Zerstören der Gitarre durch falsche Lagerung?

So, ich habe mir jetzt diesen ganzen Mumpitz nochmal genauer angesehen. Also weg von dieser groben Überschlagsrechnung oben :D
(Inzwischen mit einer kleinen Modellverbesserung)

Das Problem ist ja klar, ich habe mir zur Lösung ein einfaches Modell einer E-Gitarre mit einem Halswinkel von 5° "gebastelt" :D
Die Klötze sollen Sattel und Brücke sein, zwischen denen sind natürlich die Saiten eingespannt (Klemmsattel ;))
modell2.jpg

Die Kopfplatte ist unten abgerundet, damit eine bewegliche Lagerung im Wandhalter möglich ist. Die Sim-Ergebnisse in diesem Kopfplatten-Bereich sind natürlich nicht ganz "echt", weil die Realität etwas anders aussieht, aber um diesen Bereich gehts ja auch gar nicht.

Mit Saiten und Schwerkraft ergibt sich folgende Belastung (alle Einheiten in N/mm²):
mit saiten2.jpg

Das Griffbrett steht also unter Druckspannungen und auf der Rückseite des Halses finden sich Zugspannungen. Am Hals/Korpus Übergang sind diese Spannungen etwas erhöht. Diese Gitarre hat keinen Trussrod, deshalb hat sich auch der Hals ein wenig verbogen ;) (Ein Trussrod würde auch gar nichts an den Spannungen ändern, lediglich die Durchbiegung wäre geringer)

Ohne Saiten, wenn also nur die Schwerkraft wirken würde, ergibt sich sowas:
ohne saiten2.jpg

Man beachte die Skalierung, das sind SEHR viel kleinere Spannungen als oben und im Vergleich dazu völlig vernachlässigbar!

Die Pfeile zeigen übrigens an in welche Richtung die Schwerkraft wirkt.
Die braunen Linien zeigen die Position an, wenn keine Kraft wirken würde. Aufgrund der Verlagerung des Schwerpunktes durch den Halswinkel und der wirkenden Kräfte, nimmt sie aber eine andere Position ein.

Gute Nacht...
 
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Dank Guitarleaks ist nun auch ein Bild des Prototyps der erwähnten Erfindung aufgetaucht, welche das Problem beheben soll ;)

erfindung.jpg
 
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Und was die Quelle angeht: Kenne den Mann seit der Schulzeit, der macht seit den 70ern nichts anderes als Instrumentenbau auf höchstem Niveau, eine echte Konifere. Versucht das bitte einfach zu glauben. Der sagt:"Wenn die Dinger zu lange an der Wand hängen, geh'n sie in'n A...".
Einer Konifere (eine strauchige Baumart) würde ich erstmal nichts glauben. ;-)
Der Effekt ist zwar vorhanden, aber praktisch irrelevant ggü dem Saitenzug, ausser man hat gar keine Saiten drauf.
 
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Wortspiele scheinen nicht angesagt zu sein - ich kenne den Unterschied zw. "Konifere" und "Koryphäe"...

Habe nun einen kleinen Versuch gemacht und auch ein bisschen an meiner Paula gemessen:

DSC01755.jpg
DSC01756.jpg


In Ermangelung einer Wandaufhängung habe ich das mit 'ner Trittleiter simuliert, das grüne Band ist ein Lot.
Erstaunlicherweise scheint der Gesamt - Schwerpunkt nicht hinter dem Instrument zu liegen, sonder "davor" bzw. oberhalb der Decke, das erstaunt mich selber.

Um nun das Drehmoment ausrechnen zu können, welches der nicht lotrechte Korpus auf die Hals-Korpusverbindung ausübt, müssen wir die Gitarre zerlegen. Der Einfachheit halber gehe ich hier mal von 1 kg für den Hals aus und von 4 kg für den Korpus aus. Die jeweiligen Gewichtsschwerpunkte liegen so ziemlich im geometrischen Zentrum der Körper.

Der Schwerpunkt des Halses (G-1) liegt ca. zwischen dem 7. und 8. Bund, den Schwerpunkt des Korpus (G-2) orte ich ziemlich im Zentrum des Steg-PU. Der Abstand zwischen diesen beiden ist ca. 34cm und die Lage des Gesamtschwerpunktes (G-ges.) liegt somit auf der Verbindungslinie zwischen G-1 und G-2, und zwar im Verhältnis 4 zu 1. Damit landen wir in etwa im Hals-PU.

