Austausch der Griffbrett-Dots - ein Erfahrungsbericht

Vlad
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Hallo DIYler!

Das wollte ich schon lange mal machen: Die öden weißen Dots meiner Strat gegen was Schöneres auswechseln. Zudem gerade durch schöne Dots, ein gewöhnliches Instrument, schnell zu einem optisch edleren aufgewertet werden kann. Eine vollständige Anleitung dazu zu finden, hat sich jedoch als eine Sache der Unmöglichkeit herausgestellt. Viel eher wird davon immer ab- und zum Besuch beim Gitarrenbauer geraten.

Um es mal gleich vorweg zu nehmen: Bei z.B. UniCut hätte mich der Austausch 30-50 Euro gekostet, je nachdem, wie schwer sich die alten hätten entfernen lassen, zzgl. Der Dots selbst (5€). Wenn ihr handwerklich ungeschickt seid und Angst habt die Gitarre dadurch im Wert zu mindern, rate ich ebenso zum Gitarrenbauer, da der Preis, angesichts des Zeitaufwandes, völlig in Ordnung geht.

Es selbst zu machen hat natürlich auch was. Man kann sich die Inlays genau aussuchen und wird durch die Arbeit, die durchaus Spaß macht, noch mehr mit dem Instrument verbunden.
Hier gibt es zwar eine Mini-Anleitung, die beschränkt sich jedoch nur auf das simple Entfernen und Einsetzen der neuen Dots. So ganz ohne Schleifen ist es nicht möglich ein optimales Ergebnis zu erreichen, sprich die Inlays unfühlbar ins Griffbrett einzufügen. Insbesondere, wenn es einen kleinen Radius (starke Wölbung) besitzt.

Ich hatte, bevor ich mich an die eigentliche Patientin herantraute, an meiner Versuchskaninchen-Tele mit verschiedenen Techniken experimentiert, bis ich für mich einen zuverlässigen Weg fand, bei dem eigentlich nur wenig schiefgehen kann, sofern man, wie angedeutet, kein Grobmotoriker ist.
Zumindest denke ich, dass dieser Bericht dabei helfen wird, zu entscheiden, ob man sich die Arbeit zumuten kann, oder sie doch jemandem mit mehr Erfahrung überlässt. :)

Es sollten grüne Paua Dots werden.



Bestellt bei Rothko and Frost aus England und sehr schnell geliefert bekommen. Für den Preis natürlich gleich 2 Sets genommen, was ich auch unbedingt empfehle! Nicht nur, dass man sich die schönsten zusammensuchen kann; die Wahrscheinlichkeit, dass ein, oder zwei davon kaputt gehen (müssen) ist, sofern man sowas zum ersten Mal macht, recht hoch.
Aber erst einmal müssen die alten raus…


Entfernen der alten Dots:

Ein Gitarrenbauer würde, soweit ich weiß, mit entsprechender Vorrichtung den Hals unter einer Ständerbohrmaschine fixieren und einen Bohrer, entsprechend der Inlaygröße, nehmen. Damit werden die alten Dots sauber entfernt und die Öffnungen sind bereit für die neuen.
Wenn besagte Vorrichtungen nicht zur Verfügung stehen, muss man sich anders zu helfen wissen. Ich habe also 2 „Hausmittel“- Methoden ausprobiert.


Die Bohrmaschine (freihändig):

Hat man eine Gitarre mit Perlmutt, oder Abalone-Dots vor sich, ist Bohren die einzige Methode. Aber auch ihren Plastikderivaten ist damit schnell der Gar aus gemacht.

Ich empfehle auf jeden Fall richtige Holzbohrer – das sind die, mit der Zentrierspitze. Am besten einen nehmen, der 2mm kleiner, als der Dot ist, um genug Sicherheitsabstand zum Rand zu haben. Der Vorteil dieser Bohrer ist, dass sie sich nicht, wie ein gewöhnlicher Spiralbohrer in das Inlay rein fressen und im Inneren Druck aufbauen, sondern es gleichmäßig und sauber abtragen.



