Die 13 bei der V ...

Jay
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Hallo,

eine kleine Frage mit Umfragecharakter. Mein Lehrer nimmt bei Voicings von Dominantakkorden immer die 13 mit rein. Kann man ja machen, muss man aber nicht. Hat halt den Vorteil, dass man bei II-V (bis 9, aber ohne Grundton) einen Finger weniger umsetzen muss. Ich wollte nur mal wissen, ob das eine Eigenheit von ihm ist, oder ob das andere auch machen, der Einfachheit beim Greifen wegen (z.B. auch die "Kralle" b7-3-13). ;)

Gruß,
Jay
 
Eigenschaft
 
Ich spiele auch meistens die 13 mit. Macht den Klang ein wenig interessanter. Bei alterierten Akkorden (die eignen sich auch in Dur ganz gut als Alternative für Dominantseptakkorde, probier's mal aus) solltest du dann entsprechend die verminderte 13 benutzen.
 
Hallo Jay,

Tension 13 (T13) kann prinzipiell immer dann angewandt werden, wenn keine b7 in den höheren Stimmen liegt. Liegt eine b7 zum Beispiel als wichtiger Melodieton vor, kann ebenfalls keine T13 gespielt werden. Grund: Bildung von b9 Intervallen.
Eine andere Ausnahme bei der keine T13 genommen werden kann ist der Akkord auf der II Stufe in Dur, gespielt als vorbereitende Stufe zur darauf folgenden Dominante. Würde man diesen Akkord mit T13 anreichern, bildete sich ein Tritonus zwischen T13 und der Mollterz des Akkordes auf der II Stufe. Da nun dieser Tritonus kongruent mit dem Tritonus der darauf folgenden Dominante ist, bezeichnet man diese Situation als Tritonus-Vorwegnahme. Diese ist aus klanglichen Gründen jedoch unerwünscht.

Weitere entscheidende Aspekte, die bei der Anwendung von Tensions in Voicings von Bedeutung sind, sind die Stimmführungsregeln.
Da Quint- und Quartfortschreitungen zu den am meisten gespielten zählen, möchte ich diese hier einmal kurz präsentieren.

Paradebeispiel ist die II-7 V7 Imaj7 Kadenz.
Im Vierstimmigen Satz, enge Lage, sieht diese folgendermaßen aus:

II-7__V7__ Imaj7

b7___M3___M7
5____1____5
b3___b7___M3
1____5____1

Zeichenerklärung:
b3 = Mollterz
b7 = Kleine Septime
M3 = Durterz
M7 = große Septime

Folgende Regel kann aus obigem Beispiel abgeleitet werden:

1 <-> 5
3 <-> 7

Erklärung:
Grundton geht zur Quinte und umgekehrt und
Terz geht zur Septime und umgekehrt.

Wir sehen also dass die Guidetones (Terz und Septime) jeweils zwei Melodielinen innerhalb der Akkorde bilden und auf der anderen Seite Grundton und Quinte.
Hier geht es nun um Grundton und Quinte.
Wir wissen dass die None sich unmittelbar über dem Grundton befindet und die Tredezime (T13) über der Quinte. Wir gehen jetzt eine Schritt weiter und sagen:

T9 ersetzt den Grundton
T13 ersetzt die Quinte

Unsere oben aufgestellte Stimmführungsregel kann nun erweitert werden.

Bei Quint- und Quartfortschreitung gilt:
(T9)1 <-> 5 (13)
3 <-> 7

D..h., T9 (bzw. Grundton) geht zur T13 (bzw. Quinte) und umgekehrt.

Wenden wir das auf unsere II-7 V7 Imaj7 Kadenz an sieht das folgendermaßen aus:
(Anmerkung: da ich nun mit T13 arbeiten will, muss ich eine Umkehrung wählen, bei der die kleine Septime unter der T13 zu liegen kommt. Außerdem darf ich, ebenfalls aus bekannten Gründen, auf der II Stufe keine T13 anwenden.)


