Harmonische Analyse - Orchesterstück

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Kreacher90
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Seit knapp 20 Jahren ist "Across the Stars" von John Williams eines meiner Lieblingsstücke. Ich weiß nicht, was das Stück in sich hat, dass es einem (bzw. mir) so nahegeht, genau deshalb habe ich mich drangemacht, es harmonisch zu analysieren. Da ich keine professionelle Ausbildung in dieser Richtung habe, muss halt mein hobbymäßiges Laien-Wissen herhalten, in der Hoffnung, dass ihr hier vielleicht noch einige professionellere Aspekte einbringen könnt.

Es muss auch nicht das gesamte Stück analyisiert werden - bislang habe ich mich mal auf die ersten 21 Takte beschränkt, die sowohl das Hauptmotiv vorstellen, als auch direkt eine der zahlreichen Modulationen in andere Tonarten, die das Grundgerüst des Stückes sind, vorstellen:

Takte 1-4: Eröffnung durch Harfen-Arpeggios, d-moll-Akkord
Takt 5: Beginn des Hauptthemas durch Oboe, d-moll
Takt 6: g-moll und zurück zu d-moll
Takt 7: d-moll und zu a-moll (2. Umkehrung)
Takt 8: B-Dur (2. Umkehrung)
Takt 9: F-Dur + A-Dur (Cis als Leitton, um wieder auf d-moll zu kommen)
Takt 12 ist interessant, hier klingt (glaube ich?) Es-Dur als Start der Tonarten-Modulation?
Takt 21: nach Modulation Ankunft in G-Dur als Leitakkord auf c-moll - Hauptmotiv beginnt von vorne, dann aber in c-moll

Soweit bin ich mal gekommen. Stimmt das soweit?


 
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Hm, ich fürchte so wirst Du das Geheimnis nicht ergründen können. Sicher werden Dir so reichlich Muster auffallen, nur was sie bedeuten, wird wohl verborgen bleiben. Ähnlich, wie die Schrauben oder Bauelemente einer Maschine alleine nicht deren Funktion erklären können.

Ich denke, Deine Frage "was das Stück in sich hat" hat wenigstens 2 Teile:
  1. Was spricht mich an?
  2. Wie tut es das?
Zu 1. , um es zu verdeutlichen, hier eine sprachliche Analogie:

Version 1:
Du wirst es so nie verstehen.

Version 2:
  • DU
  • wirst es SO
  • NIE
  • verstehen
So einen Effekt haben wir auch in der Musik: Dieselben Noten, so oder so gespielt, ergeben einen völlig anderen Eindruck. Also etwa ob es so oder anders dirigiert wird. Ob ich als Musiker vor dem Intonieren so fühle (überaus glücklich) oder anders (der schwärzeste Tag meiner dunklen Tage).

Will heißen: Was ist die Geschichte, die diese Musik erzählt, egal mit welchen Mitteln? Welche Geschichte erzählt sie mir? An welche persönlichen Erlebnisse oder Empfindungen knüpft sie an? Geht es nur mir so? Usw.

Zu 2.: Das ist deutlich schwieriger zu beantworten. Denn es geht nicht vordergündig um Noten, Stimmen, Akkorde, Harmoniefolgen usw., sondern um deren Wirkung (was keine Musiktheorie bisher abbildet, bestenfalls mit mehr oder weniger konsistenten Regeln/Beobachtungen). Ob und wie sie die Geschichte unterstützen oder behindern.

