Singen, Gefühl, das Leben, das Universum...

Da der Folksänger eh keine Noten lesen kann, kann er die Melodie so arrangieren, dass ein Liebeslied pathetisch oder belustigend oder eben verliebt klingt,
Tja, jetzt oute ich mich mal, dass ich von Folk überhaupt keine Ahnung habe :)
Was ist dann eigentlich ein Folksong? Nur der Text, oder einfach eine grobe Melodielinie die man je nach Laune in verschiedenen Modi singen kann?

lg Thomas
 
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Was ist dann eigentlich ein Folksong? Nur der Text, oder einfach eine grobe Melodielinie
Was ein Folksong - oder Volkslied - ist, darum streiten sich die Gelehrten!
Für mich als praktizierenden Folkie stellt sich ein Folksong tatsächlich schlicht als Text und Melodie dar. Wenn ich ein aus meiner Kindheit halb-erinnertes irisches Volkslied aufarbeiten will, greife ich gerne zum Buch von Colm O Lochlainn: Irish Street Ballads aus dem Jahr 1939. Dieses Standardwerk gibt Text und Melodie (in Standatdnotation) von über 100 alten Balladen wieder.
Vor 1939 wurden Balladen meist unbegleitet gesungen, also reicht diese Darstellungsform aus, um jedes Lied zu definieren. Spielt man dazu irgendein instrument, z.B. Gitarre, muss man die Harmonien selbst erarbeiten. Moderne irisch Volksliederbücher haben neben Melodien auch Gitarrenakkorde. Diese geben allerdings höchstens einen Anhaltspunkt für das Arrangement - selten ist mir eine Akkordfolge begegnet, die ich ohne Weiteres übernehmen wollte. Jeder inerpretiert die Melodie anders, die Verleger wie die Musiker!

Cheers,
Jed
 
Hochsensibel und empathisch sind ja zweierlei und meiner empirischen Erfahrung nach, sind diejenigen, die am lautesten davon reden, wie gut, sie sich in andere reinfühlen können, oft die, die am wenigsten von ihrer eigenen Wahrnehmung abstrahieren können. Sieht man auch hier im Thread. :)



Selbstverständlich muss ich als Sänger nicht alle Emotionen und Gefühle, die ich vermitteln möchte, in diesem Augenblick durchleben. Aber ich muss sie verstanden haben. Und ich muss ebenso verstanden haben, was andere bzw. die Zuhörenden in Mehrheit damit verbinden. Dann kann ich diese Emotionen auch rüberbringen.

Vielmehr wüsste ich dazu eigentlich gar nicht zu sagen.

Sich in der Musik, im Moment des Musizierens zu verlieren, hat damit erst einmal nicht direkt was zu tun. Das kennt sicherlich jeder Musikschaffende und ja, es ist ein schönes, befreiendes und bisweilen euphorisierendes, in der Regel intensives Gefühl. Aber es ist nicht gleichzusetzen mit dem, was man den Zuhörenden vermittelt. Natürlich befruchtet das eine das andere.

Zum Thema Klassik vs. Folk und Contemporary: Jein. Ich verstehe sehr gut, was Jed meint und es ist schwer zu beschreiben, ohne dass Vertreter der Klassik sich zurecht auf den Schlips getreten fühlen. Aber moniaqua hat es ganz gut beschrieben. Ich denke, dass der wesentliche Punkt ist, dass mir im Contemporary niemand verbietet, einen Song für mich neu zu erfinden. Ich kann die Lyrics und die Melodie nehmen und neu interpretieren, anders, als es der Songwriter oder Originalinterpret gemeint haben. Andere mögen das annehmen oder ablehnen, aber niemand kann mir sagen, dass es "falsch" sei. Das geht in der Klassik nicht unbedingt.
 
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Hallo,

Das geht in der Klassik nicht unbedingt.

...korrekt. Wenn ich das als "Klassiker" noch ein wenig ergänzen darf - ein stärkeres Korsett ist in der Klassik halt vorgegeben, dennoch gibt es einen wirklich großen Spielraum. Dynamik, Tempo, Agogik - hier liegen große Möglichkeiten.
Für die Solisten sind vom Komponisten oft am Ende der Arien Freiräume vorgesehen, die dann mit individuellen Linien gefüllt werden können. Auch im Liedfach hat man einige Freiheiten.
Aus meiner Erfahrung im Chor-Bereich zwei Beispiele, beides ist mir schon mehrfach unter verschiedenen Dirigenten begegnet: Das berühmte "Halleluja" aus Händels "Messias" ist ursprünglich durchaus mit Terrassendynamik angelegt. Meist wird es jedoch in einem triumphierenden Forte durchgeheizt. Die dynamisch differenzierte Version, die wirklich vom piano ins forte fortissimo geht, ist da sehr viel intensiver.
Oder das "Dies irae" aus dem Mozart-Requiem, das habe ich schon mit einer Dauer (am Mitschnitt später nachgemessen) von 2:58 Minuten gesungen - das war dann ein sehr pathetischer "Tag des Zorns". Die schnellste Version, die ich bisher Gelegenheit hatte zu singen, lief über 1:36 Minuten. Der Unterschied ist unglaublich, hier ist der Zorn in der Musik greifbar, viel bedrohlicher und näher. Das sind, obwohl die Töne gleich sind, gefühlt zwei völlig unterschiedliche Stücke. Bei der superschnellen Version hatte ich echtes Mitleid mit unseren Streichern, das war Schwerstarbeit...

Viele Grüße
Klaus
 
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