Manuel Rodriguez & Hijos Caballero C10BK

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Irgendwie ist es bei uns Gitaristen ja ein komisch' Ding. Was Saiten hat, das zieht uns magisch an. Und dummerweise gibt es vieles, was Saiten hat. Und sogar unterschiedliche Saiten. Lange, kurze, einfache, doppelte, dreifache... welche aus Metall und welche aus Nylon. Und alles klingt irgendwie anders. Ein riesiges Spielfeld und eine Quelle ständigen GAS's.

Nur... allein, dass es Saiten hat macht nur einen Teil der Faszination aus. Oft braucht man auch noch komlett unterschiedliche Techniken. Wer schonmal eine schmale Ovation in der Hand gehalten hat und dann auf eine breite klassische spanische Gitarre gewechselt ist, der weiss was ich meine. Nylonsaiten brauchen mehr Plattz und die klassische spanische Technik braucht ein breites, sehr breites und sehr flaches Griffbrett. Und da hört es dann schon bei vielen auf, denn nur damit man den Klang einer Nylonsaite bekommen kann, wollen viele Gitarristen nicht unbedingt den "vollen Monty" mit allem wenn und aber und der damit zusammenhängenden Spieltechnik. Kan ich ja auch verstehen, denn nur damit "Tears in Heaven" authentisch klingt, will/kann/muss man ja nicht gleich ein Jünger Adres Segovias werden...

Nun, man könnte z.B. mit einem Zoom-Effektgerät einen "Nylon-Emulator" benutzen. Der bietet eine relativ überzeugende Simulation des Nylon-Klanges an, aber halt nur relativ und es klingt nunmal nicht wirklich....
Oder aber, man nimmt einen Hybriden, also ein Mischwesen aus Stahl- und Nylonsaitengitarre. Erstaunlicherweise gibt es nicht wenige dieser Mischwesen und auch ich bin den Versuchungen erlegen und habe mir einen solchen Hybriden zugelegt, die:

Manuel Rodriguez & Hijos Caballero C10 BK

Rodriguez ist einer der größeren Hersteller von "klassichen" Gitarren in Spanien und seit geraumer Zeit Teil der grpßen Fender-Familie. Innerhalb des Fender-Familie ist Rodriguez vornehmlich für die Nylon-Fraktion zuständig.
Die Caballero C10 ist eine klassich aussehende Gitarre, der Korpus ist mit Zederndecke und Walnußzargen und -Boden mäßig traditionell. Das Binding ist einfach gehalten, geht aber komplett um Voder- und Rückseite der Gitarre und schließt die Trennfuge zwischen den Zargenhälften ein. Die Rosette scheint ein Transfer zu sein, sie sieht schön aus, aber halt nicht wirklich wie eine Einlegearbeit, mehr wie ein Druck, Griffbrett und Steg sind aus Palisander, der Knüpfsteg hat eine für spanische Gitarren unübliche Form, er erinnert mehr an Taylor als an "klassiche" Spanierinnen. Ausserdem ist er mit zwei Schrauben zusätzlich gesichert. Warum Rodriguez hier bei dem ohnehin schon geringen Saitenzug unbedingt noch mit Schrauben sichern mußte erschliesst sich mir nicht. Vielleicht als Absicherung, sollte hier ein unbedarfter Spieler mal Stahl- statt Nylonsaiten aufziehen? Bei der C10 ist auch noch ein Cutaway mit am Start. Bei der meist recht mäßigen Intonation von Nylonsaiten ist der Sinn des Cutaways eher ... diskutabel ... aber er ist nunmal dabei und er stört nicht.

Unter der Stegeinlage verrichtet ein Fishman Piezo seinen Dienst. In der Zarge findet sich einer der üblichen Fishman Preamps und der Endpin an der Zarge ist auch noch die Buchse für das Instrumentenkabel. Der Preamp ist mit Tuner und einfacher dreibandiger Klang- und Volumenreglung ausgestattet und klingt sogar erstaunlich "klassich".

Der Hals ist die übliche mehrteilige Kombination mit angesetzter Kopfplatte und Halsfuß. Auffällig ist, dass der Hals- Korpusübergang am 14. Bund ist und nicht, wie bei klassischen Gitarren am 12. Bund. Auch ist eine Einstellschraube für einen Halseinstellstab vorhanden, was bei Nylonsaitengitarren auch eher selten ist. Von den Maßen her ist es eher ein Western- denn ein Konzert-Hals. Die Griffbrettbreite liegt mit 46 mm im fuer Westerngitarren "normalen" Bereich und weit von den 52 mm einer klassichen Gitarre entfernt. Das Halsprofil ist ungewöhnlich, denn es ist asymmetrisch. Rund wie bei einer Western auf der Bass- und flach auf der Diskantseite. Es braucht zunächst ein paar Sekunden, bis man damit zurecht kommt, aber es ist ein sehr bequemes Profil, das in Massen beiden Stilen (klassich und Western) entgegenkommt.

Das Griffbrett ist wohl aus Palisander und mit einem relativ engen Radius versehen. Das ist ungewohnt, denn Nylonsaiten haben ja eher ein flaches Griffbrett und der Radius ist eher "vintage-Fender"-rund als "modern-Ibanez"-flach. Geometrisch macht das aber Sinn, denn es erlaubt ein breiteres Griffbrett ohne dass der Hals breiter wird. Ausserdem erscheint das Griffbrett auch noch einen hybriden Radius zu hayben, also in Richtung der höheren Bünde flacher zu werden. Da hat man sich bei Rodriguez wohl mal richtig Gedanken gemacht. Ausserdem ist das Griffbrett mit Perlmutt-Punkten auf den üblichen Positionen versehen, was bei klassischen Spanierinnen auch eher ungewöhnlich ist. Die offene Kopfplatte im klassichen Rodriguez-Stil versöhnt dann wieder ein wenig mit den modernen Features und sorgt für ein angenehm traditionelles Gesamtbild.

Meine Caballero kommt in einem matten schwarzen Lack, aber es gibt sie auch "natur". Natürlich sieht man auf dem schwarzen lack sehr schnell Fingerflecken, aber der Lack insgesamt scheint recht robust zu sein ohne dafür gleich zu dick und zu plastikartig zu wirken.

Die Verarbeitung im Allgemeinen ist gut, nur die Elektronik hat so ihre kleinen Mängel, denn die Verkabelung ist mitnichten richtig befestigt, sondern schwingt recht frei im Korpus herum. Das sorgt natürlich für störende Nebengeräusche, aber ein selbsklebender Kabelbinder in der Zarge sogrt hier für schnelle Abhilfe.

Das Spielgefühl der Caballero C10BK ist gut. Nicht so breit, wie bei klassichen Spanierinnen, aber nicht so schmal, daß die im Vergleich zu Stahl doch recht dicken Nylonsaiten störend auffallen. Der asymmetrische Hals ist ein schöner Kompromiß, den ich mir sogar bei einigen Westerngitarren mit OM/000 Korpus recht gut vorstellen könnte. Er erlaubt sowohl den Kutschergriff als auch die Platzierung des Daumens auf der Griffbrettrückseite. Ab Werk ist die Saitenlage und die Halskümmung gut eingestellt, ich musste hier keine Veränderungen vornehmen, alles passte direkt aus dem Koffer.

Klanglich bin ich natürlich nicht der Spezialist für spanische Gitarren. Ich spiele zu 90% Western. Aber mir gefällt der Klang der Caballero C10. Es ist immer schwer, Klänge zu beschreiben, aber ich würde den Klang der Manuel Rodriguez Caballero C10 als trocken und perkussiv beschreiben. Eingestöpselt liefert die Gitarre dann ab Werk bei Mittenstellung aller Regler an der Gitarre den "Tears in Heaven" Klang und ich muß gestehen, daß das auch der für mich ausschlaggebende Grund war, die Gitarre zu kaufen.

Schlussendlich verbeibt die Frage: Was soll das?
Die Rodriguez C10 ist weder Fleisch noch Fisch. Weder ist sie eine klassische Gitarre, noch spielt sie sich so. Sie klingt so und sie sieht - auf den ersten Blick - auch "klassisch" aus. Andersrum ist sie aber auch keine Western, die auf "Spanien" getrimmt wurde. Dazu spielt sie sich dann doch zu ... anders. Eigentlich ist es eine eigene Evolutionsstufe, die irgendwo ganz bequem zwischen allen Stühlen sitzt. Würde ich mir die Caballero C10 wieder kaufen? Ehrlich gesagt - nein. Warum nicht? Erstens habe ich mit meiner Binh Custom Nylon basierend auf dem Besten eine Taylor 814ceN und ein paar meiner Ideen eine Gitarre, die sich ähnlich gut spielen läßt wie die Rodriguez, aber dennoch Ausfüge ins klassische Land erheblich besser rmöglicht als die Hybride. Außerdem klingt die Binh um Welten raumfüllender. Sollte ich ansonsten Bedarf an einer Hybride haben, würde ich das Problem anders lösen: Anstelle einer "klassischen" Hybridgitarre würde ich mir eine OM mit gewohntem Hals-/Griffbrettprofil kaufen, ggf. auch mit Fensterkopfplatte und dann würde ich "Folk-Nylon"-Saiten auf diese OM aufziehen. Folk-Nylons sind ganz normale Nylonsaiten, die an einem Ende ein Ballend haben und die so auch auf "normalen" Westerngitarren aufgezogen werden können. Wenn die Gitarre einen guten Sattel hat, also einen Sattel in dem die Saite nicht verschwindet, sondern einen Sattel in dem die Saite so halb aufliegt, dann muss man meist noch nicht mal den Sattel anpassen, denn dann liegt die Saite halt etwas höher auf und die Saitenlage passt wieder. Man hat hier eine deutlich bessere Auswahl an Gitarren zu deutlich günstigeren Preisen und weil es ja nur so klingen soll, wie eine Spanierin, ist das eine gute und preiswerte Alternative. Natürlich kann man auch eine vorhandene OM (oder ggf. auch eine Dread!) so "mal schnell" auf Nylon umbauen, nur um zu sehen ob es für einen passt und Spaß macht...
 
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