Improvisieren beim Singen

  • Ersteller stonefree
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Beim einem Standard mit gleichbleibendem GerĂŒst kann es wie gesagt nicht nachvollziehen. Man braucht es doch nur oft genug hören.

Genau so ist es. Und der ganz ĂŒberwiegende Teil aller Jazzmusik funktioniert so. Mal entfernt man sich bei der Improvisation weiter weg vom GerĂŒst, mal weniger. Aber so gut wie IMMER ist es und bleibt es da, dieses GerĂŒst.
Ausnahme: Freejazz ...

LG - Thomas
 
Aber so gut wie IMMER ist es und bleibt es da, dieses GerĂŒst.

Ja - das ist mir schon klar. Aber umso uneinleuchtender ist mir das Problem des TE. Denn das wĂŒrde ja bedeuten, er hört Musik nicht als Ganzes, sondern jede Harmonie fĂŒr sich als EinzelstĂŒck.

BTW: ich habe ein Instrumental von Bye Bye Blackbird gefunden und spaßeshalber mal dazu Ornythology gezwischert. Das funktionert eigentlich ganz gut.

Ich bekomme daher gerade den Eindruck, dass die Trainerin mit dieser Aufgabe etwas Bestimmtes bezweckt:
Es ist ja streng genommen keine richtige Improvisation, wenn man als Hausaufgabe das Thema des einen Songs auf das Backing eines anderen singen soll. Kann vielleicht aber helfen, sich eben aus "Angst vorm nĂ€chsten Akkord" zu stark an der normalen Leadstimme zu hangeln und unterstĂŒtzt die FĂ€higkeit, diese Pfade zu verlassen. Möglicherweise ist diese Aufgabe sogar genau die Übung, die der TE eigentlich hier gesucht hat.
 
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BTW: ich habe ein Instrumental von Bye Bye Blackbird gefunden und spaßeshalber mal dazu Ornythology gezwischert. Das funktionert eigentlich ganz gut.

Das ist allerdings verwunderlich ... Bye Bye Blackbird hat ganz andere Harmonien als Ornithology=How high the moon ... ?
 
Da siehste mal. Das ist Jazz ;)

Letztendlich geht es bei der Übung/Aufgabe vermutlich nicht so sehr um Töne, sondern auch und besonders um Phrasierung. Gerade damit tun sich ja viele schwer.

Wenn ich Angst vor fiesen Tönen habe, kann ich mich zur Not auf einige wenige "sichere" beschrÀnken. Solange ich sie halbwegs lebendig phrasiere, kann ich die Improvistion noch recht variationsreich gestalten.
 
OK, das ist dann ein Zugang, den ich weder befĂŒrworten noch irgendwie nachvollziehen kann ... aber wennÂŽs hilft, soll mir das auch recht sein.

Damit bedanke ich mich fĂŒr die Unterhaltung und verabschiede mich von hier fĂŒr dieses Mal.

Thomas
 
OK, das ist dann ein Zugang, den ich weder befĂŒrworten noch irgendwie nachvollziehen kann ... aber wennÂŽs hilft, soll mir das auch recht sein.

Keine Ahnung. War ja nicht meine Idee, sondern gehört zur Problemstellung des Themas:

Meine Lehrerin wollte, dass ich die Ornithology-Phrasen ĂŒber ByebyeBlackbird singe... aber wenn ich kaum eine einfache Impro ĂŒber die Zwischendinger hinkriege. WER weiß Rat?
 
Ich frage mich, um was fĂŒr eine Art Improvisation es sich hier handelt. Jazz-Impriovision haben wir gurchgenommen - aber im Folk-bereich gibt's das auch.

Denn Improvisieren heißt doch einfach, etwas zu spielen oder zu singen, das nicht festgeschrieben ist. Und bei (zumindest irischen) Folk-TĂ€nzen ist nur die Melodie fest tradiert, bei liedern nur Text und Melodie. Jegliche Begleitung wird improvisiert.

Stimmt ein Geiger ein Reel an, den ich noch nicht kenne, muss ich auf dem Banjo dazu improvisieren. Dazu muss ich herausfinden, in welcher Tonart wir uns befinden (bei Geigern, meistens D- oder G-Dur oder E dorisch oder so), damit ich meinen potentiellen Akkordbedarf abschĂ€tzen kan, und dann geht's los. Ich muss mir vergegenwĂ€rtigen, welche Zupfmuster zu 8/8 passen und ĂŒberlegen, wie ich diese geschmackvoll verteile. Bleibt nur noch, die wenigen benötigten Akkorde aus der durch die Tonart schon begrenzten Auswahl zu greifen - und gucken, wo welche Akkordwechsel fallen. Und das ist bei mir und den meisten Folk-Musikern GefĂŒhlssache. Man registriert, wohin die Melodie geht und antizipiert was kommt. Ein anderer Banjoist oder Gitarrist wĂŒrde es vielleicht ein bisschen anders machen - hier ein Parallell-Moll statt Dur, dort ein Dominantseptim statt eines Dominanten. Beides wĂ€re richtig, bloß vielleicht nicht gleichzeitig.
Festpunkt bleibt die Geigenstimme. Wenn zwei Begleiter beteiligt sind, sollte man die feste Basis (schriftlich oder durch Absprache) um ein Akkordschema erweitern. Banjo und Gitarre, z.B. funktionieren rhythmisch ganz unterschiedlich und stören sich dann beim Improvisieren nicht gegenseitig.

