CVT - Complete Vocal Trauma, Terror, Technique?

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Schönen guten Abend meine Damen und Herrn,
ohne Instrumente singe ich besonders gern...

... und so war ich neuelich auf einem "Meisterkurs" zur CVT. Ich war vom Buch, der Klarheit und der hervorragenden Struktur sehr angetan und bin dieses noch immer, werde auch Tricks daraus anwenden. Insgesamt halte ich die CVT jedoch nach diesem Kurs für erheblich bedenklich, wenn nicht sogar gefährlich:

Auf dem Kurs wurde jedes "Problem" mit den Grundprinzipien behoben. Mehr Twang, mehr Stütze. Dass Sänger die Gesichter schon leicht verzerrt hatten, geflexte Hände, sich sichtlich unwohl fühlten wurde komplett ignoriert.
Mit dem Kopf durch die Wand war das Motto.
D.h. die CVT sieht sehr simple Zusammenhänge, in der Realität sieht es aber anders aus. Häufig ist es so, dass ein hoher Ton nicht klappt, weil ein Ton 2 Oktaven tiefer dafür trainiert werden müsste. Auch den langjährigen Prozess der Muskelentwicklung ignoriert CVT. Es ist so, als würde ich sagen: Du kannst beim Tennis den Ball mit Vor- und Rückhand schlagen, von oben und von unten, würde es dem Schüler beibringen und schon könnte er Tennis spielen.

Dennoch: Es gab Ergebnisse: Ein Laie kann mit dieser Methode erstaunlich schnell sehr große Schritte nach vorne machen, Klänge erzeugen, die er so nicht erzeugen konnte, doch wird er von der Stufe nicht weiterkommen und vor allem nicht bei vokaler Gesundheit auf lange Zeit bleiben.

Meine Stimme war nach 30 Minuten Unterricht für eine Woche lang dysfunktional. Die Kopfanteile waren komplett ausgeschaltet, die Stimme war roh. Ein Laie merkt dieses natürlich nicht, da er im Popbereich womöglich noch nie Kopfanteile genutzt hat. Ganz im Gegenteil: Er bekommt sogar für seine alten Verhaltensweisen, nämlich mit viel Kraft in höheren Lagen zu singen von CVT noch Unterstützung: Mehr Twang, mehr Stütze.

Auch eine Art "Stimmbildung" scheint CVT nicht zu kennen. Es wurde direkt drauf losgesungen.



Diese Eindrücke wollte ich euch mal schildern, direkt sozusagen von der Basis und der Praxis und nicht nur aus dem Buch.


Grüße
Cörnel
 
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Danke,

Hmmmm ... soll ich jetzt diesen Post in die CVT-FAQ aufnehmen oder wollen wir erneut darüber diksutieren?
 
Hallo

kann es sein, daß man nichts findet, wenn man "Complete Vocal Trauma" bei google eingibt??

Ich habe davon übrigens noch nie was gehört und wenn ich das so lese bin ich darüber auch nur froh.
Dahinter steht wahrscheinlich die Annahme, Singen zu lernen sei eine elitäre Geheimwissenschaft :)))
Meine Güte....


Shana
 
Complete Vocal Terror *lol* :great:

Haben wir das Thema CVT nicht schon mal heiß diskutiert ?
Es mag bessere und schlechtere geben, aber ganz generell halte ich überhaupt nichts von Gesangs-Methoden, die beim Meister/in persönlich erlernt werden müssen, dann mit Franchising, Lizenzen etc. verkauft werden und vom künftigen "Wundermethode XY"- Gesangslehrer allen übergestülpt werden. Auf so etwas würde ich mich nie einlassen, das hat für mich etwas Unseriöses, Geschäftsmäßiges, irgendwie widerstrebt es völlig meinem Begriff des Künstlers.

Auf youtube habe ich mir ein paar CVT-Videos angeschaut, kurz nachdem das Ding in aller Munde war. Ich habe beim Zuhören zu oft "Aua!" gedacht. Damit war das Thema CVT dann auch durch.
 
P.S.: Shana.... das war ein Wortspiel, es heißt "Complete Vocal Technique", kreiert von Catherine Sadolin.
 
Ah, ich hatte mich schon gewundert, kenne ich den Begriff "Trauma" doch sonst nur aus unangenehm psychischem Kontext ;-)))

Danke :)


Ach, ohje, die Sadolin!!!

Cörnel, was hat dich denn DAHIN gebracht?? Immerhin: Die Sadolin hat Videos online, in denen sie selber singt, anders als dieser wie hies er noch vom Speech Level Singing. Nur: Will man SO singen? also ich find's unausgeglichen und wenig schön. Sie switcht von Pseudo Folk in Pseudo Klassik in Pseudo Rock-Gesang.
Das ist für mich kein gutes Aushängeschild.


Shana
 
Hallo Cörnel,

danke für Deinen Beitrag. Ich finde ja das Buch auch gut, und wäre evtl. durchaus mal zu einem Workshop hingegangen, wenn ich Zeit für so was hätte. Im Buch wird ja auch nicht so getan, als könne man das alles in ein paar Minuten lernen. Offenbar wird im WOrkshop aber der schnelle Effekt gesucht und die Gesundheit der Teilnehmer gefährdet.
 
