OK. Es hat dann doch etwas länger als vier Monate gedauert. Aber das gute Stück ist endlich da. Insgesamt hats dann doch 14 Monate gedauert. (Corona, Corona)
2 Monate davon gehen auf die Tatsache drauf, daß es ein Missverständnis die Lackierung der Kopfplatte betreffend gab (ich hatte erst die komplette Gitarre samt Kopfplatte in matt bestellt, mich dann aber von Andrea von Gianand zu Hochglanz überreden lassen. Die Kopfplatte war dann aber auf den ersten Bildern immer noch matt. Da das kacke aussah, musste er also nochmal nachbessern).
Hier also der detaillierte Bericht:
Bestellt hatte ich eine Telecaster aus Esche mit in schwarzem Binding gefasster Zebrawood-Decke in der Farbe Turqoise mit schwarzer Rückseite, roasted Maple Hals mit Ebenholz-Griffbrett, unbehandelter Hals-Rückseite und Abalone-Dots, schwarzer Headstock mit Sperzel Locking-Tunern in mattem Chrom. Tele-Hals-PU und Humbucker am Steg. Gotoh Brücke mit 6 verchromten Messing-Reitern.
Erster Eindrück war: Die ist aber schwer! Und tatsächlich bringt das Teil satte 4,4 kg auf die Waage. Das ist die Tele schon deutlich in Les Paul-Gefilden unterwegs, und ein sattes Kilo schwerer als meine Strat. Da hätte ich doch besser mal die Chambering-Option gewählt. Dafür hat Sie aber auch ordentlich Sustain. Das muss aber auch nicht unbedingt schlecht sein.
Zweiter Eindruck: das Setup ist grauenhaft, zumindest für mein Empfinden (da hat ja jeder seine eigenen Vorstellungen). Warum man aber 008er Saiten auf eine Tele spannt, kann ich mir nicht erklären. Die Saitenlage am 12. Bund der E-Saite war 1,25mm (!), auf er e-Saite 1mm. Für High-Gain Shredder mag das evtl. in Ordnung gehen, da stört das Schnarren dann auch nicht. Für jemanden, der eher clean und angecruncht spielt, geht das natürlich gar nicht. Also 10-52er Satz drauf und Böckchen hoch. Halskrümmung nochmal gecheckt und wir sind bei 2mm, so wie ich das mag (wie gesagt: da hat jeder seine eigenen Vorstellungen).
Die Sperzel-Mechaniken sind leider nicht das, was ich erwartet hab. Die laufen nicht gerade smooth. Aber da kann Gianand nichts für; hab ich so bestellt. Da hätte ich wohl besser was anderes dran schrauben lassen sollen. Sind halt "Made with Pride in the USA"; die sollten vielleicht mal was anderes als Stolz in Ihre Produkte stecken. Brauchbar sind sie trotzdem, auch wenn das Loch für die 52er E-Saite schon knapp ist, dicker dürfte problematisch werden.
Der Lack ist sehr dünn aufgetragen, so daß man, gegen das Licht betrachtet, die Holzmaserung leicht erahnen kann. So erklärt sich auch, daß man an der einen oder anderen Stelle auch mal eine leichte Unregelmäßigkeit des Holzes bemerken kann (wie gesagt, gegen das Licht mit einem Auge und der Zunge im Mundwinkel). Alles OK. Könnte aber besser sein. Ich kenn mich da aber auch nicht so aus, da alle anderen Gitarren, die ich habe sehr dick lackiert sind.
Der TUSQ Sattel, war eigentlich schwarz bestellt, ist aber weiß (naja, deswegen will ich kein Fass aufmachen. Irgendwann muss der eh mal wieder gemacht werden).
Bünde sind erstklassig poliert und die Kannten gut abgerichtet. Die Bünde sind, für mich ungewohnt, recht hoch. Wer fest zugreift kann da mit seiner g-Saite evtl. etwas Probleme kriegen.
Das Halsprofil nennt sich "C plus" und ist etwas dicker als das "Modern C" von Fender.
Die Rückseite ist unlackiert (hab ich so gewollt, obwohl Andrea mir abgeraten hat). Ich dachte, das wäre ne gute Idee, muss aber eingestehen, daß mir das Gefühl des matt-lackierten roasted Maple Hals meiner Strat besser gefällt.
Ich hatte bei den Pickups die aufpreis-neutrale Hausmarke namens "Garage Tone" gewählt. Da ich eh viel bei Pickups experimentiere, könnte es sein, daß die eh früher oder später ersetzt werden. Jedoch klingen die PUs sehr anständig, so daß hier erstmal kein Handlungsbedarf besteht. Leider hab ich nicht berücksichtigt, daß man zum Auschtausch eines PUs in einer Telebrücke, die ganze Brücke vom Korpus abschrauben muss.
