Klavierstück spielbar?

  • Ersteller Intruder1970
  • Erstellt am
Dann bleiben wir doch mal im konstruktiven Modus:

... ich will höher hinaus und vielleicht einmal eine Aufführung meiner Musik erleben.

Da würde ich erstmal kleinere Brötchen backen und vorab das dazu notwendige Handwerk erlernen.

Um es konkreter zu machen:

A. Bringe bitte zunächst das Notenbild in Ordnung, d.h.:
  • Taktzahlen nur einmal setzen, nicht über jedes System. Ausreichend ist eine Taktzahl am Anfang jedes Systems. Auf keinen Fall nummerieren, wie in deiner PDF-Datei, also keine unterschiedlichen Taktzahlen in den einzelnen Systemen!
  • Das Klavier korrekt notieren (Zwei übereinander stehende Systeme mit Akkolade)
  • Alle nicht benötigten Instrumentensysteme löschen.
  • Alle Vortragsbezeichnungen (Dynamik usw.) entfernen - die sind streckenweise völlig willkürlich und sinnfrei gesetzt und können am Ende des Kompositionsprozesses nachträglich hinzugefügt werden.

B. Von welcher grundlegenden kompositorischen Idee gehst du aus? Kennst du Kompositionen, die auf einem vergleichbaren Kompositionsprinzip beruhen, wenn ja - um welchen Formtyp handelt es sich hier überhaupt?
  • Um das für dich selber transparent zu machen, solltest du im unteren System zunächst sämtliche Oktavierungen und Tonwiederholungen entfernen, damit du zunächst einen reduzierten Gerüstsatz hast, den du dann ausarbeiten kannst.
  • Da es sich hier um ein spezielles Variationsprinzip handelt, ist es sinnvoll, die jeweils viertaktigen Abschnitte tabellenartig übereinander zu schreiben - dadurch kannst du die Entwicklungen im Detail besser kontrollieren. Dann dürfte dir auch auffallen, dass dein Schema ab Takt 151 um einen halben Takt verschoben worden ist, was dann sämtliche Taktschwerpunkte aus dem Gleichgewicht bringt und einfach nur ein ebenso überflüssiger, wie dilettantischer Flüchtigkeitsfehler ist.
  • Danach streichst du zunächst alle Passagen, die sich nicht oder nur geringfügig unterscheiden.
  • Was übrig bleibt, wird nach Tonumfang, Dichte (Anzahl der Töne pro Takt), rhythmischer Komplexität und Textur ("Machart", d.h. tonleiterartige Passagen, Akkordzerlegungen, Umspielungen usw.) geordnet.
Erst danach kannst du an die eigentliche kompositorische Ausarbeitung gehen, wobei sich dann auch die Frage stellt, ob das Ergebnis überhaupt "pianistisch" genug gemacht ist, um als Klavierstück geignet zu sein (dazu musst du nicht selber gut Klavier spielen können, aber du solltest vorab viele Klavierkompositionen analysiert haben, um ein Gefühl für "pianistische Denke" zu bekommen), oder ob es vielleicht besser ist, das Rohmaterial auf unterschiedliche Instrumente zu verteilen, was allerdings voraussetzt, dass du dich mit Instrumentierung beschäftigst (dazu gibt es zahlreiche dicke Lehrbücher).

Wenn ich die Details betrachte, hakt es bei dir allerdings bereits bei den ganz elementaren, vom Komponieren unabhängigen musikalischen Grundkenntnissen:
Deine pdf-Datei gibt "As-Dur" als Tonart an - was (außer der Vorzeichnung) bringt dich zu dieser Annahme? Das Stück ist eindeutig in f-Moll, mit C-Dur als halbschlüssiger Dominante. Ich würde es angesichts des Bass-Ostinatos sogar als modales C-Phrygisch mit einer abgedroschenen "Andalusischer Quartfall-Kadenz" (IV-III-II-I = Fm-Eb-Db-C) deuten, womit sich der "Originalitätswert" deines Stücks endgültig Richtung Null verflüchtigt.

Unschön sind auf jeden Fall sinnfreie enharmonische Verwechslungsfehler, die einfache harmonische Sachverhalte unnötig verunklaren:
schlussakk.PNG

Angaben wie "c/minus 5" und Verdoppelungen gleicher Tonhöhen sind hier ebenfalls Stuss, die grün markierte Oktavierung ist zwar notfalls mit Pedal spielbar, besser wäre hier aber ein konsequenter Oktavsprung:

bass.PNG

Dto. in "entschlackter" Notation:

bass2.PNG
 
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Ich habe gestern ein Youtube-Video mit dem Klavierstück gemacht.

Und wer spielt das Stück in dem Video?

Wie gesagt bin ich kein Pianist, sondern nur begeisterter Musikschreiber. Die manchmal doppelten Töne betonen in einem Akkord diesen Ton und das brauch ich, um den gewünschten Klang zu erzielen.

Spielst Du ein anderes Instrument? Welches?

Die doppelten Töne finde ich "lustig" (habe ich so noch nie gesehen); ich kenne Dein Notenprogramm nicht, aber die Notenprogramme, die ich kenne, lassen solche Doppeltöne gar nicht zu.

