Falsche Anfänger

Bell
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Hallo !
Ich hoffe, ich bin hier richtig - wenn nicht, bitte verschieben :)

Im Fremdsprachenunterricht gibt es ja den Begriff des "falschen Anfängers" - das ist eine Person, die bereits Kenntnisse einer Sprache besitzt, diese aber nie wirklich systematisch gelernt hat, oder die Kenntnisse wurden vor langer Zeit erworben und liegen seitdem brach; eine Basis ist aber vorhanden.

So ähnlich würde ich mich beim Gitarrespielen einschätzen - in meiner Jugendzeit habe ich mir autodidaktisch und nach Gehör ein bisschen was beigebracht, vor allem um mich beim Singen begleiten zu können. Bis heute spiele ich die Songs, die ich mit meinen wenigen Akkorden halt spielen kann - rhythmisch gibt es dabei weniger Probleme, eher harmonisch - und möchte jetzt zum ersten Mal in meinem Leben Unterricht nehmen.

Was muss ich beachten ? Wie würden die Gitarrenlehrer unter Euch mit so einer "falschen Anfängerin" vorgehen ? Soll ich, falls ich mich für einen Gruppenkurs entscheide, zu den Anfängern gehen und von der Pike auf neu beginnen ?
Gibt es hier noch mehr falsche Anfänger ?
Ich bin gespannt auf Eure Antworten!
schöne Grüße
Bell
P.S. Falls es von Interesse ist: ich habe eine Ibanez AEG 10 EBK und möchte unbedingt bei Stahl bleiben.
 
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Ich würde empfehlen, auf jeden Fall einen Fortgeschrittenen-Kurs zu besuchen, am besten aber noch Einzelunterricht. Die Alternative Anfängerkurs halte ich nicht für sinnvoll. Das ist im ersten halben Jahr wirklich ein hartes Brot: kleinschrittiges Vorgehen, viele Wiederholungen der einfachsten Grundlagen, unrhythmische Vorträge der anderen Teilnehmer - ein Anfängerkurs eben. Wenn du schon einige Fahigkeiten am Instrument hast, wird das alles nicht eben befriedigend sein für dich.

Gruß Brigde
 
Hi Bell,

bin zwar Bassist, aber das ändert ja nix Grundsätzliches an deiner Frage... :)

Ich habe sehr oft "falsche Anfänger" (hab' ich vorher übrigens noch nie gehört), also Bassisten, die bisher autodidaktisch "so vor sich hin gewerkelt" haben, denen also sozusagen der systematische theoretische Unterbau fehlt.

Für den Lehrer heißt das: Erst mal genaue Bestandsaufnahme! Was genau kannst du schon, wo gibt es noch Lücken? Und wo genau möchtest du hin? Dafür reicht einem erfahrenen Lehrer i.A. schon eine Probestunde - die übrigens jeder seriöse Lehrer kostenlos anbietet.

Ich persönlich teile diese Bestandsaufnahme für mich in drei Bereiche auf: Rhythmik, Harmonik, Spieltechnik.

Wenn ich für diese drei Bereiche genau weiß, wo mein Schüler steht, wähle ich den Stoff für die ersten Stunden so, dass ich ein kleines Stück unterhalb der Kenntnisse meines Schülers beginne. So bin ich einigermaßen sicher, dass ich nichts voraussetze, was noch gar nicht da ist. Von da aus versuche ich alle drei Teilbereiche - dem Anspruch des Schülers entsprechend - weiter systematisch aufzubauen.

Gerade Autodidakten sind da am Anfang gerne mal etwas skeptisch, weil sie sich gerne weiter fortgeschritten sehen, als sie tatsächlich sind. Außerdem unterschätzen gerade Autodidakten gerne, wie entscheidend genaues Timing und saubere Tonbildung beim Musik machen sind. Das Gefühl für Genauigkeit und Details muss man da erst aufbauen, das erfordert einiges an Motivationsarbeit. Aber hinterher sind sie alle immer sehr dankbar :D

Aber da du ja sogar deine Brötchen mit deinem Gesang verdienst, glaube ich allerdings nicht, dass es bei dir zu Problemen mit dem Einschätzen von Details oder deiner Motivation geben wird :)

Was solltest du also beachten?

Als erstes nimm eine Probestunde beim Lehrer deiner Wahl. Die sollte eigentlich kostenlos sein, wenigstens ein Kennenlerngespräch sollte auf jeden Fall drin sein.

Versuche in der Probestunde, deinen Lehrer einzuschätzen: Versucht er herauszubekommen, wo du stehst? Geht er auf deine Wünsche ein? Verstehst du, was er sagt? Ist er nett? Würdest du auf Dauer mit ihm klarkommen?

Lass dir kurz was vorspielen. Spielt er so, wie du es dir in etwa vorstellst? Macht er dabei einen souveränen Eindruck?

Checke die Vertragsbedingungen. Was kostet eine Stunde? Was ist in den Ferien? Kündigungsfrist?

Wenn du nach dieser Checkliste ein gutes Gefühl hast - nimm Unterricht! :great:


Was den Gruppenunterricht angeht: Ich würde davon abraten!

Wie oben schon angedeutet, gibt es ja mehrere Teilbereiche des Unterrichts. In einigen wirst du Lücken haben (sonst bräuchtest du ja keinen Unterricht), in anderen wirst du schon sehr weit sein.

Ein echter Anfänger dagegen wird in allen Teilbereichen noch am Anfang stehen. Wenn also so einer in deiner Gruppe ist,bleibt deinem Lehrer nichts anderes übrig, als den Stoff dem Totalanfänger anzupassen. Und das beinhaltet dann halt auch Lektionen, die du schon lange beherrschst.