Ich habe diesen Post ganz bewusst eröffnet. Klar wurde hier intensiv diskutiert. Allerdings wollte ich noch einmal als tatsächlicher Workshopteilnehmer euch meine Eindrücke schildern, denn das ist noch mal sicherlich was anderes, als über Texte und Youtube-Videos zu diskutieren.
 
Ich finde ja, dass schon eine Diskrepanz zwischen dem Buch und den Youtube-Videos besteht. Im Buch ist das schön, dass es eben verschiedene klangliche Ansätze gibt, aber in den Videos ist es immer nur "Twäng" und Distortion und wasweißich. Es steht ja auch so im Buch: Wenn man den Twäng finden will, soll man klingen wie eine Ente. Nur, wer will schon klingen wie eine Ente? Ich nicht.
 
Seh ich auch so , da denkt man nur auaaaaaa

- - - Aktualisiert - - -

Ich hatte vor Jahren folgendes Ereignis... Es bewarb sich eine junge Dame als Vocalcoach in unserem Hause und erzählte, dass sie das Zertifikat von Cvt hätte. Ich hatte zuvor davon noch nicht gehört, kaufte mir das Buch und war von dem Erscheinungsbild / Aufmachung sehr angetan. Bei intensiven lesen, dachte ich nur, na wenn das mal gut geht, wenn ein Laie diese Techniken übt.... Zumal manche auch nur nach Verspannung klangen. Dann hörte und sah ich mir einige Videos auf Youtube an, mein Gefühl sagt mir, Finger weg ! Übrigens die junge Dame wurde nicht eingestellt. Cvt hatte ihr wohl das Gefühl gegeben , dass sie jetzt singen könnte ( hätte damals sehr viel Geld dort gelassen).Sie konnte es aber nicht.
 
Ah gut, dass Angie67 das Thema ausgegraben hat. Ich habe nämlich auch ein Update: Ich habe nach einem Jahr Kollegen wiedergesehen. Zwei der starken CVT Beführworter haben über ein Jahr jetzt fleißig CVT geübt und angewendet. Ihre Sprechstimmen wiesen jetzt schon deutliche Störungen auf, einmal erhöhte heisere Sprechstimme und bei der anderen noch krassere Registerdivergenz. Die Stimmen fallen förmlich auseinander.
 
Aha. Interessant.
Ich werde ja auf meine alten Tage immer konservativer, was Stimmbildung betrifft.... Belcanto und Talent reichen meiner Meinung nach aus, wie schon vor hundert Jahren :p
 
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Vor tausend Jahren brauchte man sogar nur letzteres.......und heute zuweilen gar nix mehr davon :eek:
Zu den beiden CVT-Jüngern würde mich interessieren, wie sie mittlerweile dazu stehen. Wissen sie wie's um ihre Stimmen steht? Sind sie der Ansicht, eine tolle Methode falsch angewendet zu haben oder zweifeln sie an der Methode selbst. Oder meinen sie gar, alles sei wunderbar?
 
Ich stimme zu. Man kann das Rad nicht mehr neu erfinden. Zwar behauptet CVT das auch gar nicht, haut aber in das Rad so viele Ecken und Kanten rein, bis es nicht mehr rollt. Die beiden CVT-"Jünger" wie du schreibst, haben ihren stimmlichen Rückgang nicht bemerkt. Eine geschätzte Gesangslehrerin meinte zu mir "Die merken das erst, wenn es zu spät ist." Dieses macht für mich voll und ganz Sinn: Es ist ähnlich, wie leider oft mit Krebs: Man merkt gewisse Symptomatiken, findet aber Ausreden, medikamentiert sich ggf. selbst, um bloß nicht zum Arzt gehen zu müssen. Wenn es dann aber offensichtlich ist, dann ist es oft zu spät...
 
Ja, so ähnlich hätte ich das auch vermutet :rolleyes:
 
Danke für deine Erkenntnisse. Das habe ich schon befürchtet. Habe selbst einen Blick in dieses Buch werfen können und finde das gesamte Konzept zu mechanisch. Für einen Sänger, der eh schon alles kann und das nur analysieren will, was er tut, ist es sehr sehr interessant und da sind auch die ein oder anderen guten Übungen und Lösungsansätze drin. Aber für Schüler, die ihr Instrument erst sozusagen zusammenbauen müssen, kann ich mir vorstellen, dass die Methode gefährlich für die Stimmgesundheit sein kann. Ich finde, dass sie für viele Dinge ein bereits perfekt zusammenarbeitendes Gesangsorgan vorraussetzen ohne darauf hinzuweisen. Es ist so als ob man einem absoluten Handwerkslaien einen schönen Hammer und Nagel in die Hand drückt mit "Hammer auf Nagelkopf und schon kannst du dir dein eigenes Haus zusammenzimmern!", was dann darin resultiert, dass sich der übereifrige Padawan die Finger blutig haut und ein krummes, instabiles Etwas zusammenklöppelt.

