Etwas Historie zum Thema PickUps:
Der eigentliche Grund für die Erfindung der elektrischen Gitarre war, dass akustische Gitarren (und Hawaii-Gitarren) im Vergleich zu z.B. einer Trompete zu leise waren und der Gitarrist in einer 30-köpfigen Big-Band keine Chance hatte. So wurden die elektrischen Gitarren und Bässe begeistert aufgenommen. Der Sound war zunächst mal sekundär. Eine Brett-Gitarre (Solid Body) klang sowieso nicht wie eine akustische Gitarre aber man konnte die gleiche Spieltechnik anwenden und vor allem konnte man mit einem kleinen 10-15 Watt Verstärker mühelos einen Trompeter oder Saxofonisten übertönen.
PickUps wurden mit der Hand gewickelt und es waren viele Experimente notwendig, um die technischen Probleme in den Griff zu bekommen. Zu Beginn der 60er Jahre waren vor allem die E-Gitarren der Firmen Rickenbacker, Gibson und Fender (aber auch die deutschen Firmen Framus und Höfner) so weit entwickelt, dass eine Band die Idee hatte völlig auf Trompeten und Saxophone zu verzichten und die Beatles lösten damit und weil sie das Konzept der reinen Gitarrenband genial umsetzten, eine Revolution aus.
Aber das brachte wieder neue technische Probleme. Die Verstärker hatten zwar inzwischen 30 bis 50 Watt und damit konnte man nicht nur um eine Trompete sondern eine ganze Big-Band übertönen, aber wenn tausende kreischender Teens übertönt werden mussten, war man selbst mit 100 Watt chancenlos. Aber dieses Kämpfen an der Grenze mit voll aufgedrehtem Amp brachte bei einigen Gitarristen die Erkenntnis, dass ein von einer E-Gitarre übersteuerter Verstärker interessant klang und was zuerst eine Not war, wurde schnell eine Tugend und der verzerrte E-Gitarren Sound war geboren.
Die Lautstärkeprobleme löste man zuerst durch Koppelung mehrerer Gitarrenverstärker (z.B. Jimi Hendrix) und später durch kräftige PA-Anlagen in Transistor-Technik.
Durch die Übersteuerung der Gitarrenverstärker ergaben sich aber neue Probleme. Bis dahin wurden PickUps immer noch weitgehend mit der Hand gewickelt, was dazu führte, dass jeder PickUp andere Daten hatte. Zwar wusste man inzwischen, welche Wicklungszahl optimal war, aber je nach Verarbeitung waren die Drähte mal lockerer, mal fester. Ein fest gewickelter PickUp hatte aber andere Eigenschaften im Grenzbereich. War irgend etwas locker, dnn begann der PickUp ab einer gewissen Lautstärke hässlich zu pfeifen. Das machte es nötig, für einen bestimmten Sound viele Gitarren miteinander zu vergleichen und eine auszuwählen, die eben kein ungewünschtes Feedback produzierte. Oder wenn man eine Gitarre mit pfeifenden PickUps erwischt hatte, diese auszutauschen. Dieser Austausch war aber auch nicht so einfach, weil man ja schlecht im Musikladen mal 20 Pickups mitnehmen konnte um einen guten auszuwählen und den Schrott zurück zu bringen.
Da die Gitarristen in den 70er Jahren immer höhere Ansprüche stellten und immer höhere Verzerrungen haben wollten, ging man dem Problem auf den Grund und fand eben heraus, dass lose Magnete oder lockere Wicklungen die Ursache für das Pfeifen waren. Die Industrie reagierte, indem der Wickeldraht durch heißes Wachs gezogen wurde was die Feedbackempfindlichkeit erheblich reduzierte. Gitarristen, die pfeifende PickUps hatten, bauten diese aus und kochten sie in flüssigem Wachs, was manchmal funktionierte öfters aber zu schweren Unfällen oder zur Zerstörung des PickUps führte. Die PickUp-Firma DiMarzio leistete viel Pionierarbeit und bot dann kommerziell Austauschpickups an, die nicht nur höhere Verzerrung erlaubten sondern auch höheren Output. Andere Firmen folgten.
Aber die Verzerrhysterie ging weiter. Und irgendwann irgendwie kriegte man auch einen DiMarzio zum pfeifen. Letztlich war es ein Tanz auf dem Drahtseil. Wurden die PickUps besser, dann konnte man Amps bauen, die noch stärker verzerrten (z.B. Mesa Boogie) und wenn das dann zum Pfeifen führte, dann brauchte man eben noch bessere PickUps.
Dieser Kampf fand aber in der oberen Preisliga statt und in den 80er Jahren erwartete man von einer Billiggitarre nicht wirklich, dass sie alles mitmachte, was z.B. Eddie van Halen vorexerzierte. Da aber dort wo Nachfrage ist, versucht wird, den Kunden zu befriedigen, war es nur logisch, dass auch die Hersteller von Einsteigergitarren überlegten, ob es nicht preiswerte Methoden gibt, hohe Verzerrungen bei verhältnismäßig preiswerten Gitarren zu ermöglichen. Die Patente für GitarrenpickUps (z.B. Gibson PAF) sind längst abgelaufen, und es macht einem chinesischen oder koreanischen Hersteller wenig Mühe, einen Seymour Duncan PickUp zu kaufen, zu zerlegen und heraus zu finden warum er gut ist. Ich behaupte damit nicht, dass ein PickUp in einer Billiggitarre so gut ist wie ein Seymour Duncan, aber es ist schon so, das westliche Gitarreneinkäufer (wie z.B. auch wir) wenn wir in China neue Einsteigergitarren testen, diese an einen Mesa Boogie hängen und der Mitarbeiter des chinesischen Herstellers vielleicht denkt, dass die Europäer nicht alle Tassen im Schrank haben. Jedenfalls hören die genau zu, was wir kritisieren und stellen genau fest was und vor allem warum wir was kaufen. Und im nächsten Jahr gibt es wieder neue Modelle.
Natürlich schlafen auch die erfolgreichen Hersteller von Top-PickUps nicht. Zum einen lizenzieren sie ihr Know How, zum anderen forschen sie weiter. Aber der Unterschied wurde geringer und wird weiter geringer werden.
Fazit: Die Frage, ob ein Einsteiger bei seiner Einsteigergitarre die PickUps wechseln sollte ist völlig subjektiv und hängt vom Einzelfall ab. In der Regel (wenn er nicht gerade eine Gitarre mit miesen PickUps) erwischt hat, würden wir eher davon abraten, weil wirklich gute PickUps mehr kosten können als eine Einsteigergitarre, sich dieses Geld aber später bei einem eventuell anstehenden Gebrauchtverkauf kaum wieder erzielen lässt. Wenn die PickUps pfeifen, dann besteht vielleicht tatsächlich die Notwendigkeit, aber auch das lässt sich vielleicht sinnvoller durch eine bessere Gitarre lösen. Wichtig ist jedenfalls, dass man weiß, dass nicht nur die PickUps den Sound einer guten E-Gitarre ausmachen, sondern auch das Holz und die Gesamtkonzeption... wie z.B. auch aus einem Opel Astra kein Porsche wird, nur wenn man 285er Reifen montiert.