Analyse von Akkordfolge

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Hallo,

ich beschäftige mich momentan mit Jazz.

Ich hab eben etwas rumgeklimpert und habe jetzt folgende Akkordfolge gespielt, die mir gut gefällt:

A7 D7 D-7 A6

Leider sehe ich nicht die richtige Beziehung der Akkorde zueinander, warum sie zueinander passen.

A7 zu D7 : Stufenakkorde von A Dur
D7 zu D-7: ?
D-7 zu A6: ?

A7 enthält als Töne: A C# E G#
D7 enthält als Tone: D F# A C#
D-7 enthält als Töne: D F A C#

Wenn ich jetzt die Töne A7 und D-7 kombiniere, erhalte ich: A C# D E F G#
Daraus könnte ich fast eine A Dur Tonleiter draus basteln, nur wäre dann F keine große Septime mehr. Weiß jemand einen Rat?
 
Eigenschaft
 
A7 A6 und D7 sind leitereigene Akkorde von A-dur und D-7 (D F A C !) ist nicht leitereigen.
D-7 ist in A-dur bloß eine Mollsubdomiante Stichwort modal interchange.
 
A7 und D7 sind nicht leitereigen in A-Dur. Aber du könntest es als Bluesprogression sehen, dann hast du A7 als Tonika, D7 als Dominante, Dm7 als vermollte Subdominante (Modal Interchange) und A6 wieder als Tonika. Über A7 und D7 kannst du dann mixolydisch spielen, über Dm7 dorisch und über A6 wieder mixolydisch (oder vll ionisch).
 
Hi, Danke für eure Antworten!

Entschuldigt, ich habe die Akkorde falsch notiert. Ich meine AMaj7 DMaj7 D-7 A6 (Die angegebenen Töne sind richtig.)
 
Oha, Phisherman, das sind aber Welten Unterschied zwischen den Versionen!

Was Du jetzt noch vergessen hast anzugeben - und das wird leider von den meisten hier immer wieder vernachlässigt - ist die rhythmische Aufteilung Deiner Akkordprogression. Man spricht hier vom Harmonischen Rhythmus - eben dem Rhythmus den die Harmonien machen.

Hier ein Beispiel wie es aussehen könnte:

|| AMA7 | DMA7 Dm7 | A6 | % ||

Die von Dir angegebene Akkordprogression wird im allgemeinen als Subdominantkadenz (= plagale Kadenz) bezeichnet.
Ihr Grundschema verläuft | I | IV | I | % |.
Du hast die Zurückführung von der Subdominante zur Tonika noch etwas ausgeschmückt indem Du die Mollsubdominante als Verbindungsakkord zwischen beide eingefügt hast. Diese Kombination findet sich in zahlreichen Standards wieder. Sie heißt SDM (Subdominantmoll) Kadenz.
Im Moment der Mollsubdominante musst Du die Stammtonleiter Deines Stückes verändern. Dein Dm7 hat als Chord-Scale nämlich Dorisch, d.h. Du musst von der A Dur Tonleiter 3 Töne verändern. Das f# wird zum f, das c# zum c und das g# zum g.
 
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Danke für die Erklärung. Würdest Du mir noch erläutern, wieso ich das machen darf? Denn Dm7 gehört doch zum äolischen und nicht zum ionischen System. Dm7 (D F A C) enthält doch gar nicht die Töne von AMaj7 (A B C# D E F# G# A). Und imho erklärt Modal Interchange es auch nicht, weil der Anfangs- und Endakkord nicht zu Dm7 bezüglich der Tondifferenzen passen.
Oder ist der Akkord eigentlich fehl am Platze, aber wenn ich ihn spielen will, muss ich, wie du geschrieben hast, zu A-Äolisch wechseln?
 
Oha, Phisherman, das sind aber Welten Unterschied zwischen den Versionen!



Hier ein Beispiel wie es aussehen könnte:

|| AMA7 | DMA7 Dm7 | A6 | % ||

Die von Dir angegebene Akkordprogression wird im allgemeinen als Subdominantkadenz (= plagale Kadenz) bezeichnet.
Ihr Grundschema verläuft | I | IV | I | % |.

Im Moment der Mollsubdominante musst Du die Stammtonleiter Deines Stückes verändern. Dein Dm7 hat als Chord-Scale nämlich Dorisch, d.h. Du musst von der A Dur Tonleiter 3 Töne verändern. Das f# wird zum f, das c# zum c und das g# zum g.

Phisherman hatte hier aber anstatt Dm7 (kleine Septime) die große Septime notiert. In Funktionsschreibweise: s7+ . Etwas ungewöhnlich zwar,
doch ich denke es ist beabsichtigt, wohl auch um eine zweite Alteration zu vermeiden (die große Septime ist leitereigen).
 
