Die Ächtung der Parallelen

  • Ersteller haiiiner
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Hab's bestellt, falls ich Sonntag nur die Rute bekomme. Obwohl ich erstmal nur die Parallelen vermeiden lernen wollte...:weep:
Hast Du es denn schon durchgearbeitet? :)

Ich hab den doppelten Kontrapunkt zunächst "nur" als Voraussetzung für die Vertauschbarkeit der Stimmen - wie bei der Fuge gefordert - erwähnt, aber für 'n Kanon braucht es mehr als den doppelten Kontrapunkt, oder? (Vorgriff auf die Lektüre :D)

Ne durch bin ich mit dem Buch noch nicht .. lese es immer mal wieder stückchenweise.

Für den Kanon braucht es immer eine gewisse Vorausplanung welche Intervalle und Fortschreitungen sich in der imitierenden Stimme ergeben und ob das harmoniert.

Das Buch beinhaltet einige Tabellen dazu.

Apropos Kanons, Max Reger hat in seiner Frühphase viele Kanons geschrieben, es gibt da ein 2 Bändiges Werk von insgesamt 111 2- und 3 stimmigen Kanons.

Seine Devise als alter Kontrapunkt-Fuchs war ja: Wer malen will muss zuerst zeichnen lernen :D

Da findet man alle Kunstfertigkeiten die man sich so denken kann .. schaus Dir mal an.

https://imslp.nl/imglnks/usimg/1/11...lle_Tonarten_1.Heft_2-stimmige_Kanons_RGA.pdf

http://hz.imslp.info/files/imglnks/...lle_Tonarten_2.Heft_3-stimmige_Kanons_RGA.pdf

Sicher auch etwas für Pianisten oder Klavierschüler als Ergänzung zu den Bachschen Inventionen und Sinfonien.

Einige davon gibts auch vertont auf Youtube. zB.:



Ebenfalls großartig op.131b "3 Duos im alten Stil" für 2 Violinen.

Das zeigt das Reger sich immer auch wieder in kleinen Besetzungen und Strenge übte neben seinen kolossalen, ausufernden Riesenwerken.

Hier die Partitur zum Mitlesen und studieren!
http://hz.imslp.info/files/imglnks/...SIBLEY1802.17944.30e6-39087008535934score.pdf









Gruß

PS: Hier noch eine schöne Doku über Max Reger, sehenswert!
 
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Vielen Dank, super Material! Mit "Technique of Canon" fange ich heute an, er beginnt ja praktischerweise mit dem doppelten Kontrapunkt als Grundlage der Kanonen...
 
Gern geschehen :)
 
Ich habe nochmal über die Frage nachgedacht, warum es ein Quint- und Oktavparallelenverbot in der klassischen Musik überhaupt gibt, und inwieweit sich das in der Polyphonie auswirkt.

Es wurde ja gesagt, dass man Quint- und Oktavparallelen nicht verwendet, um die Eigenständigkeit bei polyphonen Stimmen zu erhalten.

Dagegen sprechen allerdings 2 Dinge:


1) Quint- und Oktavparallelenverbote gelten auch in Chorälen, in der Beleitung von Monodien, und praktisch überall, wo ein 3- oder 4 stimmiger Satz verwendet wird. Auch wenn die unteren Stimmen keine eigenständige Melodie haben. (Mozart z.B.)

2) es spielt eigentlich keine Rolle, ob 2 parallele Stimmen in Quinten, Terzen oder Sexten geführt werden. Jede Form der Parallelführung wird auf jeden Fall die Eigenständigkeit der Stimmen zunichte machen und somit eine Polyphonie verhindern.

Letztlich ist es eine Stilfrage!

Wenn ich konsequent Quintparallelen verwende, kann ich damit sehr gut einen in sich schlüssigen polyphonen Satz erstellen, der mit todbringender Sicherheit NICHT nach Musik des 18. und 19. Jhdts klingt. (ist mit mehr als 2 Stimmen aber auch nicht ganz einfach)


Die Menschen früherer Zeiten mochten einfach keine Quintparallelen und ich glaube immer noch, dass ein Sound ohne Quintparallelen reicher und voller klingt. Die Obertonstrukturen sind bei Sexten und Terzen besonders auffällig und interessant. Bei Quarten geht es gerade noch so. Bei Quinten und Oktaven hingegen ist die Auflösung der Stimmen ineinander sehr stark. Dabei entstehen keine so strahlenden Obertöne.