Und jetzt kommt der Knackpunkt: Der Korpus mit einer Masse von 4 kg (ca 40N) befindet sich in einem Abstand von ca 17 cm von der Verbindung zwischen Korpus und Hals (etwa 19ter Bund?) und wirkt nicht (nur) senkrecht nach unten, sondern erzeugt auch ein Drehmoment von 40 x 0,17=6,8 Nm. Der Saitenzug packt hier noch was drauf, wie uns buzzdriver eindrucksvoll dargelegt hat (Danke).

Wie schon mehrfach gesagt: Für Gitarren die regelmäßig von der Wand genommen werden, ist die ganze Sache sicher vernachlässigbar, aber für den Kollegen, der demnächst in einen Gitarrenladen geht, kann die Information, wie lange das Ding da schon hängt, wichtig sein.
 
Habe nun einen kleinen Versuch gemacht und auch ein bisschen an meiner Paula gemessen:

Ja, so umunbei hängt meine Paula auch ...

Drehmoment von 1 kg und von 4 kg im geometrischen Körper. Der Schwerpunkt G-1 dem 7. und 8. Bund, den G-2 Steg-PU ist ca. 34cm G-ges. zwischen G-1 und G-2, und 4 zu 1. Damit landen wir 40N von ca 17 cm etwa 19ter Bund mit 40 x 0,17=6,8 Nm.

Aha, ok ... :gruebel: ... alles gut ... :great:

Ich bin jetzt mal raus, sollten meine Gitarren wiedererwartend durch die Halter zerstört werden, dann dokumentiere ich das hier ... als ganz unmathematische Langzeitstudie zuzusagen ...

LG Kay
 
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Ich bin auch raus. Weiß nicht wozu das alles gut sein soll :nix:
 
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Wie bereits öfter gesagt wurde. Das Moment durch die Saiten ist um einen Faktor 10 (oder waren es sogar 100?) größer als das Moment durch die Schwerkraft. Somit vernachlässigbar. Denn wenn die Korpus-Hals-Verbindung den Saitenzug dauerhaft aushält ohne kaputt zu gehen, dann hält das das bisschen Drehmoment durch die Schwerkraft locker aus. Ich denke mal das der Thread zu gemacht werden kann.
 
Die Übervorsichtigen können ja einen Abstands-Klotz hinter dem Halsansatz an die Wand schrauben.

Ich mache mir viel mehr Sorgen über die Lagerung einer Gitarre in einem nicht 100% optimal passenden Koffer, wo schon mal der Hals recht ordentlich Druck bekommen kann.... oder in einem Gigbag irgendwo zwischen reingequetscht...
 
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meine Mechanik- und Festigkeitsvorlesungen sind schon eine Ewigkeit her... aber ich kann mir gerade nicht vorstellen, dass bei einer nicht eingespannten gelenkigen Aufhängung (quasi ein frei schwingendes Pendel) einer Gitarre
... der Schwerpunkt ausserhalb der Gitarre liegen soll (wie war das noch? Satz von Steiner?)
... da ein äusserers Drehmoment enstehen kann (Schwerpunkt liegt doch auf der senkrechten Verlängerung des Aufhängpunktes? M=F*a mit a ist aber 0)

nachdem der Threadersteller das wort "Beobachtung" verwendet hat, kann es vielleicht sein, dass es tatsächlich "nur" Beobachtungen sind, die aber vom Freund nicht berechnet worden sind?
Weil was ich kenne, ist, das sich Hälse verziehen, wenn die Gitarren nicht regelmässig nachgestimmt werden bzw. die Saiten gewechselt werden. Die Saitenspannung lässt nach und passt daher mit der Spannung, die über den Halsspannstab aufgebracht wird, nicht mehr zusammen. (Ist mir selber passiert mit einer zerlegten sehr sehr billigen Gitarre wo der Hals jetzt sehr schräg verdreht ist....)
Das so etwas bei einem Ladenhüter möglich ist, glaube ich dir sofort... würde aber auf das Geschäft kein gutes Licht werfen.... weil alle Gitarren immer wieder mal durchzustimmen sollte ja hoffentlich möglich sein....