Danke für die Erklärung. Würdest Du mir noch erläutern, wieso ich das machen darf? Denn Dm7 gehört doch zum äolischen und nicht zum ionischen System. Dm7 (D F A C) enthält doch gar nicht die Töne von AMaj7 (A B C# D E F# G# A). Und imho erklärt Modal Interchange es auch nicht, weil der Anfangs- und Endakkord nicht zu Dm7 bezüglich der Tondifferenzen passen.
Oder ist der Akkord eigentlich fehl am Platze, aber wenn ich ihn spielen will, muss ich, wie du geschrieben hast, zu A-Äolisch wechseln?

Modal Interchange ist das "Leihen" von Akkorden aus anderen Modalitäten. Es ist vom Klang her normal, dass er nicht ganz in die Tonalität passt. D.h. bei Modal Interchange ist es egal, ob der nun bei den Stufenakkorden vorkommt, per Definition tut er es eigentlich nicht.
 
ist das schon modal interchange, wenn man nur das Dmaj7 zu Dm7 verändert?
Für mich ist es eine sehr normale Kadenz, schon aus der Klassik bekannt, wurde früher gern als Schluss verwendet. Auch im Blues ein ganz altes Klischee, wobei dort natürlich eher die 7er statt maj7 Akkorde passen.
(A A7 D Dm A)

Die Idee ist eigentlich nur die Stimmführung: vom Akkord D über Dm zu A wandert eine Melodie (Einzeltöne) abwärts von F# über F zu E. Da das so schlüssig klingt, funktioniert die ganze Akkordfolge.
 
Würdest Du mir noch erläutern, wieso ich das machen darf?

Es handelt sich hier um die sogenannte Variantik (Tongeschlechtswechsel) die ab 1800 immer häufiger eingesetzt wurde. Sie kann gleichwohl bei allen 3 Hauptfunktionen angewandt werden, jedoch eignet sich der Subdominantbereich besonders gut, da hier das tonale Zentrum am "offensten" ist. (Tonika und Dominante sind mehr zur Wahrung der tonalen Stabilität verantwortlich als die Subdominante).

Wir borgen uns damit vorübergehend etwas aus dem gleichnamigen Moll. In unserem Beispiel hier kann das aus dem gleichnamigen Aeolisch als auch Melodisch Moll sein (siehe Beitrag von RMACD). Entscheiden wir uns für Aeolisch erhalten wir einen Mollseptakkord. Entscheiden wir uns für Melodisch Moll erhalten wir einen Moll-Major-Sieben-Akkord oder Mollsextakkord.

Das vorübergehende Ausborgen von Akkorden eines anderen gleichnamigen Modes nennt man in der Jazz- und Popularmusik eben auch Modal Interchange, wobei der Begriff Modal Interchange weit mehr Möglichkeiten umfasst als nur den reinen Tongeschlechtswechsel.



Und imho erklärt Modal Interchange es auch nicht, weil der Anfangs- und Endakkord nicht zu Dm7 bezüglich der Tondifferenzen passen.
Das Besondere an dieser Modal Interchange Technik ist eben das Unvorhergesehene, der Überraschungseffekt. Ein MI Akkord steht oft allein inmitten diatonischer Akkorde. Gut platziert verfehlt er seine Wirkung eigentlich nie, auch wenn manche Konstellationen (wie z.B. unsere hier) schon relativ abgenutzt sind.

Bei der Subdominante vollzieht sich der Tongeschlechtswechsel immer von Dur nach Moll.
Bei der Dominante, wenn es denn mal vorkommt, ist er von Moll nach Dur. || Em E/D | A/C# || wäre ein Beispiel dafür in A Dur.


Du würdest jetzt gut daran tun die Familie der Subdomantmollakkorde (SDM) zu erkunden um das ganze Klangspektrum dieser Technik zu erfahren.
Der charakteristische Ton dieser Familie ist die bVI Stufe der Tonart. Enthält ein Akkord aus dem Gleichnamigen Aeolisch diesen Ton, gehört er zur SDM-Familie.
In Deinem Beispiel ist das gleichnamige Aeolisch A-Aeolisch. Die bVI Stufe wäre somit der Ton "f". Folglich gehören die Stufenakkorde Bm7b5, Dm7, FMA7 und G7 alle zur Subdominantmoll-Familie von A Dur. Diese Akkorde sind gegenseitig austauschbar, da sie die gleiche Funktion haben.
 
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Sehr vielen Dank für die plausible Antwort. Nun eröffnet sich mir aber schon wieder eine Frage:
Was ist mit der Familie der Subdominantmollakkorde gemeint? Bei Dur sind laut Sikoras Jazz-Harmonielehre die Stufen IVMaj7, II-7 und V7 die S-Funktionen, weil sie nur den harmonischen Leitton besitzen, also den 4. Ton der Dur Tonleiter (S.77f). Aber bei der Molltonleiter sind die Halbtonschritte anders platziert. Ich weiß nicht, als was man es bezeichnet, aber ich habe mal gelernt, dass ich Stufenakkorde auch mit ihren Nachbarn ersetzen kann, wenn sie min. 2 Töne des Akkordes beinhalten. Auf die Mollsubdominante von A-Dur angewendet gäbe das dann:

Code:
A   B   C   D   E   F   G
D   F   A   C:D-7
F   A   C   E:FMaj7
B   D   F   A:B-7/b5


Meintest du das?
 
