Klavierunterricht und Motivation

  • Ersteller jumapari
  • Erstellt am
J
jumapari
Registrierter Benutzer
Zuletzt hier
19.09.17
Registriert
29.12.14
Beiträge
74
Kekse
0
Hallo zusammen,

ich bin seit gestern 49 Jahre alt, habe bis etwa Mitte Zwanzig Gitarre gespielt (und damit auch etwas Geld nebenbei verdient). Die Harmonielehre ist mir nicht Fremd und Stücke wie Body and Soul habe ich damals auf der Klampfe sehr gut hinbekommen. Ich hatte eigentlich immer den Wunsch Klavier spielen zu lernen, aber das ist irgendwie nie was geworden.

Seit Anfang Januar 2015 haben wir (meine Familie) nun ein Klavier und sitze jeden Tag > 2 Stunden dran. Es war mir von Anfang an klar, dass ohne Technik nix geht und ich hatte mich auf die Suche nach einem Klavierlehrer gemacht. Bevor ich einen gefunden hatte habe ich mich - gefunden durch die Google Suche - mit einigen Stücken von ABRSM Grade 1 und 2 vergnügt. Das Minuett in G-Dur von Mozart (im Alter von 5 Jahren geschrieben und KV 4 oder so) und den Chattanoga Chor Choo aus Grade 1 bekomme ich gut auf die Tasten. Seit ein paar Tagen klappt auch "Lullaby" von Neugasimov (Grade 2). Die Linke Hand ist schon besser geworden und die Koordination macht ebenfalls Vorschritte.

Mein Klavierlehrer möchte sich aber am liebsten mit dem 5 Finger Raum in C-Dur aufhalten (Meister Jakob, Ode an die Freude, u.s.w. alles mit Anfänger Arrangement)

Ich hab mit Ihm jetzt den Deal gemacht, dass ich die 2-3 Stücke, die er mir jede Woche gibt lerne und meine eigenen Sachen (ABRSM, etc) zusätzlich.

Es ist gut verständlich dass er sagt, ich müsste erst mal die einfachsten Sachen blind und ohne Sicht auf die Noten spielen können. Und ich solle mir Zeit lassen. Der Lehrer zeigt mir auch die korrekten Techniken und ich achte bei üben selbst darauf.

Nun meine Fragen:

Ist es ein Fehler ehrgeizig zu sein und recht schnell schicke Sachen spielen zu wollen?
Sollte man langsam machen oder bremst der Lehrer einen eher aus?

Wie sind Eure Erfahrungen mit diesen Dingen?

Vielen Dank im Voraus!!
 
Eigenschaft
 
Wenn Du zu schwierige Stücke übst, kann es sein, daß Du zuviel Konzentration darauf aufwenden mußt, die richtigen Töne zu treffen und dadurch zu wenig Konzentration für die richtige Spieltechnik übrigbleibt. Deshalb würde ich die leichten Stücke auf jeden Fall so gut üben, daß Du die volle Konzentration auf Technik, Handhaltung, Phrasierung etc. richten kannst. Im Endeffekt kommst Du damit schneller vorwärts, als wenn Du gleich schwierigere Stücke spielst, die Dich zwar herausfordern, bei denen aber dann technisch einiges auf der Strecke bleibt und Du Dir Falsches einübst.

Auf der anderen Seite bist Du schon seit ein paar Jahrzehnten Musiker und hast von daher den Vorteil, daß Du z.B. Rhythmik und viels andere Grundlegende nicht noch gesondert studieren mußt. Von daher ist dann noch etwas Aufmerksamkeitspotential in Reserve, daß der blutige Anfänger nicht hat.

Eine weitere Frage ist Notenlesen. Viele Umsteiger lesen nur Violinschlüssel und haben Mühe, den Baßschlüssel zu lernen. Meistens beginnen sie damit, vom Violinschlüssel irgendwie umzurechnen, was normalerweise nicht zielführend ist.

