dito LBB
hier noch ein text der dein bassist mal lesen sollte, hat mich jedenfalls an anfang meiner musikerlaufbahn doch auf ein paar entscheidene grundideen gebracht:
Bass-Special - Tanztee im Seniorenheim
Einen guten Basser erkennt man daran, daß man merkt, wenn er nicht spielt...
Spielt mehr Baß! Nicht, daß sich jetzt Tausende aufmachen, die Tieftöner-Abteilungen der örtlichen Musikalienhändler zu plündern: Die Betonung liegt auf spielen. S-P-I-E-L-E-N! Denn obwohl der Baß seit jeher ein klassisches Begleitinstrument ist, läßt sich aus dem Stück Holz mit dem langen Hals und den vier Saiten wesentlich mehr rausholen, als manche für möglich halten, geschweige denn tun oder überhaupt nur versuchen.
Wenn man sich mal anhört, was für eine Grütze sich ein großer Teil der Bassisten im Hardrock- und Heavy Metal-Bereich zusammenspielt, könnte man meinen, sie versuchten ihren Status als Statisten und Typen, die immer mit Musikern rumhängen (Danke, Nicko McBrain; ausgerechnet ein Schlagzeuger muß aus dem Glashaus mit Steinen werfen!) zu untermauern. Die einen spielen sich wunde Finger im Bestreben, der Gitarre auf Schritt und Tritt zu folgen und dabei jedes Tempo mitzugehen. Das mag sie selbst mit innerer Zufriedenheit ob ihrer flinken Finger erfüllen; dem Hörer ringt diese Technik, sofern er sie überhaupt wahrnimmt, gerade mal ein müdes Gähnen ab (und Drummer werden zu potentiellen Mördern... - Red.).
Die anderen bevorzugen den Auf-Nummer-Sicher-Valium-Stil: Grundton auf Bassdrum, das paßt immer. Klar paßt das - und zwar zum Tanztee im Seniorenheim. Da holt ja so mancher Alleinunterhalter mehr Groove aus seinem Tastenkasten raus! Und dann wundern sich die Kollegen noch, daß sie auf der Straße nicht erkannt werden, man sie nicht zum Interview bittet und ihr Autogramm in etwa so begehrt ist wie das des Bundesfinanzministers!
Wer auf Anhieb weiß, in welchen Bands Rob McKillop, Steve Dawson und John Tetley gespielt haben, darf sich das Tiefe E in Moll ins Ohr blasen und sich Fachmann nennen lassen. Für alle anderen gilt: Siehste?! Und ist es nicht so, daß man beim Ausfüllen der Sparte Bester Bassist" im Jahrespoll immer erst auf dem Cover nachlesen muß, wie der denn jetzt noch mal heißt, der eine, du weißt schon. Na?! Eben!
Doch genug der Lästerei. Es gibt schließlich auch welche, die durch ihr Spiel, wenn sie auch nicht zu Ruhm und Ehre gelangt sind, sich doch zumindest Respekt als Musiker verschafft haben. Und denen wollen wir uns jetzt zuwenden. Schließlich handelt es sich hier ja um eine Rubrik für den Baß - und nicht dagegen.
Bevor wir jetzt anfangen, uns gegenseitig die Namen unserer Lieblingsbassisten an den Kopf zu werfen, müssen wir uns natürlich erst mal auf die Kriterien einigen, nach denen bewertet werden soll, wer nun gut ist und wer nicht. Streit scheint vorprogrammiert: Schließlich ist doch der persönliche Geschmack meist der ausschlaggebende Faktor für ein - wie auch immer geartetes - Urteil. Da ich aber nicht streiten will, lege ich jetzt fest: Einen guten Basser erkennt man daran, daß man merkt, wenn er nicht spielt. Da muß ein richtiges Loch entstehen. Der Kopf, eben noch wild kreisend, hält inne, das Tanzbein steht still. Wo gerade noch Musik war, herrscht plötzlich eine unangenehme Leere, nur durchbrochen von einsam jammernden Gitarren und einem hilflos vor sich hin polternden Schlagzeug. Und dann kommt der Baß, und alles ist wieder gut. Das soll jetzt weder die Leistungen der eben angesprochenen Instrumente am Gesamtwerk schmälern, noch soll das heißen, daß jeder Bassist, dem mal eben der Verstärker abraucht, automatisch ein Guter ist, weil man ihn nicht mehr hört. Aber der Baß fungiert nun mal als Bindeglied zwischen Gitarre und Schlagzeug, zwischen Melodie und Harmonie auf der einen und Rhythmus und Takt auf der anderen Seite.
Auf dieser Grundlage können wir uns nun endlich ein paar positiven Beispielen widmen. Der unvergessene Cliff Burton hat Anfang der 80er alle Kollegen der gerade aufkeimenden Speed- und Thrash Metal-Szene alt aussehen lassen. Während die anderen ihre Plektren reihenweise an den Saiten zersägten (oder war´s umgekehrt?), weil ihre Finger das hohe Tempo nicht mitgegangen wären, hat sich Cliff der Zupftechnik bedient. Mittels des dadurch erzeugten wärmeren und volleren Klangs hatte er immer die nötige Präsenz, die vor allem dann erforderlich ist, wenn man es mit zwei Gitarren zu tun hat. Außerdem war Cliff Burton ein Meister des Weglassens. Gerade wenn es mal schnell wird, macht der Baß meist mehr Druck, wenn er statt der geforderten Sechzehntel einfach die Achtel oder gar Viertel betont. Weniger ist eben manchmal mehr.