Das hat aber mit der Art der Lagerung nichts zu tun sondern mit nicht vorhandener Wartung... das passiert dir im Koffer auch.
was ich mir vorstellen könnte allerdings, dass die Art der Lagerung (Koffer liegend vs. Im Licht hängend) die Haltbarkeit der Saitenspannung bzw. Alterung der Saiten beeinflusst.
--- Beiträge wurden zusammengefasst ---
du captain, zu deiner versuchsanordnung eine anmerkung/frage.... also ich kanns nicht genau erkennen, aber für misch schaut das so aus als ob du die gitarre zwar am hals/kopfplattenübergang mit der grünen schnur verbunden hast, die schnur dann aber auf der rückseite der kopfplatte nach oben führst. es schaut für mich jetzt so aus, als ob in diesem bereich die schnur unter spannung steht und daher die gitarre nicht im kopfplatten/halsbereich frei beweglich gelagert ist sondern am kopfplattenende.
... was die überraschende position der schwerpunktlinie erklären könnte.
 
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Satz von Steiner?

Der hat damit recht wenig zu tun ;)

BTT:

Wie schon gesagt wurde ist die Kraft, die durch die Aufhängung wirkt recht egal im Verhältnis.



Für Gitarren die regelmäßig von der Wand genommen werden, ist die ganze Sache sicher vernachlässigbar

Wieso das denn? Selbst wenn man sie 4h/Tag dauerhaft spielt (für die meisten denke ich schon ein großer Wert) hängt sie noch 20h. D.h. sie hängt noch 5/6 der Zeit an der Wand.
Warum sollten 5/6 der Zeit vernachlässigbar sein, aber die zusätzliche Kraft (<1/10) durch die Aufhängung nicht?

Mit einem vernünftigen Leim sollte sowas doch kein Problem sein ;)


P.S. @buzzdriver Womit hast du das Modell erstellt?
 
P.S. @buzzdriver Womit hast du das Modell erstellt?

Das war mit Inventor, hat ein eingebautes FEM Modul. Früher hätte ich für sowas Abaqus genommen, habe aber keine Lizenz mehr... (habe vor vielen Jahren mal sehr viel damit modelliert und simuliert)
 
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Wortspiele scheinen nicht angesagt zu sein - ich kenne den Unterschied zw. "Konifere" und "Koryphäe"...

Habe nun einen kleinen Versuch gemacht und auch ein bisschen an meiner Paula gemessen:

Anhang anzeigen 479454 Anhang anzeigen 479455

In Ermangelung einer Wandaufhängung habe ich das mit 'ner Trittleiter simuliert, das grüne Band ist ein Lot.
Erstaunlicherweise scheint der Gesamt - Schwerpunkt nicht hinter dem Instrument zu liegen, sonder "davor" bzw. oberhalb der Decke, das erstaunt mich selber.

Um nun das Drehmoment ausrechnen zu können, welches der nicht lotrechte Korpus auf die Hals-Korpusverbindung ausübt, müssen wir die Gitarre zerlegen. Der Einfachheit halber gehe ich hier mal von 1 kg für den Hals aus und von 4 kg für den Korpus aus. Die jeweiligen Gewichtsschwerpunkte liegen so ziemlich im geometrischen Zentrum der Körper.

Der Schwerpunkt des Halses (G-1) liegt ca. zwischen dem 7. und 8. Bund, den Schwerpunkt des Korpus (G-2) orte ich ziemlich im Zentrum des Steg-PU. Der Abstand zwischen diesen beiden ist ca. 34cm und die Lage des Gesamtschwerpunktes (G-ges.) liegt somit auf der Verbindungslinie zwischen G-1 und G-2, und zwar im Verhältnis 4 zu 1. Damit landen wir in etwa im Hals-PU.

Und jetzt kommt der Knackpunkt: Der Korpus mit einer Masse von 4 kg (ca 40N) befindet sich in einem Abstand von ca 17 cm von der Verbindung zwischen Korpus und Hals (etwa 19ter Bund?) und wirkt nicht (nur) senkrecht nach unten, sondern erzeugt auch ein Drehmoment von 40 x 0,17=6,8 Nm. Der Saitenzug packt hier noch was drauf, wie uns buzzdriver eindrucksvoll dargelegt hat (Danke).

Wie schon mehrfach gesagt: Für Gitarren die regelmäßig von der Wand genommen werden, ist die ganze Sache sicher vernachlässigbar, aber für den Kollegen, der demnächst in einen Gitarrenladen geht, kann die Information, wie lange das Ding da schon hängt, wichtig sein.