Was ist mit der Familie der Subdominantmollakkorde gemeint? Bei Dur sind laut Sikoras Jazz-Harmonielehre die Stufen IVMaj7, II-7 und V7 die S-Funktionen, weil sie nur den harmonischen Leitton besitzen, also den 4. Ton der Dur Tonleiter (S.77f).
Achtung! Nicht V7 sondern V7sus4 kann Subdominantfunktion haben.

Bei Moll gehören die Stufen IIm7b5, IVm7, bVIMA7 und bVII7 deshalb zur Subdominantmollfamilie, da sie alle den b6. Ton der Molltonleiter beinhalten.
Der b6. Ton einer Molltonleiter ist identisch mit dem 4. Ton ihrer parallelen Dur Tonleiter.
Auf unser Beispiel bezogen bedeutet dies, der Ton "f" ist sowohl der b6. Ton von A Aeolisch also auch der 4. Ton von C Ionisch.
Der 4. Ton einer Durtonleiter behält also seine subdominantischen Eigenschaften in der parallelen Molltonart bei und ist essentieller Bestandteil der Akkorde der Mollsubdominantgruppe.
(Der Leitton "b" von C Dur spielt in A Aeolisch keine Rolle, da der Leitton von A Moll ein anderer, nämlich "g#", ist.)



Aber bei der Molltonleiter sind die Halbtonschritte anders platziert. Ich weiß nicht, als was man es bezeichnet, aber ich habe mal gelernt, dass ich Stufenakkorde auch mit ihren Nachbarn ersetzen kann, wenn sie min. 2 Töne des Akkordes beinhalten. Auf die Mollsubdominante von A-Dur angewendet gäbe das dann:
Code:
A   B   C   D   E   F   G
D   F   A   C:D-7
F   A   C   E:FMaj7
B   D   F   A:B-7/b5
Meintest du das?

Man könnte das so herleiten, aber man läuft dabei Gefahr auch Akkorde verschiedener Funktion gleichzusetzen. Z.B. FMA7 und CMA7 haben auch 2 gemeinsame Töne. G7 und Em7 ebenso. Das haut dann nicht hin.
In Dur Tonart geht die Abgrenzung zwischen den 3 Funktionen besser über die Avoids.

Bei Tonikafunktion ist der Grundton der Subdominante verboten.
Bei Subdominante ist nichts verboten.
Bei Dominantfunktion ist der Grundton der Tonika verboten.

Einzige Ausnahme bei diesem "System" ist die III Stufe bei der es 2 avoids gibt.
 
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Herzlichen Dank an alle und besonders an CUDOII für die ausführlichen Erklärungen. Schade, dass man nichts zu Subdominantmollakkorden im Internet findet außer in Foren, in denen immer wieder auf sie hingewiesen wird.

Hier also eine kurze Zusammenfassung:

Subdominantmollakkorde:
-ersetzen die Subdominantakkorde der Durparallelen
-müssen den b6. Ton der Molltonleiter (4. Ton der Durparallelen) beinhalten, damit der Akkord die Eigenschaften der Subdominante beibehält (darf und muss nur den harmonischen Leitton, also den 4. Ton der Durparallelen besitzen)
-Folgende Subdominantmollakkorde resultieren daraus:
IIm7/b5
IVm7
bVIMaj7
bVII7
 
Hier also eine kurze Zusammenfassung:

Subdominantmollakkorde:
-ersetzen die Subdominantakkorde der Durparallelen
so würde man das nicht sagen.
SDM Akkorde werden im gleichnamigen Dur in Kombination mit der Dur-Subdominante (Reihenfolge Dur->Moll) oder auch alleinstehend in Kombination mit Tonika oder Dominante benutzt.

-müssen den b6. Ton der Molltonleiter (4. Ton der Durparallelen) beinhalten, damit der Akkord die Eigenschaften der Subdominante beibehält (darf und muss nur den harmonischen Leitton, also den 4. Ton der Durparallelen besitzen)
Besser so rum gesagt: alle Stufenakkorde der NM Tonleiter die die bVI Stufe als Akkordton beinhalten haben SDM Charakter.

-Folgende Subdominantmollakkorde resultieren daraus:
IIm7/b5
IVm7
bVIMaj7
bVII7

Es gibt, um genau zu sein, noch ein paar mehr - und zwar bIIMA7 (hergeleitet von der bVIIMA7 Stufe im parallelen Dur), dann IVm6 und bVI6. Letztere beide sind natürlich nur Varianten ihrer Stammakkorde.
 
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