Bei einer stark verzerrten E-Gitarre kann man aus diesem Grunde auch fast nur noch parallele Oktaven und Quinten spielen, weil durch die Verzerrung die Obertöne künstlich angereichert werden.
Ganze Akkorde sind so bei einer high gain Ästhetik schwierig bis unmöglich. (ja selbst parallele Sexten gehen dann wohl nicht mehr gut). Während es bei einer leicht verzerrten Ästhetik (z.b. ACDC) noch funktioniert.
(vielleicht könnte sich dazu ja nochmal jemand aus dem high gain Lager äußern)
 
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Freut mich sehr, dass Du die Diskussion fortsetzt, weil mich das Thema ebenfalls weiterhin fesselt! Ich diskutiere sogleich mit:

Ich habe nochmal über die Frage nachgedacht, warum es ein Quint- und Oktavparallelenverbot in der klassischen Musik überhaupt gibt, und inwieweit sich das in der Polyphonie auswirkt.

Es wurde ja gesagt, dass man Quint- und Oktavparallelen nicht verwendet, um die Eigenständigkeit bei polyphonen Stimmen zu erhalten.

Dagegen sprechen allerdings 2 Dinge:


1) Quint- und Oktavparallelenverbote gelten auch in Chorälen, in der Begleitung von Monodien, und praktisch überall, wo ein 3- oder 4 stimmiger Satz verwendet wird. Auch wenn die unteren Stimmen keine eigenständige Melodie haben. (Mozart z.B.)

Stimmt, das widerspricht sich. Man könnte auch sagen: Bei unselbständigen Stimmen :D ist das Prim-, Oktav- und Quintparallelenverbot unbegründet.


2) es spielt eigentlich keine Rolle, ob 2 parallele Stimmen in Quinten, Terzen oder Sexten geführt werden. Jede Form der Parallelführung wird auf jeden Fall die Eigenständigkeit der Stimmen zunichte machen und somit eine Polyphonie verhindern.

Hier streitest Du aber die graduellen Unterschiede ab, die Du nachfolgend bestätigst:
Bei Quinten [, Primen] und Oktaven hingegen ist die Auflösung der Stimmen ineinander sehr stark.
bzw. stärker als bei allen anderen Intervallen - und deshalb sind alle anderen Parallelen nicht verboten, sondern nur vermeidenswert, denn es soll ja zum Parallelenverbot noch die kontrapunktische Linienführung hinzukommen.


Wenn ich konsequent Quintparallelen verwende, kann ich damit sehr gut einen in sich schlüssigen polyphonen Satz erstellen, der mit todbringender Sicherheit NICHT nach Musik des 18. und 19. Jhdts klingt. (ist mit mehr als 2 Stimmen aber auch nicht ganz einfach)

Verstehe ich nicht - hast Du nicht gerade gesagt, jede Form der Parallelität würde Polyphonie vereiteln und in Homophonie münden? Denn das finde ich auch.

Bei einer stark verzerrten E-Gitarre kann man aus diesem Grunde auch fast nur noch parallele Oktaven und Quinten spielen, weil durch die Verzerrung die Obertöne künstlich angereichert werden.
Ganze Akkorde sind so bei einer high gain Ästhetik schwierig bis unmöglich. (ja selbst parallele Sexten gehen dann wohl nicht mehr gut). Während es bei einer leicht verzerrten Ästhetik (z.b. ACDC) noch funktioniert.
(vielleicht könnte sich dazu ja nochmal jemand aus dem high gain Lager äußern)

Seh ich genauso - allerdings geht es bei Akkordbegleitungen - ob Power Rock oder Jazzchords - ja eben um Homophonie und insofern gewollte Parallelführung.

