T40HD vs CUSTOM 50
Ich darf mich glücklich schätzen, seit 1978 einen damals neu gekauften Custom 50 zu spielen, der mich über die Jahre nie im Stich gelassen hat und dessen Sound man nicht mehr missen mag. Nun wird man ja nicht jünger und nicht immer spielt man grosse Gigs mit Roadies und da werden aus 25 kg Top und 60 kg 4x12 Hiwatt SE4122 Cab gefühlt mal eben das doppelte. Habe deshalb zunächst auf Custom 50 mit zwei 1x12 Thiele-Boxen reduziert und über die letzten drei Jahre hinweg für Club-Gigs auch verschiedene Heads mit weniger Leistung (15 bis 30 Watt) ausprobiert, die mich aber alle soundmäßig nicht überzeugen konnten, u.a. wegen des fehlenden Headrooms im Cleansound.
Habe dann leider erst im Mai mitgekriegt, dass Hiwatt UK (die ja auch mit der ursprünglichen Hylight Co. von Dave Reeves nichts mehr zu tun hat, aber die Customs nach den alten Plänen neu auflegt) die erschwinglichen, in China produzierten Tube Series-Modelle eingeführt hat. Wollte mir dann kurz entschlossen (bei den Preisen!!!) einen T20 zulegen, musste aber feststellen, dass das Modell europaweit ausverkauft war (und trotz der Aussage von Hiwatt auf meine Anfrage von Mai:"...will be available again in 6 weeks..." nach wie vor ist). Im August war ich des Wartens leid und habe dann versucht einen T40, der ja auch auf 20 Watt geschaltet werden kann, zu ergattern...und glücklicherweise den wohl letzten direkt verfügbaren in England ausfindig zu machen. Nun, seit gut 2 Wochen ist er da und nun zur Beantwortung der eigentlichen Frage:
Ja! Ich war echt überrascht, wie nahe der T40HD im Cleankanal an den klassischen Custom-Sound herankommt. Ich spiele Delta Blues und Southern Rock vornehmlich mit einer ES und kein anderer von mir gespielter Amp (`n goddam, it´s been a lotta famous and so called "boutique"-stuff) schaffte es, das volle Spektrum der ES von warmen fetten Bässen über saftige Mitten zu den brillianten seidigen Höhen so überzeugend abzubilden wie mein Custom 50 - der T40 ist hier - insbesondere über die alte 4x12 Hiwatt-Box - ganz nahe dran. Ich spiele meine Gitarren immer mit sehr weit aufgedrehten Volume-Potis, so dass ich nur über den Anschlag zwischen dem glasklaren brillianten Grundsound des Customs in den Hiwatt-typischen Crunch-Sound (unter Nutzung mehr der Endstufensättigung statt der Vorstufe) wechseln kann - und auch das lässt sich mit dem T40HD-Cleankanal ähnlich souverän realisieren. Im Übrigen verfügt der Cleankanal des T40 m.E. über mehr als ausreichend Headroom im Cleanbereich (ich weiss nicht in welchen Lautstärke-Gefilden sich "beidegollums" bewegt - ich musste unserem Drummer im Proberaum bei "Normal Gain" auf 1/4, "Master" auf 2/3 im 20W-Modus (!!!) Bass-Drum und Overheads zumixen, damit er nicht untergeht, und bei dieser Einstellung hatte ich noch genau den beschriebenen, über anschlag steuerbaren Clean zu Crunch-Sound).
Dass der T40 dem Hiwatt-Custom Sound sehr nahe kommt, zeigt sich auch in der Tatsache, dass ich hinsichtlich der auf den Custom 50 abgestimmten Settings meines FX-Boards bei dem Wechsel auf den T40 - wenn überhaupt - nur marginale Feinjustierungen (das Streben nach Perfektion ist ein Fluch!) vornehmen muss.
Wie "beidegollums" nutze ich für Zerrsounds (da mit dem ein-kanaligen Custom 50 nur in Lautstärke-Bereichen realisierbar, die den Tatbestand der Körperverletzung erfüllen) mein Pedal-Board. Deshalb nutze ich derzeit auch noch ausschließlich den Cleankanal des T40. Der Overdrive-Channel liefert einen typisch "britischen" Sound, ich würd ihn mal zwischen Marshall und Vox AC 30 ansiedeln. In jedem Fall klingt er so interessant, dass ich nach der Open-Air-Saison mal eine Bank auf meinem FX-Board frei mache um ein wenig mit dem Overdrive-Kanal zu experimentieren - sicherlich eine interessante Option. Bei Interesse, kann ich dann später mehr zum Overdrive-Kanal sagen (vielleicht wird ja auch aus irgendeinem Grund mal die Nachbarschaft evakuiert und ich kann auch hier mal einen A/B-Vergleich mit dem voll aufgedrehten Custom 50 machen

). Gleiches gilt i.Ü. für den Reverb des T40.
Fazit: Natürlich ist der T40HD kein Custom und insbesondere kein Vintage Custom aus der Hylight-Ära. Hört man z.B. bei meinem Custom 50 in angeschaltetem Zustand mit angeschlossener, voll aufgedrehter Gitarre absolut nichts (!!!) hat man beim T40 ein leises Trafo-Brummen und minimales "Griesseln", das aber Rohrenverstärker-typisch (auch bei wesentlich teueren Modellen) ist, und hier nur erwähnt sei, da die Möglichkeit des direkten Vergleichs gegeben ist (und Perfektion...). Ansonsten sieht der T40HD aus wie ein Hiwatt, ist für China-Produktion extrem sauber und solide verarbeitet (beim Anblick des Innenlebens kam mir spontan der Gedanke, dass Hiwatt den dort vielleicht ja sogar handverdrahten lässt, um dem Anspruch des Namens gerecht zu werden) - und das wichtigste: der Amp liefert einen überaus geilen Sound, der sich an den Klang eines Customs orientiert, und in jedem Falle als "klassisch Hiwatt" eingeordnet werden kann bzw. muss.