Tenöre scheinen mir oft mit Tilt zu sprechen, das hört sich dann teilweise recht witzig an ;)
 
Jedenfalls hab ich am Ende einer Melodiephrase ein paar Noten "dazugesungen", weil ich Lust drauf hatte, plus habe ich in der Mitte des Stückes eine Atempause weggelassen..."das Geschrei" wird nur dann treffend gesungen (aber das ist nur mein persönlicher Geschmack, keine allgemeingültige Regel), wenn man es ohne Atempause singt, um dann, im "zweiten Geschrei" mit einem schönen Forte ansetzen zu können... jedenfalls, um es kurz zu machen: "nein, im Barock hat man das anders gemacht"... "du musst mehr phrasieren"... "artikuliere dort anders"... hier staccato, nicht legato... und meine ganze Mühe war dann... fast umsonst....:cool:


Das klingt sympathisch und erinnert mich sehr an mich selber und meine "Diskussionen" mit klassischen LehrerInnen.
Tatsache ist, so wie du das machst ist es zwar kreativ, entspricht aber nicht dem klassischen Paradigma.

Es geht darum, das Stück möglichst so zu interpretieren, wie es der Komponist vorgesehen hat und damit auch so, wie es in dessen ZEIT interpretiert worden wäre.

Das war etwas, was ich persönlich einfach nicht einsehen wollte ;-))
Im Vergleich damit geht das "populäre Paradigma" ganz anders an die Stücke heran: Im Pop/Rock usw. steht die Künstlerpersönlichkeit im Mittelpunkt statt das authentische Stück. Innerhalb dieses Paradigmas darfst du nicht nur, sondern sollst sogar deine eigenen Verzierungen finden, selber kreativ sein und damit unverwechselbar werden. Am besten schreibst du gleich deine eigenen Stücke.

Besonders interessant war in diesem Zusammenhang ein Disput mit meiner klassischen Gesangslehrerin, die meinte, daß selbst meine eigenen selbstgeschriebenen Stücke doch eine festgeschriebene Form bräuchten, während ich die Ansicht vertrat, es könne doch gut bei jeder Probe und jedem Auftritt etwas anders sein. :))

Im Unterricht oder für sich alleine zum Spaß kann man auch mit klassischen Stücken im Prinzip natürlich machen, was man will. Aber wenn du professionell an die jeweiligen Stilistiken herangehen willst hat deine Lehrerin schon recht, wenn sie dich korrigiert und darauf aufmerksam macht, wie das Stück aus seiner Zeit heraus gesungen werden muss.

Ich sage das auch meinen Musicalschülerinnen, wenn sie anstreben, Profis zu werden: Im Musical gibt es zwar schon noch Spielräume, aber vergleichsweise wenig, denn die Stilistik muss sehr perfekt ausgeprägt werden. Wenn dies nicht der Fall ist hat man keine Chance, an einer Musicalakademie aufgenommen zu werden. Das ist fast ebenso streng wie in der Klassik. Wenn die SchülerInnen dagegen Pop/Rock singen ermutige ich sehr zur Improvisation und freien Interpretation.
 
Es geht darum, das Stück möglichst so zu interpretieren, wie es der Komponist vorgesehen hat und damit auch so, wie es in dessen ZEIT interpretiert worden wäre.

Soweit ich weiß, gibt es in der Klassik durchaus sehr viel Spielraum zu Interpretation.

Zwar nicht, was die Notenwerte angeht - die sind fix - aber, was die Vortragsangaben angeht. capriccioso (launisch) oder giocoso (lustig) beispielsweise sind ja durchaus eher vage Angaben.
 
Soweit ich weiß, gibt es in der Klassik durchaus sehr viel Spielraum zu Interpretation.

Zwar nicht, was die Notenwerte angeht - die sind fix - aber, was die Vortragsangaben angeht. capriccioso (launisch) oder giocoso (lustig) beispielsweise sind ja durchaus eher vage Angaben.


Das mag ja sein, weil "launisch" und "lustig" emotionale Angaben sind.
Was Notentexte angeht - und darum ging es im zitierten Beitrag - sind die Spielräume sehr gering bis unerwünscht.
Ebenso was die Stilistik des Stückes angeht (z.B. Barock).
 