Aus:

1____5____1
b7___M3___M7
5____1_____5
b3___b7___M3

wird:

T9_____T13_____T9
b7______M3_____M7
5_______T9_____T13
b3______b7______M3


Da wir uns hier ja im „Spieltechnik Forum“ für Keyboarder/Pianisten befinden, hier noch ein Tipp für Left-Hand-Voicings.

Oft werden die Left-Hand-Voicings nur 3-stimmig gespielt (Jay, der Ausdruck „Kralle“ für diese Art von Voicing war mir unbekannt). Eine der vier Stimmen muss nun wegfallen. Die Guidetones müssen erhalten bleiben, also kommt nur die 1. oder 3. Stimme in Frage.


Also entweder:

b7_____M3_____M7
5______T9_____T13
b3_____b7_____M3

oder:

T9_____T13_____T9
b7______M3_____M7
b3______b7_____M3

Man sieht, dass T13 nun nicht mehr in jedem Voicing präsent ist.




CIAO
CUDO


P.S.:
Hallo lucjesuistonpere,
eine verminderte Tredezime kommt, enharmonisch verwechselt, einer reinen Quinte gleich und ist somit irrelevant.
 
Na, damit kann ich doch was anfangen. :great: Vor allem so ...
Cudo schrieb:
T9 ersetzt den Grundton
T13 ersetzt die Quinte
... hatte ich das noch nicht betrachtet.

Der Begriff Kralle kommt daher (Achtung, hochwissenschaftliche Erklärung :D ), dass das Left-Hand-Voicing b7-3-13 von der Handstellung her fast (bis auf einen Halbton mit dem kleinen Finger) wie der 0815-Bassgriff 1-5-8 ist, den man sowieso im Blut hat. Man braucht da also nicht nachdenken beim Spielen, sondern haut einfach seine Kralle in die Tasten. ;) Naja, alles nicht so ernstzunehmen ...

Edit: PS: Ich kann deinen Beitrag gar nicht bewerten. ("Du musst erst einige Beiträge anderer Benutzer bewertet haben, bevor du Cudo erneut bewerten kannst."). Offensichtlich hilfst du mir in zu kurzen Abschnitten, im Vergleich zu anderen Usern.
 
@cudo:
Moment, eine verminderte Tredezime müßte doch äquivalent sein mit einer übermäßigen Quinte. Bei C alt also ein Ab bzw. G#.
Oder gibt man in dem Falle die Tension abhängig von der Position auf der alterierten Skala an?

@Jay:
Kleiner Tip noch, eh ich's vergesse: Bei Beidhand-Voicings kannst du auch noch die #11 mit reinpacken. Das sieht dann in etwa so aus: in der LH bildest du einen Tritonus zw. dur-Terz und kleiner Septime. In der RH spielst du irgendeine Umkehrung des Dreiklangs 9-#11-13. Hört sich sehr impressionistisch an und ist seit dem Bebop gebräuchlich.
 
Die T13 bei Dominantsept-Akkorden benutze ich auch öfters, wenn auch nicht wegen dem Greifen sondern weil ich einfach den Klang mag. Ich beachte beim Voicing immer, dass die 13 über der 7 steht weil sich andernfalls entweder eine kleine Sekund oder kleine None zwischen den beiden Tönen ergibt, was sich dann doch zusehr reibt (ist ja bei großer Terz und #9 die gleiche Problematik).

Nicht gut passt die T13 in meiner Erfahrung z.B. bei der Dominante einer II-7(b5) V7 I-7 Kadenz. Beispiel: D-7(b5) G7 C-7
Da stört das E im G7-Akkord einfach den Mollcharakter, weil man direkt danach keinen Mollakkord, der ja ein Eb als kleine Terz hat, erwartet. Mir ist auch keine Skala für solche Dominanten bekannt, welche die große 13 enthält.

