Yamaha P120

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Im Zuge der Neugestaltung des Reviewbereiches im Musiker-Board wurde der Digitalpiano-Review-Thread aufgelöst, in sein Einzelteile zerlegt und die einzelnen Reviews in das neugeschaffene Review-Sub verschoben.

McCoy (Moderator Klavier),
August 2013

Nachdem wir in diesem Thread --> https://www.musiker-board.de/vb/showthread.php?t=102048&page=3 die Idee dazu hatten, möchte ich zur Tat schreiten und einen Thread aufmachen, in dem jeder nach Belieben Digitalpianos bewerten kann. Der Zweck soll sein, daß wir langfristig eine kleine Bibliothek mit Bewertungen haben, in die jeder Neuling, der ein DP sucht, reinschauen kann und umfangreiche Informationen kriegt. Jede Bewertung sollte in etwa die hier beschriebene Form aufweisen: https://www.musiker-board.de/vb/showpost.php?p=1192778&postcount=41 So, dann will ich mal den Anfang machen.


Über meine Person:
Spiele seit 9 Jahren klassisches Klavier, vor 4 Jahren ist noch Jazzpiano dazugekommen. Mit Klassik und Jazz verbinde ich nicht nur als Pianist viel, sondern auch als Zuhörer, will heißen, ich höre auch so sehr viel Jazz und Klassik - von CDs oder auf Konzerten - und mache auch gerne mal Ausflüge Richtung Fusion, Funk, Blues, Acid Jazz. Seit Sommer 04 spiele ich Piano in einer Jazzrock-Band.
An Digitalpianos stelle ich daher vor allem die Anforderungen, daß sie jazztauglich und klanglich realistisch sind, sie müssen mir in erster Linie einem warmen, vollen und präsentem Klavierklang, daneben aber auch authentische E-Piano-Klänge liefern, allen voran Fender Rhodes, auch Clavinet D6 und Wurlitzer A200. Da ich momentan keinen Zugang zu einem Klavier habe, bin ich noch gezwungen, auf dem DP mein klassisches Zeug zu üben, sollte ich bald einen solchen aber finden, werden sie zuhause höchstens noch als nächtliches Übeinstrument (wenn man mal nachts um 2 wieder gemerkt hat, daß man die Woche viel zu wenig geübt hat ;)) herhalten müssen.

Jetzt zu den Bewertungen.

1) Yamaha P120 (um 1200 €, Mittelklasse)

Klang:
a) akustischer Pianoklang: befriedigend
Der Pianoklang (GP1) kommt auf dem P120 etwas harsch und agressiv daher. Punchig, wie er ist, eignet er sich wohl am ehesten für Rocksachen. Ist nicht ganz mein Fall, wenngleich ich finde, dass er von Yamaha recht ordentlich und hochauflösend gesamplet wurde.
Ein schwerwiegender Fehler ist die Umsetzung der Dynamik, so wird für p und pp dasselbe Sample wie für mf verwendet, was bedeutet, dass leise Passagen auf dem P120 dünn und fad klingen. Ein normales Klavier wird bei zärterem Anschlag leiser und dumpfer, das P120 wird *nur* Dumpfer. Mithilfe eines Soft-Pedals lässt sich da ein wenig nachhelfen, wenn auch nicht ganz Abhilfe schaffen.
Das ist der einzige echte Mangel, der Rest ist einfach Geschmackssache. Entweder man steht auf den Klang oder nicht.

b) Vintage-Sounds: befriedigend
Insgesamt ganz in Ordnung, nicht mehr und nicht wieder. Mit Soft-Pedal kommt das Rhodes recht ordentlich herüber (ohne hat es zu viel Attack), wenngleich es nicht hundertprozentig authentisch ist und unter derselben eingeschränkten Dynamik wie der Klavierklang leidet. Das Clavinet ist eine positive Ausnahme und klingt sehr funkig. Das Wurlitzer ist hingegen unbrauchbar. Die DX7-Sounds würde ich als OK beschreiben, ich bin da allerdings nicht so der Kenner. Die Jazzorgel klingt eierig - der Grundsound ist gut, der Leslie-Effekt allerdings furchtbar. Da ich aber eh nicht auf einem SP orgle…

