
smartin
HCA-Gitarrenbau
Hallo Forumsfreunde,
Ich hatte heute Zeit und Lust eine kleine Doku zu verfassen und will euch diesen wirklich wunderschönen Halsbruch aus dieser Woche dann auch nicht vorenthalten...
Die Ursache des Schadens ist ein "beschleunigter" Umsturz. Der Hals hat eine Volute zur Kopfplattenstabilisierung. Bei einer Kopfplatte ohne Volute wäre die Kopfplatte zwar ebenfalls gebrochen, aber wohl sicher nicht in diesem Ausmaß. Nichts desto trotz, ließ sich der Bruch auf diese Art und Wise sehr leicht bearbeiten. Auch wenn er spektakulär aussieht, sind die Rahmenbedingungen (matt schwarzer Lack, splitterfreier Bruch) doch ideal für eine Reparatur.
Eine Besonderheit für die Reparatur ist diesmal, dass wir einen Mix aus verschiedenen Klebstoffen für verschiedene Anwendungsbereiche verwendet haben. Ich sprach ja an verschiedenen Stellen schon über die Probleme mit Langzeitfolgen, wenn man Klebstoffe nicht gezielt einsetzt. Hier gibt es nochmal eine Übersicht zu Grundeigenschaften: Klebstoffe im Instrumentenbau
Soweit zur Theorie - hier erstmal ein Blick auf den Patienten:

Beim Bruch des Halses hat die Volute zwar wunderbar die Kopfplatte gestützt, aber dabei leider auch etwas unpräzise 2/3 des Griffbretts mit abgehebelt. Ein eingelegter Holzstab zeigt schnell das Ausmaß des Risses.
Zunächst einmal werden die Klebestellen definiert. Ein Griffbrett ist mit dem Saitenzug immer unter Druckbelastung gegen den Hals, das Wechselspiel der Halskrümmung sorgt für eine minimale Scherbelastung, dazu soll ein Griffbrett möglichst spaltfrei (also unter Pressdruck geklebt) auf dem Hals kleben. Das sind alles Rahmenbedingungen für eine gepresste Weißleimklebung (hier Ponal Express). Es steht also fest... das Griffbrett wird mit Weißleim wieder aufgeklebt.
Eine Kopfplatte lastet unter verschiedenen Kräften. Bei einem geklebten Bruch, ist vor allem Dauerzugbelastung auf die Klebestelle nicht zu vernachlässigen. Mein 1. Mittel der Wahl ist für Kopfplatten daher in 80% der Fälle Epoxid. Bei Brüchen, die nicht sauber aufeinander passen oder durch Splitter Lücken entstehen, kommt noch ein guter Löffel Baumwoll- oder Glasfasern mit rein.... für einen richtig bruchfesten Verbundwerkstoff am Ende.
Hier sitzt die Kopfplatte traumhaft genau an den jeweiligen Lackbruchkanten. Ein Zusatzfüllstoff würde hier den Klebstoff unnötig andicken und für Spalte sorgen. Außerdem hat die Keilform der Bruchstelle sowieso sehr gute Festigkeitswerte nach der Klebung..... also wird hier Epoxid ohne Füller genommen.
An manchen Stellen gibt es kleinere Lackfetzen, die noch verwendbar sind. Für die Feinarbeiten kommt später Sekundenkleber 100er Viskosität zum Einsatz.
Zunächst aber mal die Weißleim-Prozedur. Wie auf den Bildern oben zu sehen ist, hat der Kollege bereits den Bruch der Kopfplatte etwas abgeklebt um hier wirklich nur Epoxid zum Einsatz kommen zu lassen. Der Holzleim soll also vor dem Keilbruch bleiben. Mit einer kleinen, aber groben Feile entfernt man dann soviel wie Möglich vom alten Kleber und rauht die Oberflächen an.
Der runde Holzstab hilft dabei den Riss zugänglicher zu machen. Dennoch wird er am Ende so fein, dass man mit keinem Werkzeug Kleber zuführen kann. Es werden daher 1mm große Bohrungen in den Riss gesetzt, in die eine mit Kleber gefüllte Spitze eingesetzt werden kann. Sie pumpt mit hohem Druck den Kleber durch den kleinen Kanal auch in die feinsten Ecken. Die Bohrungen sollten nur etwa bis zur Mitte der Stecke zwischen Halsstab und Halskante gehen, sonst wird zuviel vom Halsstab eingeklebt. Da der Halsstab mit Schrumpfschlauch geschützt ist, ist das hier nicht von zu großer Bedeutung.

Danach...wenig unspektakulär... eben alles ordentlich einpinseln, das Klebeband entfernen und den Bruch erstmal grob zusammenpressen - für ausreichend Pressdruck gilt die Regel: Mit den Zwingen nicht sparsam sein
. Dass man nicht zu wenig Kleber eingeführt hat überprüft man damit, dass überschüssiger Kleber überall ordentlich herausquilt
.... natürlich wird alles schön sauber gemacht, sonst klebt das Werkzeug am Instrument.

Die Bruchkante sollte mit einem sehr nassen Lappen sauber von Kleberesten befreit werden. Auch die Löcher für die Spritze sollten nur wenig Kleber beinhalten. Nach einem Tag wird dann die Bruchkannte begutachtet und mit einer feinen Feile geglättet. Anschließend wird mit 100er Sekundenkleber der feine Spalt, sowie alle Bohrlöcher gefüllt, und wieder mit einer feinen Feile geglättet. das ist optisch noch nicht besonders hübsch, aber dazu kommen wir später...

Der Bruch der Kopfplatte wird dann großzügig und vor allem deckend mit Epxyd eingepinselt und braucht hier nur "aufgesteckt" werden. Zum wunderbaren Vorteil positioniert sich dieser Bruch von selbst.
Epoxyd-Klebungen werden nicht gepresst. Dieser Kleber braucht einen feinen Spalt und eine Schichtdicke um seine volle Kraft zu entfalten. Überschüssiger Kleber SOLL hier wieder satt herausquellen und wird mit einem Spirituslappen entfernt. Hier die aufgesteckte Kopfplatte:

Wiederum einen Tag später: Nun wird wieder die feine Feile genommen und erstmal überschüssiger Kleber und überstehende Kanten geglättet. Alle Spalte werden nun wieder mit 100er Sekundenkleber aufgefüllt und nach dem Aushärten wieder geglättet. Abschließend wird mit feiner werdendem Schleifpapier alles wieder in eine schöne Form gebracht.

Nun noch alles sauber abkleben und lackieren.... matt schwarz ist ein wahrer Traum, was eine Reparatur angeht - das Ergebnis wird quasi neuwertig. (Man beachte die Muster auf den Küchenrollen...die sind WICHTIG!
)

Am 3. Tag: Und fertig ist die Arbeit und von einem Halsbruch absolut KEINE Spur mehr zu sehen....

Grüße,
Martin
Ich hatte heute Zeit und Lust eine kleine Doku zu verfassen und will euch diesen wirklich wunderschönen Halsbruch aus dieser Woche dann auch nicht vorenthalten...
Die Ursache des Schadens ist ein "beschleunigter" Umsturz. Der Hals hat eine Volute zur Kopfplattenstabilisierung. Bei einer Kopfplatte ohne Volute wäre die Kopfplatte zwar ebenfalls gebrochen, aber wohl sicher nicht in diesem Ausmaß. Nichts desto trotz, ließ sich der Bruch auf diese Art und Wise sehr leicht bearbeiten. Auch wenn er spektakulär aussieht, sind die Rahmenbedingungen (matt schwarzer Lack, splitterfreier Bruch) doch ideal für eine Reparatur.
Eine Besonderheit für die Reparatur ist diesmal, dass wir einen Mix aus verschiedenen Klebstoffen für verschiedene Anwendungsbereiche verwendet haben. Ich sprach ja an verschiedenen Stellen schon über die Probleme mit Langzeitfolgen, wenn man Klebstoffe nicht gezielt einsetzt. Hier gibt es nochmal eine Übersicht zu Grundeigenschaften: Klebstoffe im Instrumentenbau
Soweit zur Theorie - hier erstmal ein Blick auf den Patienten:



Beim Bruch des Halses hat die Volute zwar wunderbar die Kopfplatte gestützt, aber dabei leider auch etwas unpräzise 2/3 des Griffbretts mit abgehebelt. Ein eingelegter Holzstab zeigt schnell das Ausmaß des Risses.
Zunächst einmal werden die Klebestellen definiert. Ein Griffbrett ist mit dem Saitenzug immer unter Druckbelastung gegen den Hals, das Wechselspiel der Halskrümmung sorgt für eine minimale Scherbelastung, dazu soll ein Griffbrett möglichst spaltfrei (also unter Pressdruck geklebt) auf dem Hals kleben. Das sind alles Rahmenbedingungen für eine gepresste Weißleimklebung (hier Ponal Express). Es steht also fest... das Griffbrett wird mit Weißleim wieder aufgeklebt.
Eine Kopfplatte lastet unter verschiedenen Kräften. Bei einem geklebten Bruch, ist vor allem Dauerzugbelastung auf die Klebestelle nicht zu vernachlässigen. Mein 1. Mittel der Wahl ist für Kopfplatten daher in 80% der Fälle Epoxid. Bei Brüchen, die nicht sauber aufeinander passen oder durch Splitter Lücken entstehen, kommt noch ein guter Löffel Baumwoll- oder Glasfasern mit rein.... für einen richtig bruchfesten Verbundwerkstoff am Ende.
Hier sitzt die Kopfplatte traumhaft genau an den jeweiligen Lackbruchkanten. Ein Zusatzfüllstoff würde hier den Klebstoff unnötig andicken und für Spalte sorgen. Außerdem hat die Keilform der Bruchstelle sowieso sehr gute Festigkeitswerte nach der Klebung..... also wird hier Epoxid ohne Füller genommen.
An manchen Stellen gibt es kleinere Lackfetzen, die noch verwendbar sind. Für die Feinarbeiten kommt später Sekundenkleber 100er Viskosität zum Einsatz.
Zunächst aber mal die Weißleim-Prozedur. Wie auf den Bildern oben zu sehen ist, hat der Kollege bereits den Bruch der Kopfplatte etwas abgeklebt um hier wirklich nur Epoxid zum Einsatz kommen zu lassen. Der Holzleim soll also vor dem Keilbruch bleiben. Mit einer kleinen, aber groben Feile entfernt man dann soviel wie Möglich vom alten Kleber und rauht die Oberflächen an.
Der runde Holzstab hilft dabei den Riss zugänglicher zu machen. Dennoch wird er am Ende so fein, dass man mit keinem Werkzeug Kleber zuführen kann. Es werden daher 1mm große Bohrungen in den Riss gesetzt, in die eine mit Kleber gefüllte Spitze eingesetzt werden kann. Sie pumpt mit hohem Druck den Kleber durch den kleinen Kanal auch in die feinsten Ecken. Die Bohrungen sollten nur etwa bis zur Mitte der Stecke zwischen Halsstab und Halskante gehen, sonst wird zuviel vom Halsstab eingeklebt. Da der Halsstab mit Schrumpfschlauch geschützt ist, ist das hier nicht von zu großer Bedeutung.



Danach...wenig unspektakulär... eben alles ordentlich einpinseln, das Klebeband entfernen und den Bruch erstmal grob zusammenpressen - für ausreichend Pressdruck gilt die Regel: Mit den Zwingen nicht sparsam sein



Die Bruchkante sollte mit einem sehr nassen Lappen sauber von Kleberesten befreit werden. Auch die Löcher für die Spritze sollten nur wenig Kleber beinhalten. Nach einem Tag wird dann die Bruchkannte begutachtet und mit einer feinen Feile geglättet. Anschließend wird mit 100er Sekundenkleber der feine Spalt, sowie alle Bohrlöcher gefüllt, und wieder mit einer feinen Feile geglättet. das ist optisch noch nicht besonders hübsch, aber dazu kommen wir später...




Der Bruch der Kopfplatte wird dann großzügig und vor allem deckend mit Epxyd eingepinselt und braucht hier nur "aufgesteckt" werden. Zum wunderbaren Vorteil positioniert sich dieser Bruch von selbst.
Epoxyd-Klebungen werden nicht gepresst. Dieser Kleber braucht einen feinen Spalt und eine Schichtdicke um seine volle Kraft zu entfalten. Überschüssiger Kleber SOLL hier wieder satt herausquellen und wird mit einem Spirituslappen entfernt. Hier die aufgesteckte Kopfplatte:


Wiederum einen Tag später: Nun wird wieder die feine Feile genommen und erstmal überschüssiger Kleber und überstehende Kanten geglättet. Alle Spalte werden nun wieder mit 100er Sekundenkleber aufgefüllt und nach dem Aushärten wieder geglättet. Abschließend wird mit feiner werdendem Schleifpapier alles wieder in eine schöne Form gebracht.



Nun noch alles sauber abkleben und lackieren.... matt schwarz ist ein wahrer Traum, was eine Reparatur angeht - das Ergebnis wird quasi neuwertig. (Man beachte die Muster auf den Küchenrollen...die sind WICHTIG!



Am 3. Tag: Und fertig ist die Arbeit und von einem Halsbruch absolut KEINE Spur mehr zu sehen....

Grüße,
Martin
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