Joe Strummer

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Heute jährt sich der Todestag von Joe Strummer (*21.07.52). Aus diesem Anlass öffne und widme ich Joe diesen Thread und werde, solange ich im MB aktiv bin, jedes Jahr am 22.12. diesen Tag gedenken. Am 22.12.2002 starb Joe an einem angeborenen und nie entdeckten Herzfehler. Ein paar Tage vorher hat er noch selbst gestaltete Weihnachstkarten verschickt. Die kamen zusammen mit seiner Todesnachricht bei seinen Freunden an. Für mich persönlich war es ein Schock, als ich von seinem Tod erfuhr. Wenn der Begriff `Idol´ auf jemanden zutrifft, dann auf Joe Strummer. Die Liste derjenigen, die von The Clash/Joe Strummer beeinflusst wurden ist lang und zieht sich durch viele Genres. Springsteen, Costello, U2, Pogues, Green day, Die Toten Hosen, Beatsteaks, Rancid, Beastie Boys usw. Pete Townshend schreibt in seiner eben erschienen Autobiographie: " ...und Joe Strummer hatte eindeutig ein Herz aus Gold. Sein politisches Engagement, besonders gegen Rassismus war inspirierend:"
The Clash öffneten vielen politisch die Augen. Durch sie erfuhren wir damals von Sandinisten, Nicaragua usw. Mir gefiel die postive Grundhaltung hinter all ihren Statements und ihre Aufforderung sich seinen eigenen Weg zu suchen. Kein `No Future´-Pathos, sondern immer nach vorne schauen und Veränderungen wagen. Genau das lebten The Clash vor. Egal ob sie Platten aufnahmen, dabei Punk, Reggae, Rap, Dub, Rock´n´Roll, Jazz, Rock usw nach belieben mixten oder ihrer Plattenfirma vorschrieben wieviel die Platten höchstens kosten dürften.
Ich bin froh ihn live erlebt zu haben. Die Energie, die von der Bühne kam war überwältigend. 100%iger Einsatz waren Minimum! Dabei bearbeitete er seine Tele bei jeder Nummer dermaßen, dass man Angst um das gute Stück bekommen konnte. Die Telecaster war sein Markenzeichen und erheblich für den Clashsound verantwortlich. Sie bildete mit ihrem cleanen Sound einen Kontrapunkt zu der meist relativ stark verzerrten (und später mit viel Delay versehenen) Gibson von Mick Jones. Aber einzigartig war auch Joe´s Stimme. Von anklagend `Washington Bullets´, über punkig `White riot´, folkig `Silver and gold´, bedrohlich `London calling´ bis rappend `Magnificent seven´.

Wer mehr über das Leben von Joe Strummer erfahren möchte, empfehle ich die Dokumentation von Julien Temple mit dem Titel `The Future Is Unwritten´. Mitwirkende sind Mick Jones, Topper Headon, Bono, Jim Jarmusch, Johnny Depp, Matt Dillon u.v.a.

Anhörtipps The Clash:
- London Calling
- Combat Rock
Anhörtipps Joe Strummer & The Mescaleros:
- Streetcore
- Global A Go-Go

In einer von ihm selbst moderierten Radiosendung sagte er einmal:
"And so now I'd like to say - people can change anything they want to. And that means everything in the world. People are running about following their little tracks - I am one of them. But we've all got to stop just following our own little mouse trail. People can do anything - this is something that I'm beginning to learn. People are out there doing bad things to each other. That's because they've been dehumanised. It's time to take the humanity back into the center of the ring and follow that for a time. Greed, it ain't going anywhere. They should have that in a big billboard across Times Square. Without people you're nothing. That's my spiel.";
 
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Es ist schon erstaunlich, wie präsent Joe Strummer and The Clash heute noch sind. Gerade eben ist eine neue CD-Box mit allen Platten (außer `Cut the crap´) erschienen mit zusätzlich viel unveröffentlichtem Material. Zudem gibt es eine Menge Literatur und DVD-Dokus. Fast alle lohnenswert und alle kommen zum gleichen Schluß: Joe Strummer war einer der außergewöhnlichsten Musiker der Musikgeschichte.
 
