KADENZ "Anordnung"

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poppyred
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Halli hallo,

mir ist bei Kadenzen etwas unklar, und zwar...

darf beispielsweise eine klassische Kadenz (I - IV - V - I) in ihrer Anordnung variieren? z.B. I - IV - V - VI - I oder muss diese strikt der Reihe I - IV - V- I gespielt werden damit man hier von einer "klassischen Kadenz" sprechen darf? Denn das einfache Bluesschema beruht ja auch auf dieser Kadenz, nur eben mit anderer "Reihenfolge".

Beispiel; Wild Thing - The Troggs: Akkordfolge (Vers) A | D | E | D :|

Spricht man hier nun von einer klassischen Kadenz, einem Bluesschema, oder vielleicht etwas ganz anderem???

Ohje, hoffe ihr versteht was ich zu sagen versuch...
Liebe Grüsse,
Poppyred
 
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Ohje, hoffe ihr versteht was ich zu sagen versuch...

Hallo poppyred,

klar verstehen wir das. ;)

Die klassische Vollkadenz ist:
I-IV-V-I (oder I-ii-V-I)

Aus dem Gesamtzusammenhang der Regeln zur Kadenz ergibt sich ein Verbot der Verbindung D-S.
http://de.wikipedia.org/wiki/Kadenz_(Harmonielehre)#Schlusskadenz
(D-S = V-IV).

Und nun zu I-V-IV-I (= T-D-S-T):
Dieses Schema verletzt die darzustellende Satznorm der Klassik und findet sich deshalb bei außereuropäischen Liedern, der Absicht, das Fremde, Exotik (a la turca) durchscheinen zu lassen, und zukunftweisenden Erfindungen, bei der Kadenz geht es aber um die Norm einer ganz spezifischen Stilepoche und eines Bereichs, eben des Barock bis zur Frühromantik. Da es aber kein richtig und falsch gibt, finden sie sich eben auch während dieser Epoche. Man findet sie in lokal verbreiteten Stilen und Tanzliedern, und in englischen, französischen und amerikanischen Liederbüchern. Heute ist das eine typische Schlusswendung des Blues und Pop.
http://de.wikipedia.org/wiki/Kadenz_(Harmonielehre)#T-D-S-T

Damit ist das Wichtigste gesagt. Man könnte höchstens noch ergänzen, daß in der Folge V-IV-I die V über die IV auf die Tonika zurückgeführt wird und damit ein plagaler Schluß vorliegt.

Viele Grüße

Klaus
 
Nein, im Beispiel Wild Thing ist die Kadenz I IV V IV.

(Edit: bisschen zu langsam :))
 
Dann handelt es sich bei Wild Thing bzw. der Akkordfolge A | D | E | D um eine klassische Kadenz mit plagalem Schluss?
Wenn ich dass nun richtig verstanden habe, handelt es sich immer um eine klassische Kadenz sobald alle drei Hauptstufen I, IV, V, darin vorkommen. Egal wie die Anordnung aussieht? So könnte eine klassische Kadenz (in Akkorden ausgedrückt) somit wie folgt aussehen: C | F | C | G7 | F | G7 | C ?
 
Wenn ich dass nun richtig verstanden habe, handelt es sich immer um eine klassische Kadenz sobald alle drei Hauptstufen I, IV, V, darin vorkommen. Egal wie die Anordnung aussieht? So könnte eine klassische Kadenz (in Akkorden ausgedrückt) somit wie folgt aussehen: C | F | C | G7 | F | G7 | C ?

Nein! Wie oben schon erwähnt, ist in der Klassik, die Verbindung V-IV-I verboten. Als "Klassische Kadenz" wird die Verbindung I-IV-V-I bezeichnet.

Bei Wild Thing bzw. der Akkordfolge |A | D | E | D | A | handelt es sich um keine klassische Kadenz. Vom Aufbau her entspricht sie der Akkordfolge der klassischen Kadenz, in die jedoch eine Subdominante vor die Schlußtonika eingeschoben wurde, so daß ein plagaler Schluss entsteht.

Viele Grüße

Klaus
 
... ist in der Klassik, die Verbindung V-IV-I verboten ...