Gitarristen haben häufig den Ruf, daß sie gar nicht oder nur schlecht Noten lesen (hoffentlich haut mich jetzt keiner :D). Das weiß ich natürlich von Dir nicht. Falls es diesbezüglich Defizite gibt, rate ich wieder zu einfacherer Literatur, da es ansonsten leicht passieren kann, daß man die Stücke auswendig lernt und nicht liest. Wenn man viele leichte Stücke spielt, kommt man eher ins Lesen, als wenn man wenige schwierige spielt.

Soweit meine Ferndiagnose, nicht ganz einfach ...

Viele Grüße,
McCoy
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Vielen Dank für die ausführliche Antwort! Liest sich sehr logisch und schlüssig. Was die Notenlesekünste bei Gitarristen anbelangt, habe ich die gleichen Erfahrungen wie Du gemacht. Bei mir klappt der Violinschlüssel sicher und der Bassschlüssel bei einzelnen Noten mittlerweile noch etwas zähflüssig, aber von Woche zu Woche besser.

Ich habe eine - in meinen Augen - sehr gute Schule entdeckt: John Thomsons Piano School Grade 1 bis ... Der erklärt, dass da
der 5 Tonbereich ( also Grundstellung c,d,e,f,g) am Anfang sehr wichtig ist, weil man so am besten die einzelnen Techniken lernen kann und sich bestimmte Muster besser einprägen.

Ich denke, ich werde so weiter machen wie bisher aber die "Anfängerübungen" stärker wertschätzen und sehr ernst nehmen. Die etwas anspruchsvolleren Stücke sind dann für die Musikerseele in mir :)
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Ich habe früher gerne gleichzeitig verschieden schwere Stücke gelernt. Leichte mit ganz unterschiedlichem Fokus (Fingertraining, vom Blatt spielen, Notensicherheit, etc. etc.), und meistens ein schwereres Stück parallel, wo man sich eben langsamer und Zeile für Zeile vor oder rückwärts über einen längeren Zeitraum dran abarbeitet. Ich hatte dabei viele Jahre lang einen Lehrer, der mMn sehr gut einschätzen konnte, welche Schwierigkeitsgrade für mich passen und bei der Auswahl geholfen hat. Was McCoy schreibt finde ich auch sehr plausibel, sich in verschiedenen Aspekten zu überfordern und dabei Grundlagen zu vernachlässigen ist sicher nicht gut. Unterfordern ist aber auch nicht hilfreich :). Da ist mMn der Lehrer gefragt, das richtig einzuschätzen.
 
Wenn jumapari die 5-Finger-Raum-Stücke gut übt, wird der Lehrer ja auch merken, daß es schnell vorwärts geht und die Schwierigkeitskurve etwas steiler stellen. Der 5-Finger-Raum-Bereich wird dann vermutlich bald verlassen werden.
 
Hallo jumapari
5-FingerRaum heißt ja auch nicht zwingend, dass man sich ausschließlich in der C-Dur-Tonleiter c d e f g bewegt. Wenn das Notenlesen zumindest im Violinschlüssel schon sitzt, kann man man ja mal nach Melodien Ausschau halten, die z.B. in G-Dur, d-moll, a-moll oder anderen Tonarten stehen, in deren 5-Tonraum keine schwarzen Tasten vorkommen. Und wenn man nicht fündig wird, schnappt man sich MuseScore oder Vergleichbares und schreibt eigene Melodien. Dabei kann man gleichzeitig das Lesen des Bass-Schlüssels trainieren, wenn man die im G-Schlüssel notierte Melodie für die linke Hand in den F-Schlüssel überträgt.

Viele Grüße
Lisa
 
Ich bekomme die Noten nicht "in time" vom Blatt auf die Tasten. Dummer- (oder glücklicher?-) weise kann ich die meisten der bisher 8-taktigen Übungsaufgaben nach 1-2 Durchgängen auswendig spielen, was der Sache letztendlich aber auch nicht dienlich ist. Viele der Übungen bestehen ja teilweise auch aus Mustern bzw. Sequenzen die sich irgendwie wiederholen, was das "Schummeln" zusätzlich erleichtert. Ich hoffe das wird besser mit der Zeit...
 

Ähnliche Themen


Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben