[Gitarre] Fender Deluxe Roadhouse Stratocaster SSS

EAROSonic
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Fender Deluxe Roadhouse Stratocaster SSS

So richtig weiß ich auch nicht, warum es diesen Review überhaupt gibt. Einserseits war ich mit meinen beiden Player SSS- und HSS-Strats glücklich. Andererseits fehlte mir doch ein wenig meine für o.g. Gitarren verkaufte ´70s Classic Strat mit der großen Kopfplatte. Sieht schon verdammt gut aus, so ne weiße Strat mit komplettem Ahornhals und der großen Schaufel am Ende. Und auf Grund dieses Defizits lockte wieder einmal das GAS. Allerdings lassen sich Strats mit großer Kopfplatte derzeit im aktuellen Angebot von Fender nur selten finden, als da wären: American Performer SSS & HSS, Deluxe Roadhouse, Deluxe Strat SSS & HSS, Albert Hammond Jr. sowie ein paar Signaturmodelle.

Mit dem Gedanken an meine Fender Telecaster Baja und ob ihrer Vielseitigkeit mit der S1-Schaltung sowie dem 4-Wegeschalter wollte ich das auch bei meiner neuen Strat vorfinden. Die Wahl engte sich weiter auf die beiden Modelle Deluxe Strat und die Deluxe Roadhouse Stratocaster ein. Aber wieder einmal war das Ahorngriffbrett gesetzt. Damit gefällt mir eine Strat auch klanglich besser, als mit einem aus Palisander oder Pau Ferro. Die Deluxe Strat verfügt sogar über einen Body aus Esche, der sie auf den Spuren meiner verkauften ´70s Strat wandeln ließe. Ein weiterer Pluspunkt, hebt sie sich damit von den beiden Player ab. Meine damalige ´70s Esche Strat empfand ich als recht ausgewogen im Klang. Leider war die Deluxe Strat beim Thomann und anderen Shops ausverkauft. Die Roadhouse rückte damit in meinen Fokus. Grundsätzlich der Deluxe Strat sehr ähnlich, liegt der Hauptunterschied neben dem Material für den Body (bei der Roadhouse Erle) in den Schaltoptionen. Bei der Deluxe Strat können stratuntypisch einmal der Neck- und der Bridgesinglecoil oder aber auch alle drei Pickups zusammen geschaltet werden. Damit ergeben sich Soundmöglichkeiten, die es so von einer Strat selten gab. Neck + Bridge á la Tele und drei Pickups, wie man es z.B. von der Les Paul Custom mit drei Humbucker her kennt, nur eben mit Singlecoils. Ihr wisst ja, wie GAS wirkt, es muss umgehend befriedigt werden, ansonsten entweicht es nicht und so orderte ich kurz entschlossen die Roadhouse in Olypmic White mit Ahorngriffbrett.

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Specs
Hier findet sich viel bekanntes: wie beschrieben, Erle für den Korpus und einen einteiligen Ahorn als Halsbasis. Sie bietet 22 Medium-Jumbobünden, ein Griffbrettradius von 12“ sowie einer Sattelbreite von 42 mm. Gerade bei diesem Radius werden sich Les Paul-Spieler wohl fühlen und in der Tat vermittelt es eventuell einen nicht so beengten Eindruck wie ein 9,5“-Griffbrett. Alles ist weitläufiger…

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Früher Modelle der Roadhouse waren mit Texas Special bestückt. Zum Glück ist dies bei der aktuellen Reihe nicht mehr der Fall, hier kommen nun drei Noiseless zum Einsatz. Leider kann ich nicht sagen, um welche Generation es sich genau handelt (mittlerweile sind wir bei Gen4 angelangt). Mit den Texas Special bin ich nie warm geworden. Bei meiner damaligen American Special konnte ich die Pickups einstellen wie ich wollte, es kam nie ein Tone aus dieser Strat, der mich nur im Entferntesten zufriedengestellt hätte. Hatte immer das Gefühl bei den Pickups ein Mittenloch zu hören, daher waren sie mit dem Exkurs American Special schnell für mich erledigt!

Mit Noiseless sammelte ich auch bereits Erfahrungen in Form einer Stratocaster Deluxe, jedoch auch keine Guten. Diese bleib ebenfalls wenig positiv in meinem Gedächtnis hängen. Wie die American Special war auch die Deluxe schnell wieder dem Markt zugeführt. Dennoch wollte ich mir auch die Roadhouse hier einlassen und ich muss sagen, bei ihr gefiel mir das Paket gleich zu Beginn. Durchaus möglich, dass bei der Deluxe die erste Generation der Noiseless verbaut waren und die genießen meines Wissens nach nicht den allerbesten Ruf.