c) Synth-Sounds: nicht vorhanden

d) Sonstige Sounds: gut
Hier zeigt Yamaha, was es kann. Die restlichen Naturklänge sind hochauflösend und liebevoll gesamplet. Die Pfeifenorgel ist relativ fett (wenngleich mir die "tutti"-Variation noch ein Stückchen bombastischer sein könnte). Der Cembalo-Klang ist sogar so gut, dass ich Yamaha raten würde, das P120 lieber "Electronic Harpsichord" als "Electronic Piano" zu nennen! ;) Die Gitarre klingt auch hübsch - aber mal ehrlich: wer spielt auf einem DP Gitarre? Vibraphon hingegen etwas spitz und mir nicht dunkel genug. Die Bässe sind zum Splitten für zwischendurch brauchbar.

Tastatur: gut
Lange hab ich überlegt, ob ich ein "gut" oder ein "befriedigend" verteile, dann aber doch gemäß "in dubio pro reo" gehandelt, da die Tastatur verglichen mit der Konkurrenz doch eigentlich eher die positive Ausnahme darstellt.:)
Zunächst einmal ist sie relativ schwer - und da sie wie alle Mittelklasse-DPs keine freischwingende Hämmer, ist virtuoses Werk auf ihr eigentlich unmöglich. Sie bremst die Geschwindigkeit der Finger schon sehr herunter, auch das Swingen im Jazz fällt schwer und durch den fehlenden "Druckpunkt" sind pianissimo-Passagen nicht ganz ohne.
Dennoch kann man sich daran gewöhnen und alles in allem fühlt sie sich doch recht "klavierig" an, was man von anderen Tastaturen dieser Preisklasse nicht selbstverständlich behaupten kann. Die Tasten sind solide, stabil und wackeln nicht - und ehrlich gesagt fühle ich mich auf ihnen wohler als auf so mancher Wackelpudding-Leiste.
Die Abstimmung von Klang und Tastatur ist in Ordnung, wenngleich da dieses lästige Dynamik-Problem ist, was ich allerdings eher dem "Klang" anlasten würde.

Technisches:
a) Effekte: befriedigend
Die Effektpalette ist nicht gerade groß, was aber konzeptionell bedingt ist, da das P120 eher ein Stagepiano der schlichten Sorte ohne viele Spielereien ist. Die Einstellmöglichkeiten sind dementsprechend begrenzt. Chorus und Phaser sind sehr schön und brauchbar, gerade in Verbindung mit dem Rhodes. Das Delay weiß ich nicht so recht zu beurteilen, das Tremolo ist hingegen schäbig und unbrauchbar. Die Halleffekte sind allesamt gut.
b) Soundschrauberei: nicht möglich
c) Bedienung: gut
Komfortabel, einfach und idiotensicher. Manche Parameter, bei denen man erst in der "Function"-Bibliothek herumwühlen muß, würde ich gern etwas schneller bearbeiten können, und es gibt keine speicherbaren Setups. Die sind bei einem vom Funktionsumfang eher schlichten Gerät allerdings auch nicht lebenswichtig.
d) MIDI-Kapazitäten: kenn ich mich nicht mit aus…
e) Sonstiges: keine Wertung
Ein 2-Spur-Sequenzer mit 3 Speicherplätzen ist vorhanden, das wars dann aber auch. Für zuhause zum Stückekomponieren oder eingespeicherte Basslinien zwecks Jazz-Improvisation ganz nützlich.

Sonstiges:
- Das Gewicht hält sich mit 18 kg in Grenzen. Das Piano ist ohne weiteres mühelos transportabel.
- Die eingebauten Speaker sind eher mickrig.
- Jeder kann sagen, was er will - ich finde die Optik nach wie vor edel (sowohl in der hellen als auch in der Mahagoni-Version) und eine gelungene Abwechslung zum ewigen Bühnen-Metallic.

