Choraufnahme: ORTF oder AB? Fragen zum Aufnahmewinkel

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Hey,

vielleicht kennt sich jemand gut in der Materie aus und kann mir die wesentlichen Unterschiede bezüglich Aufnahmewinkel zwischen ORTF und AB erklären.
Der Aufnahmewinkel von ORTF wird mit 96° angegeben. Was passiert wenn ein Klangkörper außerhalb dieses Winkels steht: ist ein starker Lautstärkeabfall zu verzeichnen, oder klingt er "noch weiter Links/Rechts" als hart L/R bei dem normalen Randwinkel von ORTF (±48°) - mit unnatürlichem Charakter?
Warum wird bei einer AB Stereophonie der Einfallswinkel größer wenn die Mikrofonbasis abnimmt?


Welches Stereomikrofonieverfahren empfiehlt sich bei folgendem Aufbau:

chor_recording.jpg

Weiter weg kann und will ich schlecht, da ich einen direkten Klang mit Ausblendung des Raumanteils bevorzuge. Ein Hall soll nachträglich hinzugemischt werden. Auch Publikum ist anwesend --> Störgeräusche.
Die Combo rechts ist nur manchmal im Einsatz und wird seperat abgenommen. Soll ich trotzdem unbedingt weiter zurück, damit die Combo mit auf den Hauptmikros ist und nicht wie jetzt sich laufzeitbedingt zu stark rechts im Panorama einordnet?

LG Patrick :)
 
Eigenschaft
 
Lösung
ebs
Das ist mir soweit klar. Doch der Aufnahmebereich (Winkel 96°) ist beim ORTF-Stereosystem anders als der Öffnungswinkel (110°) der Mikrofonanordnung - und hier ist das Verwirrende, da ich den Zusammenhang nicht verstehen will...
Oh, das ist aber Schade. Der Aufnahmewinkel ist beim ORTF-Stereosystem 48° und der unsichtbare Aufnahmebereich ist der doppelte Aufnahmewinkel 2×48° = 96°. Der sichtbare Achsenwinkel (2×Versatzwinkel), also der Winkel zwischen den Mikrofonen ist hierbei 2×55° = 110°. Da der Begriff "Öffnungswinkel" fälschlicherweise gleichzeitig für den unsichtbaren Aufnahmebereich und auch für den sichtbaren Achsenwinkel verwendet wird, ist der unklare Begriff "Öffnungswinkel" besser zu vermeiden.
Den verwirrenden...
Hallo,

ORTF ist normalerweise mit 110° Öffnungswinkel und 17 cm Kapselabstand angegeben, bei AB sind die Mikrofone parallel nach vorne ausgerichtet. AB arbeitet vorwiegend auf der Basis von Laufzeitunterschieden, wogegen ORTF eine Kombination zwischen Laufzeit- und Intensitätsstereofonie darstellt.
In Deinem Fall würde ich eher zu AB greifen, da das rechte Mikrofon dann nicht gar so sehr auf die Band zielt, und dann zum Stützen noch die separaten Band-Spuren nutzen. Besteht die Option, die Band hinter dem Chor zu positionieren, so daß sie zentraler aufgenommen werden kann?

Viele Grüße
Klaus
 
Moinsen!

Die Band hinterm Chor? Ich weiß nicht, da gibts doch bestimmt auch Zuschauer oder nicht? Selbst wenn nicht, würde der Chor die Band mehr verdecken.

Die mir am praktischsten erscheinende Möglichkeit wäre, sie mittig vor dem Chor zu platzieren - verdeckte Chormitglieder könnten höher gestellt werden oder/und jeweils weiter nach links bzw rechts.
Wernn du nun 4 Mikrofone zur Auswahl hast bietet sich an:

ORTF + AB (hart LR)

An Genauigkeit und Weite dürfte dir das eine der bestmöglichsten Aufnahmen liefern.

Das als kleiner Einwurf von mir, deine Fragen wurden ja eigentlich schon beantwortet. :)

Grüße
 
ORTF ist normalerweise mit 110° Öffnungswinkel und 17 cm Kapselabstand angegeben..
Das ist mir soweit klar. Doch der Aufnahmebereich (Winkel 96°) ist anders als der Öffnungswinkel (110°) der Mikrofonanordnung - und hier ist das verwirrende, da ich den Zusammenhang nicht verstehen will... Infos auf Sengpielaudio
In Deinem Fall würde ich eher zu AB greifen, da das rechte Mikrofon dann nicht gar so sehr auf die Band zielt
AB ist idR mit Kugel, daher spielt die Ausrichtung keine Rolle. Zwar kann ich für dieses Konzert KEINE Kugel auftreiben, muss also mit Niere arbeiten - doch so dürfte AB trotzdem noch eine bessere Entscheidung als ORTF sein. Grund: größerer Aufnahmewinkel bis nahezu 180° (mit Basisabstand 51,4 cm der Mikrofone zueinander). Größerer Abstand würde Aufnahmewinkel verringer, was bewirkt ein kleinerer Abstand?
Visualisierung AB (ggf auf Niere umstellen)
Visualisierung ORTF

Positionierung der Band kann ich leider nicht beeinflussen, ist ja schließlich ein Live-Konzert wo die Combo nur eine Randfunktion übernimmt. Außerdem wäre die Bühne zu klein.
 
Hallo,

ich sehe das nicht so dogmatisch, daß AB i. d. R. mit Kugeln gemacht wird - ich nehme meistens Nieren dazu, es sei denn, ich hätte z. B. eine hervorragend klingene Räumlichkeit und wenig Störgeräusche. Prominentes Beispiel: Ein Orgelkonzert - das kommt mit Groß-AB und Kugeln schon besser... ;)
@pHjalmarson: Ich weiß ja nicht, wie der Chor auf der Bühne steht - auf Podesten oder nicht... habe selbst auch schon Fälle erlebt, da hatte die Begleitcombo hinter dem Chor selbst ein kleines Podest und konnte so auch prima gesehen werden. Deshalb frug ich - ist ja aber mit vorstehendem Post geklärt.

Viele Grüße
Klaus
 
Also ich würde eher zu ORTF tendieren einfach aufgrund der besseren Lokalisation und da bei AB die Gefahr besteht, dass du in der Stereomitte ein "Loch" bekommst bzw. wird das Zentrum generell eher gespreizt.
Außerdem kannst du nicht ganz so viel falsch machen da du keine Mikrofonbasis wählen musst und wenn du vielleicht schon ein fertiges ORTF Mikrofon hast kannst du es einfacher aufstellen...
Außerdem ist AB nicht monokompatibel- ob das ein Problem ist musst du aber selber wissen...
Ein weiteres Problem sehe ich im Abstand des Hauptmikrofons. Bei AB sollte der Abstand der Mikros zur Quelle ca. der Ausdehnung der Schallquelle entsprechen- was ja bei dir anscheinend nicht der Fall ist?! Ich kann mir vorstellen, dass du dadurch die Stimmen in der Mitte zu laut hast während der Rest untergeht außerdem wird das Stereoabbild verfälscht und die Phantomschallquellen werden vermehrt nach außen gedrängt... Wenn du die Mikrofonbasis erhöhst steigt wieder die Gefahr des "Lochs" in der Mitte. Da musst du dann rum probieren...
 
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Also ... der Aufnahmewinkel lässt sich ja errechnen. Man kann ein ORTF-System natürlich so anpassen, dass es jeden beliebigen Aufnahmewinkel hat. Etwas kontraintuitiv ist dabei, dass der Aufnahmewinkel sinkt je größer der Winkel zwischen den Mikrofonen gewählt wird. Ein größerer Kapselabstand verkleinert den Aufnahmewinkel noch mehr. die äußeren Bereiche des Chors werden dann geschlossen hart rechts/links abgebildet, was im Center für weniger Dichte bzw ein Loch sorgt.

Bei einem AB-Hauptmikro dass sehr nah am Chor steht ist der Lupen-Effekt zu beachten. Er macht das Stereo-Abbild durch zusätzliche Pegelunterschiede noch breiter und kann auch für ein "Loch in der Mitte" sorgen. Wenn Nieren verwendet werden bekommt man dann durch den ausgedehnten Klangkörper noch weitere ungewollte Pegelunterschiede, die zu Trading führen und die Lokalisation erschweren können. Ich würde eher in Richtung Äquivalenzstereophonie ala ORTF tendieren.

Guckst du hier: http://www.sengpielaudio.com/HejiaD.htm
Kannst du asurechnen.

Auf jeden Fall musst du vor der aufnahme probehören ob der Chor gut abgebildet wird, da du im Nachgang fast keine gut klingende Möglichkeit hast die Stereo-Breite zu beeinflussen. Über Kopfhörer wird das Stereobild übrigens extremer erscheinen als über Stereoboxen.

Gruß!
 
Das ist mir soweit klar. Doch der Aufnahmebereich (Winkel 96°) ist beim ORTF-Stereosystem anders als der Öffnungswinkel (110°) der Mikrofonanordnung - und hier ist das Verwirrende, da ich den Zusammenhang nicht verstehen will...
Oh, das ist aber Schade. Der Aufnahmewinkel ist beim ORTF-Stereosystem 48° und der unsichtbare Aufnahmebereich ist der doppelte Aufnahmewinkel 2×48° = 96°. Der sichtbare Achsenwinkel (2×Versatzwinkel), also der Winkel zwischen den Mikrofonen ist hierbei 2×55° = 110°. Da der Begriff "Öffnungswinkel" fälschlicherweise gleichzeitig für den unsichtbaren Aufnahmebereich und auch für den sichtbaren Achsenwinkel verwendet wird, ist der unklare Begriff "Öffnungswinkel" besser zu vermeiden.
Den verwirrenden Zusammenhang um den Begriff Aufnahmebereich klären doch recht gut folgende Blätter:
"Taschenlampe und Aufnahmebereich": http://www.sengpielaudio.com/TaschenlampeUndAufnahmebereich.pdf
"Abbildungsbreite und Aufnahmebereich bei 'Intensitäts"-Stereofonie': http://www.sengpielaudio.com/AbbildungsbreiteAufnahmebereichPegel.pdf
"Abbildungsbreite und Aufnahmebereich bei Laufzeit-Stereofonie': http://www.sengpielaudio.com/AbbildungsbreiteAufnahmebereichLaufzeit.pdf
"Der 'unsichtbare' Aufnahmebereich von Mikrofonsystemen": http://www.sengpielaudio.com/UnsichtbareAufnahmebereich.pdf
"Der Aufnahmebereich des Mikrofonsystems - wichtige berechnete Werte": http://www.sengpielaudio.com/AufnahmebereichWichtigeWerte.pdf
Ausdehnungsbereich des Klangkörpers und Aufnahmebereich des Mikrofonsystems: http://www.sengpielaudio.com/AusdehnungsbereichDesKlangkoerpers.pdf

Viele Grüße ebs
http://www.sengpielaudio.com

Das ist mir soweit klar. Doch der Aufnahmebereich (Winkel 96°) ist beim ORTF-Stereomikrofonsystem anders als der Öffnungswinkel (110°) der Mikrofonanordnung - und hier ist das verwirrende, da ich den Zusammenhang nicht verstehen will.
Da das schwierige Thema "Der 'magische' Aufnahmebereich - was ist das eigentlich?" häufig nicht richtig durchschaut wird, habe ich gerade eine Webseite zusammengestellt, wo Blätter zur Erklärung als Links angegeben sind; siehe:
"Der 'magische' Aufnahmebereich? ... oder eher der unverstandene Aufnahmebereich der Mikrofonsysteme in der Tontechnik":

http://www.sengpielaudio.com/AufnahmebereichMikrofonsystem.htm

Viele Grüße ebs
http://www.sengpielaudio.com
 
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Lösung
Hallo,
wir haben eine ähnliche Chor / Bandanordnung. Ich nehme mit ORTF auf. Allerdings halte ich etwas mehr Abstand als Du eingezeichnet hast damit ich im Aufnahmewinkel der Mikrofone bleibe. Du hast dann halt etwas mehr "Raum" auf der Aufnahme.

Gruß

Fish
 
Vielen Dank für die weiteren Antworten!
Der Raum ist ziemlich klein, 3-4meter hoch und hölzern, ich möchte lieber einen offeneren Raum mit auf der Aufnahme haben, daher "close miking" (kann man das hier schon nennen? :D) + Hall hinterher zumischen. Ich bin mir noch unsicher ob ORTF oder AB. Einerseits ist ORTF unauffälliger für das Publikum und leichter aufzubauen, andererseits könnte es für den Abstand die falsche Anordnung und somit zur unnatürlichen Stimmen- und Panoramaverteilung führen. Schallquellen, die außerhalb des Aufnahmebereichs liegen werden dann hart Link/Rechts verdichtet, ist das richtig? Der Sound wird mehr in die Breite gezogen als er tatsächlich ist (ähnlich wie bei klein-AB?).

@ vielen Dank für Deine ausführliche Linksammlung!! Ich habe bisher noch nicht die Zeit gefunden mich so intensiv mit der Materie Mikrofoniertechniken auseinanderzusetzen, werde mir die Lektüre auf deiner Website aber demnächst zu Herzen nehmen. Übrigens sehr informativ gestaltet, hoffe ich nur noch dass ich durch diese fast schon wissenschaftliche Auffassung durchblicken werde... naja vielleicht hab ich mir das aber auch komplizierter als es ist vorgestellt :)

LG Patrick
 
Also bei Aufnahmen mit einem Hauptmikrofon wird es sehr schwierig nachträglich Hall zuzumischen ohne den Raumeindruck zu verwaschen. Lieber bei der Aufnahme probehören ob das Verhältnis Direktsignal zu verhalltem Signal stimmig ist. Close Miking würde bedeuten jeden Sänger einzeln zu mikrofonieren. ;)

Bei AB kannst du mit dem Abstand genauso schnell eine ungünstige Panoramaverteilung bekommen. Zudem ist die Abbildung bei AB schon vom Prinzip her nicht linear (Mitte wird immer etwas ausgedünnt sein). Man muss eben bei jedem Hauptmikrofonsystem gewissenhaft, überlegt und vor allem aufmerksam Arbeiten. Traue deinen Ohren.
 
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.....Traue deinen Ohren.
Kann ich so nur unterstreichen. Beim Soundcheck im Raum umhergehen, ein Ohr zuhalten und hören. Da wo es am besten klingt Mikrofone aufbauen. Denn da wo es nich klingt, da kannst Du auch nichts gescheites aufnehmen.

BTW: Du erwähnst die ganze Zeit nur ORTF und AB. Es gibt auch noch XY als Stereoaufnahmeverfahren das einer Betrachtung wert ist.

Gruß

Fish
 
Ich werde mich genauer mit den Zusammenhängen von Mikrofonposition, Ausrichtung und Winkel beschäftigen, damit ich ORTF/AB so modofizieren kann dass alles passt. Ein Mithören während den Proben ist natürlich Pflicht.
XY als Stereoaufnahmeverfahren
Nun ja, ich setzte XY persönlich nur sehr ungern ein. Das liegt an meinen Soundvorstellungen: ich möchte einen Chor oder ein Orchester als großen Klangkörper sehr flächig und mit einem gewissen "WOW-Charakter" abbilden. Laufzeit basierende Mikrofontechniken wirken hier sehr gut und erfüllten bis jetzt immer meine Anforderungen. Monokompatibilität hin oder her.. was sollst - wer hört schon eine Klassikaufnahme auf dem Handy und dann noch die Phasenschweinereien heraus!?
XY setze ich bei kleinere Klangkörpern ein, die ich im Mix dazumischen möchte, selbst Position und Panorama wählen und nicht zuu dick im Mix auflaufen sollen, z.B. Percussioninstrumente wie Shaker, einzelne Solistengruppen etc.

Wenn jemand andere Meinung ist bitte hier Preis geben, ich bin selbst praktisch nicht so erfahren.. :)
 
Ist Geschmachsache.

Meine Erfahrungen und persöhnliche Vorliebe ist wie folgt:
AB: Hier ist die Aufstellung im Saal manchmal sehr kompromissbehaftet anhand der Räumlichen gegebenheiten ( Kirchenbänke, Stühle... ).
XY und ORTF: Meist findet sich ein geeignetes Plätzchen für das Stativ am Mittelgang wo es klingt und der Aufnahmewinkel einigermassen eingehalten werden kann. Persöhnlich favourisiere ich auch das Klangbild des ORTF Verfahrens.

Heute Abend schneide ich die Theateraufführung von meinem Junior mit. Da bin ich mir allerdings noch gar nicht so sicher ob ich ORTF oder XY anwende.

Gruß

Fish
 

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