Bei der Elektronik hätte ich mehr mir etwas mehr Qualität gewünscht. Der Dreiwegschalter ist eher von der billigen Sorte (ALPHA/Korea), erfüllt seinen Zweck jedoch tadellos. Mal sehen wie lange. Die Potis sind leider auch eher einfache Minipotis. Humbucker-splitting (stegseitige Spule wird ausgeschaltet) wurde per Pusch/Pull Poti realisiert (hatte ich gar nicht bestellt, aber nett, daß es gemacht wurde). Als Single-Coil klingt der Humbucker sogar sehr überzeugend. Leider ergibt sich in Mittelstellung nicht der gewünschte Brummfrei-Effekt, da der Halspickup (Tele-untypisch) die Nordpole oben hat. Man müsste also die Halsseitige Spule des Humbuckers auschalten. Das kann Schaltungsmäßig problematisch sein, wenn man nur ein Push/Pull-Poti hat. Der Humbucker wurde jedenfalls korrekt so gesplittet, wie das im Handbuch steht, kein Vorwurf an Gianand. Wäre der Hals-PU, so wie bei anderen Teles (Südpole oben), gäbe es da auch keine Probleme. Ist aber auch nicht so schlimm, erst recht, weil es eine eher unüblicher PU-Kombi ist.
Giandn hat sich für 500kOhm Potis entschieden, was für Humbucker OK ist, Single-Coils mögen eher 250kOhm Potis, sonst kann man mehr Höhen bekommen als man vielleicht will. Bei der vorliegenden PU-Kombi muss man aber einen Tod sterben, und zu viele Höhen kriegt man über den Tonepoti zur Not auch wieder weg. Andersrum ists schwieriger. Geht also auch OK.
Es wurde ein Treble-Bleed Kondensator/Widerstand am Volumepoti realisiert (nice). Die Kondensatoren (Tone und Treble-Bleed) sind Keramik-Kondensatoren. (Ich bin ja der Meinung, daß es egal ist, ob da nun Film-Caps oder was anderes drin ist, aber es soll ja Leute geben, die 3-stellige Beträge für 50 Jahre alte Ölkondensatoren zahlen, und so Ihre Gitarren "aufwerten")
Die Elektronik wird trotzdem komplett revidiert, was aber schon bei Zeitpunkt der Bestellung klar war. Hier wird ein Megaswitch o.Ä. Einzug halten, der mir hier mehr Möglichkeiten eröffnet.
Was gibts noch zu berichten:
Ich hatte die Gitarre mit Gigbag bestellt (standard), wollte dann vor Versand noch auf den Gianand-gelabelten Koffer umsteigen (aufpreispflichtig). Leider werden die erst wieder im neuen Jahr verfügbar sein. Also doch Gigbag.
Aber dann die Überraschung: Bei Lieferung lag das Teil dann doch in einem gelabelten, hochwertigen Koffer, der jedoch ein paar wenige kosmetische Macken hatte. Den Koffer hat man mir laut beiliegendem Schreiben, zur Entschuldigung geschenkt. Ein Gigbag (jedoch ein ganz einfaches) war trotz dem noch dabei.
Es wurden Strap-Locks beigelegt, und entsprechende Pins verbaut. Die Strap Locks sind von der Sorte, die außen über den Pin geklickt werden. Leider halten die aber nicht wirklich und können sich recht schnell von selbst lösen, wie ich erstaunt feststellen musste. Die Schaller Security Locks sind jedenfalls schon bestellt ;-)
Es lag noch ein lederner Gurt bei, die Verpackung für die verbaute Brücke und den TUSQ Sattel (damit man weiß, was man evtl. nachkaufen muss). Außerdem ein Zertifikat und eine ordentliche Rechnung.
Generell ist man bei Gianand sehr geduldig und es wird versucht alle Wünsche zu berücksichtigen. Bei mir gabs im Vorfeld einiges Hin-und-her bezüglich Farbgebung und Hardware, was alles geduldig diskutiert wurde. Leider habe ich das Setup nicht angesprochen, weshalb die Gitarre eher fragwürdig eingestellt wurde.
FAZIT:
Ist das Teil die 1600€ Wert? Ich denke ja, aber auch nicht mehr. Man bekommt ein sehr gut verarbeitetes Instrument ganz nach den kommunizierten Wünschen. Jedoch muss man sich im Klaren darüber sein, daß man bei online georderten Gitarren immer auch ein wenig die Katze im Sack kauft, denn antesten geht ja nicht. Und zurückgeben geht bei Spezialanfertigungen auch nicht. Wir sprechen hier über den Gegenwert einer USA Tele aus der Pro II Serie. Hier hat das Gianand Instrument allein featuremäßig schon mehr zu bieten. Da kann ich über die eine oder andere Sache hinwegsehen.
Den Preis halte ich für eine weitgehend handgemachte Custom-Gitarre für günstig (ja, natürlich haben die ne CNC-Fräse). Da muss man andernorts mehr hinlegen, kriegt dann aber vielleicht auch perfekten Lack etc.
Mein Tip, falls jemand eine Gianand ins Auge fasst: fragt denen Löcher in den Bauch und klopft alles ab. Und überlegt lieber 3 mal, was ihr wollt. Das, was mich jetzt am ehesten an der Gitarre fuchst, sind Dinge, die ich nicht richtig bedacht und daher auch nicht an Gianand kommuniziert habe.
Hier noch ein Bild aus der Gianand Werkstatt: