@Dietlaib:
...
Du hast völlig recht. Wechselt man die Position so wechselt man auch das Tongeschlecht. Wie du richtig anmerkst ist die 3. Position eben nicht D-Moll sondert D-Dorisch. Und wie du wahrscheinlich schon vermutet hast, ist auch die 2. Position nicht G-Dur und die 12. Position (auch 1st flat genannt) nicht F-Dur. Lediglich die 1. Position ist Dur und die 4. ist Moll. Die anderen Positionen sind die anderen Kirchentonarten:
12. Pos: Lydisch F
1. Pos: Ionisch C (Dur)
2. Pos: Mixolydisch G
3. Pos: Dorisch D
4. Pos: Äolisch A (Moll)
5. Pos: Phrygisch E
(6. Pos: Lokrisch H)
...
Tongeschlechter, Quintenzirkel, das Prinzip der enharmonischen Verwechslungen und die Problematik der korrekten Bezugsetzung bei der Benennung von einfachen oder gar doppelt versetzten Stufen sind mir geläufig. Die Verteilung der Töne in den Kanälen einer Dur-Harp im Richter-Stimmsystem ebenfalls. Trotzdem finde ich die von Dir gelisteten Positionsbezeichnungen extrem verwirrend.
C und D sitzen im 1., 4. und 7. Kanal
G sitzt im 2.v, 3.^, 6.^ und 9.^ Kanal
A sitzt im 6.v und 10.v Kanal
E sitzt im 2.^, 5.^ und 8.^ Kanal
F sitzt im 5.v und 9.v Kanal
C > 1. Pos = 1. Kanal paßt
G > 2. Pos = 2. Kanal paßt
E > 5. Pos = 5. Kanal paßt obgleich E auch im 2. Kanal sitzt
Der Rest läßt sich mit diesem Schema nicht erklären.
Also betrachte ich die Quintenkette:
... - Es - B - F - C - G - D - A - E - H - Fis - Cis - ...
... -3 -2 -1 0 +1 +2 +3 +4 +5 +6 +7 ...
und nehme C als 0-Position an (weil 0 Vorzeichen).
Das passt nicht zu Deinen Positionsbezeichnungen.
Nehme ich C als 1. Position an, scheint das auf den ersten Blick zu Deinen Positionsbezeichnungen zu passen. Nur wieso ist dann
F die 12. Position? Oder F flat? Dort erreiche ich Eis (E sharp) in der Quintenkette. Die Töne F und Eis sind zwar klangleich, jedoch völlig bezugskonträr.
Außerdem:
Betrachtet man die Geschichte noch etwas genauer, dann erkennt man, dass die Anzahl der Quintsprünge gleichzeitig die Anzahl der Vorzeichen bedingt und von den gefundenen Grundtönen mit Hilfe der Vorzeichen jedesmal eine Dur-Leiter aufgebaut wird. Die sind allerdings nicht in der Harp zu finden. Statt dessen findet man die von Dir bereits genannten Parallel-Tonarten.
Für die machen die von Dir gewählten Positionsbezeichnungen aber doch keinen Sinn.
Die Paralleltonarten ergeben sich, wenn die 7 Töne einer Tonleiter nacheinander als Grundton benutzt werden. So gesehen wäre es doch logischer, die Leiterposition in der Dur-Leiter als Positionsziffer zu benutzen. Nur im Bezug auf die Harp hilft das irgendwie nicht weiter.
1 Dur (E/E) / 2 dorisch (M/M) / 3 phrygisch (A/A) / 4 Lydisch (-/E) / 5 Mixolydisch (E/M) / 6 moll (M/A) /
7 lokrisch (A/-)
Die in Klammern gesetzten Buchstaben sind ein Hinweis auf die Position der Halbtonschritte A=Anfang M=Mitte E=Ende im Tetrachord und -=Zwischenposition "Grenze" zwischen den beiden Tetrachorden.
Die großen Anfangsbuchstaben der Tongeschlechter-Bezeichnungen (ich nenne das lieber Leiterstruktur) deuten die Dur-Verwandschaft an, die kleinen die Moll-Verwandschaft. Lokrisch paßt aufgrund des Tritonus' in dieses System nicht hinein und ist deshalb kursiv geschrieben.
Bei Lee Oskar beziehen sich die Positionsbezeichnungen auf die Kanäle.
Wenn man sich eine Natural Minor Harp von Lee Oskar kauft, muß man sich die Key Labels genau durchenken, um dahinter zu kommen, auf welcher Harp die gewünschte Tonart gespielt werden kann. Die in den Verkaufskatalogen angegebene Tonart bezieht sich auf die Cross-Position.
Beispiel Am - Natural Minor
Auf der Harp sind folgende Beschriftungen angebracht:
1st Dm (d.)
2nd Am (N)
Im Klartext bedeutet das
In der Harp steckt die Tonleiter
d e / f - a / a - c / d e / f g / a h / c d / e f / g a / h - d
> c d e f g a h c = E/E = Dur (Grundposition der Paralleltonarten) > Grundton der Leiter im 3. Kanal ziehen
> d e f g a h c d = M/M = dorisch (Paralleltonart auf der 2. Leiterstufe) > Grundton der Leiter im 1. Kanal blasen = straight position
> a h c d e f g a = M/A = "natürliches" moll (Paralleltonart auf der 6. Leiterstufe) > Grundton der Leiter im 2. Kanal ziehen = cross position
Somit sind die Positionsbezeichnungen ein Hinweis auf die Kanäle, in denen sich die Grundtöne befinden.
Die Bezeichnung Dm (d.) = D-moll dorisch finde ich unsinnig. Dorisch ist zwar mit moll verwandt, Melodien in Moll lassen sich auf dieser leiter jedoch nur dann in der D-Position spielen, wenn in der Melodie die 6. Stufe h/b fehlt. Genau genommen ist die Tonart von moll-artigen Liedern ohne 6. Stufe nicht eindeutig feststellbar, sie können sowohl in moll als auch in dorisch gehört/verstanden werden.
Gruß
Lisa