Harley Benton HBF-200 NT Kurzreview

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Heutzutage kann man sich ja schon wundern, wie wenig Geld man fuer eine brauchbare Gitarre ausgeben kann und ob es dafuer auch einen brauchbaren Gegenwert gibt...?

Wer billig kauft, kauft ja oft doppelt und gerade bei Instrumenten ist das so eine Sache mit der Qualitaet...

Ich habe mir als "Buerogitarre" vormals eine HBCG-45 bestellt und bin der Sperrholzoptik ueberdruessig geworden. Um mich auch weiterhin zu motivieren, habe ich eine Harley Benton HBF-200 NT
bestellt und habe der Lieferung mit gemischten Gefuehlen entgegengesehen. Kann ja eigentlich nicht sein, dass eine Parlor-Gitarre fuer unter €200 weggeht, oder?

Mittlerweile ist die HBF-200 NT eingetroffen und ich moechte einen ersten Erfahrungsbericht abliefern, mal sehen, wie es dann nach einem Jahr aussieht mit der HBF-200.

Verarbeitungstechnisch ist an der HBF-200 NT nichts auszusetzen. Aussen und innen eine gute Verarbeitung. Trotz genauester Begutachtung sind mir nur 2 Negativa aufgefallen:
1.) Die Loecher fuer die Ballends in der Bruecke sind zu klein gebohrt. nur weniger als 1/10 mm, aber man muss die Ballends doch mit Nachdruck durch die Loecher pressen. Das wird sich nach einigen Saitenwechseln geben, denke ich.
2.) Die Mechaniken sind Schrott. Von Anfang an Schrott. Die eingebauten Nylonwellen haben einen so grossen Durchmesser dass in Verbindung mit den 12:1 Mechaniken eine saubere Stimmung so gut wie unmoeglich ist. Ein Hauch einer Drehung am Stimmfluegel und schwupps, schon ist man weit weg. Hier waeren die ueblichen Stahlwellen mit kleinerem Durchmesser und die Verwendung von 14:1 Mechaniken durchaus von grossem Vorteil gewesen. Ich hoffe, dass man entweder die Nylonwellen abziehen kann und darunter eine brauchbare Stahlwelle ist, oder aber dass Stahlwellenmechaniken hoeherer Qualitaet aus dem Zubehoer hier passen.

Ansonsten kann ich nur staunen. Eine richtige Holzgitarre mit geringem Plastikanteil. Die Bindings sind aus Holz (kaum zu glauben bei dem Preis!) und sauber ausgefuehrt, die Einlegearbeiten sind sauber CNC gefraest und die Abalone an Kopfplatte und Korpus ist sogar von brauchbarer Qualitaet. Was man leider von der Abalone und dem Perlmutt auf dem Griffbrett nicht sagen kann. Das Griffbrett selber und die Bebundung ist untadelig, nur die Weinranke auf dem Griffbrett sieht in Natura nicht so gut aus, wie im Web, hier waere ein wenig schmalere Abalone, die dafuer etwas tiefer ausgefuehrt wuerde und somit einen aehnlich guten Eindruck wie die Abalone an der Kopfplatte machen wuerde sehr, sehr, sehr von Vorteil gewesen. Insbesondere im Direktvergleich baut da das Griffbrett sehr unschoen ab.

Produziert wird die HBF-200 NT wohl in ser selben Fabrik wie die HBJC503CEQ, die Verwendung aehnlicher Hoelzer, Lacke und Qualitaeten und vor allem der hier wie dort nicht eingeklebte Sattel sind Indikatoren dafuer.

Der Hals ist fuer eine so kleine Gitarre sehr massiv. Nicht unkomfortabel aber ganz gewisslich nicht "elektrisch". Griffbrett und Bundierung - wie schon gesagt - von ansprechender Qualitaet und es ist mit wenig Aufwand fast schon eine "Painted-on" Saitenlage erzielbar. Bei meiner HBF war dazu tatsaechlich nur das Herausnehmen des (komischen) Metall-Distanzstueckes unter der Stegeinlage und das Abschleifen der Stegeinlage noetig. Sattel und Halskruemmung waren so gut wie optimal.

Hierzu auch mal ein Lob an Thomann: Wenn das der neue Qualitaetstandard bei Harley-Benton ist, dann kann ich zumindestens damit leben.

Klanglich kann die HBF-200 mithalten. Man kann kein "Tone-Monster" erwarten, aber sie klingt auch nicht wie eine Pappschachtel. Angenehm neutral waere mein Urteil hier. Das Volumen geht fuer einen so kleinen Korpus in Ordnung und die Balance zwischen Baessen und Hoehen stimmt auch, auf einer Parlor haut man ja nicht mit dicken Plecktren in die Saiten aber matschig wird sie auch dabei nicht. Sicherlich geht im Vergleich zu Parlor-Gitarren von Gibson, Martin oder Larson hier die Definition bei der HB vollkommen den Bach 'runter, aber gemessen am erfreulich niedrigen Preis: Hut ab!

Zusammenfassend also: erfreulich viel Gitarre fuer erstaunlich wenig Geld.
 
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Schönes kurzreview. Hättest du auch noch ein foto von der schönen?

Gruss, Ben
 
@Corkonian:

Wenn ich Dir einen Rat geben darf, dann lass' die Werksmechaniken erst mal drauf. Ich hatte bei meiner HBF nämlich die Mechaniken ausgetauscht, erstmal gegen Billigteile, die dann wieder gegen Grover ausgetauscht werden sollten. Erstmal braucht man für den Austausch der Mechaniken die entsprechenden Einschlag-, bzw. Reduzierhülsen, die es auch bei T bzw. bei Rockinger gibt.

Der Knackpunkt an der Sache liegt woanders: tauscht man nämlich die Originalmechaniken mit ihren dicken Wellen gegen entsprechende Replacementteile mit ihren dünneren Wellen aus, dann laufen zumindest die beiden E-Saiten direkt über das Holz der Fensterung, bevor sie den Sattel erreichen. Irgendjemand hat bei der Konstruktion der Gitarre gepfuscht, weil die Saiten eigentlich frei vom Sattel zur Mechanikwelle laufen sollten, was aber nur mit den Originalwellen erreicht werden kann.

Es gäbe zwei Möglichkeiten zur Abhilfe:

einmal die Originalwellen rausnehmen, die vorhandenen Löcher dübeln und neue Löcher mit entsprechendem Versatz bohren, was aber eigentlich wegen der damit verbundenen Verlängerung der Fensterung in den oberen Teil des Kopfplattenfurnieres und dem dort befindlichen Einlagen nicht funktioniert;

oder mit einer entsprechenden Feilraspel den unteren Ausschnitt der Fensterung in einen anderen Winkel bringen, bis die Saiten frei laufen. Dann wäre es zwar optisch völlig in Ordnung, vor allem, wenn man eine runde Kante anstelle der vorhandenen geraden feilt. Gitarrenbautechnisch habe ich der Angelegenheit aber nicht ganz so getraut, weil der Hals bzw. die Kopfplatte an der Stelle dann doch recht dünn wird und damit sehr schnell zur Sollbruchstelle werden könnte.

Man könnte zwar auch mit einer Nadel- oder einer Sattelfeile einfach zwei Kerben für die beiden Saiten in das Holz machen, was der Stabilität keinen Abbruch tun dürfte, aber doch nach Pfusch aussieht, und ebenfalls Lackierarbeiten notwendig macht.

Da ich auch die Stegeinlage, die Bridgepins und den Sattel gegen TUSQ-Teile ausgetauscht hatte (was sowohl von Ansprache wie auch vom Klang gerade bei dieser Gitarre - die für den aufgerufenen Preis schon recht ordentlich ist - doch noch einiges gebracht hatte), lief bei mir nur die hohe e-Saite mit einem leichten Knick über das Holz. Damit hätte ich leben können, allerdings hat die Klampfe vor drei Wochen eine neue Besitzerin bekommen, weil ich bei dem Zeugs, das ich hauptsächlich spiele, mit Halsform und -breite dann doch nicht so zurechtkam, wie ich mir das vorgestelllt hatte.
 
