2 Fragen: Akkolade mit 2x Violin/2x Bassschlüssel und Balken bei Noten

TE335
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Ich habe mir Notenmaterial von Manfred Schmitz (Erste Klavierstücke für Florian) geholt und bin beim Durchblättern auf mir ungewohnte Darstellungen gestoßen.

Die Akkoladen, also mehrere, gleichzeitige Notensystem beim Klavier habe ich immer mit Violinschlüssel oben und Bassschlüssel unten kennengelernt. Nun verwendet Schmitz folgendes Bild:

Er beginnt 2x mit dem Violinschlüssel, wechselt dann auch den Bassschlüssel und später wieder zurück.
Ist das rein aus Übungszwecken gemacht oder hat das eine musikalische Funktion? Viele andere Titel in dem Buch sind komplett in beiden Systemen mit dem Violinschlüssel notiert.

1647596887113.png


Die zweite Frage die ich habe betrifft den Balken bei Achtelnoten.

Ist das einfach nur ein optisches Stilmittel, die Noten oben und unten zu verbinden, oder hat das eine spielerische Funktion.

1647597122913.png


Vielen Dank schon mal und klavierspielerische Grüße

Thomas
 
Eigenschaft
 
Das mit den Schlüsseln (Violin oder Bass) hat die Funktion, dass Du nicht so viele Hilfslinien brauchst. Zugegeben, man könnte die linke Hand (2. System) auch durchgehend im Bass-Schlüssel schreiben, aber es wäre schwerer zu lesen, weil Du eigentlich fast immer gerade in der zweiten Zeile über den Notenzeilen wärst und mehrere Hilfslinien nach oben hättest. So hast Du nur einige (wie beim G) unterhalb. In der dritten Zeile könnte man theoretisch im Violinschlüssel bleiben, aber auch da gäbe es seeeeeeehr viele Hilfslinien nach unten, denn die Übung zieht sich eine weitere Oktave nach unten. So ist es eben einfacher zu lesen, auch wenn man mit den Schlüsseln erstmal "umdenken" muss.

Die Verbalkung zwischen den Systemen gibt an, dass die 6 Noten zusammengehören und hilft Dir, die Linie zu verstehen, auch wenn sie aus praktischen Gründen zwischen der linken und der rechten Hand aufgeteilt ist. Der Balken gibt eben an, dass da "gedanklich" nicht 3 Noten und 3 andere Noten nacheinander erklingen, sondern es sich um ein Arpeggio handelt. Der zusätzliche Bindebogen darüber unterstreicht das nochmal deutlich.
 
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Klasse, vielen Dank. Dann werde ich das mal unter die Finger kriegen :)
 
... oder hat das eine musikalische Funktion?
Na wenn sich beide Hände im Bereich eines Schlüssels aufhalten, dann ist es üblich, für beide Notensysteme den selben Schlüssel zu notieren.
Ist ja auch stimmig und hilfreich so.

LG
Thomas
 
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Die Verbalkung zwischen den Systemen gibt an, dass die 6 Noten zusammengehören und hilft Dir, die Linie zu verstehen,

@TE335
Wobei es in erster Linie um eine Stimme geht, die das System wechselt. Das sieht man auch schön daran, dass in den jeweils "leeren" Takthälften keine Pausen stehen. In der Regel passiert so etwas ich Achtelbewegungen oder schneller, gemeinsame Balken bleiben erhalten.

Viele Grüße
Torsten
 
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Was ich mich frage, sind diese Notendarstellungen und Schlüsseldarstellungen für einfache Klavierliteratur normal? Ich habe schon viele Stücke gelesen/gelernt, aber solche Darstellungen habe ich zum ersten mal in diesem Buch (siehe oben) gefunden.

Wie häufig ist so ein Schlüsselwechsel in der Notenliteratur oder der Wechsel einer Stimme zwischen den Systemen?
 
Wie häufig ist so ein Schlüsselwechsel in der Notenliteratur oder der Wechsel einer Stimme zwischen den Systemen?
Das ist etwas völlig normales und kommt häufig vor.

Viele Grüße,
McCoy
 
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sind diese Notendarstellungen und Schlüsseldarstellungen für einfache Klavierliteratur normal?
Ja. Ich habe nun keine statistische Auswertung gemacht, aber es kommt häufig vor, oft auch schon in Klavierschulen.
 