Im Einzelunterricht kann und wird ein guter ein Lehrer genau da ansetzen, wo du gerade stehst. Und damit ist dann auch das Argument des Aufpreises für Einzelunterricht vom Tisch, denn mit Einzelunterricht wirst du sehr viel schneller vorankommen und nicht für Lektionen bezahlen, die du eh schon kannst.

Da du vieles ja schon gefühlsmäßig beherrschen wirst, wird dein Lerntempo bei gutem Unterricht gerade in der ersten Zeit enorm sein, denn du wirst schlicht den theoretischen Unterbau nachgeliefert bekommen für Dinge, die du eh schon die ganze Zeit machst.

Andererseits solltest du dich auch darauf einstellen, dass du im Bereich Spieltechnik einige alte und schlechte Gewohnheiten abstellen musst, da sie dich am Weiterkommen hindern. Das ist mitunter schmerzhaft und viel schwieriger, als etwas Neues von Anfang an richtig zu lernen... :redface:

Vielleicht bringt dich das ja ein bisschen weiter. Ich wünsche dir jedenfalls ganz viel Spaß! :D
 
Was muss ich beachten ? Wie würden die Gitarrenlehrer unter Euch mit so einer "falschen Anfängerin" vorgehen ?

Ich würde einen Musikerkollegen suchen, der nicht das erste mal Untericht gibt, der könnte dich dann "analysieren" und Unterricht als Maßanfertigung geben.

Bis heute spiele ich die Songs, die ich mit meinen wenigen Akkorden halt spielen kann - rhythmisch gibt es dabei weniger Probleme, eher harmonisch

Gerade da würde ich Ansetzen zu analysieren:
Wenn Rhytmik kein Problem ist, wird es ein leichtes sein Schlagmuster vermittelt zu bekommen.
Und wenn dann noch die Akkordwechsel flüssig laufen (evnt. auch Barrè), dann ist ein Anfängerkurs die falsche Wahl.

Harmonik? Was wird in einem Anfängerkurs schon an Harmonik vermittelt? Nichtmal in den meisten Fortgeschrittenkursen wird dies gelerht. In den ersten Kursen des Gitarre-Erlernens geht es ansich nur um Akkorde lernen und üben diese zu wechseln, und eben verschiedene Schlagmuster oder Zupfmustermuster zu lernen und mit den Akkordwehseln zu vereinen.

Ich denke ein Musikerkollge, der in Sachen Hamonik, Spieltechnik und Rhytmik-Vermittlung etwas bewandert ist, sollte die richtige Wahl sein. So kommst du am schnell und "ökonomisch" zu Erfolge. Wenn es keinen Kollegen gibts der Zeit hat=> Einzeluntericht.
 
Ganz klar Einzelunterricht :]
Hab zwar keine Erfahrung, aber ein einzelner Lehrer kann sich ganz exakt auf deine Befürnisse einstellen und bestimmen wo es fehlt und wos schon geht. Bin sicher da geht rasch ne Menge weiter ^^
 
Vielen Dank für Eure Antworten ! :great:
Eins ist mir jetzt doch klarer... ich werde Einzelunterricht nehmen. Mit dem Wechsel bei den gängigen Akkorden hab ich - bis auf einige Ausnahmen - eher keine Probleme; Barré kann ich auch halbwegs greifen - aber beileibe nicht alles - und die Schlagmuster, die ich mir beigebracht habe, laufen halbwegs flüssig, sind aber natürlich noch sehr verbesserungsfähig. Zupfen kann ich gar nicht mehr - das müsste ich wirklich ganz von vorne beginnen :redface:

Ich bin gespannt. Interessant wird das allemal - ich unterrichte nämlich auch ;)
Aber Gesang ist etwas völlig anderes. Es ist hauptsächlich Arbeit am und mit dem Körper, die Stimme als Instrument lässt sich mit anderen Instrumenten einfach nicht vergleichen. Aber dadurch habe ich natürlich schon eine dezidierte Vorstellung von Musik. Interessant fand ich in diesem Zusammenhang die Äußerung von Le Gato:

Gerade Autodidakten sind da am Anfang gerne mal etwas skeptisch, weil sie sich gerne weiter fortgeschritten sehen, als sie tatsächlich sind.
(...)
Andererseits solltest du dich auch darauf einstellen, dass du im Bereich Spieltechnik einige alte und schlechte Gewohnheiten abstellen musst, da sie dich am Weiterkommen hindern. Das ist mitunter schmerzhaft und viel schwieriger, als etwas Neues von Anfang an richtig zu lernen...

Ich sehe mich zwar gitarremäßig alles andere als fortgeschritten an - im Gegenteil, mir ist klar, dass ich ziemlich grottig vor mich hinschrammele ... und es stimmt, alte und schlechte Gewohnheiten sind natürlich da.... aber gesanglich bin ich Profi. Unterricht unter Berufskollegen, das wird allemal interessant ;)


schöne Grüße
Bell
 
Vielleicht kannst Du ja einen Deal machen und ihr lehrt Euch gegenseitig Gitarre und Gesang. Mit Glück ist Dein neuer Lehrer ein Singer/Songwriter ? :D
 
Ich habe auch vor einem 3/4 Jahr als 30-jähriger mit Einzelunterricht angefangen, nachdem ich über 15 Jahre nur das allernötigste schrammeln konnte (und auch nicht mehr wollte).

Ich kann das nur empfehlen und hätte nie damit gerechnet, so viel in so kurzer Zeit zu lernen. Natürlich bin ich sogesehen immernoch Anfänger, aber es ist nie zu spät, richtig einzusteigen.


Gruß,
Matthias
 
Solange man das Geld und die Zeit hat, es so zu betreiben;). Wenn nicht, muss man wohl oder übel auf Selbstunterricht zurückgreifen.
 

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