Allerdings wird es genug Sänger geben, die super damit zurecht kommen und sich darauf berufen. Vielleicht zu Unrecht, weil sie es schon vorher konnten oder mit jeder beliebigen handfesten Methode so weit geschafft hätten. Aber das kann man schlecht beweisen. Von daher, denke ich, jeder wie er will, solange es hilft und keinem schadet. Nur sollten CVT Coaches sich wie jeder andere GL auch nicht zu sehr auf seine Methode vertrauen, sondern so verantwortlich sein und sich an den individuellen Schüler anpassen. Dass neuaufgetretene Stimmstörungen ignoriert werden, spricht für keinen seriösen GU. Die Frage ist jetzt nur, ob das leider auf einem Einzelfall beruht oder die Methode generell die Coaches so betriebsblind macht.
 
Muss mich hierzu auch mal kurz melden, weil ich mich eine zeitlang sehr intensiv mit CVT beschäftigt habe, und zwar ohne gute technische Grundlagen.
Damals studierte ich schon Jazz- und Popgesang und hatte (wie viele) das Gefühl, dass mir mein Studium zwar MUSIKALISCH, technisch aber überhaupt nicht weiterhilft. Ich bin übrigens der Meinung, es gibt kaum ein Fachgebiet, naja, vielleicht Religion, wo so viel Mist erzählt wird wie beim Singen. VOR ALLEM von Klassiklehrern. Idealerweise ist ein Gesangslehrer in der Lage, stilistik und technik im kopf voneinander zu trennen, viele klassische sänger (so auch meine techniklehrerin im studium) konnte mir leider nicht helfen.
Damit erklärt sich für mich der große Zuspruch für diese Methoden. Ich glaube nicht, dass es daran liegt, dass die Leute nicht wirklich "üben" wollen, sondern eher, dass Lehrer, die WIRKLICHE Ahnung von Stimmtechnik und Physiologie haben im Populargesang sehr, sehr rar gesät sind.
Voller Hoffung stürzte ich mich also auf CVT und zwar bei einem Lehrer, der bei Sadolin ausgebildet wurde. Siehe da, innerhalb von einem halben Jahr konne ich Material singen dass vorher für mich ABSOLUT UNMÖGLICH gewesen wäre, Material, an dem sich vollausgebildete Berufssänger schwer tun und oft drauf verzichten. Man kann sich also vorstellen, dass ich meine hand dafür ins feur gelegt hätte, dass CVT absolut jedem hilft.
Die Tatsache, dass Muskeln wachsen und trainiert werden müssen, ignoriert CVT komplett, ebenso Stimmfacheinteilungen und Registerdynamiken. Ich behauptete, man müsse die Dinge, die CVT verlangt, einfach nur "tun", und es sei letzten endes nicht muskulatur oder wirkliches Können, sondern das "tun" selbst, woran man sich gewöhnen muss. Eingesungen wurde auch nicht.
Irgendwann stand ich vor der Aufgabe (neues Studium, neuer Lehrer), CVT erstmal zu vergessen und sozusagen komplett neu anzufangen. Das war das beste, was mir passieren konnte, denn folgendes ist jetzt für mich klar:
Eine Stimme lernt nur das, was sie übt. Ein Schubladensystem im denken sorgt auch für Schubladen in der Muskulatur. CVT sorgt für einheitsmaße und für sehr, sehr beschränkte möglichkeiten, weil man permanent versucht, einheitsmaße zu produzieren. Sängerische Eigendynamik- Fehlanzeige.
Und so hatte ich also immernoch einen großen Registerbruch und eine schwache Kopfstimme, selbst wenn ich bis zu meinem höchsten Ton quietschen konnte, dass die Wände wackelten. Ich konnte eben nur auf zwei, drei verschiedene Arten quietschen :-D
Für gute, geübte, gesunde, reflektierte Sänger kann CVT eine wahre Goldgrube sein, und zwar zur Problemlösung bei spezifischen Problemen, zur speziellen Diagnostik. SINGEN lernt man bei CVT meiner Meinung nach nicht.
 
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Lernt man denn überhaupt durch irgendeine Methode singen ? Ich denke nicht. Singen muss man vorher schon können, die Methode stülpt dem Sänger dann nur noch ihre jeweilige Technik über, und wenn es passt, passt es - aber ich bin überzeugt davon, dass keine einzige Methode aus einem sängerisch Unbegabten einen guten Sänger zu machen vermag. Das bringt man schon mit, das gute Rohmaterial.
Und deshalb sind jegliche Methoden meiner Meinung nach auch nur für geübte Sänger sinnvoll. Wenn überhaupt. Ich habe nie eine bestimmte Methode angewendet und kann es auch ;)
 
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Auf jeden Fall ein paar interessante Langzeit-Erfahrungsberichte. Vielleicht sollte man die tatsächlich in die FAQ aufnehmen oder anpinnen .. oder irgendwas.
 

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