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Auf die Schnelle ein paar Beispiele:

Schumann, Album für die Jugend:
1647625669784.png


Burgmüller, op. 100, Etüde Nr. 1
1647625906741.png


Kabalevsky, Kinderstücke, Op.27
1647626501605.png


Viele Grüße,
McCoy
 
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@TE335
Das sieht man auch schön daran, dass in den jeweils "leeren" Takthälften keine Pausen stehen.
Lustigerweise habe ich letztens auch mal sowas notiert (MuseScore nennt es cross-stave notation, Gould double-stemmed beaming) und dabei ist mir direkt aufgefallen, daß das mit den Pausen automatisch anders gehandhabt wird. Anscheinend gehört der „rechte“ Teil, also der auf der Zeitachse spätere, immer zur Notenzeile des „linken“ Teils; in Deinem Beispiel also zum unteren System, daher steht, wo die Noten temporär im oberen System landen, unten keine Pause. Der Rest vom oberen System ist dann halt „normal weiter“, siehe auch das Notenbeispiel in https://musescore.org/en/node/329958 (wo ich einen Bug bei den Versetzungszeichen dabei in MuseScore gefunden habe).

Dort passiert im letzten Takt folgendes:
  • oberes System: durchgebundene Viertel der Achtel vom Vortakt, zwei Achtel, und eine Gruppe von vier Achteln, deren letzte Note tief genug ist, daß sie ins untere System wandert
    • hier eigentlich nicht nötig, G₃ geht noch mit Hilfslinien, aber an dem Haltebogen sieht man, daß es im nächsten Takt im unteren System weitergehen wir
  • unteres System, Stimme 1: halbe Pause, halbe note G₃
    • der Hals des G♮₃ dort darf eigentlich den Balken nicht berühren, das habe ich hinterher noch zurechtgeschoben; als ich die Frage stellte war ich noch bei Eingabe/Korrektur
  • unteres System, Stimme 2: ganze Note
Das ist eine Klavierreduktion; der Klavierspieler wird das halbe G♮₃ auf eine punktierte Viertel verkürzen und ganz knapp die Achtel auf der „3+und“ neu anschlagen, im Orchester spielen unterschiedliche Instrumente diese Note.

Würde es sich hier nicht um cross-stave notation handeln müßte auf der „3+und“ in der oberen Notenzeile eine Achtelpause stehen.
 
Bei capella wird "so etwas" "Verschieben in Nachbar-Notenzeile" genannt. Dabei kann man aussuchen, ob die markierten Notenköpfe in die obere oder untere Nachbarzeile verschoben werden sollen. Dazu wird zuerst alles in einer Zeile notiert und die betroffenen Noten dann nur optisch in die andere Zeile verschoben. In der anderen Zeile müssen dann (unsichtbare) Pausen gesetzt werden. Allerdings wird die Halsrichtung nicht automatisch geändert, sie bleibt in beiden Systemen in der gleichen Richtung. Aber es gibt eine Einstellung, bei der das geändert werden kann; ist halt ein weiterer Schritt, der durchgeführt (und vorher - bei nicht häufiger Benutzung - gefunden) werden muss.
 
MuseScore nennt es cross-stave notation, Gould double-stemmed beaming.
Bei Feist, Berklee Contemporary Music Notation heißt es ebenfalls cross-staff (2017, p.5) und da staff/stave in diesem Zusammenhang gleichbedeutend sind, ist die Bezeichnung angenehm selbsterklärend. Goulds "double-stemmed beaming" finde ich dagegen nicht derart eindeutig und ihre arg puristische Regel zur Vorzeichnung schon gar nicht. Ein "courtesy accidental" tut niemand weh und würde in Fällen wie deinem Beispiel absolut Sinn machen.

In einer jüngeren Veröffentlichung des ABRSM fand ich Folgendes: ein kleines b wird in einem F-Blues (konsequent) vorgezeichnet, vermutlich weil es an diesen Stellen als Dominantseptime des C7 vorkommt.

west hollywood ave.jpg

Quelle Nikki Iles & Friends, Jazz Pieces for Piano Bk I., West Hollywod Avenue

Gruß Claus
 
Zuletzt bearbeitet:
MuseScore nennt es cross-stave notation, Gould double-stemmed beaming

Ich denke, wir sollten hier zwischen dem allgemeinen Thema "Notensatz" und der konkreten technischen Umsetzung in diversen Programmen unterscheiden.