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Also mit dem Hals kann ich leben.
Das mit der Fensterkopfplatte habe ich schon vermutet. Muss ich dann halt hochwertigere Konzertgitarrenmechaniken verwenden, denn das, was HB da eingebaut hat ist schlankweg Schrott.
Ansonsten spielt undklingt dasDing fuer das kleine Geld erschreckend gut.

---------- Post hinzugefügt um 10:13:19 ---------- Letzter Beitrag war um 07:20:11 ----------

Hab' nochmal versucht, das Ding passabel zu stimmen.
Alles nach Handbuch gemacht, stop-loop auf die Saiten, 3 Umdrehungen Saiten maximal auf den Rollen, ein Hauch Graphit in den Sattelkerben...
Ergebnis: immer noch Substandard, weil die Mechaniken zu viel Leerweg haben.
Lass' ich mir jetzt bei der oertlichen Dreherei doppeltkonische Messinghuelsen drehen, die dann gerade so dick sind, wie sie seinduerfen ohne dass die Saite den Kopf beruehrt?

Egal, ich hab' erstmal Thomann angemailt,mob die auf dem Garantie/Kulanzweg mir einen neuen Satz Mechaniken auf die Insel schicken koennen. Will ja keine Schaller oder Grovers, aber etwas, dass wenigstens stimmbar ist waere ja schon schick...
 
Ich habe heute zufälligerweise wieder eine 200NT in die Finger bekommen, bzw. durfte ich den Saitenwechsel machen. Wenn man bei den hohen Saiten ein paar Wicklungen mehr macht, und vor allem die Saiten nicht in Schlaufen legt, sondern genau an den Bohrungen Z-förmig knickt (Bilder dazu gibt's beim Kollegen http://www.karl-jürgen--klimke.de/Saitenwechsel.html), und dann darauf achtet, daß die Saiten schön gleichmässig nebeneinander aufgewickelt werden, dann hält die Gitarre die Stimmung astrein. Saiten drauf, einmal nachstimmen, Saiten dehnen, nachstimmen, fettich.
Allerdings ist das kleine Monster mit neuen Saiten und den dann reichlich vorhandenen Obertönen etwas schwieriger zu stimmen, wobei ich das auf Korpusgröße und das Palisanderlaminat des Korpus schiebe, aber die Mechaniken haben/hatten bei allen Gitarren dieser Baureihe, die ich bisher in der Hand hatte (das waren so fünf bis sechs) definitiv kein Spiel.
 
Normal lege ich bei so grossen Rollern ohne die Taillierung lieber eine Schlaufe, bei "normalen" Stahlwellrnmechaniken hat die Welle eine Sanduhr-Form, die die Saite auf Kompression legt, da fehlt bei den grossen Rollern, daher diie Schlaufe... Aber ich habe definitiv ca 5 minuten Leerweg an den Mechaniken.
 
Kurz und knapp: Vergiss zumindest bei dieser Gitarre die Schlaufen, weil es definitiv nicht hält. Saite mit genügend Überstand einfädeln, an beiden Enden festhalten und damit an der Welle scharfkantig knicken, aufwickeln und dabei auf die Lage der Wicklungen achten, hält. Ich habe das nicht nur mit einer ausprobiert, sondern mit mehreren und anfangs auch genug geflucht, aber es ist definitiv eine Sache der Saitenmontage.

Over and out.
 
Ok, ich werd's mal probieren.
Ansonsten nab' ich noch Nylon-Ballend-Saiten. Die sollten auch gehen... schaunmerma'
 
So, Thomann hat neue Mechaniken geschickt.
14:1 Uebersetzt und das ist ein gewaltiger Unterschied.
Danke an BigT!:great:
Die kleine HBF rotzt mit medium Strings in open G wie die Sau. Instant Keef unplugged.
Und man kann jetzt tasaechlich auch gut stimmen.
 
Ein halbes Jahr spaeter....