Ich mag jetzt bestimmt nicht kleinkariert ´rüberkommen ... aber "VERBOTEN" ist eines jener Vokabel, die in einem Gespräch über Musiktheorie meiner persönlichen Meinung nach (!) fehl am Platze sind. Man kann ja sagen, daß sich dies oder jenes bewährt hat oder einfach gut klingt ... aber Gegenteiliges mit einem "Verbot" zu belegen fördert auch ein ähnliches Denken und Empfinden und sorgt dafür, daß jeder Kirchenorganist beim Anblick von Noten, in denen eine Quintparallele vorkommt, sofort und reflexartig in Panik verfällt. Und zwar gleich, ob es nicht vielleicht doch im konkreten Musikbeispiel gut und passend klingen möge, oder nicht. Und gegen alles, was eine derartige Engstirnigkeit (die ich dir bestimmt nicht unterstellen will !!) fördert, bin ich.

Entschuldigung für dieses völlig aus den Fugen geratene OT-Posting ...

LG, Thomas
 
... aber Gegenteiliges mit einem "Verbot" zu belegen fördert auch ein ähnliches Denken und Empfinden und sorgt dafür, daß jeder Kirchenorganist beim Anblick von Noten, in denen eine Quintparallele vorkommt, sofort und reflexartig in Panik verfällt.

Hi turko,

gut, daß Du das bei der Gelegenheit ansprichst! Nur der Kirchenorganist, der für sich ausschließlich die Regeln des strengen Satzes als verbindlich erklärt, hätte generell Aversionen gegen Quintparallelen.

In diesem Klangideal wäre die Quintparallele fehl am Platz, denn hier kommt es u.a. darauf an, daß die vier Stimmen (SATB) sich gut voneinander unterscheiden lassen. Das leidet aber, wenn bei einer Stimmbewegung plötzlich zwei Stimmen zu sehr verschmelzen, weil sie sich in Quintparallelen oder Oktavparallelen (noch schlimmer) bewegen. Eine Stimme wäre als fast verschwunden und das Ganz klingt an der Stelle dann unerwünscht leer. Oktave und Quinte verschmelzen aufgrund ihrer Konsonanz nun einmal sehr stark.

Die Klangideale und Stile verändern sich natürlich und in der Pop-Musik treffen die Regeln des vierstimmigen Satzes nicht zu, höchstens man möchte den o.g. Stil (z.B. Choral) zitieren.

Wie auch aus dem o.g. Wikipedia-Zitat hervorgeht, wurde die Kadenz I-V-IV-I real auch in der Zeit der Klassik verwendet. Dennoch widerspricht sie dem Ideal der Regeln zur klassischen Kadenz.

Bei der heutigen Stilvielfalt der Musik kann man im Prinzip alles machen, doch es ist auch klar, daß man i.d.R. keine völlig chaotische Musik möchte. In den verschiedenen Stilen entwickeln sich daher bestimmte Regeln, die man dann möglichsts einhalten sollte, wenn man dem entsprechenden Stil ähneln möchte.

Z.B. Jazz: Hier wird z.B. auch oft gefragt, welche Tonleiter man über diesen oder jenen Akkord spielen kann... und schon sind wir wieder bei der Definition eines Klangideals, wo es dann "avoid notes" gibt.

Ich finde es absolut hilfreich, die Regeln zu kennen und normalerweise auch danach zu spielen. Erst vor dem Hintergrund einer solchen Ordnung, die der Musikhörer (hoffentlich) intuitiv erfasst, kann eine Abweichung einen besonderen Effekt auslösen.

Irgendwann hat sich meist die Ausdrucksfähigkeit eines Ordnungssystems erschöpft. Dann ist die Zeit gekommen für ein neues.
Die Musikgeschichte ist voll von solchen Beispielen.

Viele Grüße

Klaus
 
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Hi Klaus,

zwar hast Du den zweiten Halbsatz meines "Kirchenorganisten-Beispiels" außer Acht gelassen, aber ich bin dennoch inhaltlich in allen Punkten einer Meinung mit Dir. Und kaum etwas läge mir ferner, als die Notwendigkeit (und Schönheit) von Regeln und Konventionen in der Musik in Frage zu stellen. Nur durch ein gekonntes "Inside" wird ein "Outside" überhaupt erst möglich.