Und tatsächlich besteht das eigentliche gestalterische Problem nicht im Wechsel der Notenzeile, sondern tatsächlich in den Balken bzw. wie man sie am besten setzt.


"Double-stemmed beams"

Double-stemmed beams sind zunächst einmal nur Balken, deren Hälse in beide Richtungen gehen.
Hierzu braucht man keinen Zeilensprung, das geht auch innerhalb einer Notenzeile und war in älteren Notenausgaben sehr häufig zu sehen. Heute nutzt man sie nur noch bei wirklich großen Sprüngen.

Es bleibt dem Notensetzer überlassen, ob er double-stemmed beams oder "normale" Balken benutzt - beides ist möglich:

1647690621382.png


Und auch im Zeilenweschsel-Fall geht es gestalterisch nicht um den Zeilenwechsel selbst, denn die eigentliche Frage betrifft immer die Balken.
Hier ein Gould-Beispiel, bei dem - Zeilenwechsel hin oder her - double-stemmed beams zu viel Platz verbrauchen oder zu gequetscht aussehen würden. Dann wird man durchaus "unidirektionale" normale Balken verwenden:

1647690840260.png


Die gestalterische Entscheidung, die man treffen muss, betrifft also nicht den Wechsel an sich (das ist nur eine technische Notwendigkeit in Notensatzprogrammen, um gemeinsame Balken realisieren zu können). Und somit aus Goulds Sicht eigentlich trivial/irrelevant.
Es geht da nur um das Thema: Wohin mit den Balken und welche Steigung sollen sie haben?



"Fehlende" Pausen

Auch die "fehlenden" Pausen fehlen nicht wirklich, sondern sind genau deshalb unnötig, weil der gemeinsame Balken die rhythmische Dauer exakt anzeigt und für beide betroffenen Systeme gilt.

Hier ein Praxis-Beispiel aus der Celesta-Stimme von Tschaikowskys Zuckerfee aus dem Nussknacker:

1647691611829.png


Links sind in beiden Zeilen natürlich die Sechzehntelpausen nötig, aber rechts deckt der Balken, der für beide Zeilen "gilt", eindeutig den vollständigen Zeitraum ab (selbst, wenn es nicht immer Notenköpfe dazu in der jeweiligen Zeile gibt).
Pausen sind deshalb in diesem Fall überflüssig.

Viele Grüße
Torsten
 
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Es geht da nur um das Thema: Wohin mit den Balken und welche Steigung sollen sie haben?
Häufig erkennt man an der Halsrichtung die Verteilung der Hände: unteres System l.H., oberes System r.H.

Liszt, Petrarca Sonett:

1647699674675.png


Viele Grüße,
McCoy
Intuitiv würde ich auf den ersten Blick vermuten, daß Beispiel 1 mit einer Hand gespielt werden soll und Beispiel 2 mit zwei Händen. Sinn ergibt das aber in beiden Fällen nicht, vor alle, das e' im unteren System.

Viele Grüße,
McCoy
 
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Goulds "double-stemmed beaming" finde ich dagegen nicht derart eindeutig

Ja, ich auch nicht. (Aber siehe unten, wo Be-3 mir das auflöst.)

und ihre arg puristische Regel zur Vorzeichnung schon gar nicht. Ein "courtesy accidental" tut niemand weh und würde in Fällen wie deinem Beispiel absolut Sinn machen.

Ne, in meinem Fall habe ich Noten abgetippt und wollte wissen, ob meine Intuition oder MuseScore Recht hat für den Fall, daß eben kein courtesy accidental da steht. Ich habe also bei Gould geschaut, um herauszufinden, was für eine Note ich da vor mir haben sollte.

Screenshot_20220320_032131.png


Letztendlich habe ich mich dann dazu entschieden, das courtesy accidental hier zu verstecken. (Sonst hätte ich es, meinen eigenen Regeln zu diesen (immer runde Klammern drum) folgend, noch klammern müssen, und dann wird’s wirklich weniger übersichtlich. Außerdem sollte das eigentlich schon klar sein… wenn ich hier ein G♯₃ gewollt hätte hätte ich es vermutlich eher als A♭₃ notiert, weil das G₃ (halbe Note) davor ja hier noch klingt.)