Wer nur normale Spiralbohrer zur Auswahl hat, sollte einen eher dünnen nehmen und das Inlay möglichst mittig und senkrecht durchbohren. Die Angst, ohne Bohrständer abzurutschen, hat sich als unbegründet herausgestellt. Bei moderater Drehzahl arbeitet sich der Bohrer gut in das Material und sobald dieses durch ist, sackt er leicht ein, da in der Mitte unter dem Dot immer ein kleiner Freiraum ist. Das hat mit den Holzbohrern zu tun, mit denen die Löcher ursprünglich gemacht wurden. Generell ist es gut fühlbar, sobald man am Holz ankommt.
Es kann bei diesen Bohrern aber, wie gesagt, vorkommen, dass der Druck im Inlay zu groß wird und dieses teilweise im hohen Bogen raus fliegt. Lieber eine Schutzbrille tragen! Auch erhöht sich damit die Gefahr einer Holzbeschädigung.



Die Überbleibsel lassen sich nun mit einem kleinen Schraubenzieher o.ä. vorsichtig rausfummeln.


Der allseits gefürchtete Lötkolben:


Hat man es mit Plastikdots zu tun - und das hat man bei günstigen Gitarren so gut, wie immer – spricht nichts dagegen, diese in der Mitte durchzuschmelzen. Die Spitze des Lötkolbens habe ich durch eine normale Nadel ersetzt, um sauberer arbeiten zu können. Die Wärmeabgabe ist damit so gering, dass sie nicht einmal reicht, um den Dot gänzlich zu erhitzen. Also nein, das Griffbrett wird euch nicht abfallen ;)
In das entstandene Loch lässt sich wieder ein kleiner Schraubenzieher oder auch eine kleine Schraube herein drehen und damit versucht man nun den Dot vorsichtig freizuwackeln und herauszuziehen.



Diese Methode habe ich persönlich als am sichersten empfunden und schließlich auch bei der Zielgitarre angewendet, da man mehr Kontrolle über den Vorgang hat und sofort sieht, wenn etwas schiefläuft.
Manche Dots können stärker festgeklebt sein, als andere und sitzen zunächst scheinbar bombenfest. Letztendlich aber konnte ich alle durch leichtes Wackeln lösen und entfernen. Sollte sich dabei ein Stückchen Holz mit ablösen, einfach einen kleinen Tropfen Sekundenkleber auf die Stelle geben und das Stückchen wieder anpressen. Die Stelle wird hinterher nicht mehr zu sehen sein. Holzabsplitterungen sollten bei halbwegs homogenem Griffbrettholz aber eine Ausnahme darstellen.


Einsetzen der neuen Dots:

Hier sieht man, was ich weiter oben angesprochen habe. Die kleine Vertiefung in der Mitte des Lochs, verursacht durch einen Holzbohrer. Außerdem Kleberreste, welche beseitigt und eine leicht variierende Bohrtiefe, die ausgeglichen werden muss.



Bei dieser (etwas älteren) Gitarre wurden die Löcher zwar als 6mm gebohrt, da das Holz aber im Laufe der Zeit leicht geschrumpft ist, passten die neuen 6mm Dots nicht auf Anhieb rein. Auf keinen Fall mit Gewalt vorgehen und die Dots rein pressen oder schlagen!
Ich habe einfach einen 6mm Bohrer genommen und von Hand, gegen den Uhrzeigersinn, in das Loch gedreht. So verkeilt er sich nicht und man muss nicht wieder auf motorisiertes Werkzeug zurückgreifen. Das Loch wird dadurch trotzdem wieder auf seine ursprüngliche Größe gebracht. Wir bewegen uns hier schließlich im Zehntel-Millimeter Bereich.
Ich empfand es übrigens als optimal, wenn der Dot mit leichtem Widerstand reingedrückt werden konnte, sodass er vom umgebenden Holz bereits einigermaßen fixiert wurde und kein Spiel hatte.

Wie man auch sieht, sind die Bohrungen für meine knapp 1,5mm-Inlays viel zu tief. Es muss also aufgefüllt werden. Da ich keine gängigen Füllstoffe zur Hand hatte, bin ich recht unkonventionell vorgegangen, indem ich jeweils 3-4 Plättchen aus dickem Papier zurechtgeschnitten und damit, nach Augenmaß ausgepolstert habe.