Hat man Geduld mit Heinrich Schenkers Gesamtwerk (starb 1935), kann man dort viel Nützliches entnehmen, etwa dieses hier:
  • es kommt nicht auf das Notierte an, sondern auf das Gehörte: Ohr, nicht Auge
  • im Kontrapunkt (Vokalstimmen) "verbotene" Sprünge oder Intervalle können im Stück erforderlich sein, um die Psychologie des Besungenen unüberhörbar hervorzuheben
  • die Meister (Beethoven u.v.a) dachten in sehr großen Linien (was ihn letztendlich zum Ursatz führte, der weit über Dutzende Takte verteilt sein kann)

EINSCHUB: Schenkers analytischer-synthetisierender Ansatz in kurzen Worten.
  • Grundlage: Die komplexen Stücke der Meister (und vieler Nicht-ganz-so-Meister aus seiner Sicht) vor 1935
  • Erkenntnis: Stück in (wenigstens) 3 Schichten aufteilbar: Hintergrund, Mittelgrund, Vordergrund
  • Vordergrund ist das fertige Stück
  • Hintergrund ist immer der Ursatz
  • Mittelgrund ist die erste Ausarbeitung des Hintergrunds, zB aber nicht ausschließlich mit kontrapunktorischen Mitteln
  • Vordergrund ist dessen weitere Ausarbeitung
  • d.h.: nicht jede Note im Vordergrund ist in den anderen beiden enthalten
  • und umgekehrt kann eine Schicht die meisten Noten der Folgeschicht nicht enthalten
  • aus derselben Essenz (Ursatz/Hintergrund) folgt ein Universum an Stücken (Vordergründen)
  • usw.
  • bereits das ist ein deutlicher Kontrast zu Deiner Analye


Was könntest Du also anders tun?
  • Nun, zumindest aus diesen Perspektiven noch mehrmals dem Stück zuhören.
  • Vielleicht findest Du ja auch eine weitere Version/Interpretation eines anderen Dirigenten? Dann sind Unterschiede und Gemeinsamkeiten leichter zu erfassen.
 
... deshalb habe ich mich drangemacht, es harmonisch zu analysieren.


Anhang anzeigen 919086
Eine harmonische Analyse macht man einfacher mit einem ordentlichen Piano-Auszug -->


Druck es Dir aus. Schreib handschriftlich die Harmonien drüber und stell es hier wieder rein. Dann kann man einfacher konkret drüber reden.
 
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Da stellt einer sich hin, sagt noch, ich weiß nicht ob das so richtig ist und habe halt nur mein Laienwissen, und dann bekommt er eine fast schon psychologische Analyse vorgebraten mit dem Hinweis du kannst es nicht. Ja, ist eben auch nicht jeder Profi.

Trotzdem frage ich mich, wozu die Analyse? Ich brauche doch Akkorde vor allem, um Lieder zu begleiten ohne Notentext büffeln zu müssen. Ist das hier der Plan?
Oder sollen die Akkorde genommen werden, um im losen Zusammenhang darüber zu improvisieren?
Oder rein der Freude an der Mathematik wegen?

Oder oder... ich denke in der Tat, da bräuchte man noch ein wenig Hintergrund deiner Intention, um konkret "helfen" zu können.
Aber wenn es hilft: Auf den ersten Blick schien die (noch fragmentarische) Analyse insoweit korrekt zu sein. Die Harfe macht es einfach ...
 
Trotzdem frage ich mich, wozu die Analyse?
Naja, ich analysiere mehr oder weniger jedes Stück, das ich spiele. Dann verstehe ich besser, worum es in dem Stück geht, wo die Spannungskurven liegen, wo die Dominanten und ihre Auflösungen liegen, ich kann es mir besser merken etc. pp. Im Nebeneffekt kann dann im besten Fall noch ein paar neue Akkordverbindungen kennen lernen, die man beim nächsten Songwriting-Versuch wieder irgendwo einbauen kann. Ich finde, harmonische Analysen gehören im Musikbereich mit zu den sinnvollsten Sachen, die man machen kann.

Ich hätte da auch gerne schon geholfen, geht aber zeitlich gerade nicht.

Viele Grüße,
McCoy
 
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Ich glaube MS-SPOs Psychogramm hilft nicht weiter und ist auch nicht das, was der OP wollte.

Cudos Hinweis halte ich für das beste.
Schreib die Akkorde drüber und versuch mal, die Beziehungen (Funktionen) soweit wie du kannst hinzuschreiben.
Dann wird hier bestimmt weitergeholfen, ist ne tolle Community
 
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Es ist auf jeden Fall nie verkehrt, sich mit der Harmonik eines Stücks näher zu befassen, gehören doch die Harmoniefolgen unmittelbar zur Struktur nahezu eines jeden Musikstücks, jedenfalls wenn es harmonischen Gesetzen irgendeiner Art folgt.

Ob die harmonische Analyse aber dein hier formuliertes Ansinnen zu befriedigen vermag:
Ich weiß nicht, was das Stück in sich hat, dass es einem (bzw. mir) so nahegeht, genau deshalb habe ich mich drangemacht, es harmonisch zu analysieren.
kann sein, kann aber auch nicht sein.

Denn das Stück hat ja viele weitere Elemente, die zu seiner Gesamtstruktur beitragen (wie es im Grunde auf jedes Musikstück zutrifft):
Zuallererst natürlich die "Melodie(n)" im weitesten Sinne, wobei Williams hier ja ganz konkrete Melodien schreibt*. Dann nicht zu unterschätzen die Orchestrierung (worin Williams ein Könner ist, wie eigentlich alle Filmkomponisten), und natürlich und nicht zuletzt die Interpretation.
Letztlich verzahnen sich diese Elemente zu einem Ganzen, nämlich dem Werk an sich.
Bei der Analyse ist es ratsam, sich mit allen Elementen der Gesamtstruktur zu beschäftigen, wobei es meistens durchaus sinnvoll ist, mit der harmonischen Analyse zu beginnen. Inwiefern es die Harmonik ist, die hauptsächlich für den tiefen Eindruck verantwortlich ist, den das Stück bei dir, @Kreacher90 bei dir hinterlässt, wird sich im Laufe der Gesamtanalyse zeigen. Vielleicht ist es ja so, vielleicht sind es auch andere Elemente, die bei dir tiefer wirken, es wird sich zeigen.
Ein Experiment könnte z.B. sein, nur den Klavierauszug zu spielen, also jegliche Orchestrierung weg zu lassen. Wie würde das Stück dann auf dich wirken? Wie würde es wirken, wenn du z.B. die rechte Hand des Klavierauszugs im ersten Teil weglässt, also nur die Harmonien spielst ohne die Melodie?

Viel Spaß jedenfalls beim vertieften Eindringen in das Stück!

*)
Gibt es eigentlich Musik (außer rein percussive), die z.B. keinerlei melodische Elemente nutzt, selbst keine Phrasen oder auch nur Motive?
So recht will mir da nichts einfallen, bis auf den Satz "Farben" aus den Orchesterstücken op. 16 von Arnold Schönberg, der dort fast nur eine Art "Wanderung" von harmonischen Flächen komponiert hat ohne eine wirklich erkennbare Melodie (wobei Schönberg diese "Wanderungen" Klangfarbenmelodie nannte, er negiert also in einem tieferen Sinn die Melodie gar nicht):

View: https://www.youtube.com/watch?v=d4cpMepVZyc
 
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Naja, ich analysiere mehr oder weniger jedes Stück, das ich spiele. Dann verstehe ich besser, worum es in dem Stück geht, wo die Spannungskurven liegen, wo die Dominanten und ihre Auflösungen liegen, ich kann es mir besser merken etc. pp. Im Nebeneffekt kann dann im besten Fall noch ein paar neue Akkordverbindungen kennen lernen, die man beim nächsten Songwriting-Versuch wieder irgendwo einbauen kann. Ich finde, harmonische Analysen gehören im Musikbereich mit zu den sinnvollsten Sachen, die man machen kann.
So sehe ich das auch. Die Betonung liegt dabei auf "jedes Stück, das ich spiele". Aber wie der TE spielt, dat verrät he nich. Wahrscheinlich folgt er dem Thread auch gar nicht mehr, nach den Watschn vom Msspo.
 

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