(...) aber menschliche Musiker suchen Dramaturgien und sinngebende Strukturen (...)

Wahrscheinlich würde uns überraschen, welche Dramaturgie und Strukturen diverse Menschen in einem und demselben Stück finden bzw. vermissen. Nach meiner Erfahrung ist es recht individuell, auch wenn bestimmte Art von Musik viele Menschen in ähnlicher Art ergreifen kann (wie z.B. die meisten Nationalhymnen).
Musik ist immer noch vor allem Geschmackssache; der Eine findet Bachs Musik großartig, der Andere findet sie langweilig und der Dritte schwärmt für Modern Talking.

Entscheidender ist die Frage, ob es einen Menschen gibt, der dieses "Stück" spielen möchte (selbst wenn er es könnte).

Ach, es kommt auf die Menschen an.
In vielen Klavierschulen sind Stücke, die man wahrlich nicht spielen mag, die musikalisch keinen Spaß machen, aber sie dienen einem bestimmten (Lern)Zweck, so daß sie von vielen Anfängern zig und Hunderte Male gespielt werden.

Gruß, Bert
 
Die doppelten Töne finde ich "lustig" (habe ich so noch nie gesehen); ich kenne Dein Notenprogramm nicht, aber die Notenprogramme, die ich kenne, lassen solche Doppeltöne gar nicht zu.
In Musescore zum Beispiel kann man es problemlos machen. Du nimmst einen Ton, setzt darüber noch einen Ton und verschiebst diesen einfach auf den anderen Ton. Spielerisch macht so was aber keinen Sinn. Man könnte jetzt wohl mit jedem Notenprogramm sagen die erste Stimme ist der selbe Ton wie die zweite Stimme, aber nur weil es geht ist es ja nicht sinnvoll.

Davon abgesehen scheint hier wohl ein Missverständnis zwischen einem Ton zweimal zur gleichen Zeit zu spielen und einer Tonverdopplung in einer anderen Oktave.

aber sie dienen einem bestimmten (Lern)Zweck
Es ist aber deprimierend ein Stück zu spielen nur um zu lernen das man es gerade falsch gemacht hat oder überhaupt nichts daraus gelernt hat :p
 
Ich habe mir das Stück mal zur Hälfte notdürftig zusammengescreenshottet:

1620083487646.png


Dann habe ich es durchgeklimpert und komme zum Ergebnis: Ja, ist spielbar - zumindest bis ca. zur Hälfte, dann habe ich aufgehört. Aber wenn ich so drüberschaue, bleibt das bis zum Schluß so.

Wenn man ein bisschen Erfahrung hat, weiß man sofort, wie es gemeint ist. Und es ist auch nicht schwer. Viele von diesen Doppeloktaven u.ä. spielt man mit Pedal. Der zuerst gespielte Ton klingt dann weiter, und das ist dann einfach falsch notiert, aber leicht durchschaubar. Für die Doppelnoten gilt das gleiche. Meistens wird da die untere Oktav-Note einfach nochmal angeschlagen. Bei den anderen Stellen läßt man einfach eine Note weg. Aus dem Kontext geht schnell hervor, welche man wegläßt. Auf den Seiten 13 und 14 gibt es eine Stelle, bei der in 3 Systemen Noten stehen. Auch hier wird sofort klar, daß eigentlich immer eine Achtel, gefolgt von 2 Sechzehnteln gemeint ist.

Das ganze Stück scheint mir eine per MIDI-Recording notierte Improvisation über eine simple andalusische Kadenz zu sein. Die Takte, in denen ein C-Moll Akkord notiert ist, halte ich für Fehler. Wahrscheinlich sollte das ein C-Dur Akkord werden. Die enharmonischen Verwechslungen tragen zur Vermehrung der Unübersichtlichkeit bei.

Und ja, die Notation ist eine Katastrophe!!! Derjenige, der das eingespielt hat, hat offensichtlich große Lücken im Bereich der Notationskenntnisse. Eine maschinell erstellte MIDI-Recording-Notation kann diese Lücken nicht ersetzen, da muß man schon selber lernen, worauf es bei der Notenschrift ankommt. So etwas wie die Spracherkennung und Rechtschreibkorrektur, die wir von unseren Smartphones kennen, gibt es beim Musizieren - zum Glück - (noch?) nicht.

Außerdem bin ich der Ansicht, daß so eine Improvisation gar nicht aufgeschrieben werden muß. Wenn man das gut improvisieren kann, ist das völlig ausreichend. Für eine wirkliche Komposition enthält es zu wenig Gestaltungs- und Formwille.

Nochmal grundsätzlich: Ja, das Stück ist spielbar, aber leider völlig falsch notiert.

Viele Grüße,
McCoy
 
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denn Notieren einer substanzlosen Herumdudelei ist eben noch kein Komponieren, und somit letztlich sowohl für dich, als auch für potentielle Zuhörer vergeudete Zeit.
Na jetzt würde ich das ganze wirklich gerne mal hören. @intruder
Danke von meinem r für die konstruktive Mühe . Das macht den Thread wieder lesbar und sinnvoll
Hatte mich zu Beginn schon gefragt wo du steckst...
 

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