Es ist absolut wichtig, dass die Dots nach dem Einsetzen überstehen, oder zumindest an keiner Seite tiefer, als das Griffbrett liegen! Sitzen sie tiefer, wird man beim Feilen und Schleifen den Radius des Griffbretts beeinträchtigen. Das würde der Bespielbarkeit zwar keinen Abbruch tun, wäre aber unnötiger Pfusch. Die Dots müssen an die Wölbung angepasst werden – nicht umgekehrt.
Es ist auch nicht schlimm, wenn man das Gefühl hat, dass er noch weiter rein könnte. Er wird durch das Festkleben ausreichend stark an seinem Platz gehalten.
Sollte ein Dot zu tief hineingeraten und fest sitzen (also nicht von selbst wieder rausfallen), versucht um Himmels Willen nicht, ihn zu retten! Ihr werdet nur das Holz beschädigen. Also schnappt euch die Bohrmaschine und auf ein Neues.



Nun noch ein paar Tropfen Sekundenkleber drauf und einige Minuten trocknen lassen. Der Kleber verteilt sich automatisch um das Inlay herum.


Bearbeiten der Dots:

Naja… Bearbeiten des Griffbretts trifft es eigentlich mehr, aber an dieser Stelle ein nicht unwichtiger Hinweis: Vielerorts liest man, der anfallende Staub von Abalone, Paua und anderen Schalenmaterialien sei giftig. Das ist nicht ganz richtig. Das Material und der Staub an sich sind ungiftig, letzterer kann aber, durch seine Beschaffenheit, allergische Reaktionen, wie Atembeschwerden und Schleimhautreizungen hervorrufen. Bei einer so gering und einmalig anfallenden Menge wie bei der Arbeit mit Dots, sollte zwar nichts passieren, aber man muss es ja nicht unnötig provozieren. Einen Staubsauger hat schließlich jeder zu Hause und es schadet nicht, größere Mengen gleich zu entfernen.

Als Erstes müssen die Dots bündig gefeilt werden. Eine Einhieb-Feile funktioniert wunderbar. Lieber einer Nummer feiner, um das Griffbrett zu schonen. (Muss nicht rostig sein)



Kontrolliert mit dem Finger, ob noch Kanten zum Griffbrett vorhanden sind. Es muss, wie gesagt absolut bündig werden. Feilt dabei gleichmäßig den Dot und nicht den gesamten Bund. Es ist auch ganz gut hörbar, wenn nicht mehr hauptsächlich das Inlaymaterial abgetragen wird.
In den höheren Bünden benötigt ihr natürlich eine schmalere Feile und etwas mehr Geschick. Fangt daher erst in den unteren Bünden an. Ob ihr die Stäbchen abklebt, müsst ihr selbst wissen. Ist bei ausreichender Vorsicht mit der Feile eigentlich nicht notwendig.


Der nächste Schritt sieht schlimmer aus, als er ist. Da durch das Feilen und das spätere Schleifen auch eine gewisse Holzschicht mit abgetragen wird, wird sich die „frische“ Schicht farblich vom Rest des Griffbrettes abheben und z.B. auch das Öl anders aufnehmen. Deswegen ist es nötig, sowohl den Rest des bearbeiteten Bundes, als auch alle anderen Bünde abzuschaben. Das entfernt auch die Feilspuren und ebnet das Inlay ein wenig mehr.

Was es damit auf sich hat, ist in diesem Video (bis 3:00) bestens zu sehen:



Also: Steife Klinge, fest und senkrecht gehalten, gleichmäßig über den gesamten Bund vom Bundstäbchen zum Bundstäbchen. Bei leichtem Druck. Eventuell an der großen Wohnzimmerpflanze, die euch schon immer genervt hat üben, um ein Gefühl dafür zu bekommen.
Für mich hat die, eines Cuttermessers wunderbar funktioniert. (Muss auch nicht rostig sein)



Ein Durchgang reicht im Prinzip. Es muss nicht so viel abgenommen werden, wie auf dem Bild. Ich hatte durch die grobe Feile einfach etwas tiefere Kratzer drin und wollte, dass das Holz wieder richtig frisch wird.
Falls ihr dabei merken solltet, dass der Dot doch noch wesentlich raus steht (die Klinge stolpert eher über ihn, anstatt ihn mit abzutragen), auf keinen Fall versuchen, dem mit der Klinge beizukommen, sondern den Überstand nachfeilen und dann wieder abschaben.
Danach noch, wie im Video zu sehen, mit der Spitze der Klinge, die Bundecken entlanggehen, um das abgetragene Holz zu lösen.


