Lieber Patrick,
leider kann der GroĂteil des Publikums den musikalischen Wert eines Drumsolos nicht wirklich einschĂ€tzen, das können nur diejenigen unter ihnen, die selber spielen oder eng mit Schlagzeugern zusammenarbeiten und immer wieder fachsimpeln. Jetzt hast du hier im Forum natĂŒrlich die Fachleute (+/-) als Publikum, daher ist es anerkennenswert mutig, dass du dich so "outest" und wahrscheinlich auch Feedback erwartest. Das kannst du auch, und hier wird erfahrungsgemÀà keiner in die Pfanne gehauen.
Ich tendiere nach dem ersten Hören zu einer Ă€hnlichen EinschĂ€tzung wie Calaway65. Das Solo ist leider aus dem Zusammenhang gerissen und akustisch auch recht undifferenziert aufgenommen. Technische Feinheiten wĂŒrde ich, glaube ich, nicht hören können. Zudem sieht dass Publikum hauptsĂ€chlich die hohen Trommeln und wenig vom Musiker dahinter. Damit wird's schon schwierig, den Draht zum Publikum zu finden. Die sitzen aber auch da wie beim Weihnachtsspiel vom Kindergarten, ein harter Job... Dass da die KreativitĂ€t des Solisten leidet, ist kein Wunder. Ich habe meine Trommeln radikal verkleinert und viel tiefer aufgehĂ€ngt als frĂŒher, hauptsĂ€chlich, um genau den Abschottungseffekt zu vermeiden. Nichtsdestoweniger schaffen es Meister wie Dave Weckl u.v.a hinter einer MordsschieĂbude auch live jede Menge Stimmung zu machen.
Das Geheimnis liegt, meine ich, wirklich, wie Calaway65 es anspricht, in einer gewissen Dramaturgie eines Drumsolos, das durch einen mitreiĂenden Groove die Zuhörer in den Bann zieht und auf einen Höhepunkt zusteuert. Schon die alten Meister wie z. B. Johann Sebastian Bach haben die Kraft des "Ostinatos", wie man es damals noch genannt hat, gekannt und genutzt. Es spielt also im Grunde gar keine Rolle, was fĂŒr eine Art Musik gerade gespielt wird, das Prinzip ist universell und inzwischen neurowissenschaftlich untermauert.
Um Schritt fĂŒr Schritt zumindest etwas vorwĂ€rts zu kommen, versuche ich, Videoaufnahmen von Leuten wie D. Weckl, B. Greb, G. Harrison, Jojo Mayer und...und...und... auf ihren musikalischen Aufbau hin zu analysieren, und den Frust ĂŒber die technischen Meisterleistungen, die ich so nie hinkriegen werde, beiseite zu schieben. BĂŒhnenprĂ€senz ist natĂŒrlich immer auch eine Temperamentfrage, und manche tun sich leichter damit, aber fast jeder kann allein durch das Bewusstmachen von so ein paar wichtigen Punkten sich selbst soweit coachen, dass die wenigen Soloeinlagen, die wir normalerweise "genehmigt" bekommen, auch einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Das Schöne dabei ist: Schon beim Ăben belohnt man sich selber.
Keep on rocking oder swinging oder grooving...