Fazit:
a) Bühnentauglichkeit - befriedigend
Das Piano ist über PA-Speaker oder Amps sehr knallig. Die Dynamik macht zumindest bei lauterer Musik nicht so viel aus. Das Rhodes klingt über PA oder Amp hingegen recht fett, genauso das Clav. Das P120 leistet für mich auf der Bühne brauchbare Dienste, wenngleich es kein Authentik-Wunder ist.
b) Wohnzimmertauglichkeit: befriedigend
Fürs private Üben und solistischen Betrieb stößt der Dynamik-Fehler übel auf. Zum rein technischen Üben geht es - für klanglichen Kunst-Genuß in den eigenen 4 Wänden eher weniger geeignet.
c) Preis-Leistungs-Verhältnis: befriedigend
Der Standardpreis für Mittelklasse DPs. Für mein persönliches Empfinden kriegt man zu wenig für den Preis, da aber die Tastatur recht hochwertig ist, halte ich ihn für gerechtfertigt.
d) Gesamtwertung: befriedigend (+)
 
Eigenschaft
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Irgendwie kann ich hier meine Beiträge nicht editieren. Naja, ein Update zu der Vintage-Sektion des P120 hätte ich noch anzubieten. Meinungen ändern sich bekanntlich. ;)

Vintage-Sounds: gut bis ausreichend
Rhodes: Der Rhodes-Klang ist recht gelungen. Von Natur aus ist er eher glockig und spitz, läßt sich aber per Soft-Pedal oder EQ zu einem fetten, funkigen Vintage-Rhodes umbauen. In der Preisklasse gefällt mir der Rhodes-Klang des P120 nach wie vor am besten (höchstens Kawai MP4 und Kurzweil PC1X können vielleicht mithalten), auch wenn er wahrlich keinen Vergleich zum Nord Electro oder Promega darstellt. Negativ fällt mir allerdings zum einen die beschränkte Dynamik- ein echtes Rhodes klingt bei zartem Anschlag noch dumpfer - und zum anderen eine leichte "Knatschigkeit" des Sounds in den mittleren Lagen auf. Ansatzweise läßt sich auch das Schmatzen der Dämpfer raushören, besonders im Bassbereich, obwohl das mE ruhig noch deutlicher sein könnte.
Wurlitzer: Nicht ganz so berauschend. Für perkussives Spiel kann man es ruhig verwenden, der Grundklang ist ganz gut getroffen. Allerdings ist es insgesamt zu dumpf und das Ausklingverhalten sowie der Klang in hohen Lagen ist zum abgewöhnen.
Clavinet: Sehr funkig und knurrig, gefällt mir. Key-Off-Samples sind auch dabei und machen den Sound fett. Allerdings ist das Clavi auf der schweren Hammermechanik recht mühevoll zu spielen.
DX7: Ganz gut, was will man von Yamaha anderes erwarten? Klingt allerdings bisweilen ein wenig schwächlich-mulmig.
Hammond-Orgel: Fällt im Vergleich zum Rest ab. Trocken ist bekommt man eine recht ordentliche Nachbildung eines 888000000-Klangs mit auffälligem Keyclick zu hören, aber der Leslie-Effekt ist vollkommen fürn Arsch...
 
lucjesuistonpere schrieb:
Irgendwie kann ich hier meine Beiträge nicht editieren.

Ich auch nicht, das ist ja ein bisschen doof. Wie auch immer, auch ich bin zu neuen Erkenntnissen gekommen: "Sanftere" Zerrsounds sind doch möglich, man muss dafür eine Gitarrenampsimulation als Effekt wählen, als Model den Fender Twin, und dann Preampvolume runter und Preampmaster dementsprechend höher. Über den Realismus dieser Simulationen lässt sich natürlich streiten, ich finde sie eher mäßig.

Ausserdem: Es sind doch 4 frei belegbare Splitzones möglich (auch wenn ich das nicht dem Handbuch entnehmen konnte...). Hierfür drückt man "Shift" und "Split" gleichzeitig, dann ist man in einem kleinen Menü, in dem man alles einstellen kann, auch teilweise übereinander liegende Zonen. Man muss nur ein bisschen suchen, dann findet man doch einige Lösungen. Prima.
 

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