und um missverständnissen vorzubeugen: ich sage nicht, dass all diese theoretischen dinge total unbrauchbar sind. ich behaupte nur, dass sie nicht als absolut und unabdingbar angesehen werden sollten.
Ich würd sogar noch nen Schritt weitergehen und sagen, dass theoretisches Halbwissen die Kreativität sogar gefährdet. Wenn man sich zu sehr an die Theorie klammert, gehen einem alle Möglichkeiten die man sich selbst nicht theoretisch erklären kann einfach flöten. Andererseits eröffnet einem ein gutes theoretisches Wissen natürlich Möglichkeiten, die man sonst nur durch ewiges Versuch-Und-Fehler Verfahren rausfinden könnte.
Am Beispiel meiner eigenen Person:
Als ich angefangen habe Songs zu schreiben, hab ich mir einfach nur in Guitar Pro Tonleitern anzeigen lassen und dann wahllos Akkorde und Melodien zusammengesetzt bis ich fand, das es gut klang. Dabei kamen sehr schöne Sachen raus, die ich heute noch gerne mal wieder anhöre. Damals hatte ich keine Ahnung von Stufentheorie und sonstiges und wusste nicht, dass ich dort Songs in Dorisch,Mixolydisch und was nicht alles geschrieben hab. Es klang einfach nur schön und das reicht ja völlig aus. Ich häng hier mal nen Beispiel von sonem Lied an (Dreamin on Cloud #9)
Später lernte ich die Pentatonik und Bluesschemen und versteifte mich so sehr in diese I-IV-V Sache, dass ich kaum noch was anderes zustande brachte (was natürlich extrem öde war). Alles musste irgendwie in diese Schemen in meinem Kopf passen.
Heute weiß ichs besser. Denn wenn ich eins durch die Theorie gelernt habe, dann dass man aus ihr herausbrechen sollte, wo es nur möglich ist. Spiel mit Tönen außerhalb der Tonleiter rum, spiel mal nen Akkord der nicht zu den Stufenakkorden gehört, Spiele ein wenig Pentatonik und dann vergiss alles Skalen und entwickle die Melodien nach Gefühl weiter. So entstehen die Dinge die man "innovativ" nennt. Natürlich kann man den Großteil davon Theoretisch erklären, warum das jetzt so passt. Aber wer will das schon. Das nimmt der Musik den Reiz. Und viele berühmte Gitarristen haben ihren sogenannten eigenen "Stil" weil sie Noten/Akkord/Strukturen spielen, die andere vor ihnen nicht, bzw. nicht so markant genutzt haben.
Bestes Beispiel Stevie Ray Vaughn, der hat ne Menge Zeug innerhalb und um die Pentatonik angestellt, auf die ich niemals gekommen wäre.
Andererseits hilft mir die Theorie jetzt viel weiter. Ich weiß z.B wie man Irische Songs spielt, was dort Charakteristisch ist, nur weil ich mir ein paar Irische Songs angeschaut und analysiert habe (Ok, irische Songs sind sehr Text und Melodie-lastig, aber die Grundstrukturen helfen einem, wenn man versuchen will, den Stil zu kopieren).
Lange Rede, kurzer Sinn: Kennen deinen Feind, kenne die Grundstrukturen der Theorie, damit du sie nutzen und auch brechen kannst.
Ich hoffe irgendjemand versteht meine Ausführungen hier =)