Es geht darum, das Stück möglichst so zu interpretieren, wie es der Komponist vorgesehen hat und damit auch so, wie es in dessen ZEIT interpretiert worden wäre.

Hmmmm. Und wer genau hat da damals zugehört? Wo sind die Tonaufnahmen aus dieser Zeit? Woher nehmen die, die diese Paradigmen vertreten, das Recht, sie als allgemeingültig vorzuschreiben?

Ich stimme ja zu, dass es öde ist, ein piano zu singen, wo der Komponist ausdrücklich ein forte hingeschrieben hat. Genauso, wie man, wenn sich der Komponist schon die Mühe macht, Keile über Noten zu schreiben, auch kein Legato singen sollte. Aber wo nicht explizit dabei steht, wie es zu singen ist - warum in aller Welt sollten Klassiker nicht eigenständig interpretieren dürfen?!
 
Eigentlich dachte ich immer, dass genau das den qualitativen Unterschied macht zwischen eine guten und schlechten klassischen Aufführung: Wie der Dirigent oder der Solist mit den nicht so genauen Anweisungen umgeht. Es muss ja irgendeinen Grund geben, warum ein Lang Lang toll sein soll und andere Pianisten weniger gut. Würden alle exakt das gleiche spielen, gäbe es ja keine Unterschiede.
 
Hör dir mal dieses Beispiel an, wunderbare Koloraturen gesungen von Ewa Podles - und für mein Laienohr hört sich das sehr sauber und beweglich an

Die Koloraturen sind tatsächlich sehr schön: keine Regel ohne Ausnahme :)

Legatoschulung? Hast du da Beispiele?

Korrektes Legatosingen ist meiner Ansicht nach die Krönung des Gesangs (neben guten Koloraturen selbstverständlich ;)). Es braucht dazu: perfekte Beherrschung von sängerischer Atmung und Stütze (resp. eine sehr gute Körperanbindung), damit der Atem ganz dosiert, gleichmässig und kontrolliert fliessen kann; eine vollkommen entspannte, locker-tiefe Kehle, einen locker hängenden Unterkiefer und eine lockere Zunge (die kleinste Verspannung in diesem Bereich stört das Legatosingen sofort); und man muss lernen, die Konsonanten so zu singen, dass sie den "Gesangsfluss" möglichst wenig stören (zB. alle Konsonanten bei denen das prinzipiell möglich ist nur mit der Zunge/Zungenspitze bilden ohne Kieferbewegung). So kann man dann lange Linien mit gleichmässig schwingender Stimme singen, man kann die langen Haltetöne beliebig an- und abschwellen lassen, dass Vibrato ist immer gleichmässig ohne zu flackern, ohne Ab- oder Unterbrüche. Wenn einem so was das erste Mal gelingt, fährt es ein wie ein Blitz, ist ein ganz tolles Gefühl, alles total mühelos (obwohl der untere Bereich des Körpers natürlich schwer arbeitet :)), man hat das Gefühl, man kann die Töne frei schwingend endlos lange halten und alles fühlt sich sehr emotional an, ohne dass du erst grosse Emotionen in den Gesang legen musst (wobei, wenn du - bei Vorhandensein gewisser technische Grundlagen - mit echten Emotionen singst, ist das für ein gutes Legato sehr förderlich). Ich habe dann auch das Gefühl: "ich singe nicht sondern es singt mich" wie wenn ich ein Instrument wäre, auf dem jemand anders spielt, ist noch schwierig zu beschreiben, das muss dann glaub jeder für sich erspüren! Leider ist es (zumindest bei mir) nicht so, dass wenn man es "mal hatte", es sich automatisch immer einstellt. Bei mir ist auch wichtig, dass ich möglichst das Hirn ausschalte. Zuviel nachdenken hat sich bei mir als wunderbaren Legatokiller erwiesen :rolleyes:


Gut, du hast weitaus mehr Erfahrung als ich, von daher kannst du die Lage mit Sicherheit besser einschätzen.