Mal mir bitte mal in das Bild hinein, wo du da die 17 cm gemessen hast... und um welchen Punkt damit das drehmoment erzeugt wird. Ich komme da nicht mit.
Interessiert mich ;)
 
Was für ein Unfug!

Das eine Paula beim Aufhängen nicht gerade (parallel) zum Korpus hängt ist allein dadurch erklärt, das der Hals nicht gerade im Korpus sitzt sondern angewinkelt ist. Allein durch diesen Winkel verändert sich der Schwerpunkt wenn sie am Kopf aufgehangen ist. Das Lot geht vom Aufhängepunkt zum Endpin. Durch den gewinkelten Hals kommt also zwangsläufig der Korpus nach hinten.

Und der beste "Aufbewahrungsort" für eine Gitarre ist der Koffer oder das Gigbag - hier herrscht ein relativ konstantes "Micro-Klima" - außerdem staubt sie nicht so voll. :)

Gruß
 
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Und der beste "Aufbewahrungsort" für eine Gitarre ist der Koffer oder das Gigbag - hier herrscht ein relativ konstantes "Micro-Klima" - außerdem staubt sie nicht so voll. :)

Da sind sich sicherlich alle einig ;)
 
Das ist doch mal eine klare Werbung für Fendergitarren-die hängen gerade am Haken..:).Müssen jetzt alle Gitarren im klassischen Gibsonbaustil in den Musikgeschäften als B -Ware verkauft werden,weil sie seit Jahren am Kopf aufgehängt sind....:eek:.Das wäre doch mal ein Argument um die Preise zu drücken...:D
 
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OK. Bin jetzt seit >35 Jahren Musiker.

Manche Gitarren werden bei mir nur alle Jubeljahre aus dem Koffer oder vom Wandhaken genommen. Wenn ein Hals verzogen, oder eine Verleimung kaputt war hatte dies IMMER andere Gründe.
( Drehwuchs, massive Änderungen der Lagerbedingungen - z.B. nach einer Überschwemmung oder Wechsel der Klimazone ) .

Wenn Lagertemperatur und Feuchte halbwegs konstant und in einem akzeptablen Bereich sind ist es egal ob im Koffer oder am Haken ( oder auf dem Bodenständer ).

Soweit wenigstens meine Erkenntniss
 
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"Wenn die Dinger zu lange an der Wand hängen, geh'n sie in'n A...".
Solche Formulierungen erinnern mich immer an "In the long run, we're all dead".

Da wär's unabhängig von Berechnungen usw. interessant, mal nachzufragen, was denn seiner Erfahrung nach "zu lange" ist. Und sich dann vielleicht zu überlegen, wie lang Gitarren normalerweise ohne Besitzerwechsel an einer Wand hängen.
 
?.. Das ganze geht sogar so weit, dass in absehbarer Zeit bei einem namhaften deutschen Hersteller eine Wandhalterung erscheinen wird, die genau dieses Problem behebt...

Also daher weht der Wind. Angst ist das beste Marketing, das wissen auch Pharmahersteller oder Hersteller für Babyprodukte. Die schüren auch die Angst vor Krankheit, Blutzucker und Demenz oder das man kein gutes Elternteil ist, wenn man nicht genau das und das Produkt kauft. Und jetzt kommt ein Hersteller mit einem neuen Produkt und schürt die Angst vor kaputten Gitarren, die genau sein Produkt vermeiden kann.

Ab das wird es bestimmt nicht sein ;)
 
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Hallo zusammen,

aus meiner eigenen Erfahrung (ich habe 13 Jahre die Gitarrenabteilung in einem Musikladen geleitet) kann ich ruhigen Gewissens behaupten, daß "hängende Gitarren" keinerlei Schäden davon tragen. Das Gerücht von Gitarrenschädlichen Halterungen ist zwar relativ weit verbreitet, allerdings konnte ich keinen einzigen Schaden auf die Art und Weise der mechanischen Lagerung zurück führen.

Die eigentlichen Gitarrenkiller sind:
  • Luftfeuchtigkeit (nicht unter 40%)
  • Weichmacherhaltige Gummierungen an Gitarrenständer (Lack!)
  • UV Strahlung (Gitarre im Fenster => Lack verblasst)
  • Besoffene Groupies


Grüße aus Niederbayern, Martin
 
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