Ich habe mir überlegt für´s MB eine kleine Joe Strummer Biografie in Fortsetzungen zu schreiben. Heute gibt es Teil 1.

Das Leben von Joe Strummer

Erstes Kapitel: Kindheit

Anna MacKenzie (geboren am 13.01.16) Roland Mellor (geboren am 08.12.16) lernten sich in Indien kennen. Roland war dort als Leutnant der englischen Armee stationiert und Anna als Krankenschwester tätig. Die beiden heirateten am 22.10.49 in England. Ron Mellor war für die Codierung und Decodierung geheimer Nachrichten im „kalten Krieg“ verantwortlich und wurde oft versetzt. David Nicholas Mellor wurde am 17.03.51 Nairobi (Kenia) geboren und am 21.08.52 in Ankara (Türkei) John Graham Mellor, der später unter dem Namen Joe Strummer bekannt wurde.

Nächste Station für die Mellors war Kairo in Ägypten. 1956 vor der Invasion britischer und französicher Truppen in Suez wurde Ron Mellor wieder versetzt. Dieses Mal nach Mexico City. Leider wurde dieser Aufenthalt durch schwere Erdbeben überschattet, dem sich die junge Familie ausgesetzt sah. Joe Strummer konnte sich lebhaft daran erinnern wie die Familie versuchte Schutz zu finden.

Bei Ron Mellor wurde kurze Zeit später ein Geschwür diagnostiziert. Darauf hin reisten die Mellors per Schiff nach England, wo Ron Mellor erfolgreich operiert wurde. Nach seiner Genesung wurde er noch Bonn versetzt. Joe Strummer hat an diese Zeit keine guten Erinnerungen. Als Kinder hatten sie Angst davor von den einheimischen Kindern geschlagen zu werden. Der Krieg war zu diesem Zeitpunkt noch nicht lange vorbei.

Um Stabilität in das Leben seiner Söhne zu bekommen, entschied Ron Mellor, dass es besser wäre dauerhaft an einem Ort zu leben, und das am besten in England. David und John verloren nach jedem Aufenthalt die gerade neu gewonnenen Freunde und mussten sich jedes mal auf neue Begebenheiten des jeweiligen Landes einstellen. David litt besonders darunter. Er war oft gedankenverloren und sehr still. Während John voller Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen strotzte.

Mit dem Geld seiner Halbtante Mary kaufte Ron Mellor ein Bungalow in Corydon London. Das Ehepaar hatte nie gelernt einen Haushalt gemeinsam zu führen. Bei allen seinen Stationierungen hatte Ron Mellor immer Bedienstete, die sich um alles kümmerten. Dementsprechend sah es in dem Haus dann auch aus. Ein Sammelsurium an Dingen, die die Mellors während ihrer Reisen gesammelt hatte, ein paar Möbel vor nicht tapezierten Wänden. John hatte ein ganz kleines Zimmerchen für sich mit dem Nötigsten. Hier hat er auch seine ersten musikalischen Erinnerungen. Seine Eltern waren an Musik kaum interessiert. Sie hatten ein paar Can-Can-Platten von den Folies Bergére . John hörte aber auf BBC Samstagsmorgens 9Uhr Childrens Favourites. Dort wurden Songs wie Sixteen Tons und Tennessee Ernie Ford gespielt. Die beiden Jungs wurden auf die nächste Grundschule geschickt. Dort blieben sie aber nicht lange und wurden 1961 in ein Internat gesteckt. Hier erwarb sich John Mellor schnell den Ruf eines Großmauls. Ron Mellor wurde wieder ins Ausland versetzt, dadurch sahen die Söhne ihre Eltern sehr selten, meistens nur in den Sommerferien. Für die beiden Jungs war es eine schwere Zeit, mit der John aber besser zurechtkam, als sein Bruder David. Aber Strummer konnte auch Gutes dieser Zeit abgewinnen. Er glaubt, dass er durch das Internat unabhängig wurde. Man erwartete nichts von irgendjemanden. Und das war eines der Merkmale des Punks: "Mach Dein eigenes Ding und erwarte nichts von anderen".

Und zum ersten Mal nahm John bewusst Musik war. Im Radio des Aufenthaltsraums wurde er Zeuge der Beatlemania. I want to hold your hand die erste Single, die er sich kaufte. Aber es waren nicht die Beatles oder andere Gruppen des Beat-Booms, die ihn inspirierten, sondern eine Band aus Kalifornien, die zu einer großen Konkurrenz der Beatles wurde, die Beach Boys. „Johnny kam zur Schule mit einer Greatest Hits Platte der Beach Boys.“ Erinnert sich Paul Buck ein alter Schulfreund. „Das haute mich und ihn um!“

Im Sommer 1965 besuchten David und John ihre Eltern in Teheran. John bekam eine EP von Chuck Berry. Darauf enthalten war der Titel Rock´n´Roll Music, den die Beatles ´64 auf ihrem Beatles for Sale Album veröffentlicht hatten. Strummer war überrascht, dass diesr Titel gar nicht von den Beatles komponiert war, die ihrerseits nie einen Hehl aus ihren musikalischen Wurzeln machten. Nach der Rückkehr nach London entdeckte John für sich einen weiteren Rock´n´Roll Helden, Bo Diddley. Niemand hätte zu diesem Zeitpunkt ahnen können, dass er in der Zukunft genau mit diesem Bo Diddley zusammen eine Tour machen würde…

Fortsetzung folgt nächstes Jahr um diese Zeit…
 
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Klasse Idee
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.
Ich habe erst letztens nochmal "The Future is Unwritten" gesehen. Echt tolle Dokumentation.

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2. Kapitel: Jugend

Während John (jetzt 15) versucht den Leistungsanforderungen der Schule gerecht zu werden, wird er in das Rugbyteam der Schule aufgenommen. Dort entwickelt er eine Ausdauer, die man noch Jahre später auf der Bühne und bei seinen Marathonläufen beobachten kann. Jedoch ließen immer mehr seine schulischen Leistungen nach. Zudem sein Interesse für Musik immer größer wurde. Er hatte (noch) keine Ambitionen selbst zu spielen, zu singen oder gar eine Band zu gründen. Vielmehr hörte er John Peel´s Radiosendung `Perfumed Garden´. Zudem las er regelmäßig den Melody Maker, der wiederum sich neu erfand, sich vom Jazz abwendete und versuchte eine neue Leserschaft für sich zu gewinnen. Hier gab es dann Artikel über „ernste“ Plattenkünstler, also abseits der fröhlichen Popmusik. Besonders hatte es John Mellor die Blues Breaker LP von John Mayall angetan (1966 erschienen) E. Clapton war zu dieser Zeit Mitglied dieser Band. Schon bald war John auf der Suche nach Platten von Blueslegende Robert Johnson, oder auch Sonny Terry und Brownie McGhee. Hier war es dann auch nicht mehr weit um Jimi Hendrix für sich zu entdecken. Als Clapton Mayall verließ und mit J. Bruce und G. Baker Cream gründete, kaufte John Mellor alle Platten dieser Band. Aber auch Velvet Underground, Blood, Sweat & Tears und schließlich auch die erste LP von Led Zeppelin standen auf der Einkaufsliste Mellor´s.

Paul Buck und John Mellor teilten sich ein Zimmer im Internat. An den Wänden die psychodelischen Poster vom weißen Album der Beatles und `Im Backing out of England´. Auf einem kleinen Monoschallplattenspieler aus Plastik drehten sich die Scheiben Velvet Opera von Elmer Gantry und von Frank Zappa´s Zögling Captain Beefheat and his Magic Band. Ein anderer Schulfreund Adrain Greaves erinnert sich, dass John sich zu dieser Zeit veränderte. Keinen Respekt vor niemanden. Zudem Paul Buck und John Mellor einem Mythos folgend Bananenschalen über einen Bunsenbrenner trockneten, um dann diese zu rauchen. Kurzum Adrian fand John wiederlich.