Den Potis der Roadhouse kommen folgende Aufgaben zu:
  • unterer Poti: Mastertone für alle drei Singlecoils
  • mittlerer Poti: Rotaryswitch mit 6 Einstellmöglichkeiten
  • oberer Poti: Volume
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Des Weiteren wurden bei der Deluxe (Nomen ist vielleicht Omen) die Fender F-Style Lockingtuner mit den runden Buttons verbaut. D.h., von vorne schaut die Kopfplatte betrachtet vintagemäßíger aus als bei der Player. Wenn schon Deluxe, dann aber auch richtig.

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Optik, Haptik & Co - Contra
Fangen wir mit den einzigen kleinen Makel der Gitarre, die bei mir eintraf an:
  • im Bodybereich nahe der Halstasche gibt es leichte Lackverfärbungen
  • die Bundenden auf der Unterseite des Halses waren leicht scharfkantig; das sollte Fender doch besser hinbekommen!
Optik, Haptik & Co - Pro
Der Hals vermittelt das samtige Gefühl, als sei er nur ganz wenig mit Lack in Berührung gekommen, so offenporig erscheint er einem. Aber zum Glück verschmutzt er nicht á la ersten Serie der Road Worn-Serie. Das Halsprofil selbst erscheint mir eine Spur dicker und breiter gegenüber der Player, die ich hier als Vergleichsmodell ins Felde führen kann, wird es ebenfalls unter Moderne C geführt. Nachgemessen habe ich dies noch nicht, sollte ich vielleicht mal tun. Auf der anderen Seite ist dies aber auch nicht notwendig. Man spürt gleich zu Beginn, was einem wie liegt.

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Bei meiner Hendrix-Strat fand ich schön, dass das Tremolofach nicht mitlackiert wurde und dies handelte Fender bei der Player, als auch bei der Deluxe ebenso. Ich kann mich noch an meine 2012er MIM-Standard Strat erinnert. Dort wurde nach dem Motto lackiert „Was man nicht sieht, muss man auch nicht ordentlich machen!“. Aber nicht nur der Lack sah suboptimal aus, sondern auch die Holzbearbeitung in diesem Bereich und das kann eine Versiegelung natürlich nicht ausgleichen. Bei den aktuellen Modellen gibt man sich mehr Mühe und ersparte der Fräsung diesen „Schutz“. Ich finde es besser und auch schöner.

Der Pickupwählschalter schaltet schön satt. Da wirkt der meiner ´70s deutlich fragiler und gab auch bereits Schaltgeräusche von sich.

Wie bei der recht neuen Player-Serie verwendet Fender bei der Roadhouse ein Zweipunkt-Tremolo (sehr wahrscheinlich identische Bauteile). Ob dies grundsätzlich für eine höhere Stimmstabilität sorgt, kann ich nicht sagen. Erlebe ich diesbezüglich auch mit einem Vintagetremolo, weil nicht in Benutzung, sondern fest auf der Decke aufliegend, keine Probleme. Allerdings zeigen die Saitenreiter mehr Spiel bzw. bewegen sich bei meinem Saitenwechsel deutlich stärker seitlich, als bei den Vintagetremolos. Vermutlich sind die einzelnen Saitenreiter nicht so breit. Hier sagt mir die stabilere Variante eher zu. Natürlich fällt dieses nicht mehr ins Gewicht, wenn die Saiten aufgezogen und gestimmt sind.

Haptisch stellt für mich die neue Player-Strat den Überflieger dar. Jedes Mal bin ich davon fasziniert, wenn ich eine der Beiden in die Hand nehme. In meinem SSS-Player-Review schrieb ich dazu auch „…empfinde ich für mich als die Formschlüssigste, die ich habe. Bei ihr wirkt alles wie auf mich zugeschnitten oder wie man so schön sagt „Wie aus einem Guss!“. Die Roadhouse fühlt sich auch toll an, aber die Player legt hier noch eine Schippe drauf. Vielleicht machen es nur ein paar Millimeterbruchteile hier & da, aber die entscheiden über super und optimal. Oder aber es zeigt mal wieder, dass Moderne C nicht gleich Moderne C ist, denn beiden Strats wurden wie weiter oben beschrieben mit diesem Profil ausgestattet.

