Also erstmal: Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass du als Bariton ein gutes Falsett entwickeln kannst. Oft ist es tatsächlich so, dass tiefere Stimmveranlagungen ein kräftigeres Falsett entwickeln können als die hohen Stimmveranlagungen. Es ist auch nicht wirklich so, dass Tenöre höher singen können als Baritone oder Bässe. Eine gute Quelle finde ich ist dabei:
http://therangeplace.forummotion.com/t272-the-range-index
Schau dir einfach mal die Notengrenzen der Sänger so an (die Noten in Klammern ignorieren, das sind Pfeiftöne). Sowohl Tenöre als auch Baritone (sogar die tiefen) haben ihre absoluten Notengrenzen so im Bereich E5 bis G5. Einige ganz wenige kommen bis A5 oder A#5. Generell singen Tenöre im Falsett aber meist nicht höher als Baritone. Was du hier auch sehen kannst ist, dass die meisten Power Metal-Sänger eher tiefe Tenöre oder hohe Baritone sind, echte Tenöre sind im Power Metal sogar recht selten.
Der gewichtige Unterschied zwischen Bariton und Tenor ist der Wechselpunkt von Vollstimme ins Falsett. Bei Baritonen liegt dieser Punkt meist zwischen F4 und A#4, bei Tenoren meist zwischen B4 und D5. DAS ist der wirklich entscheidende Unterschied. Was dieser Unterschied bewirkt ist, dass aufgrund der Wechsel ins Falsett, einige für Tenöre geschriebene Songs für dich sehr schwierig zu singen sein werden bzw. sich sehr komisch anhören werden. Wichtig ist halt, dass die Songs passen.
Ich z.B. bin ein tiefer Bariton. Meine absolute Notengrenze ist G5, aber ich muss schon ab G4 ins Falsett wechseln. Dadurch sind Songs, die sich innerhalb einer Phrase zwischen z.B. F4 und A4 hin und her bewegen extrem blöd zu singen, weil ich dauernd zwischen Falsett und Vollstimme hin- und her wechseln muss, und bei einem Bariton ist der Wechsel ins Falsett deutlich hörbarer als bei einem Tenor. Ideal sind Songs, die so geschrieben sind, dass ich in der Strophe in Vollstimme singe (also maximal bis G4) und im Refrain komplett im Falsett (z.B. bei "Paradise" von Stratovarius passt das für mich). Dann merkt man kaum, dass ich eigentlich tiefer Bariton und kein Tenor bin.
Schlecht sind hingegen Songs, die für Tenor-Vollstimme geschrieben sind (z.B. "Before the Winter" auch von Stratovarius), weil die sich dann meist so in der Oktave zwischen C4 und C5 bewegen und teilweise an sehr ungünstigen Stellen Wechsel ins Falsett fordern.
Also letztendlich: Es ist auf jeden Fall möglich (enstprechendes Training natürlich vorausgesetzt) ein richtig kräftiges Falsett zu entwickeln als Bariton. Es ist auch möglich Power Metal damit zu singen und genretypisch zu klingen. Es ist aber teilweise nicht möglich Power-Metal-Songs ohne großartigen klanglichen Unterschied nachzusingen, wenn sie für Tenor geschrieben wurden.