Einzig mit dem Wort "verboten" in diesem Zusammenhang tue ich mir nach wie vor schwer. Weil es - Lernbegierigen und Anfängern - vorgaukelt, es gäbe halt einfach Regeln, die irgendwann mal wer in Worte gefaßt, niedergeschrieben und so verewigt hat. Völlig losgelöst vom eigentlichen inhaltlichen Sinn.
Dabei sind die Regeln doch "nur" die in Worte gegossenen Erfahrungen anderer, lange verblichener Musiker(-Kollegen ?) und ein Ausdruck dessen, was sich klanglich bewährt hat, und was nicht. Dementsprechend kann es nicht "VERBOTEN" sein, sich diesen Konventionen zu widersetzen. Es kann schräg oder fad oder ekelig klingen. Das schon. Aber "verboten" ... ?!

Zu Deinem Beispiel der Avoid-Notes ... das dürfte wohl auch der Grund sein, warum Sikora die Avoidnotes nicht mit "Verbotstöne" übersetzt, sondern - sinngemäß - mit "Töne, die mir Vorsicht zu behandeln sind" ...

LG, Thomas
 
...vorgaukelt, es gäbe halt einfach Regeln, die irgendwann mal wer in Worte gefaßt, niedergeschrieben und so verewigt hat.

Die Regeln wurden natürlich irgendwann in Worte gefasst, nämlich in den entsprechenden Theoriebüchern/Harmonielehren.
Man hat in diesen nachträglich die Gesetzmäßigkeiten festgestellt, die ein bestimmter Stil einhält (der sich oft gerade erst herausgebildet hatte).

Natürlich sollte jeder gute Autor solcher Werke auch erwähnen, daß eine lebendige Musik sich ständig weiterentwickelt und sich daher nicht durch irgendwelche "Verbote" aufhalten läßt.
"Was gut und passend klingt" ändert sich ja immer wieder.

Das Wort "verboten" wäre m.E. ich gerade bei "Lernbegierigen und Anfängern" noch am ehesten angebracht - als klare pädagogische Linie. Gerade denen muß gezeigt werden, was man "darf" und was nicht - heute natürlich mit dem Hinweis, daß diese "Verbote" sich immer auf ein bestimmtes Ideal (Stil) beziehen.

Ein etwas weit hergeholter Vergleich aus früherer Zeit:
Handspiel ist im Fußball "verboten". Wenn die Tendenz zum Handspiel aus irgendwelchen Gründen immer größer werden sollte, so kann sich daraus ein neues Spiel entwickeln - Handball. (Da muß man dann sogar mit der Hand spielen. :D - Handball wurde ursprünglich für Frauen entwickelt, um den harten körperlichen Einsatz zu vermeiden.)


Unsere besten Komponisten waren diejenigen, welche quasi neue Spiele/Spielregeln entwickelt haben. Sie hatten die Kraft, einem neuen Konzept zum Durchbruch zu verhelfen. Der Anfänger hingegen soll in eitler Selbstüberschätzung nicht glauben, er könne durch Regelverstöße ein neues Spiel entwickeln. Seine Regelverstöße sind nicht Teil eines neuen Konzepts, er wird in der harten Wirlichkeit einfach durch Nichtbeachtung oder Ablehnung "bestraft", wo er durch Regelbefolgung immerhin akzeptable Musik hätte komponieren können.

Der Sikora weiß natürlich, daß "Verbote" in in unserer heutigen Zeit nicht mehr so gut ankommen. Man sagt heute vielleicht lieber "nicht regelkonform". Oder im Jazz evtl. "Töne, die mit Vorsicht zu behandeln sind" - bei der Vielzahl von Stilrichtungen. Die Harmonielehrebücher des vierstimmigen Satzes sind Jahrhunderte alt. Damals hätte man die rasanten Veränderungen, die bis heute passiert sind, nicht im entferntesten geahnt. Das Wort "Verbot" wurde auch tradiert und auch in neueren Lehren übernommen, doch, soweit ich es überblicke, im obigem Sinne relativiert, bzw. der Gültigkeitsbereich (z.B. vierstimmiger Satz) angegeben.

Ich denke, wir sind uns ziemlich einig, doch das Thema mußte mal wieder angesprochen werden.

Viele Grüße

Klaus
 

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