Frage zu Bass-Amps und Lautsprechersimulationen

boltgunbrother
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Hallo!

Ich habe da mal eine Frage, auf die ich bisher noch keine Antwort gefunden habe: Warum finden sich bei Bassverstärkern eigentlich so oft eingebaute DI-Boxen (Balanced-out), während das bei der Gitarrenfraktion nicht der Fall ist? Bzw. die Gitarristen oft auf eine Boxensimulation zurückgreifen. Meiner anekdotische Evidenz nach ;) spielen die Boxensimulationen bei uns Bassern eher keine so große Rolle, ebenso das mikrofonieren der Boxen. Ich habe es immer so hingenommen und mich über den XLR-Ausgang meines EBS gefreut, weil es so schön einfach zum Aufbauen war und gut klingt.
Aber irgendwie würde mich das schon interessieren, ich denke, dass es mit den Frequenzen des Basses zu tun hat, dass diese eben einfach nicht gut zu mikrofonieren sind? Oder bin ich da total auf dem Holzweg?
Hintergrund ist der, dass ich gerade ein bisschen mit einem Bass VI spiele und der über Gitarrenverstärker und Bassverstärker gut zu spielen ist. Da dachte ich mir, dass ein Aktivlautsprecher mit verschiedenen Preamps doch eigentlich ganz schick wäre (oder ein Multieffektgerät) um das Ganze kompakter zu haben. Da kam dann eben die Frage auf, den die Gitarristen mit diesem Setup empfehlen zwingend einen Boxensimulation, während das bei den Bassern weniger eine Rolle spielt. Klar, im Endeffekt muss ich testen, was gut klingt, aber die Theorie dahinter würde mich doch interessieren!
Vielen Dank schonmal, vielleicht hat sich der eine oder andere das ja auch schon gefragt...
Grüße, Ben
 
Eigenschaft
 
Bei cleanen Sounds kann man sich noch darüber streiten, ob es unbedingt Boxensimulation braucht, da aber ne E-Gitarre auch gern mal verzerrt gespielt wird schaut die Sache dann da anders aus. Hab leider auf die Schnelle kein youtube vid gefunden, wo das hörbar wäre, aber grundsätzlich (Ausnahmen bestätigen die Regel) klingt das furchtbar.
Gitarrenamps/ -Boxen haben die Eigenschaft, hohe Frequenzen (so ab 5-8kHz) quasi nicht mehr zu übertragen, deswegen hört man die nervigen Frequenzen beim Lautsprecher bzw. Boxensimulation nicht mehr. Direkt ins Pult halt schon...
 
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Gitarrenlautsprecher sind im Grunde auf dem technischen Stand der 50er-Jahre stehengeblieben. Soll heißen, sie können zwar halbwegs laut, aber mit einer linearen, verzerrungsfreien Widergabe hat das recht wenig zu tun. Passenderweise sind aus diese Eigenschaften die typischen Gitarrensounds entstanden. Daher gehört ein passender Lautsprecher zum Gesamtsystem E-Gitarre zwingend dazu. Ist dieser nicht vorhanden bzw. wird zur Wiedergabe ein lineares Lautsprechersystem nach Stand der Technik verwendet, muss er eben simuliert werden, sonst ist das System nicht vollständig.
Genaugenommen handelt es sich bei Lautsprechersimulationen auch immer um die Simulation der Kombination von Lautsprecher und Mikrofon. Die typischen Gitarrenmikrofone (SM57 etc.) sind auch nicht sonderlich linear.

Beim Bass haben wir eine ähnlich, aber nicht ganz identische Situation. Zum einen haben sich die Bassisten dem Fortschritt nicht so ganz verschlossen. Wir sind bei typischen Bassboxen zwar auch noch weit von linear entfernt (man schaue sich nur mal ein paar Messungen hier an: https://www.bassgearmag.com/category/gear/technical-reviews/), aber wir reden meistens nicht vom unbeschalteten Breitbänder, der fleißig vor sich hin resoniert. Zum anderen hat der soundformende Einfluss des Lautsprechers beim Bass eine weniger hohe Bedeutung, als bei der E-Gitarre. Das heißt nicht, dass die Bassboxen keinen Einfluss auf den Sound hätten. Aber Bass funktioniert im musikalischen Kontext in den meisten Szenarien eben auch ohne diesen, was bei der Gitarre nicht so ist.

Man kann eine Bassbox ohne weiteres per Mikrofon abnehmen. Nur muss man dafür das richtige Mikrofon verwenden. Dynamische, gerichtete Mikrofone (also das, was man auf einer Bühne verwendet) haben prinzipbedingt immer einen zu tiefen Frequenzen hin abfallenen Frequenzgang. Es gibt einige Spezialisten, die auf diesen Frequenzbereich optimiert sind, jedoch handelt es sich meistens um Bassdrummikros, die dann im weiteren Frequenzverlauf auf dieses Instrument getrimmt sind (400 Hz Loch) und damit dem Bassklang nicht unbedingt zuträglich sind. Lineare Bühnen-Mikrofone mit tiefere unterer Grenzfrequenz gibt es nur sehr wenige. Von daher ist die direkte Abnahme die einfachere Lösung, die in den meisten Fällen auch gut funktioniert.

Es kann durchaus auch beim Bass einen soundtechnischen Mehrwert bringen, eine Lautsprechersimulation zu verwenden. Im Gegensatz zur Gitarre ist aber eher als Option und nicht als Notwendigkeit zu sehen.
 
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Ich saß auch gerade an einem Beitrag, aber @the flix hat das besser erklärt, als ich's jemals könnte.

Meine bisherige Erfahrung mit Boxensimulationen beim Bass ist die, dass sie den Bass-Sound etwas andicken bzw. "fetter" machen. Ich denke mal, dass da Raumreflexionen bzw. -resonanzen mit einbezogen werden. In einem schalltoten Raum (hab' ich mal bei einem großen Radiosender erfahren dürfen), in dem die Raumresonanzen weitgehend eliminiert werden, hört sich ein Bass seltsam leblos an. Ähnlicher Effekt, wenn man z.B. ein Open Air beschallen will: da muss im Vergleich zu einem Saal überproportional viel an Bass-Sound aufgefahren werden, damit's klingt, einfach weil der Bass in der freien Luft "verpufft".

Bass-Simulationen habe ich auf einem alten Multieffekt, benutze sie dort aber selten. Was ganz interessant ist: bei meinem Orange Crush Bass 100 Combo ist eine Cabsim auf dem Kopfhörerausgang. Damit klingt das Ganze beim Üben "mehr" nach Bass als das ganz trockene Signal.

Beim Setup mit Multieffekt plus Aktiv-PA-Box sind die Besonderheiten, sprich, die Nicht-Linearität beim Frequenzgang bzw. die fehlenden Raumresonanzen, zu berücksichtigen. Da macht es dann sehr viel Sinn, eine Cabsim auf dem Multieffekt zu haben, damit's mehr nach typischem Gitarren- bzw. Bass-Sound klingt.
 
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Vielen Dank für die Antworten! Wieder was gelernt, bzw. Stichworte für weitere Recherchen bekommen (y)
Diese Differenzen im Aufbau von Gitarren und Bassboxen sind dann wahrscheinlich auch dafür verantwortlich, dass eine Gitarre, die über eine Bassanlage gespielt wird besser klingt als ein Bass über eine Gitarrenanlage? (Basierend auch wieder auf meiner anekdotische Evidenz ;))
 

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