Eigentlich mag ich die HBF200NT immer noch. Eigentlich.
Aber uneigentlich steht sie nun doch als Dekostueck auf dem Buerotisch.
Warum?
Der Klang stimmt, die Verarbeitung ist besser als das Preisneveau erwarten laesst, mit den neuen Mechaniken kann man die Kleine sogar gut stimmen ... warum also setzt sie Staub an?
Es ist nicht der Hals - obwohl der mir persoenlich einen Hauch zu fett ist, es ist nicht das Griffbrett, das passt sogar gut. Es sind die Buende!
Die kleine HBF hat eine kuerzere Mensur, was normalerweise das Spilen ja einfacher machen sollte, aber Thoman hat da richtig fette E-Gitarren-Jumbo-Buende einsetzen lassen. Am Anfang stoert das nicht, aber auf Dauer ist das sehr unangenehm. Durch die kurze Mensur ist die Saitenspannung ohnehin geringer und die hohen, fetten Buende dazu, das ist ein Rezept fuer -wortwoertliche- Verstimmungen. Man muss *sehr* konzentriert spielen, sehr auf die linke Hand achten, den Druck sehr genau modulieren, kurz ... es macht keinen Spass.
Wenn die Gitarre so teuer und wertvoll waere, wie sie aussieht, dann wuerde ich die zum Gitarrenbauer bringen und mit duenneren, flachenren Buenden neu bebunden lassen, aber bei einer sub-€200-Gitarre lohnt das nicht. Das kostet mehr, als die Gitarre.

Klar, ich kann schon verstehen, warum Thomann hier fette Buende genommen hat. Die erlauben es natuerlich, eventuelle Fertigungstoleranzen bei der Endeinstellung schnell "wegzuschleifen". Wenn man genug "Fleisch" an den Buenden hat, dann kann man manch leicht welliges Griffbrett noch retten und bei dem VK der Gitarre kann man sich in der Produktion nicht viel Ausschuss leisten.

Aber leider, leider versaut es einem das genussvolle Spielen, wenn man stets und staendig wie ein Schiesshund auf die Griffhand aufpassen muss.
 
Hallo,

erstmal ein wirklich schönes Review! :great:
Ich hatte früher auch mal eine Harley Benton, mit der Ich allerdings nicht wirklich zufrieden war. So hatte Ich Farbkleckse, scharfe Bundstäbchen, etc... . Natürlich ist die Preisklasse im untersten Bereich, dennoch finde Ich, dass sich das nicht gehört.
So freut es mich zu hören, dass die Qualität steigt. Wenn Thomann dies nun auch bei weiteren Hauseigenen Produkten so hinkriegt, wäre das eine top Sache.

Gruß
 
Echt Edel das Teil , aber mal nur von der Optik her^^

Wow hab ich mir gedacht als ich das Bild von der Gitarre gesehen habe.
Diese Pflanzen Inlays schauen einfach nur genial aus (Die Rose , Baum oder was das auch ist)
Aber dann die nicht so tollen Sachen erfahren über den Text diese 2 Punkte

Ich würde gerne ein Bild sehen wie sie in wirklich aussieht und nicht das von Thomann vielleicht ist das möglich =)

Sonst ein gutes Review !
MFG
 
Besitze die HBF 200 NT seit 2011. Zumeist spiele ich Konzertgitarre, die Harley Benton wird deshalb selten und auch nur im Wohnzimmer gespielt. Für meine Zwecke ist sie ideal. Ein echter Blickfang, klanglich für's Wohnzimmer durchaus ausreichend und sie war für das, was sie bietet ein absoluter Preishit.

Das Stimmen funktioniert bei meinem Instrument recht gut, aber es ist schon richtig, die Übersetzung der Mechaniken ist nicht ideal. Mangelhafte Fertigungsqualität, hohe Griffbrett- Toleranzen oder zu starke Bundstäbe kann ich für mein Instrument absolut nicht bestätigen. In Werkseinstellung war die Gitarre aber nur mäßig gut zu bespielen. Als ich 2012 einen Tonabnehmer einbaute, habe ich das Instrument in Bezug auf Saitenlage und Halskrümmung einmal richtig sauber eingestellt und seither macht es auch richtig viel Spaß beim spielen und kann mit sehr viel teureren Gitarre durchaus mithalten
 
@Corkonian Welche Mechaniken hast Du verbaut?
 
Irgendwas von Thomann. Nix teures. Habe vergessen, welche. Waren aber 14:1, die Originale waren 12:1.
 

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