In diesem Bereich leider v.a. schlechte Erfahrungen, mit für mich völlig unpassenden Stücken und daraus resultierendem Riesenfrust :mad:

plus habe ich in der Mitte des Stückes eine Atempause weggelassen..."das Geschrei" wird nur dann treffend gesungen (aber das ist nur mein persönlicher Geschmack, keine allgemeingültige Regel), wenn man es ohne Atempause singt, um dann, im "zweiten Geschrei" mit einem schönen Forte ansetzen zu können... jedenfalls, um es kurz zu machen: "nein, im Barock hat man das anders gemacht"

Wobei, manchmal ist es mit "atmen oder nicht atmen" ja auch so, dass es technische Gründe hat. Geht mir auch manchmal so, dass ich meine Atempausen beim ersten Erarbeiten eines Stückes anders setzen möchte, als es die GL dann empfiehlt. Habe dann das Gefühl wäre mir wohler auf meine Weise. Im Nachhinein muss ich aber sagen, hatte sie praktisch immer recht: mit ihren Vorschlägen wurde es im Endeffekt deutlich besser.

Es geht darum, das Stück möglichst so zu interpretieren, wie es der Komponist vorgesehen hat und damit auch so, wie es in dessen ZEIT interpretiert worden wäre. (...) Im Vergleich damit geht das "populäre Paradigma" ganz anders an die Stücke heran: (...) sollst sogar deine eigenen Verzierungen finden, selber kreativ sein

Wobei Shana, gerade im Barock hast du ja fast beliebig Möglichkeiten zu verzieren! Im Reprisenteil einer Barockarie sind der Phantasie des Sängers punkto eigene Verzierungen fast keine Grenzen gesetzt (sofern es immer noch zur instrumentalen Begleitung passt ;)). In der damaligen Zeit wurde von den Sängern erwartet, dass sie mit diesen Verzierungen ihre Virtuosität zeigten. Meine GL hat mir mal einen Auszug gezeigt, wo von einem damals berühmten Sänger der verzierte Teil einer Arie notiert war: die ursprüngliche Linie war auch mit dem besten Willen nicht mehr zu erkennen ;) Es wurde im Prinzip auch erwartet, dass der Sänger während des Konzertes spontan verzierte, ob das alle machten, weiss ich nicht. Heute jedenfalls werden sich wohl die meisten vorher überlegen, was sie singen werden (unser Sicherheitsbedürfnis ist ja recht gross). Ich jedenfalls plane und übe alles zum voraus ein, und verziere bei Barockarien generell nicht so gerne, mag es da eher schlicht (resp. hat da i.d.R. ja schon in der ursprünglichen Melodie genug Koloraturen) und finde, ich kann die Genialität des Komponisten eh nicht toppen ;)

Aber auch in den Stilen nach dem Barock gibt es immer mal wieder Möglichkeiten, was eigenes einzuflechten: z.B. bei Fermatentönen oder in Schlusskadenzen. Das ist etwas, dass dann auch ich sehr gerne mache. Man kann dabei, auch höhenmässig, so richtig die Sau rauslassen :rock:

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Ich stimme ja zu, dass es öde ist, ein piano zu singen, wo der Komponist ausdrücklich ein forte hingeschrieben hat.

Wobei du bei solchen Angaben nie so genau weisst, was wirklich vom Komponisten und was nur vom Herausgeber stammt! Und mir eine Dynamik oder sonst was von einem Verlag vorschreiben zu lassen, da pfeif ich jetzt grad mal drauf! :whistle:
 
Wobei du bei solchen Angaben nie so genau weisst, was wirklich vom Komponisten und was nur vom Herausgeber stammt! Und mir eine Dynamik oder sonst was von einem Verlag vorschreiben zu lassen, da pfeif ich jetzt grad mal drauf! :whistle:

Da gibt es so einen hübschen Verlag, der behauptet zumindest, er halte sich an den Urtext ;) Und, ich bin da a bisserl verwöhnt - ich habe einen Chorleiter, der das durchaus in den erhaltenen Manuskripten nachschaut. Also gehe ich bei den meisten meiner Noten davon aus, dass dort das steht, was der Komponist wollte.
 
Wobei Shana, gerade im Barock hast du ja fast beliebig Möglichkeiten zu verzieren!

Die Anweisung ad libitum gibt es ja auch nicht erst neuerdings. Auch wenn der Begriff Äd lib ausgesprochen natürlich voll contemporary klingt.:)
 
Da gibt es so einen hübschen Verlag

Welcher denn?

Muss zwar sagen, bei Solostücken interpretiere ich die Dynamikanweisungen so oder so recht frei ;) Und auch meine GL ist da zum Glück sehr tolerant. Meistens ergibt sich die Dynamik ja eh ganz von selber aus der Interpretation des Stückes und wenn die halt mal ein bisschen von dem abweicht was sich der Komponist damals gedacht hat, seis drum :D

Bei Chorwerken ist das natürlich was anderes. Wenn da jeder laut oder leise singt wie es ihm grad passt, wärs am Schluss nur noch ein grauer Einheitsbrei!

Auch wenn der Begriff Äd lib ausgesprochen natürlich voll contemporary klingt.:)

Neu-Latein sozusagen ;)
 

Carus, die Urtext-Ausgaben (bin mir nicht ganz sicher, ob sie andere auch haben, aber zumindest die Werke, die wir singen, sind alle Urtext). Der hat halt recht viele geistliche Sachen und weniger Opern(arien). Aber ich meine, Kunstlied sei auch dabei.

Und ich habe von Bärenreiter auch schon Ausgaben gesehen, auf denen "Urtext" stand. Bei letzterem weiß ich aber nicht mehr, welche Werke das waren.
 
Wobei Shana, gerade im Barock hast du ja fast beliebig Möglichkeiten zu verzieren! Im Reprisenteil einer Barockarie sind der Phantasie des Sängers punkto eigene Verzierungen fast keine Grenzen gesetzt (sofern es immer noch zur instrumentalen Begleitung passt ;)). In der damaligen Zeit wurde von den Sängern erwartet, dass sie mit diesen Verzierungen ihre Virtuosität zeigten.


Ach, das ist ja interessant.
Wobei es ja trotzdem auch im Barock darum geht stilechte Verzierungen zu singen. Das trifft aber im Grund auf jeden anderen Stil auch zu, wenn man nicht grad was ganz eigenes macht.
Ich habe vor einiger Zeit mal wieder ein wenig Querflötenunterricht genommen und mir dafür ein Heft mit Barockstücken zugelegt. Einige davon hab ich mir zunächst selbstständig erarbeitet und war dann sehr erstaunt, als ich im Unterricht lernte, daß viele Phrasen im Barock ganz anders betont sein sollen, als ich es gespielt habe. Entsprechend müssen auch die Atempausen anders gesetzt sein. Das ändert viel und solche Genauigkeiten machen dann eben den Stil auch aus.
 
Carus, die Urtext-Ausgaben (bin mir nicht ganz sicher, ob sie andere auch haben, aber zumindest die Werke, die wir singen, sind alle Urtext). Der hat halt recht viele geistliche Sachen und weniger Opern(arien). Aber ich meine, Kunstlied sei auch dabei.

Ah so. Ja, von Carus habe ich tatsächlich nur wenig. Habe grad mal geschaut: bei mir ist das meiste von Breitkopf oder Peters (damit auch diese Verlage noch genannt werden ;))

Wobei es ja trotzdem auch im Barock darum geht stilechte Verzierungen zu singen.

Ja klar. Teilweise wird man ja eben schon durch die Instrumentalbegleitung etwas geleitet. Und was generell das Gefühl für den Stil anbelangt: das kommt vermutlich mit der Zeit bis zu einem gewissen Punkt von selber. Wenn man viel Barockes singt, hört man in der Regel auch viel und kopiert dabei bewusst oder unbewusst Stilistisches. Dann ist es ev. auch nicht mehr nötig, zuerst die historische Aufführungspraxis bis ins letzte Detail auseinanderzubröseln. Und bezüglich Authentizität gibt es für mich ohnehin Grenzen, wo ich sage bis hier und nicht weiter. Ich möchte zum Beispiel nicht wie ein Knabensopran klingen, die sind mir einfach zu gerade. Oder wie ein Kastrat! Die sangen wohl zwar schon ganz fantastisch, aber trotzdem... ;)
 

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