mir geht in tiefen Lagen die Luft aus..

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cracked_copper
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Schönen Abend euch,

ich steh gerade vor einem kleinen Problem. Ich versuche mich gerade an einem Cover von Demons - Imagine Dragons (hier das Original) und mir bleibt schon nach der ersten Phrase die Luft weg :gruebel:
Ich hab normalerweise überhaupt keine Probleme damit - aber ich brumme normalerweise auch nicht in solch unendlichen Tiefen ( ;) ) herum. Blöderweise geht das ganze im Refrain eine volle Oktave oder so nach oben (ab 0:55 im verlinkten Video), was dann auch wieder unbequem zu singen wird. Hoch würde ich da natürlich kommen, aber nur noch rein kopfig...
Ich hab zwei Hörproben aufgenommen, die eine in der Tiefe, in der ich gern das Lied singen würde, die zweite in einer bequemeren Lage. Und auch wenn die zweite etwas wackelt, komm ich doch deutlich weiter mit der Luft.

Liegt das an der Tiefe (mehr Masse - mehr Luft um sie zum Schwingen zu bringen? - oder schließe ich da unten nicht ganz?) oder atme ich da ganz einfach ungeschickt?

tief

höher
 
Eigenschaft
 
ich pushe mal - wär schön wenn dazu noch jemand was sagen könnte :)
 
Hört sich stimmlich auf jeden Fall gut an. Du singst insgesamt mit relativ wenig Masse, dadurch fehlt dir dann der Druck in der Tiefe. Kann natürlich sein, dass deine Stimme so hoch ist, dass du einfach wenig Masse zur Verfügung hast. In dem Fall wäre der Song einfach zu tief für dich.

Um die Masse zu erhöhen solltest du in diesem Fall aber nicht mehr Pushen (Atemdruck), sondern mehr "spannen". Wie das geht ist nicht so ganz leicht zu erklären. Versuch es einfach mal so:

- Nimm einen von den tiefen Tönen, der dir schwerfällt
- Versuch den Ton zu summen auf MMM
- Dann versuchst du den Ton möglichst laut zu summen und zwar durch Erhöhen der Atemspannung (Muskelaktivität im Rumpf), im Idealfall verhindert das Summen, dass du den Atemdruck erhöhst
- Vom Stimmsitz hat man das Gefühl, dass sich der Raum hinter der Zunge nach hinten/unten weiter öffnet und der Ton da "reingedrückt" bzw. "geschluckt" wird.
- Dann versuch das laute Summen in den Vokal zu öffnen, den du singen willst.
 
Mir geht in tiefen Lagen die Luft aus...

Mir auch.

Dazu möchte ich sagen, dass ich nicht mehr der jüngste bin und mir schlauerweise vor einigen Jahren eine leichte aber chronische Bronchitis eingefangen habe. Den Schaden merke ich eigentlich nur beim Vokal "U" und wenn ich andere Vokale vielleicht etwas lauter oder länger singen muss. Mein "U" ist aber prinzipiell in Ordnung (die anderen Vokale auch) und kommt fett und mit kräftiger Brustresonanz. Ich darf es nur nicht versuchen, zu lange und gleichzeitig zu laut zu singen. Dann fange ich sogar schon mal an zu husten.
Langer Rede kurzer Sinn: Ich phrasiere so, dass ich diese unangenehme Falle vermeide. Ich singe unten fast nur noch kurze Töne. Lieder, die in meinem tiefsten Bereich (Bariton) zwingend lange kräftige Vokale benötigen, singe ich dann nicht so, sondern ich lasse mir was einfallen oder es geht dann eben nicht.
Versuche mal, ob das U, das sehr viel Luft verbraucht, bei kurzen Tönen gut und bei langen Tönen schlechter kommt, dann könntest du diese Erkenntnis in deinen Singstil einbauen.
 
Hallo cracked_copper,

da ich mir zu viel kindlichen Horror durchgelesen habe im WEB, kann ich nicht mehr einschlafen... Ich äußere mich relativ kurz hierzu:
Du hast eine schöne Stimme. Deine Stimme ist zudem durchgehend verhaucht. Hauch ist ein weibliches Stimmmerkmal, das häufig auftritt. In deinem Fall wird sich dahinter kein stilistisches Mittel verbergen - er ist ungewollt.

Ätiologie
Fall Eins:
Eine tendenziell hauchigere Stimme wird bei Frauen, sofern ich mich richtig rück erinnere, oft durch eine dreieckige Öffnung zwischen den Stellknorpeln, also im hinteren Drittel, verursacht - dem knorpeligen Anteil der Glottis. Dies verursacht Turbulenzen und Luftaustritt und stört den Schwingungszyklus. Die Stimme wird weicher, matter und leiser (eben, wie sie typisch bei Frauen auch ist).