Nun kommt der quasi letzte Schritt: Feinschleifen.



Das macht das Holz wieder schön glatt und liebenswert. Ich habe ziemlich altes (aber nicht rostiges) 600er Papier benutzt, das fast schon mehr poliert hat, als geschliffen.
Falls jetzt noch Kratzer sichtbar werden, die sich nicht raus schleifen lassen -> Klinge.

Man hat nach den ersten 2-3 Dots den Dreh raus und ein gutes Gefühl für das, was man tut. Also kann man nun alle restlichen Dots auf einmal raus nehmen, dann alle einkleben, alle Feilen usw.
Super ist es natürlich, wenn man einen Schrotthals rumliegen hat, auf dem man üben kann.

Zum Schluss, wie gesagt noch die unbeteiligten Bünde abschaben und schleifen.



Und nach der ersten Ölung:



Stellenweise sind noch hier und da kleine Kratzer sichtbar geworden. Hier habe ich nochmal die Klinge raus geholt und entweder stellenweise etwas Holz abgenommen, oder bei großflächigen Kratzern, den ganzen Bund nochmal bearbeitet. Wer feine Stahlwolle parat hat, kann die Bünde und Dots noch auf Hochglanz bringen.

Das Griffbrett ist nun wie neu und insgesamt bin ich sehr zufrieden.



Die Dots sind, bis auf ihre glattere Oberfläche, nicht fühlbar. Das war sogar bei den Originalen nicht so schön. Ach ja und besser aussehen tut‘s auch!



Bleibt noch zu sagen, dass ihr euch auf jeden Fall mindestens einen halben Tag dafür nehmen und bei gutem Licht arbeiten solltet, da sonst eventuelle Macken erst später bemerkt werden. Es ist keine Beschäftigung für eine schlaflose Sommernacht. Zumindest nicht beim ersten Mal. :)

Ich hoffe, der Bericht ist dem einen oder anderen eine Hilfe!

Gruß,
Vlad
 
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Reaktionen: 47 Benutzer
Fantastische Arbeit. Auch der Einbau des Holz-Pickguards war schon erste Sahne!
Fast zu schade um auf der Gitarre zu spielen. Anschauen reicht schon.

Gruß
Jo
 
Super Beschreibung, Danke!
 
Klasse Bericht! :great:




Einziger Makel: wie lange werden bei imageshack die Bilder vorgehalten? Es wäre nämlich schade, wenn die dort irgendwann mal gelöscht würden und der ganze Bericht zerstört wäre.
 
Danke für das tolle Feedback!

Und keine Sorge, was die Bilder angeht:
Imageshack FAQ schrieb:
If you are registered, your files will be available forever.
 
Ein Tipp: Imageshack hat die Regeln geändert aber noch nicht alle Texte auf den Webseiten entsprechend aktualisiert. Seit April werden pro kostenlosem Account nur noch die 500 neuesten Bilder dauerhaft gespeichert, alles was darüber hinausgeht wird am Monatsende gelöscht: http://kb.imageshack.us/is/article?22=faq. Laste deinen Account also lieber nicht zu sehr aus.
 
Super Bericht! Werde ich mal in Betracht ziehen...
 
Echt Klasse, gut erklärt und gut bebildert - evtl. wär's aber wirklich sinnvoll, die Fotos auf dem Board hochzuladen. Immer schade, wenn sie nach 'n paar Wochen/Monaten weg sind ...

Macht jedenfalls Lust, auch mal wieder zu basteln :) Muss mir doch bei Gelegenheit mal wieder 'ne billige Bastel-Klampfe auf ebay & Co. schießen und ein bissl was ausprobieren ...
 
Danke, danke.
Im Board lade ich bei größeren Artikeln nichts hoch, weil die Anhänge auf 8 Stück begrenzt sind waren, seh ich grade. Aber die Bildergröße ist immer noch stark begrenzt und das sieht nach dem Komprimieren oft nicht mehr so toll aus (auch wenn es nur mir auffällt :redface:)
Wie gesagt, keine Sorge. Ich checke eh von Zeit zu Zeit, ob noch alle Bilder in meinen Artikeln gehen und falls nicht, tauscht ein Mod einfach kurz die Links aus.
 

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