Ich lehne (besonders momentan) die bitterernst klingende pauschale Schmähung des „alten Mannes“ ab.
Es wird nicht pauschal der "alte Mann" geschmäht. Es wird ein "a**** alter Mann" geschmäht - das ist ein wesentlicher Unterschied.
Genau wie der Unterschied zwischen allen Managern und allen ausbeuterischen Managern oder allen abge****n Managern.
"Aber der Feldzug einiger Kämpferinnen gegen DEN notgeilen alten Mann sollte sich in der Zwischenzeit längst rumgesprochen haben." (Kann dafür grade die Zitatfunktion nicht aktivieren.)
Von dem, was ich mitbekomme, geht es in diesem Feldzug oder besser diesem Diskurs nicht pauschal gegen "DEN notgeilen alten Mann", sondern gegen "DEN notgeilgen alten Mann, der Macht hat und diese Macht systematisch ausnutzt", Stichwort Weinstein, Trump und ähnliche machtgeile Konsorten. Und "DEN" deutet darauf hin, dass mit diesen Männern, die ihre Machtposition ausnutzen, die sich vorwiegend (aber nicht ausschließlich - siehe den systematischen Machtmißbrauch gegen Kinder in christlichen Kirchen) gegen Frauen richtet, nicht nur ein paar Ausnahmen gemeint sind, sondern dass sie erstens nur die Spitze des Eisberges sind und dass dieser sexuelle Machtmißbrauch zweitens System hat. System insofern, als in ganzen Branchen seit mehreren Jahrzehnten und Generationen Männer an Machtpositionen landen und dort hinkommen, weil sie Macht mißbrauchen wollen und sich als taugliche Steigbügelhalter etablierter Männer erwiesen haben, die dies schon länger tun. Deshalb ist dies ein System und damit überindividuell. Überindividuell meint, dass es nicht mit einer Verurteilung und Entmachtung von beispielsweise Weinstein getan ist, sondern dass das System so gestrickt ist, dass immer wieder Männer wie Weinstein an Machtpositionen gelangen können und gelangen und deshalb auch das System geändert werden muss. Und mit Alter hat das insofern etwas zu tun, als dass diese Machtpositionen in der Regel von älteren Männern inne gehalten werden, weil es eine zeitlang dauert, ehe man sich hochgekämpft hat und die alten Männer, die über einem stehen, ihre Positon so lange halten wollen, wie es eben geht. Man schaue sich nur in den Funktionsriegen nach den Kriterien "Geschlecht" und "Alter" um, und wird leicht verstehen, was gemeint ist und dass dies Realität ist - in ganz vielen Bereichen dieser Gesellschaft. Und genau deshalb ist Gebrauch von "DER" gerechtfertigt. Nicht als Pauschalisierung, die alle Männer dieses Universums meint (höchstens im Sinne einer potenziellen Fähigkeit bzw. Eignung), sondern als Kennzeichnung eines Systems, das man im Übrigen auch als Patriarchat begreifen kann.
In diesem Sinne ist der Begriff auch ein Kampfbegriffe. Und Kampfbegriffe haben ihre Bedeutung, ihren Sinn und ihre Grenzen.
Wir sind - da bin ich mir sehr sicher - da gar nicht weit entfernt,
@Jongleur . Zumal ich mir wiederum sicher bin, dass Du nicht zu den Männern gehörst, die ihre Machtposition ausnutzen oder ausgenutzt haben oder sich als Steigbügelhilfe angeboten oder verdingt haben. Ich denke, diese machtmißbrauchenden Männer sind Dir selbst ein Dorn im Auge und Du verwahrst Dich dagegen, mit diesen in einen Topf geworfen zu werden. Und dass Du Dich nicht scheust, gegen Macht, Systeme oder Machtmißbrauch, aktiv vorzugehen, schreibend oder wie auch immer, zeigst Du ja.
Mir ist nicht ganz klar, ob Du eher befürchtest, in den gleichen Topf geworfen zu werden - was ich im Übrigen nicht so sehe. Oder ob es eher darum geht, dass im Diskurs einige (!) Stimmen, die sich durchaus als stimmungsbildend und entscheidend sehen (ob sie dies sind, ist eine andere Frage), den oben geschilderten Sachverhalt so zu drehen, dass allein die Attribute "männlich" und "alt" vom Diskurs ausschließen und ausschließen sollen. Ich halte letzteres durchaus für eine Gefahr und auch in gewisser Weise für falsch (denn es verunmöglicht eine Solidarität mit Männern, die sich ebenfalls gegen machtmißbrauchende Männer wehren). Und ich glaube, dass in diesem Kontext deine roten Lampen angefangen haben, zu blinken.
Aber ich halte das für nichts, was diesen konkreten Text ausmacht und ich sehe auch nicht, wie dieser Text in diesen Teil des Diskurses einmündet, ihn beflügelt oder von ihm dienstbar gemacht werden kann.
Aber zurück zum Text. Also gut, ich versuch nochmal was anderes zu schreiben.
Das kannst Du natürlich machen. Ist im Übrigen eine sehr gute Übung. Gut zur Einübung von Stilmitteln, gut, um die jeweilige Wirkung zu betrachten, gut um variantenreicher zu werden.
Wenn Du selbst in Änderungen einen Vorteil siehst, wenn Du dich inhaltlich oder von der Haltung her anders verortest, wenn Dich Feedbacks bereichert haben, wenn Du eine andere story erzählen willst - auch alles gut.
Ich hätte meine Bedenken, Änderungen deshalb vorzunehmen, weil "das Publikum" das so zu wollen scheint. Zum einen repräsentiert dieses Forum nicht "das Publikum" (was auch immer das ist oder sein soll). Zum anderen ist es regelmäßig so, dass das, was dem einen gefällt, der anderen mißfällt und umgekehrt. Einen Text schreiben zu wollen, der allen gefällt, kann auch kein Stein des Anstoßes sein. Das ist auch okay so - Kunst kann vieles sein. Aber wenn es darum geht, einen Stein des Anstoßes in den Brunnen des mainstreams zu werfen, sollte das Ziel sein, dass er Wellen schlägt.
Man kann zig Songtext-Varianten dieses Themas aus zig Perspektiven mit zig Motiven schreiben und alle können Kunst sein und alle können etwas für sich haben und alle können etwas bewegen - nur für einen muss man/frau sich letztendlich entscheiden. Es sei denn, man macht sozusagen einen Zyklus - was auch schon etwas hätte und einem Konzeptalbum nahe kommt: eine Geschichte aus unterschiedlichen Perspektiven zu erzählen - und alles sind aus sich heraus schlüssig und brüchig zugleich und erlauben sowohl einen Einblick in die Tiefe der Beteiligten als auch in die Dynamik des Geschehenen - sozusagen konzentrische Kreise um ein Thema. Filmisch ist dies schon ein paar mal angegangen worden und gelungen - beispielsweise in Akira Kurosawas Film "Rashomon"
Wiki Rashomon
Wie auch immer - bin gespannt, wie das hier weiter geht und ob es am Ende eine musikalische Umsetzung gibt und wie sie sich anhört!
x-Riff