Ich denke, dem Namen der Veranstaltung zum Trotz geht es nicht primär um die Lieder. Es ist immer eine Mischung aus 1) dem ehrlichen Versuch, einen guten Song hinzukriegen, 2) dem ehrlichen Versuch, diesen Song so gut wie möglich vorzutragen, 3) dem Wunsch, eine imposante Show zu liefern, 4) dem Versuch den imaginierten Nerv der Jury zu treffen, 5) dem verzweifelten Versuch vorherzusehen, was beim Publikum gut ankommt und 6) dem Versuch, sich gegenseitig zu toppen. Gewiss kommen noch viele andere Punkte dazu.
Deutschland versucht seit Jahren herauszufinden, was denn irgendwie gefallen könnte und geht damit regelmäßig baden, weil ein deutsches Publikum in die Entscheidung eingebunden ist, das, sagen wir mal, betriebsblind (oder -taub) ist. Das Ergebnis sind dann Lieder und Performances, die beim Zielpublikum von TV Total Anno 1998 ankommen, aber jenseits davon selbst in Deutschland eher auf Schulterzucken treffen.
Meinen persönlichem Musikgeschmack entspricht nur wenig von dem, was da gestern kam. Dass UK und CH vom Publikum null Punkte bekamen, war sehr überraschend für mich. CH fand ich grundsolide bis gut, UK war für mich einer der besten Songs. Finnland war bestimmt nicht gut, aber das Gimmick, zum Schluss das Tempo zu erhöhen hat mir tatsächlich Spaß gemacht. Der deutsche Song ist an mir vorüber gegangen, ohne Eindrücke zu hinterlassen, aber er klang tatsächlich deutsch. Vom Sound und Feeling her passt er gut in das rein, die meine Schülerinnen und Schüler so hören. In dieser Hinsicht war das Stück authentisch - aber immer noch nicht gut.
Alles in allem kann ich wieder nur sagen: Ich habe mich gut unterhalten gefühlt. Kaum einen der Songs werde ich noch einmal hören oder gar erkennen (bis auf Ich Komme, vielleicht

). Aber wie gesagt, es ging (mir) ja auch nicht nur um die Musik, sondern das Gesamtpaket.
Interessant fand ich dann aber doch die Beobachtung, dass recht viele und deutlich unterschiedliche Stücke von irgendwem mal 12 Punkte bekommen haben, dogar der deutsche Song... Das scheint mir darauf hinzudeuten, dass es nicht den einen Trend geben wird, auf den im nächsten Jahr alle aufspringen werden. Ich hoffe also auf ein vielfältiges 2026!