In den nächsten Schulferien machten sich John, Paul und ein weiterer Schulfreund Ken Powell auf das Jazz- und Blues-Festival in Plumpton zu besuchen. Auf dem Plakat standen Acts wie King Crimson, Yes und Roger Chapman. Letzterer war lange einer der Favoriten von John Mellor. In diesem Sommer entdeckte John sein zeichnerisches Talent. Besonders Cartoons waren seine Lieblingsmotive. Viele seiner Freunde und Verwandten dachten damals, dass das etwas sei, was John beruflich machen könnte. Beeinflusst durch Popart, Canabis und gelegentliche LSD-Trips, konnte John auch manchmal über das Ziel hinausschießen. Einmal färbte er alle Äpfel im Garten seiner Eltern mit blauer Farbe. Bevor Vater Ron Mellor das ganze Unglück erfassen konnte, hatte John schon ein Foto davon gemacht. Dieses kam später in die Bewerbungsmappe für die Kunsthochschule.

Da noch genug von der blauen Farbe übrig war, gestaltete John den Wagen seines Kumpels Richard Evans (Dick the Shit) auf sehr eigenwillige Weise. Die Fenster wurden u.a. so angemalt, dass sie aussachen wie Fernseher. Mit diesem Gefährt machten sie sich auf zum Pink Floyd Konzert in den Hyde Park. Das Konzert war umsonst und die beiden machten sich nicht die Mühe einen Parkplatz zu suchen, sondern fuhren mit dem Wagen direkt auf die Wiese. Das war Kunst! Ziemlich stoned machten sie sich auf dem Heimweg und wurden auf der Kings´ Road von der Polizei gestoppt. Richard Evans erinnert sich, dass scheinbar den Cops das ungewöhnlich gestaltete Fahrzeug aufgefallen war. Der Cop zu Joe: „Wir können es uns einfach oder schwer machen. Wo ist das Acid?“ Im Wagen war außer Dope kein Acid. Also entgegnte John: „Okay Officer, sie haben uns erwischt. Es ist in der Batterie.“ Sie durchsuchten uns und das Auto, aber das Dope fanden sie nicht.

Angefixt durch diese beiden Musikevents besuchten Mellor und Dick the Shit-Evans am Ende der Schuleferien 1969 das legendäre Isle of Wight Festival. Sie reisten eine Woche vorher an und blieben nach dem Festival noch ein paar Tage dort. Diese Art ein Festival zu begleiten hat Joe Strummer später bei seinen Glastonbury-Aufenthalten beibehalten.

Auf einer Hochzeit eines nahen Verwandten lernt John Mellor seinen Cousin Jonathan kennen, der mit Pete Townshend zusammen in Acton zur Schule gegangen war. Eine frühe Besetzung von The Who hatte sogar mal im Keller des Hauses gespielt, wo grad die Hochzeit gefeiert wurde. Jonathan zeigte John eine akustische Gitarre, auf der P. Townshend gelegentlich gespielt hatte. John nahm diese Gitarre mit zur Schule und versuchte ein paar einfache Akkorde darauf zu spielen. Relativ schnell wurde er von der Einsicht besiegt, dass man hier eifrig üben musste um vorwärts zu kommen. John widmete sich daher einem anderen „Instrument“. Einer tragbaren Schreibmaschine. Ein ungewöhnlicher Besitz für einen englischen Schuljungen. Später sollte eine tragbare Schreibmaschine ein ständige Begleiterin von Joe Strummer werden.

John Mellor trug zu dieser Zeit weite Jeansschlaghosen, Jeansjacke und lange Haare und nannte sich von nun an Woody. Es gibt mehrere Versionen darüber, wann und warum sich Strummer diesen Namen gab. Eine Version ist, dass der Name Woody von Woody Guthrie, einem politisch links orientierten amerikanischen Folksänger, herrührte. Eine andere Version besagt, dass John Mellor häufig seine Briefe mit Wood unterzeichnet haben soll. Wie auch immer, fortan wollte John nur noch Woody genannt werden und aus Paul Buck wurde Pablo. 1969, es bricht nun das letzte Schuljahr für Woody an.

Fortsetzung folgt nächstes Jahr um diese Zeit…
 
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