Inwiefern dieser dreieckförmige Spalt in einer HNO Untersuchung bei einer Frau Erwähnung finden würde, wenn man nicht explizit erwähnt, Sängerin zu sein, kann ich nicht sagen... aber in Erfahrung bringen. Liegt eine muskuläre Schwäche in diesem Bereich vor (wovon wir nicht ausgehen), spräche man von einer Transversus-Schwäche (bezogen auf den Musculus arytaenoideus transversus und obliquus zwischen den Stellknorpeln, die diese zusammen ziehen).

Fall Zwei:
Ein anderer Grund für eine hauchige Stimme ist eine Vocalis-Schwäche. Der Musculus Vocalis ist der stimmlippeninterne Muskel. Er hat wesentlichen Einfluss auf Tonqualität und reguliert den Ton fein. Er verkürzt/verlängert (mitsamt eines anderen Muskels) die Stimmlippe bei Zunahme der Tonhöhe und verdickt/verdünnt die Stimmlippe bei Zunahme und Abnahme der Lautstärke (Intensität). Liegt eine Schwäche dieses Muskels vor, befindet sich unterhalb des knorpeligen Drittels(, mathematisch folglich in den 2 anderen Dritteln :D,) eine ovaläre Öffnung auch bei Stimmgebung. Jetzt hast du schon mal die anatomischen Gegebenheiten erfahren.

Funktionaler Ansatz:
Für den Faktor "Resonanz" ist eine gut schließende Glottis unabdingbar, denn die Produktion und Reflektion von Obertönen ist an das Schwingungsverhalten (inklusive dem Schließeungsverhalten) gebunden. Resonanz ist der Erhöhung von Lautstärke zu bevorzugen. Mit Erhöhung der Lautstärke 'verdickt' der Musculus Vocalis (erinnere dich, der einzige Muskel in der Stimmlippe) sich zunehmend und die Glottis schließt stärker durch andere Muskeln (komm ich später drauf sprechen). Dadurch ist die Schließungsphase während der Stimmproduktion länger - das Resultat ist eine obertonreiche, kernige, brustige, voluminöse Stimme. Wird die Stimme (nicht mit unnötiger Erhöhung von Lautstärke) herunter geführt, entspannt sich die Stimmlippe (der Musculus Vocalis) und ein anderer stimmlippendehnender Muskel von außen ebenso. Daher wird die Stimmlippe kurz und dick und die Stimmlippen schließen auf selbe Weise schneller wieder bei der Phonation. Bei Männern sind die Stimmlippen im Vergleich zu Frauen nicht nur länger, sondern auch dicker (mich mal ausgenommen).

Wenn du von einer entspannten mittleren Lage Probleme hast, deine tiefe Lage auszunutzen, spricht dies dafür, dass ein bisschen Arbeit am Musculus Vocalis sinnvoll wäre. Was als tun? :O Nun, wie du gelesen hast, verhält sich der Vocalis so:
Tonhöhenanstieg? Verlängerung durch Dehnung
Lautstärkeanstieg? "Vermehrung an Masse"

Dein angestrebtes Ziel ist aber NICHT nun hoch und laut zu singen, NEIN! Je höher man singt, desto stärker nimmt das Gegenspiel eines anderen Muskels (Musclus Cricothyroideus, der Stimmlippendehner) zu. Die effektivste Weise, den Bruststimmdominanten Vocalis Muskel zu trainieren, ist: tiefes singen + lautes singen.

Funktional ist der Vokal A der Bruststimmvokal per se (bedingt durch die Einstellungen im "Ansatzrohr" - also alles oberhalb der Stimmlippen - welche auch Einfluss auf die Glottis haben). U/O sind Vokale des Falsetts, der Kopfstimme, (v.a. U). Rabine (eine funktionale Stimmschule) - Übungen würden die Vokalfolge A - O - A zum Training der Bruststimme nutzen. Nebenbei: offene Vokale sprechen eher die Bruststimme und geschlossene eher das obere Register an - auch ein Grund, weshalb offene Vokale in der Höhe schwerer zu realisieren sein sollen und andersherum. Ebenso spricht staccato stärker die Bruststimme an, als legato. Nasale stimulieren das obere Register - Plosive hingegen das Brustregister. Ich mag es, die Bruststimme auf Ä zu schulen oder auf einem staccato /m:/ (also gesummt) - wobei ich einen zu harten Stimmeinsatz vermeide!

Ganz wesentlich - sowieso beim Singen... - ist deine Atemführung. Wenn ich schreibe, du sollst tief und laut singen, wäre man doch versucht, recht viel Druck aufzubauen, was? Kein guter Ansatz, viel zu grob, zu fahrlässig. Atemdruck und Stimmlippenwiderstand stehen in einem Wechselspiel und müssen daher immer aufeinander abgestimmt sein! Ein zu hoher Druck führt im extremsten Fall durch Zunahme der Stimmlippenschließung durch die laterale Muskulatur zu einem späteren Stimmversagen (mit chronischem Hauch) - solch eine Patientin habe ich gerade in Behandlung. Die laterale Muskulatur ist der Musculus thyroarytaenoideus lateralis und Musculus cricoarytaenoideus lateralis. Sie regulieren die "mediale Kompression". An der Stelle der größten medialen Kompression (= Mitte der Bänderglottis bzw. Übergang vom ersten zum zweiten Drittel der Glottis) entstehen Knötchen, vorranging bei Frauen. Sogenannte Stimmlippenknötchen (oder Sängerknötchen) sind per se eine "Frauenkrankheit". Ich habe gerade die Zahlen nicht mehr im Kopf. Ich glaube, Frauen haben 12mal mehr Knötchen, als Sänger. Als singende Frau hat man da glatt nochmal ein erhöhtes Risiko. Seltenst treten Knötchen bei Männern auf (sodass man teilweise sogar die Information findet, edas Problem hätten nur Frauen). Die Ursache für dies denke ich mir, liegt darin, dass die Grundfrequenz höher ist, als beim Mann und daher die Stimmlippen viel öfter schwingen (und schließen!) müssen und außerdem, dass teilweise Frauen eventuell fehlende Ressonanz (durch fehlenden Schluss und weniger Masse) ausgleichen durch mehr Lautstärke. Ich dneke, da gibt es bestimmt noch mehr Ursachen, sogar hormonelle!

Es gibt Übungen, mit denen du den Schluss der Stimmlippen vereinfachen kannst. Wenn du diese nutzt, während du die Bruststimme trainierst, entlastest du die schließende Muskulatur nebenbei. Diese Übungen sprechen das sogenannte Unterdruckventil, die Glottis, an. Dieses ist einatemorientiert, wird also allein schon aktiv, wenn du eine Einatemtendenz beim Sprechen und Singen hast ("Stütze")! Außerdem wird es aktiv, bei allen Bewegungen, die der Einatmung entgegen kommen (Weitung, Dehnung); entgegengesetzt der Schwerkraft sind; weiche, schnelle, flexible, harmonische und rythmische Bewegungen erfordern (tanzen, balancieren); den Schultergürtel stabilisieren (Schwimmen, Arme schwingen, "Windmühle" nach hinten rum, Arme seitlich anheben); und damit verbunden sind, dass du etwas an dich heranziehst oder dich an etwas heranziehst. Ich finde für mich persönlich (auf mich übertragen) vor allem die ziehenden Bewegungsübungen sehr hilfreich - da kann ich beispielsweise auf einem Stuhl sitzen und mit meinen Händen beim gerade sitzen zu den Stuhlbeinen (habe ja lange Arme) streifen, mich festhalten und beim singen/sprechen festhalten und "versuchen die Stuhlbeine nach oben zu ziehen". Ebenso kann man mit einem Reck arbeiten, Theraband usw.

Nicht verbunden ist es mit Bewegungen, die einseitig, gelenkfixierend, erstarrend, kraftintensiv, impulsiv, ausatemorientiert sind. Also mit treten, schlagen; pressen, drücken (Bauchpresse, Gebären, Erbrechen), ; heben von schweren Dingen und weiterem. Dabei muss sich der Brustkorb stabilisieren, indem die Taschenfalten und eventuell die Glottis sich schließen (im Hals wirds eng!) und Luft gegen diese drücken, um Druck im Brostkorb aufzubauen. Verbunden damit ist das Anspannen und Einziehen der Bauchmuskulatur. Dies ist das Werk des Überdruckventils (Taschenfaltenebene) - und dies benutzt du bitte nicht, nicht, nicht für das Sprechen oder Singen! Es gibt im logopädischen Sinne nur eine Indikation für das Anbahnen dieser Stimme, nämlich die Paralise der Stimmlippen, die sonst nichts anderes erlaubt. Ansonsten ist es die Extremform der hyperfunktionellen Stimmstörung (eine Stimmstörung, gekennzeichnet durch Muskel-Über-Aktivität).

Was erwartet mich, wenn ich meine Bruststimme trainiere?
* Reichtum an Obertönen und Glanz/Klingeln/Brillianz (das, was Opernsänger schließlich anstreben)
* größere Resonanz (folglich weniger Einsatz kräfteraubender Lautstärke oder Höhe, um auf sich aufmerksam zu machen)
* bessere Ausnutzung von Atemluft (durch besseren Schluss der Stimmlippen)
* dadurch bessere Korrespondenz zwischen atemregulierenden Kräften und Stimmlippen - sowieso tonverstärkenden und -schwächenden Kräften im Ansatzrohr und Stimmlippen
* hohe Töne, die nicht hauchig und eng sind, sondern hell und klangvoll
* allgemein erleichterte Stimmführung
* ein ästhetisch wertvolles Klangereignis

Falls du Angst hast, etwas falsch zu machen, kannst du auch in eine Stimmtherapie (Logopädie) gehen. Vom Training deiner Bruststimme im Sprechen profitiert sicherlich auch dein Gesang und umgekehrt!

Liebe Grüße.
 

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