Bei (II-) V I Kadenzen und auch bei bluesigen Sachen klingen die Dominanten mit der 13 aber sehr nett. Ein Dominantseptakkord kann ja sonst stellenweise furchtbar kitschig oder naiv klingen, sogar wenn eine 9 oder b9 dabei ist.
 
Hallo Jay,
mach Dir mal keine Gedanken über Bewertung etc. . Wichtig für mich ist, dass es irgendwie irgendjemandem etwas gebracht hat - und das freut mich dann.

Hallo lucjesuistonpere,
noch mal kurz zum Erinnern: Alle Intervalle können „übermäßig“ bzw. „vermindert“ sein. Um das am Beispiel einer Sexte (=Tredezime) zu demonstrieren:
Eine große Sexte = von C nach A.
Eine kleine Sexte = von C nach Ab.
Eine verminderte Sexte = von C nach Abb.
Enharmonisch verwechselt ist Abb aber ein G. Das G wiederum ist die reine Quinte von C…. . Meine Rede…

Apropos „alterierte Tonleiter“. Analyse derselbigen wäre:
1, Tb9, T#9, M3, T#11, Tb13, b7.
Stimmführungsmäßig wird Tension #11 gleichwohl wie Tension b13 als Stellvertreter für die Quinte behandelt. Im strengen vierstimmigen Satz gilt also: entweder T#11 oder Tb13.

Was Du im Weiteren dann Jay als kleinen Tipp mitteilst, sind Upper Structure Voicings. Ich hätte dieses Kapitel nicht so ohne weiteres hier rein gepackt. Natürlich gibt es viele Wege eine T13 oder Tb13 in ein Voicing zu packen, aber man sollte zunächst einmal die gängigsten Varianten durchspielen bevor man in’s Detail geht. Funktionieren tut’s allemal was Du sagtest.
Mir geht es hier jedoch auch um den didaktisch richtigen Weg. Da vielen hier im Forum die Handhabung richtiger Stimmführung noch nicht so selbstverständlich ist, würde ich mich in diesem Themenbereich zunächst mit 4-stimmigen Voicings begnügen.

Hallo cordesavide,
Du sagtest:
„Ich beachte beim Voicing immer, dass die 13 über der 7 steht weil sich andernfalls entweder eine kleine Sekund oder kleine None zwischen den beiden Tönen ergibt,“

Wenn T13 mit b7 eine kleine Sekunde bildet ist das immer nur dann schlecht, wenn b7 die 1. Stimme im Satz bildet. Stellt b7 hingegen eine der Mittelstimmen dar, ist die Dissonanz einer kleinen Sekunde, die zwischen T13 und b7 entsteht, keineswegs unerwünscht. Dasselbe gilt übrigens auch bei der von Dir erwähnten Konstellation große Terz und T#9.


Weiterhin sagst Du:
„Nicht gut passt die T13 in meiner Erfahrung z.B. bei der Dominante einer II-7(b5) V7 I-7 Kadenz. Beispiel: D-7(b5) G7 C-7“

Das ist richtig!
T9 und T13 sind so genannte „Vorboten“ von etwas, was kommen wird. Sie läuten sozusagen den kommenden Auflösungsakkord ein.

Spiele ich eine Dominante mit T9 und T13, wird das Ohr eine Dur Tonika erwarten. Warum?
T9 der Dominante = Große Sexte der folgenden Tonika
T13 der Dominante = Große Terz der folgenden Tonika
Beides, große Sexte sowie große Terz, sind Merkmale einer Dur Tonleiter.

Spiele ich hingegen eine Dominante mit Tb9 und Tb13, wird das Ohr eine Moll Tonika erwarten. Warum?
Tb9 der Dominante = kleine Sexte der Tonika
Tb13 der Dominante = kleine Terz der Tonika
Beides, kleine Sexte sowie kleine Terz, sind Merkmale einer Moll Tonleiter.

Beim Blues kann übrigens mit beiden Varianten gearbeitet werden, da sein Geschlecht zweideutig sein kann.


CIAO
CUDO
 

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