Mit diesem Satz braucht man Steve Harris freilich nicht zu kommen. Er ist der klassische Vielspieler, und ich wüßte gerne, wie viele Nachwuchsbassisten sich beim Versuch, ihn zu kopieren, schon die Finger verknotet haben. Sein Markenzeichen ist dieser typisch metallische Klackersound, der manchmal ein wenig nervt. Aber anders wären die eine Million Anschläge pro Sekunde natürlich nicht zu hören. Darüber hinaus gibt´s noch ein paar Namen, die Erwähnung verdienen: Was wären denn King´s X ohne Doug Pinnick, Primus ohne Les Claypool, Motörhead ohne Lemmy? Letzterer gehört sicher nicht zu den Filigrantechnikern. Das ist aber auch egal. Tatsache ist doch, daß er, wie die eben genannten, durch seinen eigenen Stil den seiner Band entscheidend mitgeprägt hat und deshalb auch zu Recht ein begehrtes Opfer der Autogrammjäger ist. Gäbe es doch bloß mehr Lemmys - die Musikwelt könnte so schön sein.
Nun gibt es bei der ganzen Geschichte um Techniken und Stilarten allerdings einen Faktor, der bisher noch nicht beleuchtet wurde: der Sound. Der Klang ist immerhin jenes Element, das sich dem Hörer als erstes aufdrängt, nicht die Spielweise. Zumindest hört man bei Konzerten vom Nebenmann im Publikum eher einen begeisterten Ausruf ob des geilen Baß-Sounds als etwa die Bemerkung Gute Anschlagdynamik! oder Korrekte Fingerhaltung!. Der Sound ist, so er denn gut ist, das, was man fühlt: das Kribbeln und der Druck in der Magengegend, wahlweise auch in etwas tiefer gelegenen Körperregionen. Und er fungiert natürlich als Transporter für den jeweiligen Stil.
Stellen wir uns doch nur mal vor, was passieren würde, wenn beispielsweise Steve Harris und Mister Kilmister, durch welchen Umstand auch immer, dazu gezwungen wären, ihr gesamtes Equipment für einen Gig miteinander zu tauschen: Das wäre ein Spaß! Lemmy schnallt sich den Fender-Jazzbaß um, schraddelt los, und nix passiert - außer vielleicht, daß ihm von dem Überangebot an Hochfrequenzen plötzlich die Warzen weggeschreddert werden. Dann wär´s aber nicht mehr der Lemmy, den wir alle so lieben - und das wäre schade.
Und Sir Harris? Abgesehen davon, daß der Rickenbacker für die legendäre Maschinengewehrpose zu unhandlich ist, erschrickt er mächtig über das Inferno, das sich seiner Ohren bemächtigt: Jeder einzeln angeschlagene Ton - und wir wissen bereits, daß das viele sind - kommt dank der Mitten und Bässe plötzlich schön verzerrt als vollständiger Akkord daher. Das kann es ja auch nicht sein.
Wir sehen also: Je nach Stil und Gesamtsound einer Band muß die richtige technische Ausrüstung angeschafft werden. Vom Instrument über die Verstärker und die entsprechenden Boxen bis hin zu eventuellen Effektgeräten muß alles zusammenpassen, sonst klingt´s nicht.
Wie sagte doch schon Cronos von Venom in einem Interview: Es gibt eine Menge Bassisten, die besser spielen als ich. Aber gib einem von ihnen meine Anlage, und er wird versagen!
Deshalb gibt es auch nicht die Baßanlage schlechthin. Der eine schwört auf Trace Elliot, der nächste lobt Ampeg und so weiter. Diese Technikschiene ist generell äußerst langweilig, deshalb gehen wir auch nicht weiter darauf ein. Wer Interesse daran hat, soll selber rumprobieren oder sich einschlägige Fachliteratur zulegen. Aber bitte über dem Wälzen von Katalogen und dem Auswendiglernen von technischen Daten (sowas gibt´s tatsächlich, da wird dann unter Kollegen oder auch Konkurrenten mit Ohm-, Watt- und Frequenzwerten geprotzt) eines nicht vergessen: das SPIELEN!
P.S.: Zum Abschluß will ich noch eben das indirekt gestellte Namensrätsel auflösen. Also - Rob McKillop: Exodus, Steve Dawson: Saxon (da hätte man noch drauf kommen können) und John Tetley (das war schwer!): Jag Panzer. Wer es so gewußt hat: prima! Wer sich im Lexikon oder an der heimischen Plattensammlung die Finger wund geblättert hat: sorry! Und wen es überhaupt nicht interessiert: auch gut! Sind ja eh nur ein paar drittklassige Bassisten, die... - aber ich will nicht wieder von vorne anfangen...
Andreas Herz