Haydn Op. 33, Nr. 3: Scherzo

Manu87
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Hallo liebes Forum,

ich muss das im Titel genannte Scherzo (Partitur (1. Seite unten geht's los)) analysieren und bin im Bezug auf Harmonik leider ziemlich überfordert.
Ich brauche ewig, um die Akkorde aus der Partitur herauszulesen und erkenne dabei keine Kadenzen, wahrscheinlich auch, weil Haydn irgendwelche Spielchen angewandt hat, die ich nicht durchblicke.
Wäre super, wenn mir jemand ein paar Anhaltspunkte geben könnte.

Danke und frohes neues Jahr!
 
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Daß da ein Bratschenschlüssel in der 3. Stimme steht hast Du gesehen? Kannst Du den lesen?

Viele Grüße,
McCoy
 

a) anhören ( ab 6:40) - da hört man die Kadenzen direkt raus und kann sie dann in den Noten suchen (Musik ist eigentlich was zum Anhören und nicht zum Lesen ;-) ). Wenn Du das nicht hörst, dann ein paar Dutzend Kadenzen anhören (sich von jemand am Klavier vorspielen lassen?), dann kennst Du das Muster vielleicht und kannst es raushören ...
b) nur Außenstimmen ansehen - wenn sie "nach Kadenz aussehen", wird es wohl eine sein (insbesonder an Phrasenenden); dann Noten zusammensuchen.

H.M.
 
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@McCoy: Naja, es ist ja ein Streicherquartett.
Da ist der Bratschenschlüssel in der dritten Stimme ja mehr oder weniger obligatorisch und ich weiß auch, wie die Töne da angeordnet sind, aber da mir in diesem Zusammenhang jegliche Routine fehlt, ist das Lesen sehr mühsam.

@hmmueller: Danke für den Tipp. Natürlich arbeite ich nicht nur mit der Partitur sondern auch mit einer Aufnahme, hatte aber tatsächlich Schwierigkeiten, die Kadenzen zu hören, auch wenn sie eigentlich sehr simpel sind, wie sich jetzt herausgestellt hat. Woran erkennt man denn, dass Außenstimmen "nach Kadenz aussehen"? Oft handelt es sich ja um Umkehrungen, so dass Kadenzen (zumindest für mich) ziemlich intransparent sind, wenn man nur die Außenstimmen anschaut.

Habe nun mit Hilfe eines etwas versierteren Freundes herausgefunden, dass der Vordersatz des A-Teils aus einem I-II-I Pendel (wenn man so will) und drei authentischen Kadenzen besteht und die Tonart zwischen 4. und 5. Takt im Zuge einer Wiederholung des Motivs aus den ersten beiden Takten (die I-II-I Bewegung ist hier im Sinne von C-d-d zu verstehen) auf D-Moll wechselt und nach zwei authentischen Kadenzen per Quintfallsequenz in den Takten 7-8 wieder zu C-Dur zurückkehrt und das ganze dann mit einem Ganzschluss endet.
Gefällt mir eigentlich ganz gut. Oder gibt's an dieser Interpretation signifikante Kritikpunkte?
Noch eine Frage zur Form:
Ich bin mir relativ sicher, dass es sich um eine Periode handelt, die (typischerweise) ungefähr so gegliedert ist:
Vordersatz: Phrase a, Phrase b, Nachsatz: Phrase a', Phrase c (jeweils zwei Takte).
Was mich allerdings irritiert ist, dass der Abschnitt ja aus 10 Takten besteht, eine Periode aber typischerweise nur aus 8.
Wie würde man die letzten beiden Takte dann im Rahmen einer Analyse beschreiben?
 
Naja, es ist ja ein Streicherquartett.
Da ist der Bratschenschlüssel in der dritten Stimme ja mehr oder weniger obligatorisch und ich weiß auch, [...]
Deine Kenntnisse lassen sich aus dem Eingangsposting leider nicht herauslesen, und da fragt man eben zunächst mal das naheliegendste. ;)
Wie würde man die letzten beiden Takte dann im Rahmen einer Analyse beschreiben?
Ich würde das als innere Erweiterung interpretieren: Wenn Du Takt 7 & 8 einfach mal wegläßt, erhältst im Grunde eine 8-taktige Periode mit Ganzschluß im letzten Takt. Takt 7 und 8 wären demnach die innere Erweiterung.

Eine äußere Erweiterung hätte dagegen in Takt 8 den Ganzschluß und dann noch 2 Takte drangehängt.