Double-stemmed beams sind zunächst einmal nur Balken, deren Hälse in beide Richtungen gehen.
Hierzu braucht man keinen Zeilensprung, das geht auch innerhalb einer Notenzeile und war in älteren Notenausgaben sehr häufig zu sehen. Heute nutzt man sie nur noch bei wirklich großen Sprüngen.

Ah! Das erklärt meine Verwirrung ob der Benamsung.

Auch die "fehlenden" Pausen fehlen nicht wirklich, sondern sind genau deshalb unnötig, weil der gemeinsame Balken die rhythmische Dauer exakt anzeigt und für beide betroffenen Systeme gilt.

Jaein. Wenn Du dann noch mehrere Stimmen (mu͒-Terminologie) hast müssen schon hier und da noch Pausen rein.

Sinn ergibt das aber in beiden Fällen nicht, vor alle, das e' im unteren System.

Mh…
 
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Häufig erkennt man an der Halsrichtung die Verteilung der Hände: unteres System l.H., oberes System r.H.
Oder gerade umgekehrt: manchmal wechselt die Stimme das System, um Hilfslinien zu vermeiden und dann bedeutet der gemeinsame (double-stemmed) Balken, dass die Linie mit einer Hand gespielt werden soll.
Berklee Contemporary Music Notation: "On piano, harp, vibraphone, or other instruments that read a grand staff, a beamed group might include notes set on both staves. This is sometimes called 'cross-staff beaming.' It indicates that a single hand is playing on notes set on both staves, and it is a good way to reduce ledger lilnes and general complexity on the page---particularly when the notes are all part of the same phrase."

Intuitiv würde ich auf den ersten Blick vermuten, daß Beispiel 1 mit einer Hand gespielt werden soll und Beispiel 2 mit zwei Händen. Sinn ergibt das aber in beiden Fällen nicht, vor alle, das e' im unteren System.
Goulds Beispiel ergibt musikalisch tatsächlich keinen Sinn, aber sie wollte wohl nur zu enge Platzverhältnisse demonstrieren.

Im Grunde ist auch im MuseScore-Beispiel nicht genügend Platz, weil der Hals der Halben in den Balken hineinragt - da müsste man den Zeilenabstand vergrößern oder eben den Balken komplett nach oben oder unten setzen (kein cross-staff beaming).

Ne, in meinem Fall habe ich Noten abgetippt und wollte wissen, ob meine Intuition oder MuseScore Recht hat für den Fall, daß eben kein courtesy accidental da steht.
MuseScore hat da definitv nicht recht, das ist tatsächlich ein Fehler:
Die Stimme, die den Staff gewechselt hat, weiß nicht, was um sie herum geschieht.

Jaein. Wenn Du dann noch mehrere Stimmen (mu͒-Terminologie) hast müssen schon hier und da noch Pausen rein.
Klar, im polyphonen Kontext hat jede Stimme ihre "eigenen" Pausen, aber die fragliche verbalkte Stimme zeigt ja wie gesagt durch den Balken ihren zeitlichen Raum an.

Viele Grüße
Torsten
 
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Im Grunde ist auch im MuseScore-Beispiel nicht genügend Platz, weil der Hals der Halben in den Balken hineinragt
Tut er jetzt nicht mehr (siehe oben, hatte den Hals etwas verkürzt; alternativ hätte ich den Balken rumschubsen können, war mir aber zu nervig und fragil).

Aber für cross-stave sind Kollisionsalgorithmen und dergleichen in der Software eh’ noch nicht ausgereift (hätte da noch weitere Beispiele in nem anderen, diesmal gemeinfreien, Stück, das ich am Wochenende gesetzt habe, aber will das jetzt nicht zu OT abdriften lassen hier). Aber dafür ist man ja Mensch, der das ganze optisch prüft und in die richtige Richtung schubst, wenn die Software das nicht alleine hinbekommt.
 
aber will das jetzt nicht zu OT abdriften lassen hier
Genau, es geht ja hier primär um das Lesen und Verstehen von Noten und nicht um spezielle Probleme spezieller Notensatz-Programme. Und die Hauptsache ist ja, dass man eingreifen kann, um das gewünschte Ergebnis zu erreichen.
 

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