Kritik nach dem Gig: Fragen zu Unsicherheit, effizientem Proben etc.

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andantio
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Hallo,

irgendwie ist dieser Thread hier dem letzten Jahreswechsel zum Opfer gefallen? Ich bin neu hier und möchte gerne meine Probleme mit euch teilen, sie passen gut in diesen Thread, zumindest teilweise.
Noch kurz zu meinem Background: Ich singe seit 10 Jahren in einem modernen Chor, hatte 2 Jahre klassischen Gesangsunterricht und probe nun seit gut 2 Jahren mit dem Pianisten zusammen.
Also:

Ich hatte vor 2 Wochen zusammen mit meinem Pianisten unseren ersten abendfüllenden Auftritt. Unser Repertoire sind Balladen aus Rock/Pop/Musicals, zu dem Lied gibt es eine Geschichte, also interessante "Facts" zu den Liedern. Das Konzept selbst kam sehr gut an, zu 95% auch die Präsentation der Facts. Für meinen Gesang gab es fast die ganze Bandbreite an Kritik. Na ja, vielen gefiel es sehr gut (Freude und Verwandte eingeschlossen, die zum Teil ja nicht objektiv waren und musikalisch auch meist keine gute fachliche Meinung haben konnten), aber es gab auch Rückmeldungen wie "Piano klasse, Konzept klasse, vom Gesang hätte ich mir mehr erwartet", usw.

Ich suche jetzt nach keinen "Ausreden" und ich weiß, dass meine Technik noch nicht perfekt ist, aber ich hatte wie sehr viele andere im Februar eine üble Grippe und war leider am Tag des Auftritts noch sehr angeschlagen. Dazu kam natürlich eine ganz besondere Anspannung durch den Umstand des ersten Auftritts (nach ein paar kleineren). Unter anderem dadurch hörte ich mich selbst kaum und war in den hohen Tönen wohl zum Teil unsauber. Ich fand mich selbst auch nicht besonders gut an dem Abend und bin irgendwie in ein tiefes Loch gestürzt.

Immerhin habe ich hier im Forum gelesen, dass das anderen ja auch nicht anders ging (was ja klar ist). Zudem baute mich eine zufällig anwesende professionelle Opernsängerin auf, mit der ich Tage später noch telefonieren konnte. Trotzdem suche ich nach Anregungen für die Lösung (oder Reduzierung) folgender Probleme:

1) Wie bekommt man die Aufregung besser in Griff?
2) Wie kann man seine Proben vernünftig aufnehmen, um die Stimme besser analysieren zu können?
3) Kennt jemand in unserer Gegend (PLZ 88) einen guten Gesangslehrer, der mich unterstützen könnte? Möglichst nicht klassischer Gesang.
4) Woran erkennen wir, welche Lieder wirklich gut zu meiner Stimme passen und welche nicht? Vieles ist ja auch Geschmackssache und die Rückmeldungen sind nicht eindeutig in dieser Beziehung...
5) Helfen da tatsächlich auch (u.a.) einfach einige weitere Auftritte?

Freu mich über Feedback.
 
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Zu 1) Man verliert circa 25% seines Potenzials, wenn man nicht im stillen Kämmerlein für sich musiziert (habe da mal eine Studie gelesen). Viele versuchen durch das Publikum hindurch zu schauen, also mental eine Situation herbeizurufen, in der sie erstmal intim für sich alleine sind. Nach und nach sollte man sich dann öffnen. Mit zunehmender Erfahrung wird es besser :)
2) Das H2 von Zoom, oder das H3 mit Video-Funktion ist wirklich sehr ermpfehlenswert. Beim Video kannst du auch gleich deine Körpersprache analysieren.
3) Leider nein...
4) Ich finde man muss nicht immer 100%ig richtig singen. Wichtig ist es, dass du einen Song fühlst und das dann auch transportierts. Wenn die Inhalte beim Publikum ankommen, und man dir die Performance "abkauft", bist du auf der sicheren Seite. Natürlich darfst du weiterhin einen 100% Anspruch an dich selbst haben, aber stelle Technik nicht über Gefühl. Das gleiche gilt auch für den Piano-Spieler.
5) Dickes JA!
 
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Hallo andantio,

andantio schrieb:
sie passen gut in diesen Thread, zumindest teilweise.

da deine Fragen - wie du ja selbst schreibst - eben nur teilweise in den Thread passten, habe ich mal ein eigenes Thema erstellt. Wenn Dir der Titel nicht zusagt, kannst du mir per PN gern einen anderen zusenden.

1) Wie bekommt man die Aufregung besser in Griff?

Da hat jeder seine eigenen Rituale. Die gehen von "Sport" über "Bier" bis zu fernöstlichen Meditationsübungen. Anregungen findest du eventuell hier

https://www.musiker-board.de/faq-workshop-voc/259534-gesammelte-tipps-lampenfieber.html


2) Wie kann man seine Proben vernünftig aufnehmen, um die Stimme besser analysieren zu können?

Wem sein Smartphone nicht reicht (oder gar keins hat wie ich), der findet in einem tragbaren MP3-Recorder wie zB dem Zoom H1 einen zuverlässigen Partner.

3) Kennt jemand in unserer Gegend (PLZ 88) einen guten Gesangslehrer, der mich unterstützen könnte? Möglichst nicht klassischer Gesang.

Ich weiß nicht, welche Gegend das ist und ein "guter GL" ist auch ähnlich subjektiv wie "guter Sänger". Aber schau doch mal, ob du hier in unseren Empfehlungen was findest:

https://www.musiker-board.de/contem...-etc-voc/106330-gesangslehrerverzeichnis.html

4) Woran erkennen wir, welche Lieder wirklich gut zu meiner Stimme passen und welche nicht? Vieles ist ja auch Geschmackssache und die Rückmeldungen sind nicht eindeutig in dieser Beziehung...

Tja - schwierige Frage. Ich erkenne das daran, wie wohl ich mich bei einem Lied fühle. Manchmal auch erst, wenn ich mir nach dem Gig eine Aufnahme anhöre. Manchmal hilft es, eine Song völlig anders zu interpretieren, so dass er zu einem passt.


Was ebenfalls nützen könnte, wäre hier eine Hörprobe zu posten.

5) Helfen da tatsächlich auch (u.a.) einfach einige weitere Auftritte?

Lampenfieber verschwindet nie ganz, aber Routine hilft immer.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo andantio - willkommen im Musiker-Board!

1) Wie bekommt man die Aufregung besser in Griff? [...]
5) Helfen da tatsächlich auch (u.a.) einfach einige weitere Auftritte?

Ja klar, Lampenfieber relativiert sich von Auftritt zu Auftritt. Verschwinden wird es nie ganz, das ist auch gut so - wenn es keinerlei Anspannung vor einem Auftritt gäbe, würde man spannungslos vors Publikum treten, und das ist natürlich auch nicht gut. Wichtig ist, dass du nicht mit einer Versagensangst, sondern mit freudiger Spannung an einen Auftritt herangehst - quasi mit der Haltung "ich weiß, dass ich es kann und ich freue mich drauf, meinem Publikum meine Musik zu präsentieren". Eine solche Haltung erwirbst du dir mit ganz ganz vielen Auftritten, mit viel Unterricht und mit viel Üben.

Darüberhinaus ist auch andere Beschäftigung mit Musik gut, z.B. das Konzert eines großen Acts aus dem Backstagebereich zu verfolgen, um zu sehen, wie die Kollegen mit Lampenfieber und evtl. Problemen wie vergessenem Text o.ä. umgehen.

2) Wie kann man seine Proben vernünftig aufnehmen, um die Stimme besser analysieren zu können?

Die Zoom-Rekorder sind gut, aber grundsätzlich haben wir hier im Board dafür natürlich den kompletten Recording-Bereich mit vielen Unterforen. Dieses für Einsteiger könnte passen, da solltest du deine Situation mal ausführlich schildern.

3) Kennt jemand in unserer Gegend (PLZ 88) einen guten Gesangslehrer, der mich unterstützen könnte? Möglichst nicht klassischer Gesang.

Natürlich nicht persönlich, aber Google spuckt das hier aus: http://www.musicalschule-bodensee.de/ . Aber die wirst du wahrscheinlich kennen, wenn du aus der Region kommst. Weisst du was Näheres über diese Schule?

4) Woran erkennen wir, welche Lieder wirklich gut zu meiner Stimme passen und welche nicht? Vieles ist ja auch Geschmackssache und die Rückmeldungen sind nicht eindeutig in dieser Beziehung...

Da gibt es mehrere Ebenen, ob bzw. warum ein Song zu einer Stimme passt:
  • die technische Ebene zuerst: Tonumfang des Songs und Tonumfang deiner Stimme müssen zusammenpassen, sonst kannst du faktisch den Song nicht singen. Und dazu solltest du Tonumfänge erkennen und benennen können, um das rational entscheiden zu können
  • die nächste Ebene ist, ob du alle Töne sicher und locker erreichst - das geht üblicherweise nach etwas Übung, wenn du weisst, wie du deine Kräfte innerhalb des Songs einteilen musst. Wenn du viele Töne nicht sicher und locker erreichst, ist der Song möglicherweise in der Tat ungünstig für deine Stimme
  • wichtig ist, ob du den Text verstehst und alle Bilder und Metaphern nachvollziehen kannst. Wenn du daran scheitern solltest (z.B. weil es ein fremdsprachiger Text ist, und du ihn nicht übersetzen kannst), kannst du den Song vielleicht schauspielern und in gewisser Weise distanziert präsentieren, aber du wirst ihn dir nicht zu eigen machen können
  • die höchste (und IMHO erstrebenswerte) Ebene ist die, sich die Bilder und die Dramaturgie eines Songs so zu eigen zu machen, dass man sie mit seinem eigenen Leben und seiner eigenen Persönlichkeit verbindet. Dann wirst du einen Song glaubhaft darstellen können, und dann passt der Song nicht nur zu deiner Stimme, sondern insgesamt zu deiner Persönlichkeit
Von daher ist deine Frage, welche Songs zu deiner Stimme passen, nicht einfach und eindeutig zu beantworten. Aber ein Lehrer hilft dir genau auf diesem Weg, das herauszufinden. Gesangsunterricht (wie jeder praktische Musikunterricht) besteht im Wesentlichen daraus, dass man technische Fortschritte macht und gleichzeitig die Persönlichkeit weiterbildet, sodass die angestrebte Tätigkeit ein Teil des eigenen Lebens wird, und keine externe Tätigkeit bleibt. Musikunterricht bringt dich idealerweise dahin, dass du nicht nur etwas beherrschst, sondern etwas wirst. Gerade Gesangsunterricht ist meiner Erfahrung nach noch viel direkter Persönlichkeitsbildung als Instrumentalunterricht (aber auch da ist die Tendenz schon zu beobachten).

Viel Erfolg!

Harald
 
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Eigentlich haben meine Vorredner ja schon alles gesagt. Ich möchte nur noch hinzufügen:
Im Duo bist du als Sänger natürlich ganz besonders exponiert. Ich kenne das, ich singe auch öfter im Duo (ebenfalls mit Klavierbegleitung, manchmal begleitet mich auch ein Gitarrist) und das ist etwas völlig anderes als mit einer kompletten Band, hinter der man sich ja doch auch ein bisschen verstecken kann und wo ein schiefer Ton auch eher untergeht.
Man darf da nicht unsicher wirken, weil alle Blicke auf dich gerichtet sind. Und die Unsicherheit bekomt man wiederum nur mit Auftrittsroutine in den Griff. Du wirst im Laufe deines Sängerlebens noch öfter schlechte Tage haben, Tage, an denen du nicht so gut singst wie sonst. Da hift nur Erfahrung und Routine; je mehr man davon hat, umso besser kann man das überspielen.

Und noch 2 Dinge am Rande:
Ich habe auch einen Zoom und bin sehr zufrieden damit (auch wenn ich mich selbst nur selten aufnehme).

Dieses Jahr scheint es ja eine heftige Grippewelle gegeben zu haben, die wie immer an mir vorbeigerauscht ist - ich hatte vor 15 Jahren eine echte Influenza, die daraus entstandenen Komplikationen brachten mich mit Lungenentzündung für 14 Tage ins Krankenhaus und ich habe danach Monate gebraucht, bis ich wieder richtig fit war. Auch gesangsmäßig.
Seitdem lasse ich mich jedes Jahr impfen, habe nie mehr was Ernstes gehabt und verstehe immer weniger, warum sich Leute noch freiwillig eine Ansteckung antun...
 
Hallo an alle, danke für eure Tipps.
Die anderen Threads werde ich mir noch ansehen.
@HaraldS: Die Musikschule kenne ich nicht, ist auch nicht ganz in meiner Nähe und habe bislang auch nicht aktiv danach gesucht. Mittlerweile bin ich auf eine Homepage einer Gesangslehrerin gestoßen, die u.a. auch dort unterrichtet.
Kann sein, ich melde mich demnächst zu einem Würgshop an.
:)
 
Ich finde beim Gesang kommt es darauf an eine gute durchschnittliche Leistung zu haben. Schwankungen sind immer drin, deshalb musst du im Durchschnitt sehr gut sein, damit du an schlechten Tagen eine gute Leistung ablieferst. Das geht eben nur durch Routine und Übung. Wenn etwas sitzt, bist du automatisch weniger aufgeregt.

Habe mal einen Spruch gehört, dass die Tage an denen man sich körperlich, emotional und stimmlich am besten Fühlt nie einen Auftritt hat sondern eher Wäsche macht, haha.
 
Ja, das sehe ich auch so. Im Grunde übe ich nur um meine durchschnittliche Gesangsleistung möglichst hoch zu halten. Ich hatte gestern auch einen Gig und die ganze letzte Woche Schnupfen mit verstopfter Nase, der sich erst Freitag gebessert hat. Das ist mir dann auch ein wenig auf die Stimme geschlagen, trockene Schleimhäute, Husten. Ist trotzdem gut gelaufen, lag vor allem daran, dass ich weiß, dass ich ein gewisses Level abrufen kann. Und das bekommt man nur durch konsequentes Üben (Dazu zählen natürlich auch Auftritte). Andereseits heisst es in unserer Band auch "Wer üben muss, kann nix!" (Verdammte Instrumentalisten, wenn die wüssten....).
 
"Wer üben muss, kann nix!" (Verdammte Instrumentalisten, wenn die wüssten....).


Das Gegenteil ist der Fall ;-) Wer viel kann muss noch mehr üben, um das gekonnte zu behalten und nicht nachzulassen (bzw. das Level zu halten oder sich sogar zu verbessern). Viel Routine ist dabei natürlich sehr hilfreich.
Leider ist es aber nicht so, daß das Können wenn es einmal da ist automatisch für immer abrufbar bleibt. Und das wissen die Instumentalisten genau so. Ich hatte z.B. auch mal Klavierunterricht und ich war immerhin soweit einen Chopin spielen zu können. Ist inzwischen komplett weg, ich müsste es neu lernen :-(
Auf der Gitarre dagegen bin ich zwar nicht sonderlich begabt, aber sehr routiniert. Daher staunen meine SchülerInnen immer, daß ich mir ein Stück nur einmal kurz anhören muss um es zu begleiten. Was nicht heisst, daß diese Begleitung dann genial wäre, aber es reicht, damit die Schülerin dazu singen kann. um was richtig gutes zu spielen müsste ich selbstverstzändlich Arbeit investieren und üben.
 
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Der Spruch ist auch eher als Scherz gedacht. Aber die Nicht-Sänger würden sich wundern, wenn sich ihr Instrument nicht immer gleich spielen ließe. Wenn man aufhört sich verbessern zu wollen, kann man gleich aufhören.
 
Ich denke, wir sind uns einig, dass es wenige gibt, die kaum üben müssen. Es gibt auch junge Leute, die ohne groß zu lernen ein Abi mit 1,0 machen...

Hier ist sicher viel richtiges angesprochen worden. Mir hat eine Opernsängerin mal gesagt, man muss z.B. seine Texte zu 120% drauf haben, um bei Schwankungen wie bei großer Nervosität oder einer Krankheit 100% abrufen zu können.
Da ist sicher etwas dran, aber wie man auf 120% kommt, ist mir nicht ganz klar...
:gruebel:
Wie füllt man ein Glas mit 120% Wasser?
 
Müssen muss man gar nichts. Du hast nie eine Garantie, dass es nicht doch noch mal zu einem Blackout kommt, selbst bei Texten, die man schon zig Mal auswendig gesungen hat. Und wenn das mal passiert, hilft wieder die gute alte Routine - weil man sich nicht so schnell aus der Ruhe bringen lässt und souverän improvisiert.
 
so war es im Prinzip auch bei unserem ersten Auftritt. Ich hatte 2 kleine Texthänger (trotz den Texten vor mir auf einem Notenständer, da ich überwiegend frei singen wollte), aber ich denke, wir hatten uns vielleicht auch etwas viel vorgenommen für einen ersten Auftritt. Jedenfalls hab ich das wohl gut überspielt. Der eine wurde nicht einmal von allen wahrgenommen, der andere schon, aber es ging dann halt wieder weiter...
 

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