Ich brauche ewig, um die Akkorde aus der Partitur herauszulesen
Übung macht den Meister ... :D

Viele Grüße,
McCoy
 
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Man darf sich bei Haydn (aber auch Mozart) nicht irritieren lassen, wenn man bei ihm (ihnen) Themen findet, die von ihrer Takt-Anzahl nach nicht in das "vorgeschriebene" Schema passen. Beide waren durchaus Meister darin, sozusagen "asymmtrische" Themen zu erfinden. Rund ist es eben, wenn es rund und ausgewogen, schlüssig klingt und nicht nur, wenn die Beckmesser mit ihren Linealen zufrieden sind.
Wer (ebenso geniale) Themen sucht, die sich stets an das Schema halten, wird eher bei Beethoven fündig.
 
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Woran erkennt man denn, dass Außenstimmen "nach Kadenz aussehen"? Oft handelt es sich ja um Umkehrungen, so dass Kadenzen (zumindest für mich) ziemlich intransparent sind, wenn man nur die Außenstimmen anschaut.
Trotz Umkehrungen sind viele Töne nur in einem der 3 Hauptstufenakkorde - in C-Dur sind D (nur in V), E (nur in I), A (nur in IV) und H (nur in V) eindeutig; und Paare machen's für den Rest klar: C+G ist sicher I, C+F sicher IV usw. Umkehrungen sind daher m.E. nicht das Problem.

Was allerdings tatsächlich mein "Verfahren" häufig "killt", sind (a) Vertretungen (II für IV wie Schlag 3 im Takt 1) (b) Vorhalte (Schlag 1 im T.4) und (c) Ausweichungen (T.5-7).

Aber "angenommen", Du hast die lokale Tonart eindeutig zugewiesen und Vorhalte identifiziert, dann sollte schon aus den Außenstimmen allein fast immer die richtige Hauptstufe herauskommen - ich hab's einmal am Scherzo durchexerziert und bekomme überall die korrekte Aussage (oder hab ich mich vertan?).

... dass der Vordersatz des A-Teils aus einem I-II-I Pendel (wenn man so will) und drei authentischen Kadenzen besteht und die Tonart zwischen 4. und 5. Takt im Zuge einer Wiederholung des Motivs aus den ersten beiden Takten (die I-II-I Bewegung ist hier im Sinne von C-d-d zu verstehen) auf D-Moll wechselt und nach zwei authentischen Kadenzen per Quintfallsequenz in den Takten 7-8 wieder zu C-Dur zurückkehrt und das ganze dann mit einem Ganzschluss endet. Gefällt mir eigentlich ganz gut. Oder gibt's an dieser Interpretation signifikante Kritikpunkte?
...
Vordersatz: Phrase a, Phrase b, Nachsatz: Phrase a', Phrase c (jeweils zwei Takte).
Im Großen und Ganzen d'accord, aber:

a) Bei der Erklärung des Vordersatzes hast Du mich (oder ich Dich) etwas verloren: Der Vordersatz, also die ersten vier Takte, haben die Hauptstufenakkordfolge (= ich habe Nebenstufen ersetzt: II -> IV, VI -> I, VII -> V; Vorhalte weg)

I | I _ IV | I V I | V I V | I _

ohne dass ich hier ein "I-II-I-Pendel" sehe - wobei ich nicht verstehe, ob Du damit die "schwankende Bezugstonart" (C->d->C) meinst oder eine Stufenfolge. Und ich sehe in diesen vier Takte keine drei authentischen Kadenzen, sondern nur 2.

b) Und mir fehlt das Wort "Vollkadenz" (oder "vollständige Kadenz") zur Beschreibung des Schlusses von c: Das ist doch (wenn man das II7-6 auf IV=S "begradigt") eine schöne T-S-D64-D-T-Kadenz (oder von mir aus, mit ein wenig Zähneknirschen, T-S-T-D-T).
Zu den 10 Takten hat @McCoy schon die "innere Erweiterung" als Erklärung geliefert.

H.M.
 
Danke für die ausführliche Antwort!
Dass es sich bei Dm um die Subdominantparallele handelt hab ich gar nicht bedacht, aber macht natürlich Sinn.
Das mit dem Pendel bezog sich auf die Stufenfolge, wobei "Pendel" da als Terminus eher grenzwertig ist.
Was die drei authentischen Kadenzen angeht:
Die Stufenfolge im Vordersatz ist ja (einschl. Auftakt) I-II-I-V-I-V-I-V-I-II und die drei auth. Kadenzen wären dann eben alles, was nach I-II kommt, aber vielleicht würde man das dann eher als Pendel bezeichnen.
Grundsätzlich finde ich den A-Teil aber relativ unproblematisch und transparent.
Beim B-Teil hatte ich deutlich mehr Probleme und auch mein Berater konnte mir nicht so recht sagen, was genau da passiert, daher habe ich jetzt einfach mal ein bisschen geraten und einige auffällige Stellen (z. B. Takt 4-6 als Sinneinheit ("\_/"), Takt 9-10) auch komplett unerwähnt gelassen, weil ich nicht wusste, wie ich sie beschreiben soll:

"Der B-Teil beginnt mit einem 8-taktigen Satz.
Das Motiv, bestehend aus den ersten beiden Akkorden ist eine Reminiszenz an den A-Teil. Der Vordersatz besteht typischerweise aus den Phrasen a und a‘ (Takt 1-4) und enthält die auch für den A-Teil charakteristischen, authentischen Kadenzen. Der Nachsatz besteht aus den Phrasen b und c (Takt 5-8). Die Tonart bewegt sich ab Takt 3 zwischen D-Dur und D-Moll. Der Satz endet mit einem Ganzschluss. Es folgen zwei weitere Phrasen a und a‘ (Takt 9-12) in der Tonart D-Dur, die ebenfalls durch das bereits bekannte Motiv geprägt sind. Im Rahmen einer Modulation zurück zur Ausgangstonart C-Dur in den Takten 13-14 folgt nahtlos der A-Teil. "
 
Interessant, interessant ...

Zu den 3 oder 2 Kadenzen im A-Teil: Eine Kadenz ist, meiner geringen Meinung nach, nicht nur eine Akkordfolge, sondern eine Akkordfolge an einer bestimmten Stelle, nämlich an einem Phrasenschluss. Und weil der Vordersatz aus zwei Phrasen besteht (Du hast sie a und b genannt), kann es da drin auch maximal zwei Kadenzen geben ...
Die Vordersatz-Stufenfolge I-II-I-V-I-V-I-V-I-II, die Du angibst, ist um eins zu lang: Das letzte II ist schon Auftakt des Nachsatzes. Und darin sind, m.E., die fett markierte I-II-I-V-I-V-I-V-I Akkorde eben keine Kadenz, weil die Melodie da ja "drüberläuft".

Zum B-Teil - ich habe einmal frisch von der Leber weg (und ohne Deinen Text zu lesen) die Noten abgeschrieben und das folgende dazunotiert:

haydn33.3.2B_.png


Die notierten Akkorde / Funktionen sind eine "grobe Skizze" - "das, was ich höre". Der DD im T.19, z.B., ist vermutlich im Detail was anderes - aber wenn man das es durch ein d ersetzt, "kommt dasselbe raus", deshalb ist das als Funktion "gut genug". Die strichlierten Linien sind die Motivgrenzen.

Ich würde bei der Einteilung in Phrasen, Sätze, Teile die Größenordnung der Analyse des A-Teils gleich lassen - das Stück ändert sich ja nicht vom melodischen, rhythmischen, harmonischen Tempo her. Daher:
- Phrase = 2 Takte
- Satz = 4 Takte
- Teil = ca. 8 Takte
Dann muss man bei den Benennungen einen B- und einen C-Teil einführen (die oben jeweils genau eine Zeile ausmachen), bevor dann die Reprise des A-Teils kommt. Nur so kann man, meine ich, (später) den A-Teil in die Analyse einbeziehen.

Ich sehe nun eine Reihe von Punkten, die man in eine Analyse mitnehmen könnte (sollte?) - wobei ich noch nicht "über die Grenze zum A-Teil schaue" (wo's ja offensichtliche Motiv/Phrasenverwandtschaften gibt):
  1. Es gibt zwei verschiedene Motive: Der Auftakt+Halbe(gleicher Ton)+Viertel... [Motiv 1]; und das ta-ta-ta [Motiv 2], das aber über den Auftakt verwandt ist mit Motiv 1.
  2. Im C-Teil wird das Motiv 1 umgekehrt: Es steigt nun, statt dass es wie im A-Teil fällt (und die Vorschläge verschwinden).
  3. Definitiv verschieden ist jeweils das Motivende: Motiv 1 endet immer auf Schlag 2, Motiv 2 auf Schlag 3 (was nur geht, weil dann kein Motiv 1 anschließt, das ja den AUuftakt "belegen" würde).
  4. Der C-Teil hat nur 6 Takte, - ich weiß nicht, ob es für die Verkürzung seines Nachsatzes eine Ausdruck gibt, aber offensichtlich sind da hinten 2 Takte "rausoptimiert".
  5. Ausweichung und Rückkehr sind, wie m.W. häufig bei Haydn (und in der Wiener Klassik) "trickreich": Beim ersten Hören weiß man nicht, dass der Beginn der zweiten Phrase "eigentlich" die Tonika von d ist, und hört stattdessen S-T in C. Beim zweiten Hören (Wiederholung; oder der Analyst) "weiß" man, dass es nach d ausweicht (oder eigentlich moduliert - das wird schon sehr stabil erreicht), und daher hört man nun T-D7 in d. Analoges passiert bei der Rückkehr.
  6. B- und C-Teil enden jeweils mit einer Vollkadenz. Der am Ende vom C-Teil fehlt formal das T am Ende (Halbschluss), aber durch die Auftakt-T der A-Teil-Reprise wird sie doch zu einer vollen Kadenz ergänzt - solche Muster erzeugen dieses "fließende Zusammenhängen" dieses Stücks.
Das ist das, was mir als "wichtig" auffällt ... und jetzt muss ich weg, in einem Gottesdienst orgeln :) ...

H.M.
 
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Hm, damit hätte ich jetzt nicht gerechnet, aber freut mich natürlich, dass du dir die Mühe gemacht hast :)

Als Motiv im Sinne der "kleinsten sinntragenden musikalische Einheit" hätte ich tendenziell nur die ersten beiden Akkorde, also "Auftakt+Halbe" klassifiziert, die ja sowohl im A-, B- als auch in dem von dir vorgeschlagenen C-Teil immer wieder auftauchen, wobei das nur eine Vermutung ist. Ich habe relativ wenig Ahnung davon, wie genau man ein Motiv identifiziert und tatsächlich erscheinen die beiden Akkorde immer als Anfang einer zweitaktigen Phrase, so dass man diese Phrasen wahrscheinlich auch als Motive sehen kann.
Für den 6-taktigen "C-Teil" fehlt mir leider auch jegliche Analyse-Terminologie.
Die Vollkadenzen hätte ich auch nicht erkannt :/
Mal schauen, was ich von deinen Erkenntnissen in die Analyse übernehmen kann, ohne kompetenter zu wirken als ich bin ;)
 
Die harmonische Idee, der Haydn hier folgt, geht so:
T.1 : I IIm ; T.2 I mit Wechselnote 7 und Optionston 4 : also eine versteckte V7
T.3 V ; T.4 I IV(lyd.), T.5 IV Vm(=bVII6(lyd.)), und Vm ist Np bzw. bVII N zu Am bzw VIm
... und er kadenziert hier nicht zu VIm, sondern verdurt Am (also phrygische Wendung) als Zwischen-D. zu Dm also IIm
T.6 funktioniert hier wie VI IIm
und dann kommt nicht IIm, sondern II - damit hebt er die bereits vorbereitete Modulation nach Dm auf
T.7 VI II T.8 V(7) I T.9 V7 T.10 I. Sobald II erklingt, wird die harmonische Wirkung von bVII aufgehoben. Die harmonische
Wirkung von bVII bestand darin , als bVI (lyd.) zu D-moll zu erklingen. Aber wenn dann D-Dur erklingt, ist die bVII neutralisiert und kurzzeitig steht die Tonika im lyd. Modus. Das wird mit der folgenden V7 zurückgenommen, und es ist klar, dass es wieder zu C-Dur zurückgeht.

Im B-Teil wird wieder D-Moll kadenziell angesteuert. Diesmal aber wird IIm , also Dm, nicht verdurt und die gegen-modulierende Wirkung bleibt aus. Es folgt bVII , was als tG zu D-Moll angegeben werden muss. (beim Plot von hmmueller steht tP ...) tG und die folgende s6 sind hier als funktionsgleich anzusehen.

Zusammenfassung: In Teil A geht eine verlängerte Kadenz von C-Dur mit vorbereiteter Modulation nach Dm nach C-Dur zurück, wobei die Modulation "abgebogen" wurde. In Teil B wird die Modulation dann umgesetzt, im Sinn einer Steigerung, und einer nachfolgenden "klassischen" Vollkadenz mit Schluss auf D-Moll.
 
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tG ... beim Plot von hmmueller steht tP ...
Ts ts ... da habe ich offenbar in der Eile Dur und Moll im Kopf verdrillt. Nun ja - danke für Anmerkung!

Deine Analyse bin ich auch aus Interesse in den Noten durchgegangen - ja, so geht das, und was zusätzlich (neben den Details) als Erkenntnis rauskommt, ist diese Steigerung "fast d-Moll ... ganz d-Moll!". Sehr guter Punkt!

H.M.
 
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