Eigener Text: Liebe, Abschied und Tod

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Mod-Anmerkung: Ausgekoppelt aus einer Diskussion im Songwriting-Forum / HaraldS

Vielen Dank euch beiden, sind schon mal sehr gute Antworten, worüber man nachdenken kann.
Dieser Text z.B. ist gestern Nacht entstanden um 3 Uhr

Verse
Ich seh' uns noch am Tisch
Du erzählst irgendwas von Liebe
Und Gott und der großen weiten Welt
Aber ich höre dich gar nicht
Geblendet von deinem Blick

Wär der Himmel auf uns gestürzt,
ich hätte dich gehalten
dich geschützt und getragen
an unserm kleinen Tisch
im großen weiten Zimmer

Bridge

Getan, was getan werden musste
Gesagt, was gesagt werden musste
Wer sagt mir jetzt wie's weiter geht
Wer leuchtet mir jetzt den Weg
Durch die dunkle Nacht

Refrain

Gestern war es schlimm
Heute ist es okay
Doch wird es nie mehr dasselbe sein
Narben bleiben im Herz
Und verweilen mit den Jahren

Verse

Jetzt klammer ich mich an Erinnerungen
Ein Lächeln zu mir herüber
Für dich nicht mehr, für mich die Welt
Und ist es alles was ich noch von dir habe
Kein Abschied zum Abschließen

Ich versuche zu verstehen
Was um uns herum passiert
War es zu viel, war es zu wenig
Ist egal denn es ist vorbei
Alleine an unserem Tisch

Bridge

Getan, was getan werden musste
Gesagt, was gesagt werden musste
Wer sagt mir jetzt wie's weiter geht
Wer leuchtet mir jetzt den Weg
Durch die dunkle Nacht

Refrain

Gestern war es schlimm
Heute ist es okay
Doch wird es nie mehr dasselbe sein
Narben bleiben im Herz
Und verweilen mit den Jahren
Ich finde es einfach super schwer über Liebe, Abschied und Tod zu schreiben, ohne das es lächerlich klingt im Sinne von kitschig, abgedroschen und schwul (nicht falsch verstehen).
Hör ich mir z.B. Phillip Poisel, der kann so Texte schreiben.
 
Eigenschaft
 
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Und nun kurz zu deinem Text, denn ich bin saumüde, nachdem ich kein Wochenende hatte: Stell dir vor, du stehst im Wald und möchtest ein Reh schießen. Du weißt, dass es im Wald irgendwo Rehe gibt, deswegen schießt du irgendwohin, und hoffst, mal ein Reh zu treffen. Nicht besonders schlau, oder? Hier beim Texten machst du aber dasselbe. Du willst einen Text über "Liebe, Abschied und Tod" schreiben, du hast von ein paar Standardphrasen und so schon gehört, weißt auch, dass diese circa mit deinen persönlichen Erfahrungen übereinstimmen, und verwendest diese einfach mal. Natürlich triffst du damit keine echten tiefen Gefühle - die sind zwar da irgendwo, aber man muss schon gezielt auf diese gehen.

Dafür gibt es Techniken. Im Unterforum "Eigene Texte/Lyrics" (wo ich dieses Thema auch eher hingeben würde) gibt es einen Workshop, wo viele tolle Ideen drinnen steht. Ich persönlich kann dir gleich raten: nimm irgendein konkretes Bild, das du hast, und verdeutliche es vor deinen Augen. Stell dir vor, wie du dort am Teich sitzt, sie bei dir, und redet über etwas, während du nur sie ansehen kannst. Denk darüber nach, wie die Umgebung aussieht, wie ihr dorthin gekommen seid - warum dich ihr Blick verzaubert, was sie so unglaublich macht für dich. All diese Gedanken schreibst du dir auf, du wirst immer besser verstehen, was diese Szene für DICH heißt.

Denn das ist eines der Geheimnisse guter Texte: sie gefallen dem Texter selbst, weil sie einfach klar von ihm sind, weil er spürt "Ja, das bin ich". Wie ein Musiker, der ein fantastisches Solo spielt und dabei lächelt, weil er die Musik liebt. :)
 
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zu deinem songtext: kitschig finde ich ihn nicht. (ich finde auch nicht, dass kitsch immer schlecht sein muss.)
abgedroschen ist der text schon. er lässt mich irgendwie hilflos zurück, da ist nix, was mich konkret anspricht oder emotional packt. vage assoziationen und ahnungen, aber es bleibt nichts hängen. dein text fließt mir aus dem gedächtnis wie wasser aus den händen. was ist die konkrete situation des lyrischen ichs? trennung in der beziehung? tod einer geliebten person? (vielleicht gibt es keinen so großen unterschied, emotional.)
ich schließe mich mondluchs an, das solltest du genauer definieren. vielleicht reicht das schon, um einen definierteren text zu schreiben.
wenn du gerade in so einer situation steckst (kann ja sein, weiß ich nicht, geht mich auch nix an, wenn ja: mein aufrichtiges mitgefühl) ist es vielleicht ganz gut, dass der text noch vage ist. ich an deiner stelle würde abstand zum ereignis gewinnen wollen. viel nachdenken hilft mir, gefühle in worte fassen zu können. dann schreiben.
du hast den text letzte nacht geschrieben und postest ihn jetzt - natürlich ist er da unausgereift. gute texte sind das tröpfchenweise destillat aus langer beschäftigung mit einem thema, in-sich-gehen und wortfindungsprozessen. das passiert nicht innerhalb von 24 stunden, nimm dir mehr zeit.
 
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Danke euch. Ihr habt genau das angesprochen, was ich selbst nicht sehen kann. Mal schauen, wie sich das Umsetzen lässt.