Wer seine Strat gerne in den höchsten Tönen spielt, findet bei der Roadhouse dagegen einen kongenialen Partner. Abweichend vom „Original Contour Body“ wurde die Halsaufnahme auf der Unterseite derart abgerundet, dass die oberen Lagen besser erreichbar sind. Ist das der Grund, weswegen auf der Roadhouse der „OCB“-Sticker fehlt?

Tone
Die Werkseinstellung ließ für mich etwas zu wünschen übrig. Natürlich stellt diese immer nur einen Kompromiss dar, hier muss der Spieler eben selbst Hand anlegen, um sie für sich zu optimieren und damit ihr Potential immer weiter zu entwickeln.

Bei der Roadhouse müssen wir die Betrachtung einmal auf den passiven und auf den aktiven Bereich aufteilen.

Passiv
Hier klingt die Strat wie man es erwarten würde, kernig satt und an der Bridge nicht zu höhenlastig, wie man das so ungerne hört. Von der Bridge zum Hals hin wird der Tone ein Stück weit dunkler (dumpfer will ich nicht schreiben, weil er das nicht ist). Die Zwischenpositionen näseln wie gewohnt ein wenig. Sie zeigt damit eine nahe Verwandtschaft zu meiner Player SSS, jedoch nicht ganz so spritzig. Dafür könnten u.a. die Noiseless verantwortlich sein.

Aktiv
Mit dem Rotaryswitch stehen 6 verschiedene (denke) Kondensatorabstufungen und damit Höhenabsenkungen zur Verfügung. Wenn ich über den Kopfhörer spiele, fällt auf, dass die aktive Sektion einen Lautstärkesprung wie einen Booster vollzieht, d.h. es wird lauter im Hörer. Einher geht ein deutlich höhenreicheres Tonebild, das sich je weiter man den Rotary Richtung 1 dreht, verstärkt. Nach etwas Abstimmung kann ich passiv & aktiv über eine „Ampeinstellung“ spielen, aktiv jedoch auf Stellung 4, 5 & 6. Bei den ersten Dreien tritt der Bass doch recht deutlich in den Hintergrund. Am echten Amp und ohne Abhöre ergeben alle 6 Positionen absoluten Sinn.

Was der Switch/Boost jedoch kann, dem mittleren und Neck-PU etwas mehr Höhen zukommen zu lassen, so dass die bei den Pickups klangtechnisch auf Höhe des passiven Bridgepickups liegen. Dazu benötigt es nur einen kurzen Druck auf das Volumepoti. Geht fast schon intuitiv. In der Zwischenstellung Steg plus mittlerer Singlecoil verliert die Roadhouse diesen nasalen Klang, der einem gefallen kann, allerdings nicht muss. Mir gefällt er nicht und mit dem Rotary kann man diesen weitestgehend eliminieren.

Mit nur dem Mastertonepoti muss man einen Kompromiss finden, wenn man zwischen dem passiven und aktiven Mod hin- und herschalten, aber nicht ständig am Tonepoti drehen möchte, befindet es sich auch noch am weitesten vom Hauptgeschehen entfernt.

Fazit
Eine Strat mit einer 9V-Batterie. Ob Leo das jemals vorhergesehen hatte? Gab es anno 1954 bereits 9V-Blockbatterien? Optisch haben wir es hier mit einer ´50s/70s-Strat mit moderner Auslegung zu tun. Die Farbgebung entspricht den 1950ern, die Kopfplatte den 70ern und die modernen Features wie dem 12“-Griffbrett, der Schaltung und dem abgerundetem Halsfuß dem Hier & Jetzt. Eine gut durchdachte Mischung aus fast 65 Jahre Strat-Historie. Und wieder zeigt die mexikanische Fertigungsstätte was sie kann. Allerdings gilt dies nicht nur für die Deluxe hier, sondern auch meinen beiden Player, die preislich doch eine Ecke davon entfernt liegen.

Eine Strat für Leute, die auch mal fernab der klassischen Features fündig werden wollen. Quasi eine Strat mit zwei klanglichen Ebenen, die sich schön von einandern abgrenzen bzw. ergänzen. Definitiv zu einem genaueren Blick oder gar Test empfohlen.
 
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...hier kommen nun drei Noiseless zum Einsatz. Leider kann ich nicht sagen, um welche Generation es sich genau handelt...

Das sieht so aus, als würde es sich um Vintage Noiseless handeln (entspräche auch den Specs).

Danke für das Review! Strat geht immer! :great:
 
Danke für den Hinweis, @Stratspieler.
 

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