Ich habe den Eindruck, dass sich Prim-, Oktav- und Quintparallelen negativ (bis vernichtend) auf Polyphonie auswirken, und alle anderen Parallelführungen tolerabel, aber doch der Polyphonie abträglich sind. Ich denke, man kann diese Regeln zugunsten transparenterer Polyphonie beachten, ohne gleich Musik im Stile vergangener Jahrhunderte zu machen. Im Gegenteil - weshalb sollte man sie nicht für eine Jazz-Fuge anwenden? (Das wäre mein Vorschlag für den nächsten Workshop)

P.S.: Wusstest Du, dass AC/DC sich anfangs CC/CC nannte?
 
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Hier streitest Du aber die graduellen Unterschiede ab, die Du nachfolgend bestätigst:

Das ist nur im Sinne von Wohlklang zu verstehen. Trotzdem kann man sagen, dass ständige Parallelführung zu Unselbststängigkeit der Stimmen führt.

Verstehe ich nicht - hast Du nicht gerade gesagt, jede Form der Parallelität würde Polyphonie vereiteln und in Homophonie münden? Denn das finde ich auch.

Aber eine gewisse Menge an Parallelität lässt sich doch bei mehr als 2 Stimmen gar nicht vermeiden. Ist ja auch kurzfristig nicht problematisch. Nur über längere Zeiträume. Hängt wahrscheinlich vom Tempo ab.....
 
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Aber eine gewisse Menge an Parallelität lässt sich doch bei mehr als 2 Stimmen gar nicht vermeiden. Ist ja auch kurzfristig nicht problematisch. Nur über längere Zeiträume. Hängt wahrscheinlich vom Tempo ab.....

Parallelen lassen sich selbst bei vier Stimmen vollständig vermeiden, denke ich.

Um den Preis musikalischer Zugeständnisse vielleicht, die Dir wieder Recht geben: Einfügen von Vorhalten, rhythmischen, melodischen und harmonischen Änderungen bis zur Unkenntlichkeit der Themen, die man aus musikalischen Gründen als das größere Übel empfinden könnte - aber inwieweit die großen Komponisten Parallelen als das kleinere Übel in Kauf nahmen, mögen bitte mal die Experten beisteuern.

Noch brisanter erscheint mir die Problematik bei Tondopplungen - hier haben wir zwar noch keine Parallelen, aber auch schon einzelne Oktaven stören nach meinem Empfinden die Polyphonie - insbesondere wenn alle Stimmen auf einer Orgel oder von einem Instrumententypus gespielt werden. Damit läuft man bei dreitöniger Harmonie in vierstimmig-polyphonem Arrangement unweigerlich in einen Berg von Aufgaben, die schon rein kombinatorisch, geschweige denn musikalisch eine Herausforderung sind.

So gesehen ruft das vierstimmig-polyphone Arrangement doch eigentlich nach einer viertönigen Harmonie... ;)
 
Bei einer stark verzerrten E-Gitarre kann man aus diesem Grunde auch fast nur noch parallele Oktaven und Quinten spielen, weil durch die Verzerrung die Obertöne künstlich angereichert werden.
Ganze Akkorde sind so bei einer high gain Ästhetik schwierig bis unmöglich. (ja selbst parallele Sexten gehen dann wohl nicht mehr gut). Während es bei einer leicht verzerrten Ästhetik (z.b. ACDC) noch funktioniert.
(vielleicht könnte sich dazu ja nochmal jemand aus dem high gain Lager äußern)

Einzelne Intervalle lassen sich mit High Gain alle problemlos spielen. Sexten gehören da zum Standardvokabular. Je mehr Töne dann noch dazukommen, die keine Oktaven der anderen Töne sind, desto unsauberer wird es. Wobei es ja auch Gitarristen gibt, bei denen sich schon ein Powerchord völlig kaputt anhört ...
 
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gesehen ruft das vierstimmig-polyphone Arrangement doch eigentlich nach einer viertönigen Harmonie... ;)

Das wäre doch auch mal eine schöne Aufgabe : ein polyphones Arrangement aus lauter Viertonakkorden.
 
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Oder im schon bestehenden Kontrapunkt workshop???
 
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