Generell habe ich mir schon eine konkrete Szene vorgestellt. Erste Strophe ist damals, als ich bei einem Mädchen war, in das ich mich unglaublich verknallt habe, vor allem ihr Lächeln als wir abends am Tisch bei ihr gesessen haben, das werde ich nie vergessen. In der 2. Strophe ist es dann aus heutiger Sicht die Reflexion über alles. Sie hat (zwangsweise) die Freundschaft zu mir abgebrochen, nach dem sie wieder mit ihrem Ex zusammen kam, was mir alle Hoffnung, die sie vorher aufgebaut hat, genommen hat.

Das es nicht sofort klar ist, um was es geht, das ist gewollt, das ist mein Ziel. Ich will, dass man sich mit meinen Texten auch auseinander setzen muss/kann.
 
So, und damit kommen wir zu einem der liebsten Argumente angehender Meistertexter: "Es soll nicht klar sein, man soll sich damit auseinandersetzen können."

Ein kleines Beispiel für einen gelungenen Text, der das schafft (abgesehen von fast jedem Werk Dylans):

Wise Guys schrieb:
Weil du schon eine halbe Ewigkeit
zur falschen Zeit am falschen Ort bist
und um dich rum alles verdorrt ist, gehst du los.
Du machst dich auf den Weg, egal wie weit,
du weißt nicht, wann die Reise endet,
trockne Kehle, Sonne blendet, und du
kämpfst gegen Sand und Hitze an,
du kämpfst dich Schritt für Schritt voran
Ein heißer Wind schlägt dir jetzt ins Gesicht.
Die Beine werden schwer,
und du kannst eigentlich nicht mehr, doch plötzlich
traust du deinen eignen Augen nicht:
Denn vor dir liegt ein Tal
mit einem See, und auf einmal fällt dir das Laufen
beinah wieder richtig leicht, denn du siehst
Wasser, so weit das Auge reicht!
Und dann springst du rein,
tauchst ganz tief ein,
tauchst einfach ab
Und bist ganz für dich allein.
Du bist in deinem Element
Und alles das, was in dir brennt,
Wird gelindert und gekühlt
vom Wasser, das dich ganz umspült...
Für diesen ganz bestimmten Augenblick
bist du damals losgegangen,
hast die Reise angefangen und jetzt
spürst du viel mehr als nur den kurzen Kick,
Vergessen sind die Qualen
und du hörst nicht auf zu strahlen, denn du weißt,
du bist endlich angekommen.
Dieser Augenblick wird dir nie mehr genommen.
Und dann springst du rein...
...und das sich wie neues Leben anfühlt

Um was es genau in diesem Text geht ist noch nicht einmal innerhalb der Band eindeutig geklärt. Er regt zum Nachdenken an, man kann so manches reininterpretieren. Aber er schafft noch etwas, was bei deinem Versuch nicht vorhanden: er zieht den Leser gleich rein, ein gewisses Gefühl wird vermittelt, so dass der Text einen packt.

Dylan ist darin ein Meister: der Mann hat ein feines Gespür für Wörter, schreibt meiner Meinung noch viel mehr mit dem Herz als Andere. Natürlich denkt er auch dabei - aber man es vergleichen mit einem Jazzpianisten, der genau weiß, was für Akkorde da sind, der den theoretischen Zusammenhang, und dann aber aus dem Herzen drüber improvisieren kann.

Du hast jetzt, textlich gesehen, eine bekannte Akkordfolge genommen, dazu eine unspektakuläre, nette Melodie, die uns Leser nicht genug packt, um sich intensiver damit auseinanderzusetzen.
 
Ich werde mich bei Gelegenheit hinsetzen und das ganze Überarbeiten. Vielen Dank für die Denkanstöße.
 
Hallo Mondluchs

Dylan ist darin ein Meister: der Mann hat ein feines Gespür für Wörter, schreibt meiner Meinung noch viel mehr mit dem Herz als Andere. Natürlich denkt er auch dabei - aber man es vergleichen mit einem Jazzpianisten, der genau weiß, was für Akkorde da sind, der den theoretischen Zusammenhang, und dann aber aus dem Herzen drüber improvisieren kann.
Ja! Darum geht es auch meiner Meinung nach beim Texten!

Genau wie beim Jazz braucht man eine detaillierte Vorstellung vom Stoff. Es geht nicht darum, ob sie RICHTIG ist. Sie muss nur in sich logisch und detailliert sein.

Und man muss daran glauben!

Charlie Parker ist vielleicht das beste Beispiel für die extremen Möglichkeiten der Kunst.

Mal sehr vereinfacht geschrieben, war er der Überzeugung, dass JEDE Tonfolge und Harmonie in sagen wir mal C-Dur "RICHTIG" ist.

Er zerlegte die "großen" Schnulzen seiner Zeit in viele einzelne, kleinere Melodien, über die er dann wild improvisierte.

Also beispielsweise zunächst kleine Improvisationen über "alle meine Entchen"...
danach über "schwimmen auf dem See"...
danach über "Köpfchen in das Wasser" ....

So primitiv und geistlos wie mein Beispiel mag die Musik des Saxofonisten in den Ohren seiner Zeitgenossen geklungen haben.

Wie gesagt: Mit Tonfolgen und Harmonien, die damals die Allermeisten (auch Musiker) als unerträglich FALSCH empfanden!

Heute hören wir solche Songs ständig irgendwo und das geneigte Ohr lächelt: AAAAAHHHHHHHHH..... Bebop!

Einer seiner Lieblingssprüche war sinngemäß: Lern den ganzen üblichen Scheiß, um ihn zu vergessen!

Allerdings zeigt sein reales leben, sein Drogenkonsum und seine Bindungslosigkeit, wie hoch der Einsatz zu sein scheint, um dauerhaft in dieser Liga spielen zu können.
 
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