Es gibt also einerseits die Improvisation um ein festes gerĂŒst (Jazz und Folk), aber es gibt auch die freie Improvisation. Wir denken an Bach, HĂ€ndel und Mozart, die "Wettspiele" machten, indem einer sich ein Thema ausdenkt und am Klavier vorspielt, woraufhin der andere es nachspielen und variieren muss, worauf der erste diese Variationen nachspielen und wiederum variieren muss. Auf niedererer Ebene mache ich das auch, wenn mein Enkel immer wieder etwas hören will und ich alle meine einstudierten StĂŒcke schon gespielt habe. Das begebe ich mich auf die Suche danach, was das Instrument (am liebsten Waldzither oder 5-saiteges Banjo) fĂŒr nette Melodien und Akkordfolgen versteckt hĂ€lt. Oft kommt was nettes dabei heraus - aber ich wĂŒrde es keinem zumuten, gleich mitzuspielen.

Ob frei oder mit GerĂŒst - einige Voraussetzungen muss man mitbringen. Man muss sein Instrument (auch die Stimme) blind beherrschen und wissen, wie jeder gedachte Ton zu erreichen ist. Man muss das Genre kennen; was "erlaubt" ist und was nicht, besonders in Bezug auf das eigene Instrument oder Stimme.
Denn das "nicht festgeschriebene" fĂ€ngt bei SĂ€ngern mit einfachen, oft genre-spezifischen techniken an. Die blanke Melodie steht in der Partitur - was kann ich daran Ă€ndern? Vielleicht Rubato? Im Jazz schweigt der SĂ€nger oft einen halben Takt lang, um dann den ganzen Text des Taktes in der 2. TakthĂ€lfte zu singen - ein Extermfall von Rubato. Ich mache das auch bei Folk-Songs, aber weniger ausgeprĂ€gt. Dann gibt es "blue notes" - nicht nur beim Jazz - also mikrotonale variationen auf das konventionell Notierte. Dann gibt's Portamenti - einen Ton zu tief ansetzen und auf die richtige Höhe rutschen. Oder lange Noten in eine kurze folge kĂŒrzerer Noten unterschiedlicher Tonhöhe zerlegen - wobei der darunterliegende Akkord fĂŒr die Wahl der Töne entscheidend ist. Aber den hört man ja gleichzeitig von der Begleitmusik.

Kurzum: sind die Melodie und der harmonische Verlauf bekannt, kann ein SĂ€nger mit sehr einfachen, rein Gesangstechnische Mittel nicht festgeschriebene Variationen improvisieren.
Weiter gehts - wenn man das gemeistert hat - mit improvisierten Änderungen im Verlauf der Melodie selbst. An vielen Stellen einer Melodie hĂ€tte der Komponist durchaus einen anderen Ton notieren können, ohne die harmonische Struktur zu verĂ€ndern. Finde diesen Ton und singe ihn!

Ich muss dazu sagen, dass die Improvisation eigentlich nur bei den ersten paar DurchgĂ€nge eines neuen StĂŒckes notwendig ist. Wenn man mir einem festen Ensemble spielt, geliert die Improvisation nach und nach zu einem Arrangement, das man sehr wohl aufschreiben und anderen zum Vorspielen geben könnte. Ab dann wird nur dann mproviiert, wenn die auf der BĂŒhne ein Geistesblitz erwischt. Manchmal geht's gut ...

Wenn ich's so recht bedenke, beruht zumindest mein Improvisieren nicht auf grauer Theorie oder Mathematik, sondern auf einen instinktiven Umgang mir meiner Stimme und meinen Instrumenten; auf viel Hörerfahrung in den Genres, die ich spiele; und auf das Auswendigkennen des StĂŒckes.

So gesehen brauche ich meinen Kopf nur, um meine Ohren auf stereotauglichen Abstand zu halten! Dein Kopf wird dich nie in die Lage versetzen, improvisieren zu können. Dein GefĂŒhl wird dir sagen, was du machen sollst, und wie - oder dich davor warnen, es gerade hier zu versuchen. Dein Kopf wird immer sagen: "Mach's nicht - du hast keine Ahnung, wie kompliziert es ist!"

Meine ganz persönlichen Ansichten - freue mich wenn's hilft!

Cheers,
Jed
--- BeitrÀge wurden zusammengefasst ---
Übrigens:
Bye, bye, Blackbird und Ornithology zusammengesungen klingt mir eher nach Quodlibet, als nach Improv - aber eine gute Übung ist es bestimmt!

Cheers,
Jed
 
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Genau so ist es. Und der ganz ĂŒberwiegende Teil aller Jazzmusik funktioniert so. Mal entfernt man sich bei der Improvisation weiter weg vom GerĂŒst, mal weniger. Aber so gut wie IMMER ist es und bleibt es da, dieses GerĂŒst.
Umso weniger verstehe ich das Problem des TE :nix:
 
antipasti
  • Gelöscht von antipasti
  • Grund: ĂŒberflĂŒssig
Ich auch nicht mehr....

Man kann alles auch ĂŒbertheoretisieren. Und es stimmt durchaus, daß Freiheit und Revolution zu den Urgedanken des Jazz gehören. Das heißt nicht, daß jede Dumpfbacke ohne Ahnung einfach irgendeinen Schmarrn machen und es dann als "Freiheit" deklarieren kann, aber das hat antipasti wohl auch nicht so gemeint. Dennoch, ich bezweifle oftmals den Sinn von diesen aufgeblĂ€hten, wissenschaftlichen Werken zum Thema - aber das gehört nur sehr bedingt hierher.

ZurĂŒck also zur TE:
Als SĂ€nger bleiben dir "nur!!" die Ohren.
Nein. Ich kann es zwar nicht genau beziffern, aber ich singe mittlerweile mehr nach KörpergefĂŒhl denn nach Gehör. Und die Töne stimmen :). Nur nach Gehör zu gehen, ist zu langsam und fehleranfĂ€llig.

Davon abgesehen flicke ich noch ein Zitat von Miles Davis/Thelonius Monk/Art Tatum/Bill Evans ein: "There are no wrong notes" :D
 
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aber ich singe mittlerweile mehr nach KörpergefĂŒhl denn nach Gehör.

Muss auch. Wer sich wirklich nur auf seine Ohren verlĂ€sst, hat noch nie mit einer lĂ€rmigen Band in einem Rockschuppen ohne Monitor singen mĂŒssen. Und das ist ja nun so selten nicht. Ich habe mich eigentlich (zumindest live) noch nie auf die Ohren verlassen können. Das war die Ausnahme. Ich habe irgendwann sogar absichtlich den Monitor runterfahren lassen, weil ich diese direkte Beschallung mit meiner Stimme verwirrend fand.

aber das hat antipasti wohl auch nicht so gemeint.

Nein. Ganz gewiss nicht. Aber ich bin auf den Widerspruch nicht allzu tief eingegangen, weil ich nicht wollte, dass das Thema zu einem akademische Schw...vergleich ausartet. Da hÀtte ich wahrscheinlich auch verloren. ;)
 
WĂ€re vielleicht ganz hilfreich, wenn sich der threadersteller mal wieder melden wĂŒrde, um genauer zu beschreiben, auf was er eigentlich hinauswill und wo das Problem ist.

Kommt mir im Moment so vor, als wĂŒrden sich 6 Ärzte ĂŒber einen Patienten beugen, der nicht da ist, um eine Diagnose zu erstellen.
 
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Nochmal off topic reingegrÀtscht:

Ich vergleiche Jazz ja immer mit Schach.
Wenn man noch nie damit zu tun hatte, denkt man vielleicht, dass da jeden Augenblick unheimlich komplexe Situationen evaluiert und individuell bewÀltigt werden.
Dabei folgt vieles schon abgespeicherten Mustern und Situationen. (Was natĂŒrlich nicht weniger anspruchsvoll ist, nur eben anders, als sich das viele vorstellen.)
 
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Grundlagen der Improvisation sind fĂŒr mich auf alle FĂ€lle mal, die Akkordfolge und den Ablauf zu kennen, sich mental "reinfĂŒhlen" und dann - ohne großes Nachdenken - den Tönen einfach ihren freien Lauf lassen zu können... Voraussetzung fĂŒr letzteres: Selbstbewusstsein! - Es gibt so viele SĂ€nger, die sich gar nicht wirklich trauen, einfach frei raus zu singen. Aus Angst, das Improvisierte könnte missfallen.
Das ist aber der falsche Weg... viel eher sollte man sich Mut zusprechen und sich nicht verrĂŒckt machen, wenn mal etwas nicht so ganz klappt, wie man es möchte. Versuch doch mal eine Jamsession in deiner NĂ€he zu besuchen :) - und ja, man kann auch als SĂ€nger jamen ;) - hier kannst du lernen, mit dem GefĂŒhl der Improvisation umzugehen ohne Angst vor böser Kritik haben zu mĂŒssen.
Hoffe, ich konnte dir wenigstens etwas helfen?

Rock on! :m_git1::heartbeat:
 

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